4) Exkurs:
"Fremdarbeiter"-Kampagne gegen Lafontaine
und
weitere Diffamierungen
5) Exkurs:
Freie Entfaltung für jugendliche
Gewaltverbrecher
6) Exkurs:
Verleumdungs-Kampagne gegen Diether Dehm
7)
Nachtrag vom 14.10.2007 zum vierten Exkurs
7b)
Nachtrag vom
17.9.2008
zum vierten Exkurs:
Helmut Schmidts Verharmlosung des
NS-Regimes
8)
Nachtrag vom 15.2.2008: Linksbündnis mit DKP?
9)
Soll DIE
LINKE Passagen aus dem Kommunistischen Manifest in ihr
Parteiprogramm übernehmen?
10)
Rufmord-Kampagnen gegen Gregor Gysi
1) Exkurs:
Linksbündnis
Mit
der Bezeichnung "Linksbündnis" ist
hier weiterhin DIE LINKE gemeint, da
dieser Text schon mehrere Jahre vor
ihrer Entstehung zum großen Teil
fertiggestellt war und ein echtes
Bündnis zwischen ihr und der
ehemals sozialdemokratischen SPD
noch in weiter Ferne steht.
Vorläufig scheitert auch eine rein
realpolitische "Linkskoalition" an
der Abkehr der SPD von der
Sozialdemokratie.
Auf der Hauptseite
rossaepfel-theorie.de
wurde die Überschrift wie folgt präzisiert:
Arbeitsplatzvernichtung durch
Umverteilung nach oben!
Aus Sicht des Linksbündnisses
(DIE LINKE) könnte man sie als Frage
formulieren nach dem "Stoiber-Brecht-Zitat" (siehe
weiter unten):
Nur die allerdümmsten Kälber wählen
ihre Metzger selber?
Diese Frage müsste man eigentlich mit NEIN beantworten,
obwohl über 90% der Stimmen an die Verantwortlichen für
die Umverteilung nach oben (= Neoliberalen) gingen, also
an CDU, FDP, SPD und Grüne. Aber selbst wenn von diesen
90 % noch 5 Prozentpunkte auf bestverdienende Wähler
entfallen, die ganz simpel die Senkung ihres
persönlichen Spitzensteuersatzes betreiben wollten durch
Stimmabgabe für FDP und CDU, so bleiben noch 85% übrig.
So viele können doch nicht die "Allerdümmsten"
sein!?
Andererseits haben diese 85% als Normalverdiener oder
Einkommensschwache nur Nachteile durch ihre Stimme für
die Umverteilung nach oben!? Viele Besserverdiener sehen
offenbar nicht, dass ihre Steuervorteile gleich durch
Kürzungen allenthalben wieder aufgezehrt und so an die
"Bestverdiener" weitergereicht werden, so dass sie
Konjunktur und Arbeitsmarkt abwürgen (sh.
rossaepfel-theorie.de).
Die Antwort ist nicht leicht zu finden und erfordert -
ergänzend zum Hauptthema - ein weiteres Puzzle der
Wählermotivationen. Nach dessen Annäherung sollte sich
jeder die Frage zunächst selbst beantworten. Zu diesen
Motivationen gehören die Stimmalternativen der Wähler.
Die neoliberalen Alternativen werden hier in der
Rossäpfel-Theorie erläutert. Die
Alternativen des Linksbündnisses findet man unter
anderem in den Programmen der Wahlalternative Arbeit und
soziale Gerechtigkeit (WAsG) als "Grundpositionen" unter
w-asg.de
und
als
gemeinsames Programm des Linksbündnisses für die
vorgezogene Bundestagswahl am 18.9.05 "Für eine neue
soziale Idee. DIE LINKE". Man kann es herunterladen auf
der Webseite der
Linkspartei -
ebenso wie das zugehörige Steuerkonzept "Einfach,
sozial, gerecht - Unser Steuerkonzept".
Außerdem findet man weitgehend angeglichene
"Programmatische Eckpunkte auf dem Weg zu einer neuen
Linkspartei in Deutschland", Februar 2006, unter
media.w-asg.de.
Zur Abwehr der neoliberalen "Epidemie"
(sh. das Zitat von
Norbert Blüm), also
der globalen Umverteilung nach oben, interessiert vor
allem die Verteilungspolitik, also insbesondere auch die
Reaktion des Linksbündnisses auf die Absenkung des
Spitzensteuersatzes von 53% auf 42% durch die
Neoliberalen. Ebenso interessieren auch die Pläne der
Neoliberalen für eine noch stärkere Umverteilung nach
oben durch Kahlschlag in der Sozialpolitik. Dazu enthält
das Wahlprogramm der Linkspartei bereits recht konkrete
Aussagen, für die auch die WASG im Wahlkampf 2005 voll
eintreten konnte.
Vor allem geht es um die Arbeitsplatzvernichtung
durch Umverteilung nach oben und die alternative
Finanzierung der gesetzlichen Sozialbeiträge von mehr
als 40 Prozent der Bruttobezüge. Mit diesen Beiträgen
sind lediglich die Löhne und Gehälter der
Sozialversicherungspflichtigen belastet - und zwar
nur im unteren und mittleren Einkommensbereich.
Nach den
arbeitsplatzschaffenden skandinavischen Modellen werden
alle Sozialversicherungsbeiträge weitgehend über Steuern
finanziert mit Spitzensteuersätzen bis knapp unter
sechzig Prozent für die Einkommensspitzen.
Dieses System ist vom Linksbündnis vorläufig nicht
vorgesehen. Ähnliche, wenn auch etwas schwächere
Lohnentlastungen lassen sich jedoch erzielen über eine
unverfälschte Bürgerversicherung, zumal das Feld für
eine Bürgerversicherung in verfälschter Form bereits
durch die pinkgrünliche Koalition teilweise vorbereitet
ist . Daher lässt sich vorläufig diese etwas schwächere
Alternative auch politisch leichter vermitteln. Sie
bietet aber stets die Angriffsfläche zur Beibehaltung
einer Beitragsbemessungsgrenze.
Der Grund für die Bevorzugung dieser Alternative beim
Linksbündnis dürfte jedoch eher sein, dass es auch dort
starke Kräfte gibt, die skandinavische
Spitzensteuersätze nicht einmal als Fernziel anvisieren
mögen und die bei 50% oder 47% die Obergrenze sehen -
auch im Gegensatz zu Oskar Lafontaine (sh.
Lafontaine-Zitat hier unter "Politik
für alle"). Diese progressive
Halbherzigkeit mag im Hinblick auf ihren Wahlerfolg
vielleicht sogar besser sein wegen der
Wählermanipulation durch die bestbezahlten neoliberalen
Meinungsmacher. Sie lässt sich außerdem ganz gut
kompensieren durch die Hinzunahme einer echten
Bürgerversicherung. Mit den 47% und den damit
verbundenen Finanzierungsmöglichkeiten würde es
allerdings bei linearer Steuerprogression schon
schwieriger, die Unterschiede zwischen Linksbündnis und
den Rotgesprenkelten zu erkennen. Allein über
Substanzsteuern für größere Vermögen (Vermögensteuer,
Erbschaftsteuer, Grundsteuer) wird man die neoliberale
Wende nicht rückgängig machen können. Mit der
Argumentation für kreditfinanzierten Konjunkturprogramme
wird man ebenfalls einen schweren Stand haben und auch
keinen längerfristigen Erfolg begründen können.
Eine hohe Vermögensteuer
auf große Vermögen scheint zwar einerseits geboten, auch
um die skandalöse Ungleichverteilung des Volkseinkommens
zu korrigieren, die durch die erfolgten und weiterhin
anvisierten Steuersenkungen für "Bestverdiener" noch
verschärft wird (sh. hier die Angaben zur
Vermögensverteilung),
denn diese Spreizung bei der Vermögensverteilung bewirkt
schon von sich aus eine zusätzliche Spreizung bei der
Verteilung des (unverdienten) Primäreinkommens und wirkt
damit - ähnlich wie in den Entwicklungsländern - negativ
auf Nachfrage und Arbeitsmarkt. Viele Einwendungen
gegen die Vermögensteuer sind nur im
Sinne der Umverteilung nach oben rein
ideologisch begründet
(sh. Rudolf Hickel:
"Nachhaltige Finanzpolitik mit der
Vermögensteuer",
iaw.uni-bremen.de,
01/2003). Andererseits
sollte man aber gerade bei der Vermögensteuer - im
Gegensatz zu anderen Substanzsteuern - die
Einwände berücksichtigen, die gegen einen zu hohen
Ansatz dieser Steuer vorgebracht werden und die
vorläufig eher für die übrigen Substanzsteuern
sprechen, z.B. für eine drastische Erhöhung der
Erbschaftsteuer auf große Vermögen nach dem früheren
Vorbild der USA mit Erleichterungen zur Erhaltung von
Arbeitsplätzen bei langfristiger Fortführung von
personalintensiven Familienunternehmen. Die Einwände
sprechen aber vor allem für die Rückkehr zu den
Ertragsteuersätzen der Wirtschaftswunderjahre und für
die Spitzensteuersätze nach skandinavischen Vorbild.
Diese Gegenargumente findet man z.B. in den
Quellenangaben der grünen Meinungsmacher, die selbst auf
die Vermögensteuer setzen oder setzten, um ihre Senkung
des Spitzensteuersatzes für sich selbst und die übrigen
"Bestverdiener" zu finanzieren.
Trotz allem ist ihre Beauftragung des DIW anzuerkennen.
Es handelt sich um die seriöse Studie von Stefan Bach et
al. "Modelle für die Vermögensbesteuerung von
natürlichen Personen und Kapitalgesellschaften...", DIW,
27.8.04, unter
http://www.gruene-bundestag.de/cms/steuern_finanzen/dokbin/41/41589.pdf,
oder in Kurzform unter
http://www.gruene-bundestag.de/cms/steuern_finanzen/dokbin/41/41590.pdf,
sowie um die ebenfalls nicht unbeachtliche "Stellungnahme
der Deutschen Steuer-Gewerkschaft zur
einer Wiederbelebung der Vermögensteuer", Berlin,
24.8.04.
Die echte Bürgerversicherung bedeutet eine
Einbeziehung aller Einkunftsarten in die
Beitragsbemessungsgrundlagen. Sie erfordert insbesondere
eine Abschaffung der Beitragsbemessungsgrenzen in der
Kranken- und Pflegeversicherung, aber auch schrittweise
in der Rentenversicherung, für die zugleich
Leistungshöchstgrenzen einzuführen wären. Mit diesem
System ließe sich die ständige neoliberale Forderung
nach Senkung der "Lohnzusatzkosten" erfüllen und der
schwache Konsum drastisch stärken, weil die Kosten des
Sozialstaates nicht mehr fast ausschließlich von den
Löhnen im unteren und mittleren Bereich zu tragen wären.
Zu dieser unausweichlichen Systemumstellung tendiert das
Programm des Linksbündnisses (sh. unten). Seine
zeitliche Streckung bietet die Möglichkeit der
Erfolgskontrolle und Anpassung, bevor zum nächsten
Schritt übergegangen wird.
Statt dessen plante die pinkschwarze Koalition eine
halbherzige Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenze zur
Schonung der Politiker und sonstigen Bestverdiener (sh.
"Besserverdiener sollen mehr zahlen" (sh.
handelsblatt.de,
26.10.05).
Wegen der Abschaffung der Solidaritätsbeschränkung für
"Bestverdiener" (Versicherungspflichtgrenze
und Beitragsbemessungsgrenze)
wird eine unverfälschte Bürgerversicherung auch
interessant für eine Koordination im Linksbündnis mit
den
Thesen zur Strategie der PDS
vom 22.6.2004, die eine "deutliche Anhebung der
Beitragsbemessungsgrenzen - bis zu ihrer allmählichen
Aufhebung" fordern. Das
Wahlmanifest der WASG vom 3.7.05
lässt sich damit gut vereinbaren.
Der "Aufruf
aus der PDS zur neuen Linkspartei in Deutschland
- Abschied und Wiederkehr" vom 6.7.06 steht dazu ebenso
wenig im Widerspruch, auch wenn DER SPIEGEL in seinem
Artikel "Realpolitiker
kritisieren Lafontaine" vom 5.7.06 einen
anderen Eindruck suggeriert. Zur Stützung dieses
Eindrucks bietet DER SPIEGEL in dem Artikel lediglich
einige inoffizielle vage Kommentierungen aus Kreisen der
eigenwilligen Berliner PDS, der wegen ihrer Koalition
mit der Berliner SPD von dortigen WASG-Mitgliedern
neoliberale Politik vorgeworfen wird. Daraus lässt sich
aber beim schlechtesten Willen kein Zwist im
Linksbündnis auf Bundesebene mit Lafontaine herleiten.
Vielmehr bezieht sich das Lob in dem "Aufruf aus der
PDS" ausdrücklich auch auf Oskar Lafontaine mit den
Worten:
Der Wahlerfolg 2005 ist darüber hinaus
selbstverständlich Ergebnis des Engagements der beiden
Spitzenkandidaten Gregor Gysi und Oskar Lafontaine für
eine neue soziale Idee.
Wenn unter der Hand
"einige von Lafontaines Forderungen" als "Modelle
der siebziger Jahre der westdeutschen Linken" kritisiert
werden, dann könnte sich das auf schuldenfinanzierte
Konjunkturprogramme beziehen, die von den Unterzeichnern
des PDS-Aufrufs anscheinend abgelehnt werden.
Auch die JUNGE WELT sieht in dem Papier nach den
Ausschlachtungsversuchen anderer Medien eine gewisse
Kritik an Lafontaine (sh. "Schwül im Gewühl",
jungewelt.de, 6.7.06)
und erkennt die gleichen feinen Unterschiede, wie sie
oben bereits ausgeführt wurden:
Oskar Lafontaine konzedierte, die vorliegenden Fassung
hätte auch er selbst unterzeichnen können. Tatsächlich
bestehen die drei Seiten vor allem aus wolkigen
Formulierungen, an einer Stelle wird der Saarländer
sogar positiv erwähnt. Auffällig ist lediglich, daß
konkrete ökonomische Forderungen völlig fehlen,
andererseits eine »Rückführung überhöhter Verschuldung«
explizit als »Aufgabe der Linken« angemahnt wird. Das
ist indirekt Rückendeckung für Kürzungspolitik und
Absage an Beschäftigungsprogramme, die ohne
Neuverschuldung selten auskommen – also doch gegen
Lafontaine gerichtet.
Aber in einer demokratischen Partei müssen nicht alle
Mitglieder völlig einer Meinung sein, zumal bei derart
schwierigen Einschätzungen. Jedenfalls könnten
solche Notprogramme nach Keynes zur kurzfristigen
Überbrückung erforderlich werden, bevor sich ein Ende
der fatalen Steuergeschenke für Bestverdiener positiv
auf den Arbeitsmarkt auswirkt und bevor nicht auch die
Großvermögen nach international üblichen Sätzen für die
Erbschaft- und evt. auch Vermögensteuer in die
Gemeinschaftspflichten des privatisierten Volksvermögens
einbezogen werden.
Außerdem bemerkt Lafontaine mit
Recht, dass die deutsche Staatsverschuldung mit ca. 69
Prozent des Bruttoinlandsproduktes (sh.
wko.at, 3.12.2006)
nur wenig über dem Durchschnitt von 64 Prozent der
westlichen EU-Staaten liegt - trotz der falsch
finanzierten Kosten für die deutsche Einheit. In
Talkshows beeindrucken die Neoliberalen ihre "baffen"
Zuschauer gern mit der kaum vorstellbaren Zahl von 1.448
Milliarden Euro an staatlicher Gesamtverschuldung (in
2005, lt.
Statistischem Jahrbuch 2006,
Kapitel 23) und begründen damit die
Mehrbelastungen der Einkommensschwachen, um von dem viel naheliegenderen Gedanken an den Verzicht auf ihre
laufenden Steuergeschenke abzulenken. So auch Dieter
Bohlen, der mit zunehmender Euroflut aus seinem
Tingeltangel den Weg von der DKP über die Jusos zum
Neoliberalismus gefunden hat (sh.
"Menschen bei Maischberger",
28.11.06). Als gelernter Betriebswirt
konnte oder wollte er die Nachhilfe von Oskar Lafontaine
nicht verstehen, dass das private Netto-Geldvermögen in
Deutschland von
2.691 Milliarden Euro auch irgendwie
zinsbringend anzulegen ist (sh. ebd. und
DEUTSCHE BUNDSBANK Monatbericht
Juni 2006, S. 27, Tabelle "Geldvermögen
und Verbindlichkeiten der deutschen Haushalte" sowie zu
den 4,8 Billionen Euro Sachvermögen ebd., S. 29, sowie
hier
Unternehmenssteuerreform.htm).
Bohlens Denksperre lag offenbar in seiner Befürchtung,
dass Teile des Vermögens oder der Steuergeschenke aus
seinem "Superstar"-Rummel auf irgend eine Weise an die
Opfer der Umverteilung nach oben zurückgegeben werden
sollten. Lafontaine musste mehrfach wiederholen, dass es
hier nur darum ging, das viele Geld nicht unter den
Stuhl zu packen. - Tatsächlich wurde die alternative
Kreditvergabe der Banken an private Unternehmen
aufgrund staatlicher Regulierungen in den letzten Jahren
erheblich erschwert (sh. die "Heuschrecken"-Förderung
Basel II). Auch die
weltweite Nachfrage nach Krediten aus den obigen 2.691
Milliarden Euro hält sich in Grenzen, was man an
den niedrigen langfristigen Zinsen sehen kann.
Oskar Lafontaine hat immer wieder auf das
erfolgreiche skandinavische Modell verwiesen, mit dem
auch ein übermäßiges Anwachsen der Staatschulden
vermieden werden kann. Vor allem wird dabei deutlich,
warum bei erhöhter Steuerbelastung das Nettoeinkommen
für Klein- und Normalverdiener durch verminderte
Beitragsbelastung dennoch zunehmen kann und soll - sogar
ohne die erforderlichen Lohnerhöhungen. Hier
gilt insbesondere das Argument der Finanzwissenschaftler
um Bernd Raffelhüschen (Discussion
Papers 115/04), dass über den
Steuertarif - im Gegensatz zum beliebig ausdeutbaren
Begriff der "Bürgerversicherung" - ein progressiver
Sozialausgleich erfolgt.
Allerdings wird das Argument von diesem
bestbezahlten Finanzwissenschaftler blauäugig oder
vorbeugend verwendet zur Einführung einer Kopfprämie in
der Krankenversicherung und zur Umlenkung der
Sozialbeiträge zugunsten seiner Finanziers in der
privaten Versicherungswirtschaft (Sh.
"Raffelhüschen versucht
erstmals, seine Interessenverflechtungen zu verteidigen",
nachdenkseiten.de,
9.5.2006. Dort bekommt man auch eine Ahnung, welche
fatale Rolle die Drittmittelfinanzierung in den
Wirtschafts- und Sozialwissenschaften für die
Politikberatung spielt.)
Vor allem soll die Steuersenkung für
"Bestverdiener" erhalten bleiben, indem man viele
Normal- und Geringverdiener auf Sozialhilfeniveau
drückt. Dagegen wird hier das Kopfgeld wegen der
vorhersehbaren rabiaten Kürzungen der Einzelzuschüsse
(wie beim CDU-SPD-Kompromiss zu Hartz IV) entschieden
abgelehnt. Zur Zeit ist der Anteil der
Sozialbeiträge mit zunehmendem Gehalt des Bestverdieners
sprunghaft
regressiv: Je größer sein Anteil am
Volkseinkommen, um so geringer seine persönliche
Beitragsquote. Für Löhne und Gehälter im
sozialversicherungspflichtigen Bereich ist praktische
immer die volle Last zu tragen und für andere Einkünfte
(mit wenigen Ausnahmen) gar nichts.
Auch im Gesundheitswesen als Teil der
Lobbyisten-Landschaft zeigt sich, dass es in
Wahlprogrammen nicht nur um Steuer- und Abgabensätze
geht, sondern auch um Beseitigung von anderen
gesetzliche Regelungen zur Umverteilung nach oben. Damit
würde selbst bei Rückkehr zu den höheren Steuersätzen
und niedrigeren Abgabensätzen der
"Wirtschaftswunder"-Jahre noch eine erhebliche
Finanzierungslücke offen bleiben, wenn man den
neoliberalen Spuk nicht beendet.
Zu den Plünderungsmöglichkeiten der Best-"Verdiener" im
Gesundheitssystem sh. den Exkurs hier unter
Gesundheitsreform.htm.
Bei der Schaffung von Arbeitsplätzen dürften
das Parteiprogramm der Linkspartei und das
Gründungsprogramm der WASG (sh. unten) dem
Neoliberalismus des politischen Establishments weit
überlegen sein, da sie dessen Umverteilung nach
oben schrittweise korrigieren. Auch die
"Wertschöpfungsabgabe" nach dem Konzept des
Linksbündnisses zur Neutralisierung der fingierten
Gewinnverlagerung ins Ausland usw. (sh. Abschnitt 1)
soll die Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung
mindern, weil andernfalls nur die Lohnsumme statt der
betrieblichen Leistung mit solchen "Zusatzkosten"
belastet ist und dies die Tendenz zum Ersatz von
Personal durch Kapital verstärkt.
In einem gemeinsamen Interview vom 29.6.05 mit dem STERN
haben Lafontaine und Gysi wichtige Punkte ihrer
Programmvorstellungen für die Linkspartei und das
Linksbündnis näher erläutert:
"Wir brauchen nur die
Gewinne, die hohen Einkommen und die Vermögen so zu
besteuern wie unsere Nachbarn", sagte der frühere
SPD-Chef und Bundesfinanzminister. Gäbe es in
Deutschland eine Vermögensteuer wie in den USA, würde
der Staat rund 50 Milliarden Euro mehr einnehmen.
"Hätten wir nicht die Körperschaftsteuer gesenkt,
ergänzt um den Abzug früherer Verluste, hätten wir in
der Summe 70 oder 80 Milliarden Euro mehr."
Investierende Betriebe müssten belohnt werden,
"Finanzspekulanten ordentlich Steuern zahlen".
Gysi forderte zur Entlastung kleiner und mittlerer
Betrieben von Lohnnebenkosten eine Wertschöpfungsabgabe
und einen auf sieben von 16 Prozent verminderten
Mehrwertsteuersatz auf Handwerkerrechnungen,
zitiert nach
Handelsblatt, 29.6.05,
vollständiges Interview im STERN 27, 2005, S. 38 bis 45.
Die Vermögensteuer wird von den
Neoliberalen grundsätzlich
abgelehnt, meist mit dem
Irreführungs-Argumenten, dass sie
verfassungswidrig sei, dass sie kaum
etwas bringe und daher ihr Aufkommen
durch den Verwaltungsaufwand
weitgehend aufgezehrt würde. Man
täuscht den Wähler systematisch
darüber hinweg, dass nur die viel zu
niedrige Bewertung des
Grundvermögens verfassungswidrig war
und dass das Aufkommen nur dann viel
zu gering ist, wenn man auf den
weiteren Steuergeschenke für seine
Millionärs-Kundschaft beharrt und
bei den Dumping-Steuersätzen bleibt.
Genau das unterstützen auch die
Pseudo-Sozialdemokraten, da sie in
ihrem Wahlprogramm für 2009 nun doch
auf eine Forderung nach der
Vermögensteuer verzichten. Sie
wollen nämlich lieber mit den
Best-"Verdiener"-Lobbyisten von der
FDP als mit der Linken koalieren.
Gegen die alte Schröder-Garde um den
Kanzlerkandidaten Frank-Walter
Steinmeier helfen auch die Argumente
ihres finanzpolitischer Sprechers
Joachim Poß nicht weiter. Dazu heißt
es im SPIEGEL vom
17.4.2009 unter der Überschrift
"STREIT UM
VERMÖGENSTEUER – SPD-Finanzexperten
drängen Steinmeier zur Linkswende":
Einwände, die Erhebung der Steuer
sei zu aufwendig, weist Poß als
"Propaganda" zurück. So habe die
Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG
für das Bundesfinanzministerium
errechnet, dass die Erhebungskosten
bei weniger als zwei Prozent liegen
würden
Eine Vermögensteuer, glaubt der
Finanzexperte, würde selbst bei
großzügigen Freibeträgen rund zehn
Milliarden Euro in die Kassen
spülen. Da das Geld den
Bundesländern zustünde und diese
auch über die Bildungshoheit
verfügen, ließen sich die Einnahmen
leicht an Investitionen in Lehre und
Schulen koppeln.
Der Verrat an der Sozialdemokratie
geht also weiter. Bei einer
Koalition mit der Linken könnte der
Schröder-Clan auch seine
sozialdemokratische Maskierung
innerhalb der SPD nicht aufrecht
erhalten.
Es gilt aber leider auch weiterhin Schröders Satz: "Zum Regieren brauche
ich nur BILD, BamS und Glotze". Eine Politik gegen die Umverteilung nach
oben wird sofort von Umverteilungsprofiteuren in den Chefredaktionen und
ihrem Medienkapital diffamiert - im Namen der "Pressefreiheit". Diese
wird ständig ad absurdum geführt durch BILD, WELT, die gesamte
Springer-Presse, aber auch durch "seriöse" Blätter wie die FAZ und durch
fast alle anderen tonangebenden Meinungsmacher bis hin zu den
Neoliberalen in den Staatssendern. Das Ganze wird noch verstärkt durch
"wirtschaftswissenschaftliche Forschungsinstitute", die von den
Umverteilungsprofiteuren finanziert und von neoliberalen Profiteuren
geleitet werden. Da wundert es nicht, wenn die Politik unter dem
Einfluss solcher Medien zum Opportunismus verkommt, wenn gerade die
Opportunisten die Oberhand gewinnen und Steinmeier in der Schröder-Spur
bleibt:
Er soll laut "Süddeutscher Zeitung" während der Sitzung der
Parteiführung gesagt haben: "Ich will nicht als Kandidat der
Steuererhöhungen laufen."
(Sh.
"STREIT UM VERMÖGENSTEUER –
SPD-Finanzexperten drängen Steinmeier zur Linkswende",
a.a.O.)
Da die WASG und PDS noch einen gemeinsamen Namen
für den Wahlkampf vereinbaren mussten und Lafontaine wie
auch die übrigen WASG-Kandidaten wegen des
kurzfristigen Wahltermins und aus juristischen Gründen
nur auf PDS-Listen unter diesem neuen Namen kandidieren
konnten, stellte sich die Interviewer-Frage nach den
Programminhalten. Dazu
Lafontaine: Wir brauchen kein Gespräch über Inhalte. Denn wir wissen seit
vielen Jahren genau, für welche Positionen wir stehen. Ich gehöre zu denen, die
das PDS-Programm aufmerksam gelesen haben.
Können Sie es so unterschreiben?
Lafontaine: Ja.
Sie halten es für sozialdemokratisch?
Lafontaine: Ja. Das Bekenntnis zum demokratischen Sozialismus steht auch im
Grundsatzprogramm der SPD.
Sie brauchen also vor der Wahl keine Programmgespräche mehr zu führen?
Lafontaine: Wir müssen uns nur noch auf Schwerpunkte verständigen.
Man sieht also, dass
Abweichungen zwischen dem Programm der Linkspartei, dem
vorläufigen Gründungsprogramm der WASG und anderen
WASG-Programmentwürfen wie auch den
Programmvorstellungen von Lafontaine und Gysi keine
nennenswerten Probleme bieten, weil all diese
Programmentwürfe in die gleiche Richtung zielen, nämlich
Stopp für die Arbeitsplatzvernichtung als Folge der
Umverteilung nach oben; Schaffung neuer Arbeitsplätze
insbesondere durch finanzpolitische Entlastung der
Arbeit bei den Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteilen und
durch Rückführung des umverteilten Volkseinkommens,
diesmal nach unten, zur Stärkung der abgewürgten
Konsumnachfrage.
Richtig in den WASG-Programmen ist auch, dass
die volkswirtschaftlichen Kosten der Umweltzerstörung
und -gefährdung allein schon aus Lenkungsgründen von den
Verursachern zu tragen sind, und zwar auch von den
EU-Subventionsempfängern im Fall von Umwelt-Dumping.
Bei den stufenweise erhöhten
Einkommensteuersätzen ist zu beachten, dass sie für
Klein- und Normalverdiener im Laufe einer
Legislaturperiode stufenweise, Zug um Zug
und
kontrollierbar mehr als ausgeglichen werden
durch geringere Sozialbeiträge und durch Korrektur von
unsinnigem Umverteilungs-Kahlschlag.
Außerdem soll sich auch für Besserverdiener,
Selbständige und Beamte nach Schließen aller
"Schlupflöcher" und Steuersparmodelle insgesamt eine
leichte Besserstellung bei der Lebenshaltung ergeben,
sofern sie keine leistungsfähigeren "Bestverdiener" sind
(sh. oben), unter anderem durch geringere
Arbeitgeberanteile für die Unternehmer und weniger
Kürzungen bei Pensionen, Kindergärten, Universitäten,
aber vor allem durch Sicherung der
gesamtwirtschaftlichen Grundlagen. Damit kann man der
vorhersehbaren Irreführung durch die Wahlpropaganda der
Neoliberalen vorbeugen. Außerdem bedeutet ein Spitzensteuersatz von 60% wie in Dänemark
(59%) auch für den Bestverdiener eine
Durchschnittsbelastung seines Einkommens von
weniger als 50%, sofern es sich nicht um einen
Einkommensmillionär handelt.
Wichtig ist
auch, dass man z.B. bei einem Spitzensteuersatz von 47%
+ 12% Beitrag zur Bürgerversicherung für alle
Einkommensarten (und alle gesetzlichen
Versicherungszweige) ohne Beitragsbemessungsgrenze
ebenfalls eine Spitzenbelastung von 59% hätte. Die
unterscheidet sich im Ergebnis nicht sehr stark von der
bisherigen Gesamtbelastung alleinstehender
Besserverdiener mit z.B. 38% Spitzensteuersatz und 21%
Arbeitnehmeranteilen, wenn man berücksichtigt, dass es
für die Arbeitnehmeranteile bisher keine
Grundfreibeträge gibt. Die Kleinverdiener zahlen dagegen
stets mehr als 20% Arbeitnehmeranteile ab der ersten
Mark, so dass der Durchschnitts-Abgabesatz für
sozialversicherungspflichtige Beschäftigte auch bei
geringem Steuersatz oder bei Steuerfreiheit stets über
20% liegt. Schon der Grenz-Abgabensatz der
Normalverdiener steigt schnell auf 40% oder 50%
an. (Der Arbeitgeber zahlt zusätzlich noch einmal mehr
als 20% ab der ersten Mark.)
Eine Rückführung des Spitzensteuersatzes von 42% auf
zunächst 47% mit deutlich mehr als ausgleichender
Entlastung für Klein- und Normalverdiener könnte man als
erste Kontrollstufe betrachten zur Belebung der
Konsumnachfrage und folglich auch der Investitionen
sowie des Arbeitsmarktes. Von diesem Schritt ist
die Rede im
WASG-Newsletter vom 13.5.05
und im
WASG-Gründungsprogramm vom
22.1.05 (Version 31.5.05).
Je weiter sich der
Spitzensteuersatz dem skandinavischen Vorbild nähert, um
so geringer müssen die Beitragssätze für die
Bürgerversicherung sein. Auf dem Wege dorthin
könnte man auch über eine höhere Mehrwertsteuer für
Luxusgüter nach skandinavischen Vorbild sprechen und
über ermäßigte Mehrwertsteuer für Leistungen im
konsumnahen Bereich nach dem Konzept des Linksbündnisses
(sh. unten) - zur Eindämmung der Schwarzarbeit. Erst
wenn diese Möglichkeiten ausgeschöpft sind, wäre auch
eine Diskussion über eine Erhöhung der Mehrwertsteuer
bei gleichzeitiger Erhöhung der Sozialleistungen um
denselben Betrag konjunkturpolitisch vertretbar (nach
dem abgewandelten Haavelmo-Theorem - sh. hier Abschnitt
1).
Die Finanzierung des linken Wahlprogramms
dürfte schon deshalb besser gesichert sein als das
pinkschwarze Wolkenkuckucksheim, weil die Umverteilung
nach oben durch die Mehrwertsteuererhöhung einen
heftigen Konjunktureinbruch ab 2007 erwarten lässt nach
den vorgezogenen Anschaffungen in 2006. Gemäß dem linken
Wahlprogramm will das Linksbündnis den
Spitzensteuersatz nur auf 50% anheben, aber einen
Zuschlag für die gesetzliche Krankenversicherung auf
andere Einkunftsarten erheben. Dazu berichtete die FAZ:
Die gesetzliche
Krankenversicherung soll zur Pflichtversicherung für
alle werden, "in der Beiträge auch auf Kapitalerträge,
Mieten, Pachten und Zinsen unter Beachtung von
angemessenen Freibeträgen erhoben werden" und in der
"die Beitragsbemessungsgrenze zunächst auf 5.100 Euro
angehoben und später aufgehoben wird".
Sh. "Linksbündnis - Von oben nach unten umverteilen",
faz.net, 8./9.7.05,
Nr. 156 / Seite 12. Dort findet sich auch die
Finanzierungsübersicht
zum vereinfachten solidarischen Steuerkonzept des
Linksbündnisses, das veröffentlicht ist unter dem
Titel "Einfach,
sozial, gerecht - Unser Steuerkonzept".
Während die Finanzierungspläne der übrigen Parteien für
Kopfprämie, Arbeitsmarkt usw. längst ad absurdum geführt
wurden, scheint das Konzept des Linksbündnisses recht
plausibel.
Die finanzpolitische Kompetenz des Linksbündnisses liegt
offenbar darin, dass durch seine Korrektur der asozialen
Umverteilung nach oben zugleich auch die Mittel zur
Senkung der "Lohnzusatzkosten" sowie zur Wiederbelebung
des Konsums und des Arbeitsmarktes frei werden. Das
würde - im Gegensatz zu den Programmen der übrigen
Parteien - auch dann gelten, wenn nicht alle Zahlen
realisierbar wären, denn zumindest stimmt hier die
Richtung und tatsächlich steht für diese
Arbeitsmarktförderung weit mehr als die jährlich 60
Milliarden Euro zur Verfügung, die zum großen Teil
nach oben umverteilt wurden (sh. hier
Haupttext).
Nach der obigen "Finanzierungsübersicht" ergeben sich
Mehreinnahmen von jährlich etwa 60 Milliarden Euro.
Dabei ist das Potential von weiteren 60 Milliarden noch
gar nicht berücksichtigt, das noch ausgeschöpft werden
kann durch angemessene personelle Verstärkung der
finanzamtlichen Außenprüfungen gegen die
Steuerhinterziehung in großem Stil. Auch wegen
unsinniger Bestimmungen zum Länderfinanzausgleich
begnügt man sich in einzelnen Bundesländern bisher
häufig mit Steuerprüfung auf Sparflamme, so dass sich
große und mittlere Unternehmen bei der Standortwahl eher
für das Bundesland mit den größten Hinterziehungs- oder
Verkürzungsmöglichkeiten entscheiden.
Zu den dadurch verursachten
Steuerausfällen bei Einkommensmillionären siehe auch den
Artikel "Rechnungshof
- Finanzämter verschonen Millionäre",
stern.de, 14.11.06:
Wie aus dem Jahresbericht hervorgeht,
prüft der Fiskus im Schnitt jährlich nur 15 Prozent der
Einkunftsmillionäre. Dabei gebe es erhebliche
Unterschiede zwischen den Bundesländern. Eine
konsequentere Prüfung sei "allemal lohnend", sagte
Rechnungshof-Präsident Dieter Engels. Er verwies darauf,
dass jede Sonderprüfung Mehreinnahmen von
durchschnittlich 135.000 Euro ergeben habe.
Auch die weit über 10 Milliarden Euro jährlich aus einer
international nicht unüblichen spekulationshemmenden
Börsenumsatzsteuer (Tobin-Steuer) sind in der
Finanzierungsübersicht nicht aufgelistet, weil man
offenbar nicht mit einer schnellen Realisierbarkeit
rechnet. Bei den angesetzten 16,6 Milliarden Euro aus
der "Verbreiterung der Bemessungsgrundlage" dürften
längst noch nicht alle Steuersparmodelle berücksichtigt
sein, mit denen sich Einkommensmillionäre auf
Sozialhilfeniveau arm rechnen. Aber dieses Unwesen lässt
sich ebenfalls nur schrittweise beseitigen.
Dennoch ließen sich mit solchen Maßnahmen mittelfristig
noch einmal leicht 30 Milliarden Euro jährlich
realisieren, so dass man schon bei 90 Milliarden wäre.
Dabei ist der "Selbstfinanzierungseffekt" noch gar
nicht berücksichtigt, der von den Neoliberalen sonst
immer bemüht wird und der sich hier effektiv ergibt
durch die Nachfragestärkung, denn hier wird das Geld
nicht - wie von den übrigen Parteien - nach oben
umverteilt und dadurch weitgehend dem Kreislauf für die
Nachfrage entzogen.
Am deutlichsten lassen sich die Finanzierungsreserven
einschätzen, wenn man bedenkt, dass allein schon durch
die Anhebung der deutschen Steuerquote auf das mittlere
europäische Niveau von Großbritannien zusätzliche
Staatseinnahmen von mindestens 160 Milliarden Euro
jährlich zufließen würden (sh. hier
rossaepfel-theorie.de).
Dieses Geld könnte man zum großen Teil
konjunkturfördernd zur Absenkung der
Sozialversicherungsquote verwenden, so dass die deutsche
Abgabenquote insgesamt nicht einmal steigen müsste.
Die bestbezahlten Söldner des Medienkapitals und
der Proporz-Cliquen spüren, dass sie bei diesem Programm
auf ihre üppigen jährlichen Steuergeschenke verzichten
müssen, um die sie in ihren Kampagnen so hart gekämpft
haben. So hieß es gegen Ende der BILD-Kampagne
am 5.12.2003 noch in diesem Blatt:
"Steuern runter! Senden Sie Ihren
Wut-Brief per eMail – Noch heute
unterschreiben! Es brennt, es drückt, es eilt!"
(Sh .zu den BILD-Kampagnen auch den Abschnitt "Weitere
Unersättlichkeiten (Glos-Vorstoß)" hier im Exkurs
Unternehmenssteuerreform.htm.)
Zur Absicherung derartiger Umverteilungs-Kampagnen
polemisiert BILD heftig gegen Oskar Lafontaine als
härtestem Gegner solcher Wählertäuschung. Nach
Aufkündigung seiner Möglichkeit, in BILD als
Kolumnist und kritischer Fremdkörper eine Leserschaft
von über 10 Millionen anzusprechen, und nach den
überraschenden Erfolgen des Linksbündnisses konnte die
Rückkehr zur neoliberalen Stimmungsmache nicht
ausbleiben. Schon am 19.7.05 schrieb BILD:
Gysi und
Lafontaine machen unbezahlbare Wahlversprechen
Die fünf Lügen der Linkspartei
Lüge: bewußt falsche, auf Täuschung
angelegte Aussage
(Definition laut Duden)
Wollen Oskar Lafontaine und Gregor Gysi die Wähler für
dumm verkaufen?
Oder denken die beiden, sie könnten alles versprechen,
weil sie es doch nie halten müssen?
BILD hat nachgerechnet: Die Wahlversprechen ihrer
Linkspartei kosten unbezahlbare 90 Milliarden Euro! Und
das bei leeren Kassen und einer Staatsverschuldung von
heute schon 1,4 Billionen Euro!
Allerdings kann man
diesen Meinungsmachern nicht nachweisen, dass es sich
bei ihrer Stimmungsmache für die Umverteilung nach oben
um Lügen
im Sinne ihres Zitates
handelt, also um eine "bewußt falsche, auf Täuschung
angelegte Aussage", denn man muss ihnen auch einiges an
Ignoranz zubilligen. Es fragt sich allerdings, ob sie
ebenso ignorant sind, wenn es um ihr eigenes
Portemonnaie geht. Auch mit ihrer willkürlichen
Hochrechnung der veranschlagten und refinanzierten
jährlichen 60 Milliarden Euro auf die obigen 90
Milliarden, würde also mittelfristig immer noch nicht
der gedeckte Finanzierungsrahmen gesprengt. Das gilt
sogar ohne Berücksichtigung der teilweisen
Selbstfinanzierungseffekte (sh. oben), die hier mit
Sicherheit eintreten, aber in Berechnungen für die
Neoliberalen meist weit übertriebenen werden. Zu dieser
Hochrechnung um 30 Milliarden sh. auch "Die
5 Halbwahrheiten der Bild-Zeitung",
Die Linke.PDS, 20.7.05.
Als ob die
Desinformation der
etwa zehn Millionen wahlberechtigten BILD-Leser noch
nicht reichte, hat der Axel-Springer-Verlag auch noch
die Fernsehgruppe
ProSiebenSat.1 gekauft
(sh. "Deutschland braucht
kein Springer TV",
tagesschau.de, 5.8.05,
sowie Interview mit Günter Wallraff: "Bei Wahlen macht
'Bild' immer Politik für die Rechten",
taz.de, 21.11.05,
und zur sinkenden Auflage von 3,83 Mio. verkauften
Exemplaren in 2005:
http://www.bildblog.de/auflage.html,
Stand: 28.11.05).
Mehr zu Meinungskauf/Pro7Sat1 sh. hier unter
Pro7Sat1.htm. Einen
Beleg für Wallraffs Aussage lieferte die Springerpresse
wieder einmal bei der Bundestagswahl vom 18.9.2005 mit
ihren Kampagnen gegen Lafontaine und die Linkspartei.
(sh. unten). Die übrigen neoliberalen Medienmacher
standen ihr aber kaum nach.
Es geht also keineswegs nur um die
TV-Ausschlachtung von Springer-Kampagnen wie letztens
gegen "Florida-Rolf"
(sh. Die ZEIT, 29.2.04:
17 Schlagzeilen in fünf Monaten)
oder das Voyerismus-Marketing gegen Sibel Kekilli nach
dem alten Springer-Motto "Seid nett zueinander" (sh.
Karl Pawek: "Fluch
der Harmonie", 2003).
Auch die Wählertäuschung aufgrund von profitablem
Selbstbetrug ist letztendlich betrügerisch.
Wenn man keine Lügen mehr hören will, müsste man die
neoliberalen Meinungsmacher völlig ignorieren und könnte
meistens vier von fünf Christiansen-Gästen zu Beginn
ihres Gleichschaltungs-Zirkus nach Hause schicken. Auch
wenn einem solche Lügen zuwider sind, so zwingen sie
nicht nur zur Stellungnahme, sondern liefern zumindest
auch den Stoff zur Aktivierung gewisser Gehirnbereiche,
um beim Gegenangriff auf die Täuschungsmanöver
möglichst punktgenau zu reagieren und die ständige
Ablenkung der Neoliberalen von ihren selbstsüchtigen
Umverteilungszielen zu verhindern.
Die Sozialabgaben fallen für den Klein- und
Normalverdiener mit mehr als 20% Grenz- und
Durchschnittsbelastung stärker ins Gewicht als seine
Lohnsteuer. Außerdem belasten sie seinen Arbeitgeber
noch einmal in gleicher Höhe und fördern so die Tendenz
zur Produktionsverlagerung oder zum Ersatz seiner
Arbeitsplätze durch Automatisierungskapital.
In dem Kontrastprogramm zu den neoliberalen Tricks der
übrigen Parteien bei der Finanzierung von Sozialabgaben
liegen ebenfalls erhebliche Möglichkeiten zur
Ankurbelung von Konjunktur und Arbeitsmarkt.
Mit der für später geplanten Aufhebung der
Beitragsbemessungsgrenze und dem Ersatz der
Lohnzusatzkosten durch eine "Wertschöpfungsabgabe" nach
"Leistungsfähigkeit" (sh. unten) nähert sich das
Linksbündnis dem skandinavischen Modell schon recht gut
an - bis auf die Tatsache, dass bei einer echten
Steuerfinanzierung die hohen Einkommen einen höheren
Prozentsatz tragen als die niedrigen. Außerdem
will das Linksbündnis gegen die alarmierend niedrige
Geburtenrate noch eine Erhöhung des Kindergeldes auf 250
Euro monatlich erreichen (bisher 154 Euro für das erste
und zweite Kind).
In der gesetzlichen Rentenversicherung plant sie eine
konjunkturfördernde Absenkung der viel zu hohen
Belastung für den Faktor Arbeit durch eine
"Erwerbstätigenversicherung", in deren
Bemessungsgrundlage nicht nur die Einkünfte von
Arbeitnehmern sondern alle Einkünfte einbezogen werden.
Dazu heißt es in ihrem
Wahlprogramm vom 27.8.2005
(evt. über
http://sozialisten.de/service/download/dokumente/wahlprogramme/index.htm),
am Ende von Abschnitt 2.2:
Die Beitragsbemessungsgrenze soll an- und später
aufgehoben werden.
Menschen mit höheren Einkommen sollen also in größerem
Umfang für die solidarische Finanzierung der Renten
herangezogen werden, ohne dass ihre Ansprüche in
gleichem Maße steigen.
Zur "Solidarischen Bürgerversicherung" heißt es gleich
danach:
Die Beitragsbemessungsgrenze soll in einem ersten
Schritt auf 5.100 Euro angehoben und später ganz
aufgehoben werden. Wir halten am Grundsatz der
paritätischen Finanzierung fest und fordern
entsprechende Korrekturen.
Die konsum- und beschäftigungsfeindlichen
"Lohnzusatzkosten" sollen nicht nur gesenkt, sondern
mittelfristig komplett abgeschafft und ersetzt werden
durch eine "Wertschöpfungsabgabe", denn wegen der
fortschreitenden Automatisierung in Produktion und
Verwaltung wird immer mehr einseitig belastete Arbeit
durch billigeres Kapital ersetzt. Dazu heißt es in
Abschnitt 2.4 (ebd.):
Wir wollen, dass Unternehmen nach ihrer realen
wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, also nach ihrer
Wertschöpfung und nicht nach der Zahl der Beschäftigten
und der Höhe des Bruttolohnes in die sozialen
Sicherungssysteme einzahlen. Wir treten deshalb für
einen Prozess ein, in dem die heutigen Lohnnebenkosten
durch eine Wertschöpfungsabgabe ersetzt werden.
In der Neoliberalismuskritik wird von
anderen zu Recht darauf hingewiesen, dass Deutschland
Exportweltmeister ist und dass die Lohnkosten nur
einen kleinen Bruchteil der gesamten Wertschöpfung in
der deutschen Industrie ausmachen. Also seien die
"Lohnzusatzkosten" wiederum nur etwa 20% von diesem
Bruchteil. Dabei ist jedoch nicht zu vergessen, dass ein
großer Teil der Wertschöpfung für den deutschen Export
bereits in europäische Niedriglohnländer verlagert
wurde und dass vor allem der Konsum und der
Arbeitsmarkt im Inland wesentlich belebt würde, wenn man
die Kosten der Lieferungen und Dienstleistungen fürs
Inland um bis zu 40% Sozialabgaben senkte durch
Beendigung der Umverteilung nach oben.
Die Wertschöpfungsabgabe ließe sich so
ausgestalten, dass die Beitragshöhe auch durch die
Verschiebung des kompletten Konzerngewinns in
parasitäre Steueroasen nicht beeinträchtigt würde, gegebenenfalls
auch mit Koppelung an den Konzernumsatz in Deutschland.
Zum Steuertarif schreibt die Linkspartei (ebenda, S.
28):
Bei der Lohn- und Einkommensteuer wollen wir Personen
und Familien mit niedrigen und mittleren Einkommen
entlasten und Steuerpflichtige mit hohen und sehr hohen
Einkommen stärker heranziehen. Der Eingangssteuersatz
soll 15 Prozent betragen – bei einem Freibetrag von
12.000 Euro. Dann soll der Steuersatz allmählich
(linear-progressiv) bis zu einem Spitzensteuersatz von
50 Prozent ansteigen. Dieser soll auf die
Einkommensteile oberhalb 60.000 Euro erhoben werden.
Sie will also den persönlichen steuerlichen
Grundfreibetrag von jetzt 7.664 Euro auf ein
Existenzminimum 12.000 Euro je Ehepartner jährlich
erhöhen. Die derzeitigen Kinderfreibeträge bringen den
Klein- und Normalverdienern gar nichts. Sie sollen durch
ein deutlich erhöhtes Kindergeld von monatlich 250 Euro
je Kind ersetzt werden. Zur Finanzierung dieser
Belebungsmaßnahmen will sie unter anderem das
Ehegattensplitting abschaffen, von dem am meisten
Bestverdiener ohne Kinderfreibeträge profitieren. Die
Normalverdiener erhalten ihren Ausgleich für die
Abschaffung des Ehegattensplittings allein schon durch
die Erhöhung des Grundfreibetrages um mehr als die
Hälfte auf 12.000 Euro (sh. oben).
Zur Zeit setzt der Spitzensteuersatz bei ein bei einem
zu versteuernden Jahreseinkommen von 52.152 Euro (sh.
Grafische Darstellungen,
Blatt 12) bzw. dem Doppelten für zusammenveranlagte
Ehepartner. Nach dem Konzept des Linksbündnisses könnte
der Freibetrag für den einen Ehepartner auf den anderen
übertragen werden, so dass der Spitzensteuersatz erst
bei 60.000 + 12.000 = 72.000 Euro einsetzen würde. Es
ergibt sich also schon einmal vorweg eine klare
Rückführung von Steuergeschenken für Meinungsmacher und
sonstige Bestverdiener in den Konsumkreislauf. Deswegen
erscheint es vertretbar, dass das Linksbündnis die
Beitragsbemessungsgrenze für die gesetzlichen
Krankenversicherung nur schrittweise aufheben will,
durch deren Beitragsbegrenzung die Bestverdiener
begünstigt werden.
Einen Großteil ihrer steuerpolitischen Belebung für
Konjunktur und Arbeitsmarkt will das Linksbündnis
finanzieren durch Mobilisierung von 25 Milliarden Euro
jährlich aus dem toten Volkseinkommens, das der
Nachfrage und dem Wirtschaftskreislauf durch
Umverteilung nach oben entzogen wurde:
Zinseinnahmen und andere
Kapitaleinkünfte will die PDS an der Quelle mit 50
Prozent besteuern. Wer weniger verdient, soll sich das
zuviel Gezahlte mit der Einkommensteuererklärung
zurückholen können. Die Vermögenden sollen noch einmal
zur Kasse gebeten werden: "Das oberhalb von 300.000 Euro
liegende Vermögen wird bis zu einem Vermögen von 1
Million Euro mit einem Steuersatz von 0,7 Prozent
besteuert, darüber mit 1,5 Prozent und oberhalb von 5
Millionen Euro mit 2,5 Prozent." Das würde nach der
PDS-Kalkulation 25 Milliarden Euro in die Kassen des
Staates spülen...
Lafontaine hat schon bekundet, kein Problem mit dem
Programm der Schwesterpartei zu haben.
sh. "Linksbündnis - Von oben nach unten umverteilen",
FAZ.net, 8.7.05.
Tatsächlich stimmt die Richtung recht genau mit den
Vorstellungen nach den WASG-Programmentwürfen überein.
Sehr begrüßenswert zur Förderung der
Arbeitsplatzbeschaffer sowie des Arbeitsmarktes ist auch
die Absenkung der Mehrwertsteuer für
Handwerkerleistungen und Medikamente auf 7%. Die
Absenkung der Mehrwertsteuer im konsumnahen Bereich
dürfte etliche Dienstleistungen wieder eher bezahlbar
machen und von der Schwarzarbeit wieder in den
sozialversicherungspflichtigen Bereich zurückholen. Sie
wurde hier schon an anderer Stelle mit diversen
Dokumentationen gefordert, aber der Hauptimpuls muss
über die Einkommensteuerfinanzierung von Sozialbeiträgen
kommen, das heißt aus der Korrektur der Steuersenkung
für Bestverdiener und der gesamten steuerlichen
Umverteilung nach oben. Die Absenkung der Mehrwertsteuer
für Medikamente senkt ebenfalls die Belastung des
Arbeitsmarktes mit den Sozialbeiträgen für die
Krankenversicherung.
Weitere Einzelheiten und die Infografik "So rechnet die
PDS" findet man unter anderem in der FAZ, a.a.O. Das
Bundesfinanzministerium wendet z.B. ein, dass die
Steuerausfälle durch die Erhöhung des Grundfreibetrages
von jetzt 7.664 Euro auf 12.000 Euro höher seien, als
sie vom Linksbündnis veranschlagt wurden. Grund sei,
dass von dieser Erhöhung durch den linear progressiven
Tarif auch die Normal- und Bestverdiener profitieren.
Tatsächlich würden die Klein- und Normalverdiener von
einer teilweisen Steuerfinanzierung ihrer Sozialabgaben
wesentlich mehr profitieren als von einer Erhöhung ihres
Grundfreibetrages (sh. "Rechenfehler bei Linkspartei?",
n-tv.de, 7.8.05),
weil sich die Ersparnis mit dem Eingangssteuersatz von
15% ja zunächst nur auf die 4.336 Euro bezieht, die über
den bisherigen Grundfreibetrag von 7.664 Euro
hinausgehen. Sie würde also bei einem Alleinstehenden
ohne Kinder für diesen Einkommensteil lediglich 0,15 *
4.336 = 650 Euro jährlich betragen. Dagegen würde sich
eine Ersparnis des Arbeitnehmers schon bei einem Viertel
seiner Sozialabgaben, also von etwa 5%, auf das gesamte
sozialversicherungspflichtige Bruttoeinkommen beziehen.
Deshalb dürfte diese Steuerfinanzierung gegenüber der
Erhöhung des Grundfreibetrages absolut vorrangig sein -
schon allein zur Förderung des Konsums und des
Arbeitsmarktes.
Der Bestverdiener profitiert allein von
der Erhöhung des Grundfreibetrages um 4.336 Euro bei
einem vorgeschlagenen Spitzensteuersatz von 50% mit 0,50
* 4.336 = 2.168 Euro plus
Solidaritätszuschlag und zuzüglich der Ersparnisse
auf allen Progressionsstufen, weil bei ihm die Erhöhung
des Grundfreibetrages eine Verminderung des zu
versteuernden Einkommens um den gleichen Betrag auf der
Stufe des Spitzensteuersatzes bedeutet. Dies gilt
jedenfalls dann, wenn er auch nach Erhöhung des
Grundfreibetrages noch mit mindestens 4.336 Euro
im Bereich des Spitzensteuersatzes liegt. Es gilt auch
dann, wenn der Spitzensteuersatz nach den Vorstellungen
des Linksbündnisses schon bei niedrigeren Einkommen
einsetzt als bisher. Zwar bedeutet dieser Vorteil des
Bestverdieners mit der Erhöhung der Grundfreibeträge
eine gewisse Kompensation für das vorgezogene Einsetzen
seines Spitzensteuersatzes für zusammenveranlagte
Bestverdiener (60.000 statt bisher zweimal 52.152), aber
tendenziell ist die Steuerfinanzierung von Sozialabgaben
für Konjunktur und Arbeitsmarkt ohnehin effizienter.
Diese Steuerfinanzierung würde auch zur Lösung
des Dilemmas beitragen, das mit der Forderung nach einem
existenzsichernden Mindestlohn verbunden ist (sh. hier
die Exkurse: "Mindestlöhne
und Bolkestein-Hammer" und "EU-Lohndumping.htm").
Der FAZ-Bemerkung, dass Lafontaine Managerbezüge
oberhalb einer gewissen Größenordnung mit 100% besteuern
will, erscheint dort völlig ernst gemeint. Bei Managern
wie Schrempp und Ackermann hätte das auch etwas für
sich. Lafontaine hat jedoch bei einer TV-Inquisition
durch Michael Friedmann darauf hingewiesen, dass es sich
bei der Forderung um ein Zitat handele.
Gewiss war der erste Satz des folgenden
Lafontaine-Vorschlages an die SPD zur Wahl 2002 nicht
nur eine Pointe, zumal die rosa-grünliche Koalition
gerade die Absenkung des Spitzensteuersatzes von 53 auf
42% durchgesetzt hatte:
"Seine Partei habe bei der Wahl "eine Chance, wenn sie
wieder kenntlich wird"... Sie erklärt, es sei ungerecht,
für den ledigen Facharbeiter mit 60 000 Euro
Jahreseinkommen denselben Spitzensteuersatz zu fordern
wie für den Manager, dessen Jahressalär 6 Millionen Euro
beträgt. Pro 100 000 Euro über dem Facharbeiterlohn
steigt der Spitzensteuersatz künftig um 1 Prozent und
erreicht bei 6 Millionen Euro 100 Prozent. Ab dieser
Grenze wird jeder Cent weggesteuert." Die
Einkommensmillionäre würden zwar aufjaulen, "das Volk
wäre begeistert", so Lafontaine,
sh. STERN, G+J, 15.5.2002, unter
presseportal.de.
Aber auch Lafontaine weiß natürlich, dass es
verfassungsmäßige Grenzen der Besteuerung gibt. Diese
lassen sich aber von einem Proporz-Gericht mit
zeitweiser Dominanz von Neoliberalen nicht für alle
Zeiten verbindlich festschreiben.
Die Neoliberalen in Regierung und Opposition können es
kaum fassen, dass trotz ihrer gemeinsamen Schaukämpfe in
den Talkshows und trotz vereinter Gehirnwäsche in den
übrigen Medien noch genügend kritisches Bewusstsein
übrig geblieben ist für eine Zustimmung von mehr als 8
Prozent zum Linksbündnis. Besonders die Schwarzen
fürchten jetzt um ihre sicher geglaubten Privilegien bei
der nächsten Bundestagswahl. So auch der
baden-württembergische Ministerpräsident Günther
Oettinger von der CDU (sh. "Umstrittene
Ost-Thesen", faz.net, 12.8.05):
Oettinger hatte nach
einem Bericht der Zeitung "Badischen Neueste
Nachrichten" gesagt: "Die Linken und die Mutlosen im
Osten Deutschlands dürfen nicht entscheiden, wie
Deutschland regiert wird."
Der Vorsitzende
der CDU-Fraktion im Stuttgarter Landtag, Stefan Mappus,
bestätigte am Freitag die Äußerung Oettingers - und
verteidigte sie gleichzeitig. Oettinger habe nicht
generell von den den Bürgern in den neuen Ländern
gesprochen, sondern von "den Linken, die dort agieren",
sagte Mappus.
Ähnlich frustriert sind auch andere, wie der bayerische
Ministerpräsident Edmund Stoiber. Dessen tatsächliche
Äußerungen wurden trotz aller Verfälschungsversuche
seines CSU-Generalsekretärs Söder originalgetreu im
Bayerischen Rundfunk gesendet. Dazu schreibt die FAZ
(sh. "Stoiber
und der Wahlkampf", faz.net, 11.8.05):
Doch zur besten
Frühstückszeit wurde dann am Donnerstag im Bayerischen
Rundfunk vermeldet, was Stoiber am Abend zuvor bei einer
Wahlkampfkundgebung in Schwandorf in der Oberpfalz
gesagt hatte: "Wenn es überall so wäre wie in Bayern,
hätten wir überhaupt keine Probleme. Nur, meine Damen
und Herren, wir haben leider nicht überall so kluge
Bevölkerungsteile wie in Bayern. Die Stärkeren müssen
manchmal die Schwächeren mitziehen. Das ist nun einmal
so." Und damit bei den Zuhörern keine Mißverständnisse
aufkamen, worüber der CSU-Vorsitzende gerade so animiert
sprach, fügte er noch hinzu: "Ich will nicht, daß noch
einmal die Wahl im Osten entschieden wird."
Die Stoiber-Zitate aus dieser Rede kann man zur Zeit
auch noch im Originalton nachhören in dem
Rundfunkbericht von Silvia Engels: "Edmund Stoiber sorgt
für Wirbel mit Wahlkampfäußerungen",
dradio.de, 11.8.05, 13:14h > AUDIO
ON DEMAND > FLASH.
Am 4.8.05 hatte der frustrierte Stoiber schon bei einem
Dorffest in Eglofs in Baden Württemberg gesagt (sh. "Stoiber
beim Wort genommen", lt. faz.net,
12.8.05):
"Wir freuen uns über die
Entwicklungen in den neuen Ländern. Wir wissen, daß das
schwierig ist. Und ich weiß, daß natürlich auch Bayern,
Baden-Württemberg gerade auch für die neuen Länder enorm
in den Finanzausgleich finanzieren. Aber ich akzeptiere
es nicht, daß letzten Endes erneut der Osten bestimmt,
wer in Deutschland Kanzler wird, meine sehr verehrten
Damen und Herren. Das wird nicht mehr sein. Wir leisten
jedes Jahr, wir leisten jedes Jahr etwa 120 bis 130
Milliarden Euro Finanzausgleich zur Aufbausituation der
neuen Länder. Aber es darf nicht sein, und das ist der
Appell auch an alle Vernünftigen - es darf nicht
sein, daß letztlich die Frustrierten über das Schicksal
Deutschlands bestimmen."
Die erschreckten Umdeutungsversuche in späteren Reden
von Edmund Stoiber und durch die neoliberalen
Meinungsmacher halfen wenig, um ihn vor einem Absturz
durch seinem Rohrkrepierer zu schützen - zugunsten einer
plötzlich aufgefrischten Angela Merkel.
Eine gewisse Plausibilität hat dagegen Stoibers
Brecht-Zitat (lt. FAZ-Überschrift):
"Nur die dümmsten Kälber wählen ihre Metzger selber",
wenn er denn Bertolt Brecht richtig verstanden hat ("Nur
die allerdümmsten Kälber wählen ihre Schlächter selber",
aus: "Schweyk im Zweiten Weltkrieg"). Allerdings soll er
das lt.
faz.net vom 13.8.05
nicht auf die düpierten Wähler der neoliberalen Parteien
bezogen haben, die sich ja auch wegen der
überwältigenden Irreführung kaum woanders ihr Kreuzchen
eintragen können. Vielmehr meint er damit die Wähler des
Linksbündnisses, das als einzige politische Kraft
Schluss machen will mit der Arbeitsplatzvernichtung
durch Umverteilung nach oben.
Bei all diesen unzureichenden Manipulationsversuchen
blieb den Neoliberalen noch die schwache Hoffnung, dass
es ihnen gelingt, den Willen von etwa zehn Prozent der
Wähler mit Hilfe des einmaligen deutschen Wahlrechts zu
brechen, indem sie aus den Kandidaturen der
WASG-Kandidaten auf den offenen Listen der Linkspartei
eine unzulässige Listenverbindung konstruieren und dies
mit Hilfe ihrer vereinigten neoliberalen
Proporz-Vertreter im Bundesverfassungsgericht als
"Rechtslage" präsentieren.
Dies erinnert an die Konstruktion des "Halbteilungsgrundsatzes"
durch ein BVG-Urteil aus dem Jahre 1995 - unter
maßgeblicher Mitwirkung des damaligen
Verfassungsrichters Paul Kirchhof, jetzt
Unions-Wunschkandidat für das Amt des
Bundesfinanzministers und Propagandist eines Spitzen-
und Einheitssteuersatzes von 25% in konsequentem
Weitermarsch zu einem "Viertelteilungsgrundsatz"! Die
Landeswahlausschüsse haben sich für diesen
legalistischen Neoliberalismus-Schutz jedenfalls nicht
einspannen lassen, obwohl sicher viele ihrer Mitglieder
dazu die größte Lust verspürten.
Dass sogar Verfassungsrichter ihrem Proporz verhaftet
sein können, stört auch den
Bundesrichter und parteilose Kandidaten der Linkspartei
Wolfgang Neskovic.
Zu der medienwirksamen durchsichtigen Argumentation
zweier ehemaliger Verfassungsrichter gegen die Zulassung
der Linkspartei sagt er (sh. "Nescovic
weist Kritik an der Linkspartei-Listen zurück",
Berliner Zeitung, 18.8.2005):
Ich bin doch sehr verwundert, dass zwei Richterkollegen
mit juristisch derart substanzlosen Überlegungen
Einfluss auf die Entscheidung der Wahlausschüsse zu
nehmen versuchen. Es handelt sich hier, mit Verlaub,
vorrangig um eine politische Frage, und der Verdacht
drängt sich auf, Frau Graßhof und Herr Klein verfolgten
mit juristischen Mitteln politische Ziele. Da muss der
Eindruck entstehen, beide instrumentalisierten den
Vertrauensbonus, der mit ihrem ehemaligen Amt als
Verfassungsrichter verbunden ist, für parteipolitische
Zwecke. Meinen Richterkollegen ist bewusst, dass sie mit
ihren Darbietungen politisch den Parteien in die Hände
spielen, denen sie ihre Ämter verdankten, Frau Graßhof
der SPD, Herr Klein der CDU.
Es ist jedenfalls nichts daran auszusetzen, wenn
WASG-Kandidaten auf Listen der Linkspartei bei Bedarf in
die Linkspartei eintreten, weil deren
Wahlprogramm - im Gegensatz zu den Wahlprogrammen aller
anderen Parteien - nicht nur für Lafontaine ebenso
akzeptabel ist wie das vorläufige Wahlprogramm der WASG.
Im Hinblick auf das Verhältnis der Linken zur SPD ist
nachzutragen, dass es keineswegs um eine Demontage der
SPD gehen kann, sondern vielmehr um ihre Stärkung durch
Wiederbelebung ihres sozialdemokratischen Wesens.
Die Linke hat zwar zu dieser zwangsweisen Rückbesinnung
schon einige erfolgreiche Impulse gegeben, aber sie kann
ihre sozialdemokratischen Ziele gesetzgeberisch nicht
ohne eine starke Koalition mit der SPD durchsetzen.
Diese Linie verfolgt auch Oskar Lafontaine. Der
Leipziger Volkszeitung (LVZ) sagte er in einem
Interview:
"Obwohl Sie mir das nicht glauben werden, ich hatte nie
das Ziel, die SPD fertig zu machen. Ich engagiere mich
erneut politisch, um die deutsche Politik zu verändern."
Dabei komme die Linke gut voran. "Das längere
Arbeitslosengeld I, weniger Zwangsverrentung und den
Durchbruch beim Postmindestlohn gäbe es ohne die Linke
nicht. Diesen Weg werden wir fortsetzen. Die neuesten
Beschlüsse der Koalition, so bescheiden sie auch sind,
wurden in Reaktion auf die Linke getroffen."
(Sh. "LVZ: Lafontaine: SPD ist für die Linke im Bund
nicht regierungsfähig. /
'Ich hatte nie das Ziel, die
SPD fertig zu machen'",
presseportal.de,
1.3.2008.)
Obwohl eine solche realpolitische Haltung zur SPD eine
Selbstverständlichkeit ist, nutzen einige Linke aus der
ehemaligen SED gerade diese Hetze der Rechten gegen
Lafontaine, um innerhalb des Linksbündnisses eine
Position gegen ihn aufzubauen. Die Spaltungs-Strategie
der Neoliberalen in der SPD ist klar: Eine Koalition mit
Lafontaine als einem der wenigen verbleibenden
profilierten Sozialdemokraten lehnen die etablierten
Schein-Sozialdemokraten in der SPD kategorisch ab.
Dagegen stellen sie durchaus eine Koalition mit
ehemaligen SED-Spitzenfunktionären in Aussicht, wenn
diese nur Lafontaine kaltstellten. Insgeheim gehen die
Verräter der Sozialdemokratie mit einiger Sicherheit
davon aus, dass damit die Linke ohnehin wieder unter die
Fünf-Prozent-Hürde fallen würde, auch durch
Vereinnahmung und erneute Rote-Socken-Kampagnen.
So weit ist die Politik von der übelsten Sorte bekannt.
Es ist aber schwer verständlich, dass die Betreiber von
ihren Wunschpartnern auch noch unterstützt werden.
Hilfreich erweist sich dabei unter anderen
André Brie, der sich durch seine subtile Kritik an
Lafontaine hervorgetan hat. In seinem SPIEGEL-Interview
vom
30.7.2007 mit der bezeichnenden Überschrift "Denken
in Schwarz-Weiß" sagte er auf die Frage
nach "Lafontaine und dessen Leute(n)":
Wir kritisieren das Schwarz-Weiß-Denken des George Bush
und praktizieren es selbst.
DER SPIEGEL witterte eine Bestätigung für seine
Diffamierungs-Kampagnen gegen Lafontaine und fand auf
seine entsprechende Frage auch prompt das einfühlsame
Verständnis für Lafontaines angebliche quasi
psycho-pathologische Gleichgewichtsstörungen:
SPIEGEL: Lafontaine treibt die Linke in eine Feindschaft
zur Spitze der Sozialdemokratie, die Leute wie Sie immer
überwinden wollten.
Brie: Lafontaine ist nach seinem Bruch mit der SPD
psychologisch in einer schwierigen Situation. Das war
eine dramatische Zäsur, die schwer zu verarbeiten ist.
Aber er kann nicht die gesamte Linkspartei in eine
radikale Feindschaft zur SPD führen, nur weil er selbst
diesen Bruch schwer verarbeiten kann. In der Perspektive
müssen wir das Land gemeinsam mit der SPD verändern
-jetzt, wo es eine Mehrheit jenseits von CDU und FDP
gibt. Deshalb müssen wir realitätsnahe, politikfähige
Vorstellungen entwickeln.
Die Pflege des Spalt-Pilzes durch vereinzelte ehemalige
PDS- und WASG-Mitglieder soll hier nicht weiter
kommentiert werden, weil in der Tat nur eine vereinte
Linke zusammen mit einer runderneuerten SPD gegen die
Neoliberalen und ihre Köder zur Umverteilung nach oben
erfolgreich sein kann.
Es ist aber auch nicht erstrebenswert, jedes Wort auf
die Goldwaage zu legen, selbst wenn die neoliberalen
Meinungsmacher den kleinsten Ansatzpunkt in der Linken
begierig ausschlachten.
Zu diesen Meinungsproduzenten kann man die taz
eigentlich nicht rechnen. Ganz frei von solchen
Einflüssen scheint sie aber nicht zu sein.
Die Lage der Linken zu Beginn des Jahres 2008
kommentiert sie wie folgt:
In dieser Auseinandersetzung wollen die Reformpolitiker
der früheren PDS, zu denen Brie gehört, nicht länger
stillhalten. Ihr Widerstand gegen die Dominanz des
Partei- und Fraktionschefs Oskar Lafontaine wächst. Sie
nervt, dass allein Lafontaine definiert, was "links"
sei. Sie kritisieren, dass er links und rechts des Weges
alles einsammelt, was der Linkspartei Erfolg verspricht.
"Einkaufswagenpolitik" nennen sie das süffisant. Und die
Reformer sind bestürzt, wie abfällig ihr Vorsitzender
über das Führungspersonal der Konkurrenz spricht.
Merkel, Beck, Westerwelle - für Lafontaine sind alle
"Totalausfälle", "Versager", "dumm wie Schifferscheiße".
Dabei ist die Grenze für die Lafontaine-Kritiker klar:
Keine direkten politischen Attacken, keine persönlichen
Angriffe. Dafür ist Lafontaine viel zu wichtig für die
Partei, vor allem für ihren Erfolg im Westen. Und dafür
fehlt den Reformern auch ein Anführer. Bisky, der
Parteichef, moderiert zwischen alter PDS und alter WASG.
(Sh. Jens König:
"Richtungsstreit in Partei Die
Linke – Protest gegen Lafontaines SPD-Hass",
taz.de,
28.2.2008.) Wenn Lafontaine als weggemobbter
SPD-Vorsitzender (sh. hier
rossaepfel-theorie.de)
versucht, auch der verbleibenden SPD-Basis die Augen zu
öffnen für den Verrat ihres Establishments an der
Sozialdemokratie, dann kann man das sicher nicht als
"SPD-Hass" bezeichnen. Die Kritik an Kurt Beck kommt
doch viel eher von rechts, weil er die Tabuisierung
einer Koalition mit der Linken in den Bundesländern
nicht länger unterstützt. Die Hauptprofiteure in der SPD
bei der steuerlichen Umverteilung nach oben (sh. hier
rossaepfel-theorie.de) fürchten den
überfälligen Verlust ihres Vertrauens bei ihrer
restlichen Partei-Basis. DER SPIEGEL vom 1.3.2008 titelt
und schreibt:
Spitzengenossen wollen
Kanzlerkandidatur Becks verhindern
Offene Rebellion in der SPD-Spitze: Nach Informationen
des SPIEGEL wollen die Reformer Steinbrück, Platzeck und
Müntefering ihren Gesinnungsgenossen Steinmeier zum
Kanzlerkandidaten machen. Parteichef Beck habe sein
Recht verwirkt. Die einzige Stellvertreterin an Becks
Seite: Andrea Nahles.
Natürlich stehen Schröder-Freund Michael Naumann,
RWE- und INSM-Freund
Wolfgang Clement
sowie etliche Schein-Sozialdemokraten in der SPD voll hinter
jedem, von dem sie eine Verhinderung des Bündnisses mit
der Linken erwarten, auch hinter dem ehemaligen Schröder-Mitstreiter
Steinmeier. Nach dessen Aussage haben aber die
Absprachen "ganz sicher nicht stattgefunden" (zeit.de,
2.3.08). Er bezeichnete die SPIEGEL-Meldung als "Unsinn"
(ebd.). Die neoliberalen Profiteure in der SPD
fürchten jedenfalls nichts mehr als
ihre Bloßstellung durch eine Koalition mit den Linken im Bundestag.
Dagegen dürfte sich die berechtigte Kritik von
Lafontaine an Beck eher in Grenzen halten, auch wenn es
sich in dem taz-Artikel anders anhört.
Es ist aber kaum nachzuvollziehen, wieso die
Tageszeitung Lafontaines Kritik an Merkel oder gar an
Westerwelle als überzogen ansehen kann. Was die
Rotkarierten betrifft, so kann es nach Lafontaines
eigenem Bekunden selbstverständlich ohnehin nicht sein
Ziel sein, "die SPD fertig zu mache" (sh. oben). "Versager"
und "Totalausfälle" sind die Verräter der
Sozialdemokratie allemal. Aber dass deren
"Führungspersonal" und das Establishment der übrigen
Parteien "dumm" sind, kann man nur für sie hoffen, denn
sonst könnte man ihnen kaum noch etwas nachsehen. Viele
haben sich wohl aus Egoismus nur selbst verdummt, um
noch in den Spiegel schauen zu können (sh. hier
rossaepfel-theorie.de).
Bei den Linken liegen die Probleme anders. Einige ihrer
Mitglieder nutzen jetzt sogar den Ausschluss der
DKP-Abgeordneten Christel Wegner aus der
niedersächsischen Fraktion der Linken (sh. unten), um
sich gegen eine angebliche Definitionshoheit von
Lafontaine zu behaupten:
Eine Reihe jüngerer Reformpolitiker, unter ihnen die
Landeschefs Klaus Lederer (Berlin) und Matthias Höhn
(Sachsen-Anhalt) sowie die Bundestagsabgeordneten Jan
Korte und Michael Leutert, hält die Debatte mit dem
Ausschluss von Wegner nicht für beendet…
Dabei müsse es für die Partei eine klare Übereinstimmung
geben: "Dass jede Art von Sozialismus für uns die
Existenz von 'Organen', 'Komitees' und 'Diensten'
ausschließt, die über 'richtig' und 'falsch' von
Positionen und Sichtweisen entscheiden."
(Sh. ebd.). Die hier genannten "Reformpolitiker" stammen
aus der PDS. Sicherlich hat die ehemalige PDS,
insbesondere in der Finanzpolitik, einige gute Ansätze,
denen die Vorstellungen von vielen WASG-Mitgliedern aus
SPD, Grünen und Gewerkschaften noch etwas hinterherhinken.
Solche neoliberalen Altlasten kann man aber keineswegs
Lafontaine vorwerfen. In Wirklichkeit geht es wohl auch
hier noch um die gleichen Selbstbehauptungs- und
Selbstfindungs-Scharmützel wie im obigen Interview von
André Brie. Die Formulierungen klingen ein wenig nach
ständigen Definitions-Komitees zur Abgrenzung gegen
mutmaßliche andere Definitions-Komitees.
2) Exkurs:
Quotengeplänkel,
Satzungstreue und Minorisierungsängste
In der Wahlperiode vor Entstehung des Linksbündnisses
war die PDS nur mit zwei Abgeordneten, beides Frauen, im
Bundestag vertreten, die von den Medien weitgehend
ignoriert wurden. Die Aufmerksamkeit richtete sich eher
auf medienwirksame PDS-Mitglieder wie Gregor Gysi,
Lothar Bisky und Bodo Ramelow. Das existenznotwendige
Medienpotential des Bundestages konnte nicht
ausgeschöpft werden.
Bei allen wünschenswerten Gleichstellungsbestrebungen
ist vorauszusetzen, dass der Auftritt des
Linksbündnisses im Bundestag durch qualifizierte
Kandidatinnen und Kandidaten, aber nicht
unbedingt durch Quotenfrauen gemäß PDS-Satzung
(Statut) bestimmt wird. Auch den qualifizierten Frauen
geht es mehr um den dringend benötigten Erfolg der
einzigen Partei gegen die Umverteilung nach oben als um
die Quoten.
Das Quotenproblem konnte der Verfasser selbst überrascht
kennen lernen bei einer aufschlussreichen, aber
eigentlich überflüssigen Rand-Diskussion über den
sicheren Listenplatz für den WASG-Kandidaten Professor
Herbert Schui in
Niedersachsen. Herbert Schui war als erstrangiger
Wunschkandidat der WASG für die Landesliste der
Linkspartei aufgestellt worden. Er hätte aber auf dem
unsicheren Listenplatz 4 landen können, denn Platz
1 wurde von Diether Dehm (sh. unten) von der Linkspartei
beansprucht, und in diesem Fall hätten nach Abschnitt 4
Abs. 3 des
Linkspartei-Statuts
eigentlich die Plätze 2 und 3 von Frauen besetzt
werden müssen, "solange Bewerberinnen zur Verfügung
stehen". Diese Selbstblockade der ehemaligen PDS im
Kampf um die Wählerstimmen gilt bis auf Widerruf auch
für alle anderen Landeslisten der Linkspartei.
Allerdings sind bei der Linkspartei die Frauen mit 52%
in der Überzahl, aber "70
Prozent der WASG-Anhänger sind einer forsa-Studie
zufolge männlich", lt.
n-tv.de, 3.7.2005.
Gleichwohl
hat auch die Linkspartei an der PDS-Frauenquote
festgehalten (sh. "Ruf
nach Einführung einer Frauenquote", DIE
LINKSZEITUNG, 23.9.05):
Angesichts der Debatte über eine
Männerdominanz in der Linkspartei-Fraktion betonte
Lötzsch, die weiblichen Abgeordneten der Fraktion hätten
bei ihrem Treffen gestern Abend großen Wert auf eine
Frauenquote bei allen wichtigen Positionen gelegt. Über
die Verteilung der Posten werde die Fraktion in ihrer
Klausursitzung in der kommenden Woche "gründlich
diskutieren".
Dies zeigte sich
insbesondere bei der Postenverteilung für den
erweiterten Fraktionsvorstand (sh. "Linkspartei
will Hartz IV rückgängig machen",
netzeitung.de, 2.10.05):
Bei den Wahlen zum erweiterten
Fraktionsvorstand hinter den Chefs Gysi und Lafontaine
wurden dagegen fast nur Frauen gewählt. So sind nun die
Abgeordneten Lötzsch, Inge Höger-Neuling, Barbara Höll,
Petra Sitte, Martina Bunge, Petra Pau und Monika Knoche
stellvertretende Fraktionsvorsitzende. Als einziger Mann
wurde Wahlkampfmanager Bodo Ramelow in die Riege der
Stellvertreter gewählt. Parlamentarische Geschäftsführer
wurden Dagmar Enkelmann und Ulrich Maurer...
Gysi erklärte, der hohe Frauenanteil sei ein typisches
Merkmal für die Linkspartei. Im neuen Vorstand sei die
Frauenquote der Partei mehr als erfüllt, sagte auch der
Sprecher. (nz)
Entgegen manchen
Äußerungen bringt die Quote auch nicht mehr
Frauenstimmen, denn die SPD hatte z.B. ohne Quote 35%
der Frauenstimmen und 33% der Männerstimmen (sh. "Umfragen
Wer wählte was?",
tagesschau.de/Infratest-dimap, September 2005).
Tatsächlich hätte der Listenplatz 4 in Niedersachsen
nicht für den Einzug von Herbert Schui in des Bundestag
gereicht (sh. "Gewählte
Landeslistenbewerber...", Webseite
besucht am 3.10.05).
Dagegen dürfte die Quote der abgeordneten
WASG-Kandidaten zuzüglich der parteilosen Kandidaten in
der Bundestagsfraktion der Linkspartei nicht dem Anteil
der Wählerpräferenzen für die WASG im Vergleich zur
ehemaligen PDS entsprechen. Aber es wäre wegen des
deutschen Verbots von Listenverbindungen aus
juristischen Gründen nicht sinnvoll gewesen, wenn die
Linkspartei den WASG-Kandidaten in den meisten
westdeutschen Landesverbänden großzügig einen Vorrang
bzw. Gleichrang oder ihren Listenplatz 1 überlassen
hätte. Schließlich blieb es der Linkspartei auch
unbenommen, dass sie westdeutsche WASG-Kandidaten auf
die ostdeutschen Landeslisten der Linkspartei setzte.
Schui hatte diese Randdiskussion des Verfassers über die
Listenplätze nicht mitbekommen und nahm seine mögliche
Rückstufung auf Platz 4 gelassen. Man musste eine
Lösung finden, denn man konnte auf den anerkannten
kritischen Ökonomen nicht verzichten, zumal in ganz
Deutschland ansonsten fast nur neoliberale Ökonomen,
also Umverteiler nach oben, in der Öffentlichkeit
zu sehen sind. Auch in der WASG braucht man Ökonomen, um
gegen die Arbeitsplatz-Vernichtungspolitik der
Neoliberalen in Regierung und Opposition die richtigen
Konzepte überzeugend zu vermitteln. Dabei hilft auch der
Bremer Wirtschaftswissenschaftler Axel Troost
(WASG-Mitbegründer) auf Platz 2 der sächsischen
Landesliste (sh. "Fliegender Namenswechsel",
nd-online.de, 11.7.05).
Nach einigem Hin und Her wurde Herbert Schui immerhin
auf den halbwegs sicheren
Platz 3 gesetzt,
hinter den PDS-Kandidaten und eine PDS-Frau.
Nach Schui folgte dann auf Platz 4 eine Kandidatin, die
die WASG für ihre eigene Landesliste auf Platz 2 gewählt
hatte. Bei weniger prominenten Ideal-Kandidaten sieht es
mit Vernunftlösungen im Falle von Quotenproblemen nicht
so günstig aus, auch wenn die WASG in Westdeutschland
das Mehrfache an Mitgliedern hat wie die PDS. Ein
Beispiel dafür ist die Landesliste von Bayern, aber
besonders heftig zeigte sich das bei der Landesliste von
Berlin (sh. Tom Strohschneider: "Stolpersteine
auf dem Weg zu Listenplatz vier",
nd-online.de, 8.8.05), wo der qualifizierte
WASG-Kandidat Ralf Krämer nur sehr knapp auf den völlig
unsicheren Platz 6 kam - hinter Gregor Gysi, dem
umstrittenen Hakki Keskin (parteilos) und drei
Quotenfrauen. Tatsächlich reichte nur noch Platz 4 für
ein Bundestagsmandat (sh. die
Kandidatenliste und
die
Liste der gewählten
Abgeordneten). Lt. Liste der
gewählten Abgeordneten wurden
Petra Pau und
Gesine Lötzsch
jedoch auch direkt gewählt in ihren Berliner Wahlkreisen
Marzahn-Hellersdorf und Lichtenberg, die schon bei der
Bundestagswahl 1998 (und auch davor in etwas anderer
Gebietsaufteilung) als sichere PDS-Wahlkreise gelten
konnten (sh.
http://www.statistik-berlin.de/wahlen/ >
"Wahlergebnisse ab 1919" > "Wahljahr" (z.B. 1998) >
"Erststimmen in Prozent").
Damit soll nicht gesagt werden, dass die "Quotenfrauen"
weniger qualifiziert wären als die Kandidaten, die die
übrigen Parteien im allgemeinen so aufzubieten haben.
Wegen der Finanzpolitik gemäß Wahlprogramm der
Linkspartei stehen sie vielmehr für Erfolg am
Arbeitsmarkt gegen weiteren Niedergang. Auch gibt es
Kandidatinnen wie die EU-Abgeordnete
Sahra Wagenknecht,
die man allein schon wegen ihrer jüngsten Beiträge zur
EU-Dienstleistungsrichtlinie nicht als "Quotenfrauen"
bezeichnen kann (sh. hier
EU-Lohndumping.htm).
Als Sprecherin ihrer parteiinternen
"Kommunistischen Plattform" und wegen ihres
Verständnisses in jungen Jahren für
Stalins blind-exzessive
"Säuberungen"-Massaker (sh.
"Weißenseer
Blätter ",
Heft 4/1992, S. 13) ist sie im Linksbündnis allerdings
immer noch umstritten, obwohl "Kommunismus" als Utopie
einer humanen Gesellschaft nicht mit Stalinismus zu
verwechseln ist und eine 23jährige sich in ihrem
revolutionären Idealismus leicht
übernimmt. Merkwürdigerweise werden
die Massaker zum Ende der
"bürgerlichen" Französischen
Revolution längst nicht mit diesem
Schrecken belegt. Außerdem muss
Sahra Wagenknecht den neoliberalen
"bürgerlichen" Selbstbedienern
zuliebe nicht beteuern, dass sie das
nach fast zwanzig Jahren alles etwas
anders sieht.
Auch in Talkshows kann Sahra
Wagenknecht – im Gegensatz zu einigen anderen - für die
Linke punkten durch ihre neu gewonnene ökonomische
Kompetenz und ihr Auftreten (so. z.B. bei
Maybrit Illner
und auch
gegen diese am
14.2.2008).
Jedenfalls hätte die PDS auch
für sich allein schon wesentlich bessere Wahlchancen in
Westdeutschland gehabt mit einer überzeugenden
Vertretung im Bundestag, wenn man ohne Fraktionsstatus
auch eher auf Präsenz eindrucksvoller Persönlichkeiten
in den Medien als im Bundestag zählen muss und linke
Abgeordnete von den neoliberalen Medienmachern ohnehin
gern ignoriert werden. Anscheinend spielte die Quote
auch eine Rolle bei der Vergabe der wenigen
aussichtsreichen PDS-Direktkandidaturen. Mittlerweile
versucht eine der beiden bisher eher unauffälligen
PDS-Bundestagsabgeordneten jedoch in auffallender Weise
sogar ausdauernd, Oskar Lafontaine und damit das gesamte
Linksbündnis zu demontieren; sh. "Pau
schürt Streit mit Lafontaine",
spiegel.de, 6.7.05.
Mittlerweile geht Katja Kipping, stellvertretende
Bundesvorsitzende der Linkspartei.PDS Katja Kipping, in
ihrem jugendlichen Eifer (sh. hier auch
Mindestlohn.htm)
schon so weit, dass sie den Ersatz von Oskar Lafontaine
oder Lothar Bisky an der Spitze der Bundestagsfraktion
durch eine Frau fordert (sh. "Frau
an Spitze der vereinigten Linken?" net-tribune.de,
9.6.2007). Es fragt sich nur, welche Frau im
Linksbündnis das machen sollte, ohne die Partei bei den
Wahlen wieder weit zurückzuwerfen, selbst wenn Lothar
Bisky aus Altersgründen auf den Posten verzichten
sollte.
Bisher hatten die Demontageversuche linker
Partikularinteressen gegen das Linksbündnis nur
vereinzelt Erfolg, insbesondere auch bei Gruppen der
WASG mit ihrer illusorischen Hoffnung auf einen
erfolgreichen Alleingang.
Bedenklicher wird es schon,
wenn Lothar Bisky sich einspannen lässt für eine
neoliberale Europapolitik. So erscheint es jedenfalls,
wenn die folgende Passage stimmt (sh. "Die Messer sind
gewetzt",
jungewelt.de, 15.4.06):
Parteichef Lothar Bisky hat
Katina Schubert als stellvertretende Parteivorsitzende
vorgeschlagen und über den Tagesspiegel
(Donnerstagausgabe) mit Rücktritt gedroht, falls sie
nicht gewählt wird. Die Mitarbeiterin von Harald Wolf
hat sich öffentlich für die EU-Verfassung stark gemacht;
deren Bekämpfung ist aber eines der wichtigsten Anliegen
Lafontaines. Auch ansonsten soll sie sich abfällig über
den Saarländer geäußert haben.
Dennoch muss das
Linksbündnis ein Erfolg werden, weil so viele politisch
Wache dies dringend erwarten und endlich wieder eine
nicht ignorierbare Opposition gegen die Umverteilung
nach oben in den Bundestag kommen muss. Der Verfasser
schreibt hier für dieses Ziel über die
"Rossäpfel-Theorie" schon seit Anfang 2004, als von
einem Linksbündnis noch längst nicht die Rede war. Er
gehörte keiner politischen Partei oder sonstigen
Gruppierung an und hätte die gerade gegründeten WASG
schließlich auch ohne Lafontaines Beitritt als Mitglied
unterstützt, obwohl ohne dessen Hilfe der Kampf
gegen die Wählertäuschung weit weniger aussichtsreich
gewesen wäre. Dennoch war es ein Signal für den Beitritt
noch am selben Tag, als Lafontaine am 25.5.05 seine
Mitarbeit bei der WASG unter der Voraussetzung des
Linksbündnisses zugesichert hat.
Allerdings besteht aus Zeitmangel kaum Kontakt zur WASG,
abgesehen von ihren regelmäßigen Infos in der Mailbox,
und es ist dort auch kaum Interesse am eigenen
Engagement zu spüren. Für viele Kandidaten und ihren
Anhang zählt es vielleicht mehr, wenn man für sie
Plakate klebt.
Aber der Verfasser
kämpft hier ohnehin nicht in erster Linie für die
dringend benötigte Partei noch gegen irgend jemanden,
sondern gegen die Wählertäuschung und gegen die eigenen
Interessen, weil er seinen großen Zeitaufwand als
Finanzmakler anderweitig sicher gewinnbringender
einsetzen könnte.
Bei den Grünen (neu:
"Radieschen-FDP") könnte man nach dem "Frauenstatut"
mit der mindestens hälftigen Frauenquote ähnliche
Probleme haben, wenn es denn bei ihnen überhaupt mehrere
geeignete männliche und weibliche Kandidaten gäbe.
Profiliert hat sich erneut der grüne Außenseiter mit "Einzelmeinung"(en)
Hans-Christian Ströbele
durch seinen erstaunlichen Erfolg als Direktkandidat. Er
hat wieder das bundesweit einzige grüne Direktmandat
gewonnen (sh.
http://www.statistik-berlin.de/wahlen/ >
Endgültiges Ergebnis > Direktmandate). Nachdem ihn seine
Partei zur Bundestagswahl 2002 nur auf einen
aussichtslosen Listenplatz gesetzt hatte, war er für
2005 auch nicht durch die grüne Landesliste abgesichert
(sh.
http://www.statistik-berlin.de/wahlen/ >
Bundestagswahl 2005 > Landeslisten > Liste 3).
Andererseits gehört schon einiges an Idealismus dazu,
wenn ein Kandidat mit guten Verdienstmöglichkeiten in
anderen Berufen eine Sechzigstundenwoche auf sich nimmt
und von seinen Abgeordnetenbezügen einen erheblichen
Teil an die Partei abzugeben hat. Für diesen Einwand
haben einige Teilnehmer des
Politikforums
in ihrem teilweise niveaulosen (sh. hier Abschnitt 1,
Fußnote 7) aber unverklausulierten
Anonymitäts-Stil anscheinend wenig Verständnis. Die
folgenden Beiträge sind jedoch gemischt und liefern auch
Sachinformationen zum Einstieg in weitere Recherchen:
Dampflok:
Es
ist keinesfalls sozialistisch, den Sozialismus zu
predigen und gleichzeitig so hohe Diäten zu kassieren,
daß sie in dekadentem Luxus schwelgen Da sind die Grünen
solidarischer: Sie müssen einen Teil ihrer
Abgeordnetenbezüge abtreten.
SoleSurvivor:
Sämtliche Bundestags- und
Europaabgeordneten der PDS geben einen großen Anteil
ihrer Abgeordnetenbezüge an die Partei bzw an
gemeinnützige Träger ab Bei den Landtagsabgeordneten
weiß ich es nicht, es wird aber nicht groß anders sein
Bei uns finanziert zB ein Landtagsabgeordneter privat
ein Jugendbüro mit Ausstattung Heizung, Internet-PC,
Telefon, Möbel.
Harka:
PDS-Abgeordnete geben auch schon lange einen Teil ihrer
Diäten ab, eben damit sie sich nicht wegen des vielen
Geldes schämen müssen.
An den Beispielen von Friedrich Engels,
aber auch eingeschränkt von George Soros
sollte hier gezeigt werden (sh. Abschnitt 1), dass man
durch eine sinnvolle Verwendung seines Vermögens gegen
die Politik der Umverteilung nach oben für das
Gemeinwohl mehr erreichen kann, als wenn man wie
St. Martin seinen
Mantel teilt. Am Beispiel von Buffett sollte deutlich
werden, dass allein schon ein öffentliches Bekenntnis
gegen die Umverteilung nach oben in dieser Hinsicht mehr
bewirkt. Man muss von qualifizierten Politikern zwar ein
überdurchschnittliches soziales Engagement gegen den
Neoliberalismus erwarten, aber nicht, dass sie zugleich
Heilige sind. Diese mögen sich fürs Seelenheil statt
fürs Gemeinwohl auf unpolitische Brosamenverteilung mit
erbaulichen Reden beschränken und den herrschenden
Kleptokraten wohlgefällig sein.
Entsprechend den Aussagen im Politikforum heißt es in
der
Finanzordnung der PDS
vom 6./7.10.01, lt. Internet-Veröffentlichung der
Linkspartei vom 13.7.05:
3.4. Mitglieder von Parlaments- und
Kommunalvertretungen mit PDS-Mandat sowie Wahlbeamte der
Partei leisten neben ihren Mitgliedsbeiträgen gemäß
Beitragsrichtlinie zusätzliche Zuwendungen als Spenden
an die jeweilige Ebene der Partei. Die Spendenzahlung
erfolgt in Übereinstimmung zwischen Vorständen und
MandatsträgerInnen auf freiwilliger Basis.
Es soll hier nicht untersucht werden, ob
man von den Kandidaten je nach Qualifikation und
gewohntem Lebensstandard unterschiedlich hohe Spenden
erwartet, um den nachgewiesenen Verdienstausfall ganz
oder teilweise zu ersetzen. Die Abgeordnetenbezüge sind
zwar üppig, besonders wenn man den sehr schnellen Aufbau
von hohen Versorgungsansprüchen berücksichtigt. Aber
ohne die "Beraterhonorare", "Aufsichtsratstantiemen" und
sonstige Köder für Politiker in den Parteien der
Neoliberalen können die einfachen Abgeordneten
jedenfalls keine Reichtümer anhäufen. Dafür sind die
Mandatsträger eines Linksbündnisses aber zum Glück nicht
die geeigneten Ansprechpartner.
Andererseits werden
nebenher die Quoten gemäß Abschnitt 4 des
Linkspartei-Statuts auch dadurch abgesichert, dass diese
Satzung in dem unmittelbar vorhergehenden
Abschnitt 3 (2)
nach Art aller übrigen Parteistatuten den folgenden
Passus enthält:
Jedes Mitglied hat die
Pflicht:
* die Grundsätze des Programms der Partei zu vertreten
und das Statut einzuhalten;
* die statutengemäß gefassten Beschlüsse der
Parteiorgane zu respektieren ...
Die Förderung der Gleichstellung der Mitglieder und die
Verhinderung jeglicher Art von Diskriminierung bilden
ein Grundprinzip des politischen Wirkens der Partei.
Man sieht an diesem parteienüblichen
Maulkorb mit Genitivschachtelungen schon, dass die
Mitgliedschaft eines kritischen Beobachters in einer
Partei auch Nachteile haben kann, wenn sie sich nicht
auf die (engagierte) ehrenamtliche und notfalls
aufkündbare Mitarbeit beschränkt oder das Mitglied seine
eigenen Vorstellungen in Programm und praktischer
Politik ausreichend realisiert findet bzw. realisieren
kann.
Man kommt so z.B. unmittelbar zu den sechs letzten
halbwegs
programmtreuen SPD-Politikern, die von ihrer
neoliberale Parteimehrheit arg
in die Zange genommen
wurden (berlinonline.de, 11.10.03) und die der
SPD-Fraktionschef Müntefering
als die "feigen
und kleinkarierten"
Abweichler
(nämlich Klaus Barthel, Horst Schmidbauer,
Fritz Schösser, Rüdiger
Veit, Sigrid Skarpelis-Sperk und Ottmar Schreiner, sh.
zdf.de, 24.10.03)
mit dem "weißen
Fuß"
(netzeitung.de, 27.9.03) bezeichnet
hat. Von diesen sind bei der vorgezogenen Bundestagswahl
2005 jedoch lediglich noch Schreiner, Barthel und Veit
in den Bundestag gekommen. Sigrid Skarpelis-Sperk war 60
Jahre alt geworden und hat entnervt auf eine weitere
Kandidatur verzichtet (sh. ihren
offenen Brief vom 8.6.05).
Horst Schmidbauer hatte ebenfalls das Rentenalter
erreicht. Dafür ist allerdings als Schwergewicht mit
sozialem Gewissen noch der Gesundheitsökonom
Karl
Lauterbach
durch Direktwahl hinzugekommen. Die
Bestverdiener in der Fraktion und anderswo versuchen
aber, ihn durch etliche Leichtgewichte mit wenig
sozialem Gewissen zu neutralisieren und sich so vor
einer weitergehenden Steuerfinanzierung der
Sozialversicherungssysteme zu retten.
Das mussten auch
Ottmar Schreiner
und die wenigen verbleibenden Sozialdemokraten in der
SPD bei ihrem Widerstand gegen die Umverteilung nach
oben durch die Schröder-Clique bitter erfahren. Auf die
Frage nach deren Repressionsversuchen sagte Schreiner:
Na ja, das ging
soweit, dass nahe gelegt worden ist, auf das Mandat zu
verzichten, auf das Bundestagsmandat.
Besonders unangenehm war die Häufigkeit von
Fraktionssitzungen, dass in einer Sitzungswoche gleich
mehrere Fraktionssitzungen anberaumt worden sind, die
eindeutig zum Zwecke hatten, diejenigen, die bei dieser
Frage nicht der Fraktionsmehrheit folgen wollten, doch
noch in die Knie zu zwingen.
(Sh.
"Wer
nicht spurt, fliegt raus – Politiker unter Druck",
TV-Magazin "Kontraste"
(mit Video), rbb.de,
20.3.2008.)
Wer seinen Posten
in der Partei am Ende nicht vor allem als gute
Geldquelle mit möglichst niedrigen Steuern begreift, wer
der neoliberalen Ideologie und dem Zwang der
fortbestehenden Schröder-Seilschaften standhält, der
wird die Psychologie solcher Wandlungen zum
Neoliberalismus kaum
nachvollziehen, so z.B. Ulrich Maurer (DIE LINKE) in
einem Interview der Pforzheimer Zeitung vom
5.4.2007 über
seine ehemalige Parteikollegin Ute Vogt (SPD):
Interviewer:
Haben Sie einen Rat an Ute Vogt?
Maurer: Eigentlich den, den ich immer hatte. Ich
habe ja bekanntlich mal sehr viel von ihr gehalten und
habe sie kennengelernt als idealistische junge Frau. Ich
weiß nicht, was mit ihr passiert ist auf der Strecke.
Mein Rat damals wie heute: Sie muss sich um politische
Substanz bemühen. Und das hat sie, glaube ich, nicht
getan.
Auch Franz Müntefering ist dem Kanzler der Bosse schon
so weit nachgefolgt, dass er nicht nur die wenigen
verbleibenden Sozialdemokraten in seiner SPD als "feige
und kleinkariert" bezeichnet (sh. oben). Er diffamiert
auch noch das mittel- und langfristige
sozialdemokratische Ziel einer humanen Gesellschaft als
"Sozialromantik", weil er sonst keine Argumente mehr
gegen das Linksbündnis hat. Müntefering:
Die betreiben nationale Sozialromantik und suchen sich populistische Positionen.
So einfach macht die Sozialdemokratie es sich nicht. Links war nie
sozialromantisch, sondern hatte immer mit der Realität des Lebens zu tun und ist
aufs politische Gestalten ausgerichtet. Sozialdemokraten leben nicht auf Wolke
7.
(Sh. sein Interview mit der
Berliner Zeitung
vom
7.4.2007). Als "Sozialdemokrat" ohne
sozialdemokratische Leitidee disqualifiziert er sich
immer mehr für ein zukünftige Koalition der Linken, auch
wenn man sein verständliches Bemühen um die Rettung
seines Vereins vor der Abwanderung der restlichen
Sozialdemokraten in Rechnung stellt.
Dieser Niedergang der SPD hat
damit begonnen, dass der Kanzler der Bosse von den
neoliberalen Medien hochgejubelt wurde als Garant für
die Umverteilung nach oben gegen Lafontaine Dazu
Franz Müntefering in dem gleichen Interview:
Wir stehen in der Tradition der
Schröderschen Regierungsjahre…
Dass den Wahlkampf 1998 Gerhard Schröder gemacht hat,
war kein Zufall.
In der Tat war diese Manipulation kein
Zufall, aber Franz Müntefering und die übrigen
Hauptprofiteure in der SPD wollen nicht begreifen, dass
es ein Verrat an der Sozialdemokratie war und dass Oskar
Lafontaine als damaliger Finanzminister und neoliberal
gemobbter Parteivorsitzender deshalb zurücktreten
musste, wenn er nicht auch zum Verräter der
Sozialdemokratie werden wollte.
Dennoch sollte eine so extreme Abkehr fast der gesamten
Partei von ihrem eigenen Programm und ihren
sozialdemokratischen Wurzeln kein Anlass für generelles
Misstrauen gegenüber neuen Parteien sein. Die letzten
sozialdemokratischen Politiker in der SPD wären sicher
bei der WASG sehr willkommen, sollten es aber vielleicht
doch noch etwas in der SPD aushalten, damit dieser
Partei noch ein Funken Hoffnung bleibt.
Dagegen hat der ehemalige
SPD-Arbeits- und Sozialminister Rudolf Dressler
gar keinen Einfluss mehr in der SPD, denn er wurde
seinerzeit von der Schröder-Mannschaft weggelobt als
Botschafter nach Israel wegen seines Festhaltens an der
Sozialdemokratie. Insofern wäre es ein gutes und starkes
Signal, wenn er sich jetzt
- nach
seiner Rückkehr aus Israel -
beim Linksbündnis engagierte als
heutiger Heimat der Sozialdemokraten.
Inzwischen schloss sich Rudolf
Dressler der "Arbeitsgemeinschaft der Sozialdemokraten in der SPD"
(AGSS) an. (Sh. Interview mit dem Mitbegründer Wolfgang Denia:
"Wir sind eine programmatische Provokation",
jungewelt.de,
4.4.2009,
und
"SPD-Flügelkämpfe - Wie Sozis die Sozis retten
wollen", stern.de,
28.3.2009.)
Demnach wurde die AGSS im März 2009 gegründet, um den Sozialdemokraten
in der SPD wieder eine Stimme zu verschaffen. Bemerkenswert sind unter
anderem folgende Antworten von Wolfgang Denia:
Warum trauen Sie sich erst
jetzt aus der Deckung? Schließlich
setzt die SPD im Zeichen der
Finanzkrise gerade wieder auf mehr
Staat und weniger Markt.
Das Krisenmanagement der
Parteioberen ist weder überzeugend
noch ausreichend. Mit ein bißchen
Kurswechsel und der ein oder anderen
marginalen Korrektur läßt sich
verlorenes Vertrauen nicht
zurückgewinnen. An der Basis
erwartet man eine umfassende,
kritische Analyse der Fehler und
Versäumnisse der Vergangenheit und
ein grundlegendes Umdenken. Wer
dagegen bei einem Absturz in der
Wählergunst von über 40 auf 25
Prozent keine Ursachenforschung
betreibt und schon bei einem
Prozentpünktchen mehr behauptet, es
gehe bergauf, der führt die
ehemalige Volkspartei SPD in den
Untergang.
Warum treten Sie nicht gleich
zur Linkspartei über?
Mit einer noch schwächeren SPD und
einer womöglich leicht stärkeren
Linkspartei gibt es keinen
Regierungs- und Politikwechsel. Wir
müssen uns auf die eigene
Programmatik besinnen, dann wird die
SPD auch wieder zu Mehrheiten
gelangen.
Diese Antwort scheint überzeugend.
Wenn es den Sozialdemokraten in der
SPD gelingt, endlich ihren
abgewirtschafteten Schröder-Clan
auch wieder zu Sozialdemokraten zu
machen oder allmählich abzulösen,
dann hat war ihr Ausharren in der
SPD nicht umsonst.
Die obigen satzungsmäßigen Mitgliedspflichten
der WASG UND Linkspartei mögen
autoritär erscheinen, sind aber wohl ein notwendiges
Strukturelement für den Zusammenhalt jeder Partei, also
auch für die demokratischen Sozialisten, wenn die
Satzungen und Programme tatsächlich demokratisch
zustande kommen. Für die WASG und wohl auch für die PDS
kann man dies voraussetzen. Insofern ist eine
Solidaritätsklausel für das Verhalten nach innen und
außen positiv zu sehen. In anderen Parteien haben die
bestbezahlten Oberen und Wirtschaftsverbände sicher mehr
als nur demokratische Einwirkungsmöglichkeiten,
sei es bei der Programmentwicklung oder beim
Wählerbetrug durch Verrat an den Wahlprogrammen, z.B. in
der Sozialpolitik.
Die
Minorisierungsängste
bestehen darin, dass vor allem die WASG-Mitglieder in
bestimmten Landesverbänden eine Überstimmung durch die
PDS-Mitglieder, also ihre Minorisierung (= hier
"Verkleinerung" zur Minderheit) befürchten. Sie sagen
mit Recht, dass sie schon längst in die PDS hätten
eintreten können, wenn sie das gewollt hätten. Die bloße
Umbenennung der PDS in Linkspartei sei noch keine
Garantie für einen Politikwechsel. Die Politik der PDS
nach der Wende mit vielen Altkadern schien ihnen nicht
akzeptabel. Linkspartei-Vertreter der sozialen
Marktwirtschaft wie Gregor Gysi, Lothar Bisky,
West-Import Bodo Ramelow usw. seien allein nicht
imstande, den Kurs ihrer Partei zu bestimmen.
Diese Befürchtungen scheinen jedoch völlig unbegründet,
wenn man sich das Wahlprogramm der Linkspartei anschaut
(sh. oben). Mittlerweile bleibt die Linkspartei mit
anvisierten 50 Prozent Spitzensteuersatz unnötigerweise
sogar noch unter den Sätzen der CDU-FDP-Regierungen
während der Wirtschaftwunderjahre von 53 und 56 Prozent
- und noch weiter unter den skandinavischen Sätzen. Die
unternehmerfreundlichen Äußerungen von Gregor Gysi
könnten überkritische Betrachter schon zu der Frage
führen, ob er als Unternehmer (freiberuflicher Anwalt)
vielleicht schon in seinen Zugeständnissen für andere
Unternehmer zu weit gehen würde. Aber anscheinend weiß
er sehr wohl zu unterscheiden zwischen den bedrängten
arbeitsplatzschaffenden kleinen und mittleren
Unternehmen einerseits, und arbeitsplatzverlagernden
Großkonzernen andererseits.
Gelegentlich können sich die Mitglieder das WASG
und der Linkspartei aufgrund von Personalfragen nur
schwer einigen, obwohl sie in ihrer politischen
Zielsetzungen durchaus die gleiche Linie verfolgen.
Naturgemäß gibt es in allen Parteien Gruppen, die sich
um den Aufbau ihrer Organisation verdient gemacht haben
und auch weiterhin ihren Einfluss gegenüber der jeweils
anderen Gruppierung behalten möchten. Die FDP besteht
seit dem Austritt von Ingrid Matthäus-Meier und anderen
offenbar nur noch aus Neoliberalen. Bei den Grünen
führte ihr jahrelanger Prozess der Selbstfindung letzten
Endes zur Minorisierung des linken Flügels und zur
Entstehung einer zweiten Partei der Besserverdiener. Bei
der SPD wurden die Sozialdemokraten einfach von den
Schröders, Clements, Steinbrücks usw. untergebuttert.
Ex-INSM-Kurator
Wolfgang Clement machte sogar Hoffnung auf seinen
SPD-Austritt bei ihrer "Annäherung
an die Linke" (sh. welt.de, 20.12.07, und
"Clement
droht mit Parteiaustritt", welt.de, 21.12.2007,
nachgetragen 23.12.07). - In der CDU findet man nach dem
Abgang von Heiner Geißler und Norbert Blüm kaum noch
eine Spur von christlich-sozialem Gewissen.
Im Linksbündnis ist dagegen die gemeinsame Linie des
Kampfes gegen die Umverteilung nach oben klar bestimmt,
aber die Personalfragen sind noch nicht abschließend
geklärt. Das geht hin bis zum gegenseitigen
Karrierismus-Verdacht bei Kommunalwahlen, auch wenn dort
kaum etwas zu gewinnen ist und obwohl der Wille zur
Übernahme von schlecht bezahlter politischer
Verantwortung eher das Gegenteil von Karrierismus ist.
Gewiss kann man sich dabei für andere Ämter profilieren.
Aber der Erfolg im Linksbündnis dürfte auch stark von
der glaubwürdigen Vertretung seines Programms abhängen.
Allerdings mangelt es teilweise noch an der deutlichen
Umsetzung dieser Linie durch die Linkspartei, wo sie
ihre "Fundamentalopposition" aufgegeben hat und (als
Alternative zu einer rein neoliberalen Regierung) eine
Minderheit in einer Regierung mit der SPD geworden ist -
wie in Berlin und Mecklenburg-Vorpommern. Dies führt
naturgemäß zur Mitverantwortung für Kompromisse mit der
neoliberalen SPD-CDU-Politik und zu Verwerfungen
mit der WASG. Aber auch ungeklärte Personalfragen können
separate Wahlantritt von WASG-Teilgruppen auf regionaler
Ebene zur Folge haben. Hilfreich ist das sicher nicht
für ein gemeinsames Ziel, aber die Wähler gegen den
Neoliberalismus sollten darin keinerlei Dramatik sehen
und sich an die Gruppen halten, die ihre Interessen am
besten vertreten können.
Eine realistische
Einschätzung des Linksbündnisses in deutschen Medien,
wird man kaum von neoliberalen Meinungsmachern finden,
da sie schon von vornherein ihre Propagandisten richtig
platziert haben. Das gilt für die Politik, für die
Profiteure in den Verbänden und "wissenschaftlichen"
Instituten sowie für die Söldner des Medienkapitals und
des Medienproporzes. Zuweilen findet man aber solchen
Realismus in ausländischen Medien. So schreibt z.B. der
Tagesanzeiger Zürich:
Bisher haben die
etablierten Parteien die Linkspartei wie eine Aussätzige
behandelt. Immer, wenn es um Gespräche geht, betonen
etablierte Parteivertreter, sie würden «mit allen
demokratischen Parteien reden» und unterstreichen so,
dass sie die Linkspartei nicht zu diesem Kreis zählen.
Der deutsche Verfassungsschutz ging sogar soweit, Oskar
Lafontaine zu überwachen, als ob der SPD-Veteran zum
Verfassungsfeind geworden wäre, weil er bei einer
Parteigründung mitgemacht hat…
Dieses immense Misstrauen gegenüber der Linken rührt aus
der deutschen Geschichte. Letztlich misstrauen die
Deutschen sich selbst noch immer. Die Erfahrung, dass
zwei totalitäre Systeme auf deutschem Boden wurzelten,
ist das Trauma deutscher Politik. Dabei hat der
Antikommunismus im Westen ungebrochen Tradition über die
Nazi-Ära hinweg. Die Abwehrreflexe des Kalten Krieges
zählten zum eisernen Bestand der Bonner Republik, die
Frontstaat und ausersehenes Schlachtfeld für den
Atomkrieg in der Konfrontation zwischen Ost und West
war. Das ist der Grund, weshalb noch heute in den alten
Bundesländern viele bereits rot sehen, wenn die SPD es
bloss wagt, den demokratischen Sozialismus als ihre
«stolze Tradition» zu bezeichnen.
(Sh. "Wer
hat Angst vor Oskar Lafontaine?",
tagesanzeiger.ch,
25.2.2008.)
Die Überwachung von Oskar Lafontaine rührt allerdings
nicht "aus der deutschen Geschichte", sondern aus deren
Missbrauch für weitere Bespitzelungen, um mehr Material
zur weiteren Diffamierung und Hetze gegen ihn zu finden
(sh. hier
Exkurs 4). Die
Allergie der Neoliberalen gegen den "demokratische
Sozialismus" der ehemaligen Sozialdemokraten und
jetzigen Linken rührt lediglich daher, dass dieses Ideal
die weitere Umverteilung nach oben in ihre eigenen
Taschen behindern würde.
3) Exkurs:
Kein Links-Debakel durch
Migrationspolitik
nach dänischem Negativ-Beispiel
Bei der Umsetzung ihres Programms in der
Migrationspolitik (zum Asyl sh. dagegen weiter
unten) müsste auch eine vereinigte Linke besonders auf
die Qualifikation der Migranten und auf die Lage am
Arbeitsmarkt achten, damit das Linksbündnis mit
seinen wichtigen wirtschafts- und sozialpolitischen
Zielen nicht ausgerechnet - wie die Sozialdemokraten in
Dänemark - durch Kritik der Neoliberalen an ihrer
Ausländerpolitik scheitert oder an sogenannten
Volmer-Erlassen wie bei den Grünen. In Dänemark wurden
die Sozialdemokraten deshalb zugunsten der
Rechtsliberalen Ende 2001 abgewählt, obwohl sie die
Arbeitslosenquote von mehr als 10% im Jahre 1993
kontinuierlich auf 4,3% in 2001 gesenkt hatten (Deutschland in 2001: 7,4%) - (sh. "DÄNEMARK -
Platz zum Atmen", DER SPIEGEL 48/2001, S. 186, sowie
"Fogh, Mann des Jahres",
nordschleswiger.dk, 28.12.01,
und
ARBEITSLOSENQUOTEN,
wko.at, Stand 8.1.06). Man muss es nicht allen
recht machen, auch nicht den bestens Bestallten, die ihr
humanitäres Selbstwertgefühl auf Kosten anderer pflegen
oder sich mit einer "Reichensteuer" für Jahreseinkünfte
über 250.000/500.000 Euro vor ihrer eigenen Beteiligung
an den Folgen ihrer Politik drücken wollen. (Zur Abwahl
der dänischen Linken im Jahre 2001 sh. weiter unten.)
Derweil blockieren sie die Ausweisung von Hass-
und Gewaltpredigern, die ihren Märtyrer-Zöglingen
72 Jungfrauen
versprechen, wenn sie als Selbstmordattentäter mit
Sprengsätzen beinahe täglich "mitten in eine Menge
wartender Gelegenheitsarbeiter" fahren (sh. "Anschläge
im Irak...", tagesschau.de, 12.12.06)
oder arglose Berufspendler in westlichen Ländern
umbringen. Ansonsten achten solche Kidnapper des Islams
jedoch auf strengste Sexualrepression wie die
"christlichen" Schwinger der Todsünden-Keule zur
Gängelung und Ablenkung von den wahren Problemen. Unsere
neoliberalen Schein-Humanisten haben aber anscheinend
auch ein Herz für Schleuser und ausländischen
Extremisten, weil sie nach ihrer falsch verstandenen
Schickimicki-Multikulti-Ideologie erst die Attentate
abwarten müssen:
Etwa dreihundert von rund 30.000 in
Deutschland lebenden Islamisten sind derzeit als
"brandgefährlich" eingestuft – so gefährlich jedenfalls,
dass ihnen jederzeit Terroranschläge zugetraut werden,
sh. Udo Ulfkotte: "Der islamistische
Vielflieger, der nach dem Weg ins Cockpit fragte",
netzeitung.de, 6.9.04.
(Ebenso ermutigen die Pseudo-Linken auch Nazischläger
mit viel zu milden Strafen zur Steigerung ihrer
Gewalttaten und ereifern sich mehr über Lafontaines
Verständnis für die illegale Gewalt-Androhung
gegen habgierige Erpresser zum Auffinden ihrer Opfer -
im Fall des ermordeten 11jährigen "Jakob von Metzler" -
als über den Tod dieser Opfer.)
Auch die verhinderten jugendlichen Kofferbomber aus dem
Libanon haben sich nicht nur dort und durch
Terror-Seiten im Internet mächtig aufhetzen lassen. Sie
wurden auch noch durch Hassprediger in Deutschland in
ihrer Mordlust bestärkt, um nach dem Wiederabdruck der
dänischen Mohammed-Karikaturen in Deutschland nicht
wegen Untätigkeit "in die Hölle" zu kommen (sh. "Die
Kofferbomber - Terrorziel Bahn", Film von Thomas Berndt,
Stefan Buchen und Michael Cordero (2006)", phoenix.de,
Wiederholung am 24.1.07. Leider sind in dem Video- und
PDF-Ausschnitt bei Panorama vom 9.11.06 die weiteren
Verhetzungen der Attentäter in Deutschland nicht
enthalten - sh. PANORAMA: "So
viele Tote wie möglich - Geständnis eines Kofferbombers",
und evt. "Die
Kofferbomber - Terrorziel Bahn", am
19.2.07, 18 Uhr, bei 3sat).
Die Problematik der legal eingebürgerten Islamisten
wurde z.B. deutlich durch die TV-Dokumentation von Gert
Monheim: "Der
Gotteskrieger und seine Frau", daserste.de, 26.2.07.
Der ägyptische "Gotteskrieger" Reda Seyam wollte
zunächst nach seinem Mathematik-Studium in Ägypten eine
entsprechende Arbeit
in Deutschland
finden. Kurz vor Ablauf seines deutschen Visums wurde
er durch Heirat mit einer Deutschen eingebürgert
und war gut eingegliedert.
Bald entwickelte er sich jedoch durch den Einfluss
eines Hasspredigers mit entsprechendem Umfeld
allmählich selbst zum "Gotteskrieger", zunächst im
Ansatz noch nachvollziehbar wegen der "Ethnischen
Säuberungen" der Serben gegen die
muslimischen Bosniaken, dann aber als mutmaßlicher
Terror-Beteiligter in Indonesien und jetzt als
bekennender Befürworter des Taliban-Regimes in
Afghanistan sowie der Gewalt gegen alles, was die
Ausbreitung seines Islamismus behindert. Nach den
Vorfällen in Indonesien und internen Informationen zum
11. September 2001 trennte sich seine deutsche Frau von
ihm und wurde vom Bundeskriminalamt in ein fragwürdiges
Zeugen-Schutz-Programm gedrängt. Inzwischen lebt ihr
Ex-Mann mit seiner zweiten (albanischstämmigen) Frau und
ihren sechs Kindern von angeblich 2300 Euro
Arbeitslosengeld in Berlin. Hinzu kommen die wesentlich
höheren Kosten für seine behördliche
Terrorismus-Überwachung rund um die Uhr. (Laut
Hartz-IV-Rechner von
Norbert Heydorn
müsste der Betrag bei der großen Familie wohl deutlich
über den 2.300 Euro liegen. - Siehe in dem Film auch,
wie die wirtschaftliche Existenz und Sicherheitslage
seiner arglosen deutschen Exfrau ruiniert wurde durch
sein "Gotteskriegertum" und das Bundeskriminalamt.)
Seinen jüngsten Sohn hat er stolz "Dschihad" genannt, so
dass dessen spätere Berufschancen in Deutschland allein
schon durch diesen Terrorismus-Anklang beeinträchtigt
werden. Aber vielleicht soll der Kleine mit der
islamistischen Indoktrination durch seinen Vater
("Religionsunterricht") ohnehin ebenfalls
"Gotteskrieger" werden.
- Zum opportunistischen und möglicherweise tödlichen
Leichtsinn deutscher Politiker siehe z.B. auch "Islam-Import
- Ein Imam kommt nach Deutschland",
ndr.de,
4.2.07.
Mittlerweile will
hat auch die Bürokratie-freudige und bestbezahlte
Justizministerin Zypries (SPD) einen Gesetzentwurf zur
Strafbarkeit der Teilnahme an Terrorcamps ausarbeiten
lassen. Voraussetzung für die Verfolgung ist aber die
kaum erfüllbare zusätzliche Bedingung, dass den
zukünftigen Terroristen schon vor ihrem Terror-Anschlag
die Absicht dazu nachgewiesen werden kann (sh.
"Bosbach kritisiert Pläne zur
Strafbarkeit des Terrortrainings",
pr-inside.com, 21.4.2004). Insofern handelt es sich bei
diesem weiteren aktionistischen Gesetzes-Monstrum
lediglich um eine Absicherung zugunsten der
Terror-Touristen.
Ein Markstein gegen Denkschablonen in der Islam-Debatte
ist der neu gegründete
Zentralrat der Ex-Muslime
mit seinen mutigen Vorsitzenden, der iranstämmigen Mina
Ahadi und der türkischstämmigen Arzu Toker. Diese sagte
zur Gründung im Februar 2007: "Islamkritiker konnten früher aufgrund
vermeintlicher Ausländerhetze leicht in die rechte Ecke
gedrängt werden. Nach der Gründung des Zentralrats wird
dies so einfach nicht mehr möglich sein."
Sie wenden sich gegen die generelle
Unterdrückung muslimischer Frauen durch den Islam.
Insbesondere geht es ihnen um Enttabuisierung sowohl
unter den Muslimen als auch unter den Deutschen. Es geht
ihnen aber auch um einen
Protest gegen das Schüren von Jenseitsangst als
Unterdrückungs- und Aufhetzungsinstrument in den Händen
der "religiösen" Meinungsmacher, seien es Muslime,
Christen, Hindus oder was auch sonst.
Die beiden Vorsitzenden haben
erwartungsgemäß bereits Todesdrohungen von Islamisten in
Deutschland erhalten. Ihnen war klar, dass bereits
mehrere Deutschtürkinnen für ähnliches Engagement mit
solchen Drohungen leben mussten, so z.B. die
Grünen-Politikerin
Ekin Deligöz durch ihren Aufruf gegen das Kopftuch
und die Anwältin
Seyran Ateş mit ihrer Unterstützung für
deutschtürkische Frauen, von denen bereits eine in ihrer
Kanzlei erschossen wurde. Dabei erlitt Frau
Ateş
selbst Schussverletzungen.
Die Islamisten, zusammen mit
Islamrat
und
Milli Görüş,
betrachten das Kopftuch und die Ideologietreue ihrer
Frauen dagegen als Zeichen für deren "demokratische"
Freiheit der (oftmals aufgezwungenen) Meinung.
Andererseits ist zu berücksichtigen, dass im
"christlichen" Abendland und in der Türkei die Frauen
ihr Wahlrecht auch erst im Laufe des 20. Jahrhunderts
erhalten haben (Deutschland nach dem Sturz des Kaisers
im Jahre 1918, Türkei mit Atatürk 1930, Frankreich nach
der alliierten Befreiung 1946, Alpenparadies Schweiz
1971/1990. Es folgten - nicht ohne Druck von außen -
Afghanistan 2003 und Kuwait 2005, sh. Wikipedia:
Frauenwahlrecht).
Das Kopftuch für Frauen wird im Christentum heute zwar
nur noch bei Papstaudienz erwartet, aber in früheren
Jahrhunderten galt noch die Bibelstelle:
"Ein Weib
aber, das da betet oder weissagt mit unbedecktem Haupt,
die schändet ihr Haupt", aus 1. Korinther 11:5
(sh. Wikipedia:
Kopftuch).
Ein Beispiel für die
fatale Schwächung der Linken durch die Pseudolinken
ist, dass rechtzeitige Maßnahmen gegen islamistische
Hassprediger und Attentate nur von "Recht(s)denkenden"
vorgeschlagen
werden,
die ansonsten das soziale Gewissen nur zum Schein vor
sich hertragen:
Bayerns Innenminister Günther Beckstein
(CSU) forderte, in Deutschland lebende Muslime müßten
bereits dann abgeschoben werden können, wenn sie eine
der Verfassung widersprechende Gesinnung propagieren...
Die allermeisten Muslime in Deutschland seien
"sympathisch und friedlich", sagte Beckstein der "Welt
am Sonntag". Ihre Radikalisierung müsse aber
entschlossener verhindert werden. Deshalb reiche es
nicht, Haßprediger abzuschieben. "Vielmehr müssen wir an
alle islamistischen Gegner der Verfassung heran",
sagte der CSU-Politiker,
sh. "Beckstein fordert Gesinnungstest für
Zuwanderer - Union will härteren Kurs gegen Islamisten",
welt.de, 17.7.05,
und die unsägliche Vorstellung, die Beckstein am 1.6.2008 bei
Anne Will gegen Oskar
Lafontaine geboten hat.
Auf die berechtigten Forderungen der Rechten reagieren die Pseudolinken (hier von der
"Radieschen-FDP") und Produzenten von laxen
Einreise-Bestimmungen
nach Art des gescheiterten
Volmer-Erlasses
lediglich mit der Entstellung der Aussage, um auf einen Popanz einzuschlagen und so von ihrer
selbstgefälligen Blockade notwendiger
Terrorismus-Vorbeugung abzulenken:
Die Vorschläge des bayerischen
Innenministers Beckstein zur Unterwanderung aller
deutschen Moscheen sind verheerend. Er stellt damit alle
Moslems unter Generalverdacht. Wir dagegen sagen, dass
man die Balance von Sicherheit und Freiheit wahren muss.
Hassprediger müssen bestraft werden. Wir brauchen auch
mehr Polizisten mit interkulturellem Hintergrund. Aber
man kann nicht die Moscheen pauschal zur Brutstätte der
Gefahr erklären. Das sind Argumente, die Sie so von
keiner anderen Partei hören,
sh. "Grünen-Chefin Roth über das Regieren und
Opponieren",
Berliner Zeitung, 15.7.05.
Ihr angebliches Linkssein besteht lediglich in solchen
Ablenkungsmanövern von ihrer Umverteilungspolitik, von
der vor allem sie sowie die übrigen Meinungsmacher und
Bestverdiener profitieren. Um diese Ablenkung zu verstärken, scheuen sie auch
selbst vor Hasspredigten nicht zurück:
Der Begriff "Hassprediger" hatte sich im
deutschen Sprachgebrauch im Zusammenhang mit der
Abschiebung des "Kalifen von Köln", Metin Kaplan, im Mai
vorigen Jahres eingebürgert. Seither wird er überwiegend
für islamische Geistliche verwendet, die in ihren
Moscheen zu Gewalttaten gegen Andersgläubige aufrufen.
In der politischen Auseinandersetzung wurde er erstmals
von den Grünen-Politikern Claudia Roth und Volker Beck
benutzt. Im Streit um das Zuwanderungsgesetz
bezeichneten sie den bayerischen Innenminister Günther
Beckstein (CSU) als "Hassprediger", den
CDU-Chefin Angela Merkel für die Dauer der Verhandlungen
"in verbale Sicherungshaft" nehmen müsse,
sh. "SPD dämpft Hass auf Lafontaine",
taz.de, 19.7.05.
>Auch ansonsten tun sich solche
"Wohltäter" auf Kosten der Umverteilungsopfer gern
hervor mit starken Worten wie "Zwangsgermanisierung"
gegen Lehrer, die an Schulen mit extrem hohem gemischten
Ausländeranteil die Verwendung der deutschen Sprache
weitgehend durchgesetzt haben, auch auf dem Schulhof,
mit großem Sprachkompetenz-Fortschritt für die Schüler
und zur großen Zufriedenheit ihrer Eltern, (sh. "DEUTSCHPFLICHT
AN BERLINER SCHULE – 'Unsere Konfliktlotsen sind
arbeitslos'", spiegel.de,
5.6.2007). Zumindest hatten Claudia Roth und ihre
Gesinnungsfreunde die Unterstützung von neokonservativen
Blättern des türkischen Medienkapitals wie der Hürriyet
des Medienmoguls
Aydın Doğan. Die engagierte
türkische Rechtsanwältin Seyran Ateş
bezeichnete diese selbstgefällige Anbiederung an die
falsch verstandenen Interessen von Ausländern
ironisch als Rassismus im umgekehrten Sinn – mit Hinweis
auf die beliebte Rassismus-Keule solcher Pseudo-Linken
(in der "Talk-Show" "Cohn-Bendit
trifft…", terranova.de,
13.6.2007).
Selbst vereinzelte Stimmen aus der Linkspartei und
einzelne kritische Journalisten ließen sich einspannen
mit scharfer Kritik an Lafontaine, so auch Petra
Pau, weil man ihm keine großzügige
Einwanderungspolitik nach dem Vorbild der daran
gescheiterten dänischen Sozialdemokraten (sh. oben)
zutraut und ihm daher "Abschottungspolitik" vorwirft sh.
"Oskar ante portas - wie links ist die Linkspartei?",
WDR-Monitor,
11.8.05.
Aber die große Hetzjagd der Meinungsmacher gegen
Lafontaine und die Verwendung des Begriffs
"Hassprediger" gegen ihn nimmt weit mehr persönliche
Gefährdung kalkuliert in Kauf als im Falle der oft
ignorierten Mahnungen von Günther Beckstein.
Wenn man die islamistischen Gruppen durch
verfassungstreue oder gar verfassungspatriotische
Muslims näher anschauen lässt, dann wird man schon
einige wenige Nester mit Kreuzzugspredigern
finden, die das volle Interesse verdienen.
Die übrigen Muslime hierzulande
sind selbst durch den Terror bedroht. Sie
dürften ein Eigeninteresse daran haben, dass der Islam
nicht durch Islamisten gekapert wird. Dazu wäre es
nötig, dass sie von sich aus eingeschleuste oder
aufgewiegelte Hassprediger aufspüren und Hinweise geben,
die weitere Maßnahmen ermöglichen, denn selbst werden
sie kaum eine Aussage vor Gericht riskieren. Der
Laizismus sollte z.B. echten Kemalisten nicht schwer
fallen, denn sie treten in der Türkei (und wohl auch in
Deutschland) sogar für das Kopftuchverbot in
öffentlichen Einrichtungen ein, was wegen der
fortdauernden starken islamistischen Strömungen in der
Türkei auch leichter zu begründen ist.
Aber es gibt auch etliche arabischstämmige Moslems, die
- wie z.B.
Bassam Tibi -
gewiss für richtig verstandenen Multikulturalismus
eintreten, die jedoch mit dem Schickimicki-Multikulti
unserer Pseudolinken nichts im Sinn haben. -
Der mörderische Hass der islamistischen
Kreuzzugsprediger wird teilweise auch durch eine
imperialistische Selbstbedienung und
Parasitismusförderung der USA
und ihrer Verbündeten geschürt.
Dies geschieht seit dem Kalten Krieg bis heute, z.B.
durch den
Land- und Wasserraub Israels in den mit Mauern und
Schlagbäumen zerstückelten Palästinensergebieten
(sh. unter anderem die Artikel von
Uri Avnery , das
Buch von
Felicia Langer:
"Die
Entrechtung der Palästinenser",
uni-kassel.de, und z.B. den Bericht "Alltägliche
Gewalt in Hebron" von Sebastian
Engelbrecht über
Ismail Adra, DLF
22.5.2007, per Audio, 7:51 bis 7:57 Uhr).
Solche Provokationen können aber nicht im entferntesten
als Entschuldigung gelten für Attentate auf völlig
unbeteiligte Ersatzopfer und Mitempfindende
auch wenn
"Teilnahmslosigkeit" gegenüber den scheinbar "Fernsten"
nicht von der Mitschuld befreit (sh. hier
Dritte_Welt.htm). Die Barbareien sind
auch keine Rechtfertigung für die hysterische
Massenindoktrinierung und Gehirnwäsche gegen solche
Unbeteiligten und für den Terrorismus-Drill in
Koranschulen - schon bei den billig geköderten und
skrupellos manipulierten Kleinsten.
Dies gilt auch für die verbreitete klammheimliche Freude
über unschuldige Attentatsopfer.
Der Land- und Wasserraub ist
aber zwar keine Rechtfertigung für den Angriff auf das
Existenzrecht Israels mit den Ressourcen in den Grenzen der "Grünen Linie"
(sh. hier
Land-_und_Wasserraub.htm),
die von den Palästinensern gezwungenermaßen großzügig
anerkannt wurden und als Grenzen für deren zukünftigen
Staat zu sehen sind (sh. auch Wikipedia: "Israelische
Sperranlagen"). Der so geschürte Hass in der arabischen Welt gegen
Israel und die westlichen Unterstützer des Unrechts hat sich
aber selbst in Spanien, Frankreich und anderswo gegen völlig
unbeteiligte Passanten entladen.
Auch in Deutschland gibt es
Hassprediger, die
man nicht frei herumlaufen lassen kann und die gegen
eine Abschiebung prozessieren, weil sie in ihren
Heimatländern angeblich oder tatsächlich
menschenrechtswidrig verfolgt werden. Für solche
Hassprediger ist ein Verbleib in Deutschland mit
Sicherungsverwahrung besonders schwer vermittelbar,
zumal durch den Verzicht auf Abschiebung auch noch
Unterbringungskosten zu Lasten des Steuerzahlers
entstehen. Dazu Unionsfraktionsvize Wolfgang Bosbach:
Die Maßnahme der Sicherungshaft ziele
nicht auf "Tausende", sondern auf einige Dutzend
Ausländer, sagte Bosbach. Es gebe Personen, von denen
eine besondere Gefahr ausgehe und die ausreisepflichtig
seien, die aber nicht abgeschoben werden könnten, weil
entweder tatsächliche oder rechtliche
Abschiebehindernisse bestünden. Wenn etwa in ihrem
Heimatland Folter oder Todesstrafe drohe, sei eine
Abschiebung nicht möglich. "Dann steht der Staat vor der
unangenehmen Alternative, sie frei herumlaufen lassen zu
müssen", fügte Bosbach hinzu. Die gegen die
Sicherungshaft geäußerten Bedenken, etwa von Seiten der
FDP und Grünen, seien nicht stichhaltig,
sh. "Union
will Schilys Sicherungshaft durchsetzen",
welt.de, 5.8.2005. Die Bedenken der FDP und Grünen
beziehen sich natürlich nicht auf die
Unterbringungskosten, sondern auf eine Verletzung des
humanen Umgangs mit den Hass- und Mordpredigern, den
gerade auch diese Parteien bei den Hartz-IV-Opfern ihrer
Umverteilung in die eigenen Taschen so sehr vermissen
lassen.
Aber die Kosten für die Sicherungsverwahrung von
"einigen Dutzend" Hasspredigern und ihren abgerichteten
"Märtyrern" sind völlig vernachlässigbar, wenn
dadurch deren Rückkehr aus der Abschiebung und
Attentate mit Hunderten von Toten und Verletzten
vermieden werden können.
Bundesinnenminister Schily beschreibt das Problem so:
Schily: Zum Beispiel: Wir wissen, dass
eine Person in einem Ausbildungslager in Afghanistan
war, wir wissen, dass sie Verbindungen zu Bin Laden hat,
das reicht meist noch nicht für ein
Ermittlungsverfahren...
sh. sein Interview "Einsperren
zur Vorbeugung - wenn tödliche Gefahr droht",
SZ, 3.8.05. Schily betont, dass gegen die
"vorübergehende Freiheitsbeschränkung" mangels
Abschiebemöglichkeit alle Rechtsmittel offen stehen
würden, und fragt: "Haben Sie eine andere Lösung?".
Man sollte von seinen Gegnern zumindest erwarten, dass
sie sich mit dieser Frage und der tatsächlichen
Problemlage ernsthaft auseinandersetzen, statt immer nur
bequem auf einen Popanz einzuschlagen und dadurch den
Erfolg im Kampf gegen die Umverteilung nach oben und für
eine humanere Gesellschaft zu gefährden. Ansätze zur
ernsthaften und kritischen Prüfung der Vorschläge von
Schily und von rechts finden sich in dem Artikel von
Christian Rath: "Union
will präventive Sicherungshaft", taz.de,
6.8.05.
Dagegen sind echte Asylbewerber angemessen aufzunehmen.
Deren Qualifikation oder überdurchschnittliche
Qualifikationsbereitschaft
(z.B. beim Spracherwerb
- mit oder ohne Akzentkolorit)
dürfte in der Regel gegeben sein, so dass sie und ihre
Kinder auch wirtschaftlich integrationsfähig sind.
Extremistische Gewalt gegen unschuldige Opfer ist mit
ihrem Asylstatus nicht vereinbar. Dazu bringen viele von
ihnen auch noch ansonsten seltene
Charaktereigenschaften mit wie mutigen Widerstand
gegen das soziale Unrecht und gegen die
Kleptokraten-Regime ohne Rücksicht auf ihre eigene
Karriere, also Eigenschaften, die in der deutschen
Schickimicki-Multikulti-Szene eher selten sind.
Diese Selbstdarsteller auf Kosten anderer wenden
sich zwar einerseits gegen die sprachliche und soziale
Isolierung von zwangsverheirateten Ehefrauen ohne
ausreichende Deutschkenntnisse und die daraus folgende
Ghettoisierung vieler Kinder. Sie sind auch öffentlich
entsetzt über die teilweise spätere Radikalisierung
dieser chancenlosen Kinder wie z.B. in Großbritannien,
den Niederlanden und zunehmend auch in Frankreich.
Andererseits tun sie sich aber gern damit hervor, dass
ihnen die Heraufsetzung des Nachzugsalters für
Ehepartnerinnen von 16 auf 18 Jahre und die
Voraussetzung von ausreichenden Deutschkenntnissen als
Integrationsgrundlage schon "unmenschlich" erscheinen
(sh. "Kritik
am Kompromiss beim Bleiberecht – 'Skandalös',
'unmenschlich', 'gnadenlos'", tagesschau.de,
13.3.07, mit Bildern von Claudia Roth, Sabine
Leutheusser-Schnarrenberger und Petra Pau, wobei man
allerdings Petra Pau recht geben muss, wenn sie in bezug
auf die bereits eingereisten Immigranten für die
unverschuldete Dauer ihrer Status-Klärung kritisiert,
"dass geduldete Ausländer in einigen Bundesländern
künftig nur noch Sachleistungen erhalten sollen. Damit
könnten sie sich nicht einmal mehr eine Fahrkarte
kaufen, um sich eine Arbeit zu suchen.") Bemerkenswert
ist auch, dass ausgerechnet die schlagkräftigsten
Lobbyisten für die Umverteilung nach oben hier ihr
Feigenblatt finden:
Für FDP-Fraktions-Vize Sabine
Leutheusser-Schnarrenberger ist nicht nachvollziehbar,
dass das Nachzugsalter für Familienangehörige auf 18
Jahre heraufgesetzt wird. "Skandalös und ungeheuerlich"
sei zudem die geplante erleichterte Abschiebung
straffälliger ausländischer Jugendlicher, sagte sie der
"Netzeitung".
(Sh. ebenda). Auch die Einbürgerung von Jugendlichen in
die Sozialsysteme und in die teuren deutschen
Gefängnisse wollen die großzügigen Umverteiler von der
FDP trotz ihrer endlosen Steuergeschenke für sich selbst
und die übrigen "Bestverdiener" von den übrigen
finanzieren lassen:
Schlichtweg «skandalös» sei zudem, dass
junge Menschen wohl ab dem 23. Lebensjahr erst eine
Arbeit nachweisen müssten, um eingebürgert werden zu
können. Als ebenfalls «skandalös und ungeheuerlich»
bezeichnete die FDP-Politikerin
[Leutheusser-Schnarrenberger] die geplante erleichterte
Abschiebung straffälliger ausländischer Jugendlicher.
(Sh. "FDP findet Bleiberechts-Kompromiss skandalös",
netzeitung.de,
13.3.2007, Klammerzusatz vom Verfasser.)
Zum Nachzugsalter gemäß EU-Richtlinie heißt es im
NEWSLETTER Ausgabe 1,
Februar 2006, bei
migration-info.de:
Deutschland: Verschärfung des Ausländerrechts durch
Umsetzung von EU-Richtlinien
Vor dem Hintergrund der Umsetzung von elf EU-Richtlinien
in nationales Recht plant die Bundesregierung eine
Änderung verschiedener ausländerrechtlicher
Bestimmungen. Schwerpunkt der Reformen ist es,
Zwangsehen, Prostitution und Schleusungen zu erschweren.
Ein entsprechender Gesetzesentwurf mit Änderungen im
Ausländer-, Aufenthalts- und Asylrecht liegt bereits
vor.
Um "junge
Ausländer vor Zwangsehen zu schützen" beinhaltet der
Entwurf eine Anhebung der Altersgrenze beim
Ehegattennachzug auf 21 Jahre. Zudem müssen nachziehende
Ehepartner vor ihrer Einreise nach Deutschland
ausreichende Deutsch-Kenntnisse vorweisen…
Die Altersgrenze beim Ehegattennachzug wurde in
Dänemark bereits angehoben (vgl. MuB
6/02). In den Niederlanden ist ein Vorstoß, den
Nachzug an den Nachweis von Sprachkenntnissen zu
knüpfen, noch im Gesetzgebungsverfahren. Auch der
ehemalige Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) hatte
bereits eine Erhöhung der Altersgrenze vorgeschlagen,
konnte sich aber innerhalb der rot-grünen Koalition
nicht durchsetzen.
Mit dem zitierten Artikel
MuB 6/02 kommt man dem Kern der Sache näher:
Dänemark: Verschärfung des Ausländerrechts
Das dänische Parlament beschloss am 31. Mai dieses
Jahres eine Verschärfung des Ausländerrechts. Die neuen
Regelungen traten am 1. Juli 2002 in Kraft. Damit löste
die seit Ende 2001 amtierende konservativ-rechtsliberale
Koalitionsregierung von Ministerpräsident Anders Fogh
Rasmussen (Rechtsliberale) eines ihrer zentralen
Wahlversprechen ein (vgl.
MuB 2/02). Neben den Regierungsparteien, die im
Parlament über keine eigene Mehrheit verfügen, stimmte
auch die rechtspopulistische Dänische Volkspartei unter
Führung von Pia Kjaersgaard für das neue Gesetz.
Das neue Ausländergesetz beinhaltet eine erhebliche
Erschwerung der Familienzusammenführung. Vor dem
In-Kraft-Treten der Gesetzesnovelle gab es ein
grundsätzliches Recht auf Nachzug eines ausländischen
Ehepartners. Künftig wird jeder Antrag individuell
behandelt. Ferner schließt das neue Gesetz eine
Zusammenführung von Ehepartnern im Alter von unter 24
Jahren aus. Mit dieser Maßnahme will die Regierung
arrangierten Ehen entgegentreten…Zusätzlich muss der in
Dänemark ansässige Partner über eine bestimmte
Einkommenshöhe und ausreichend Wohnraum verfügen sowie
eine Bankgarantie in Höhe von 7.000 Euro vorlegen. Das
Nachzugsrecht für im Ausland lebende Eltern, die das 60.
Lebensjahr erreicht haben, wurde abgeschafft.
Die Ankündigung genau dieser Maßnahmen hat im Jahr 2001
dazu geführt, dass die dänische Linke mit ihrer sozialen
Politik abdanken musste zugunsten der
liberal-konservativen Regierung von Anders Fogh
Rasmussen. Vorläufig hat die neue Regierung aber den
Spitzensteuersatz bei 59 Prozent gelassen und die
soziale Politik nicht wesentlich zurechtstutzen können,
weil sich die dänische Wählerschaft ihr soziales
Gewissen bewahrt hat und bei weitem nicht so zum Opfer
neoliberaler Manipulation geworden ist wie z.B. die
Wähler in Deutschland, Italien oder gar den USA.
Die starken Worten von Claudia Roth und Sabine
Leutheusser-Schnarrenberger ("absolutes Trauerspiel" und
"skandalös", sh. oben) mit Vorwürfen der
Rechtsabweichung gegen das deutsche Linksbündnis können
sich nur auf die asoziale Umverteilungspolitik jener
beiden "Parteien der Besserverdiener" beziehen (sh.
rossaepfel-theorie.de).
Das Linksbündnis
reagiert zu Recht allergischer als andere und
normalerweise mit Ausschluss, wenn es merkt, dass ein
Mitglied in der rechten Szene aufgefallen ist. Abgesehen
von einer Parteimitgliedschaft und ihren
Einflussmöglichkeiten
müsste es aber doch möglich sein, mit einer ehrlichen
Politik gegen den asozialen neoliberalen Trend einige
Mitläufer der "schwarz-weiß-roten Fahnenschwenker"
(sh.
taz.de, 16.6.2005) unter die Fahne
der Vernunft zu bringen, statt sie mit einer
gewissen Arroganz in den dumpfen nationalistischen und
rassistischen Einflussbereich zu drängen oder mit
Kahlschlagsprogrammen aufzubringen.
Dies gilt jedenfalls dann, wenn diese Mitläufer nicht an
brauner Gewalt beteiligt waren oder sie billigend in
Kauf genommen haben - wie viele gewendete braune
Staatsträger und "christliche" Parteimitglieder in der
Adenauer-Zeit.
Tatsächlich schickte die NPD einige Spione in die WASG,
weil sie fürchtet, dass das Linksbündnis in der Lage
wäre - bei allem berechtigten Volkszorn über die
schamlose Umverteilung nach oben - doch noch "den
Einzug der NPD in den Bundestag zu verhindern"
(sh. Peter Nowak: "Lechts oder Rinks", TELEPOLIS,
28.6.05; hier könnte man das Ernst-Jandl-Zitat in der
Überschrift auch noch vervollständigen: "Manche
meinen/lechts und rinks/ kann man nicht
velwechsern/werch ein Illtum", jedenfalls seit dem
Wegmobben Lafontaines durch die Neoliberalen bis zur
Entstehung des Linksbündnisses. Siehe dazu auch die
Erklärung von Gregor Gysi in dem Artikel von Florian
Güßgen: "Der Beckenbauer der Linken läuft sich warm",
stern.de, 27.7.05). Dabei
ist von den Rechtsradikalen noch weniger soziales
Gewissen zu erwarten als von den übrigen Rechten, den
rechtsgewendeten "Sozialdemokraten" oder gar den
"Liberalen". So sagte beispielsweise Udo Pastörs,
NPD-Vorsitzender im Landtag des leicht braun
eingetrübten Mecklenburg-Vorpommern:
Unser erstes Augenmerk hat dem Gesunden und Starken zu
gelten. Dieses ist zuallererst zu fördern und zu
unterstützen.
Das ist keine Selektion, sondern einfache Logik. Denn
wenn das Gesunde und Starke durch mangelnde Förderung
irgendwann nicht mehr entsprechende Leistungen erbringen
kann, dann ist es auch mit der Unterstützung der
Benachteiligten aus.
(Sh. "Redemanuskript von Udo Pastörs, Rede gehalten
in der 11. Landessitzung am 31.1.07",
npd-fraktion-mv.de,
Stand
27.2.07.) Dies entspricht ziemlich genau der
rechtslastigen neoliberalen "Logik" nach dem Motto
hier im Eingangszitat von Abschnitt 1: "Wenn man den
Pferden genug Hafer gibt, kommt am Ende auch etwas als
Futter für die Spatzen heraus" (John
Kenneth Galbraith).
Da die Sensibilität der Linken gegenüber rechtsradikalen
Strömungen wesentlich ausgeprägter ist als bei den
Rechten (sh. oben), haben Unterwanderungsversuche durch
die unverbesserlichen braunen Minderheiten ohnehin keine
Chance.
Dazu Oskar Lafontaine:
Wir dürfen das
Thema Schutz vor Billiglohnkonkurrenz nicht der NPD
überlassen. Die NPD hat Probleme, wenn eine linke Partei
konsequent Arbeitnehmerrechte vertritt. Das ist gewollt.
Ich bin als einer der ersten für ein modernes
Staatsbürgerrecht eingetreten, das nichts mit deutschem
Blut zu tun hat, ich habe schon vor 20 Jahren die
Aussiedlerzuwanderung kritisiert. Dafür wurde ich als
antideutsch gebrandmarkt. Jetzt soll ich ein
deutschnationaler Populist sein. Das ist einfach nur
lächerlich,
sh. STERN 27,
2005, S. 42, auszugsweise vorab in: "Lafontaine umwirbt
die SPD",
spiegel.de, 29.6.2005.
Am selben Tag konnte der Chef des Forsa-Instituts
Manfred Güllner nicht umhin, für seine Auftraggeber
STERN und RTL einen neuerlichen
Stimmenzuwachs auf 11%
für das geplante Linksbündnis zu melden, trotz seiner
üblichen Unterstellungen gegen Links (d.h. links von der
SPD) und besonders gegen Lafontaine. Nun sieht man
nicht nur irritierte Alibi-Aktionen bei den etablierten
Parteien, sondern hier vielleicht auch die ersten
Anzeichen für eine SPIEGEL-Berichterstattung über
Lafontaine ohne die sonst übliche Polemik und die
Unterstellungen der bestbezahlten Meinungsmacher gegen
ihn.
Überhaupt
können die extremen Egoisten unter den Meinungsmachern
wie in allen Lebensbereichen sich kaum vorstellen, dass
jemand anders als aus niederen Beweggründen handeln
kann, wenn er ihnen ihre Beute streitig macht. Aber Lafontaine muss und soll kein Heiliger sein, zumal
bei solchen Gegnern.
4) Exkurs: "Fremdarbeiter"-Kampagne
gegen Lafontaine und weitere Diffamierungen
Wenige Tage nach der beschriebenen "stilvollen"
Inszenierung bei Christiansen, wo nun plötzlich
ausgerechnet die Linken auf Wunsch von Rechts als
"nationale Sozialisten" gelten sollten, wurde diese
Richtung in den Medien fortgesetzt ("Lafontaine
'Nazi-Jargon' bezichtigt", "Eine Schande", FOCUS,
16.6.05, nach einer BILD-Meldung vom selben Tage) mit
einem entsprechenden Zitat aus der entlarvenden
SPD-Diffamierungskampagne gegen Lafontaine.
Er hatte auf der mächtigen Demonstration in Chemnitz vom
14.6.05 in freier Rede und ohne philologische
Kleinarbeit das Wort "Fremdarbeiter"
in bezug auf Auswüchse beim Lohndumping gebraucht (z.B.
im Hinblick auf die aktuelle Debatte über
Massenentlassungen in deutschen Schlachthöfen durch das
profitable Geschäft von ausländischen und vor allem
deutschen Dumping-Lohn-Agenturen mit Briefkasten und
Kontaktpersonen in Polen, teilweise auch mit
industriellen Anstiftern in Deutschland - sh.. hier
EU-Lohndumping.htm).
Aber das Wort "Fremdarbeiter" sei
früher auch von den Nazis
verwendet worden (als Euphemismus für
"Zwangsarbeiter"
- so wie man heute z.B. "freistellen" für "entlassen"
sagt oder wie das Wort "modern" in jüngster Zeit von den
Neoliberalen als Euphemismus für "Kahlschlag" oder
"Umverteilung nach oben" oder "Arbeitsplatzvernichtung"
usurpiert
wurde,
damit niemand mehr "modern" für echte
Arbeitsmarktförderung gebrauchen soll).
FOCUS zitierte fast kommentarlos mit markigen
Überschriften die Kampagnen-Vorreiter und den Satz von
Lafontaine (ebd.):
"Das ist eine Wortwahl nahe am Nazi-Jargon. Damit schürt
Lafontaine Ausländerfeindlichkeit. Einfach abstoßend!",
sagte die Vorsitzende des Innenausschusses des
Bundestages, Cornelie Sonntag (SPD), der "Bild"-Zeitung
am Donnerstag.
Auch der Rechtsexperte der Grünen, der
Bundestagsabgeordnete Jerzy Montag, kritisierte:
"Fremdarbeiter ist ein Unwort aus der Zeit des
Nationalsozialismus." Es sei "eine Schande", dass
Lafontaine, um Emotionen gegen Ausländer zu schüren, zu
solchen Worten greife.
Lafontaine hatte lt.
FOCUS (ebd.) gesagt:
Der Staat ist verpflichtet zu verhindern, dass
Familienväter und Frauen arbeitslos werden, weil
Fremdarbeiter ihnen zu Billiglöhnen die Arbeitsplätze
wegnehmen.
Dazu erklärte
Lafontaine am 18.6.05 beim WASG-Landesparteitag in
Köln an die Adresse der Scheinheiligen:
Der Duden führe den Ausdruck
unter "veraltetem Sprachgebrauch", nicht aber in
Verbindung mit der Nazizeit. "Solch heuchlerische Kritik
kommt heraus, wenn irgendwelche Betroffenheitslyriker
versuchen, einem am Zeug zu flicken..."
"Wir machen Ernst damit, dass wir nicht Schulter
zuckend zugucken, wie Fleischer und Fliesenleger ihre
Arbeit verlieren und ihre Familien nicht mehr ernähren
können, weil EU-Kommissare ihre Freihandelsrichtlinien
durchsetzen." Eines müsse klar sein: "Nicht die
polnischen Handwerker, die sich zu Hungerlöhnen in
Deutschland verdingen, sind die Lohndrücker, die sind
selbst Opfer. Lohndrücker sind vielmehr die Profiteure
hier im Lande",
sh. Bert Gerhards: "Der
Stimmenfänger",
Kölner Stadtanzeiger, 20.6.05.
Ich kann nichts dafür,
daß die Nazis auch Deutsch gesprochen haben. ...
Hier stehe einer,
so ruft er, "der sich schon früh dafür eingesetzt hat,
daß die deutsche Staatsangehörigkeit nicht länger am
deutschen Blut festgemacht wird". Er sei, anders als die
NPD, nicht gegen die armen Billigarbeiter aus dem
Ausland, aber gegen die Lohndrücker, die Tausende
Fliesenleger und Metzger in die Arbeitslosigkeit
schickten,
sh. Markus
Wehner: "Linksbündnis - Lafontaine, das ungeliebte
Zugpferd",
FAZ.net, 19.6.05.
(Diese beiden Weblinks werden nicht lange gebührenfrei
erreichbar sein.)
Dem STERN sagte Lafontaine:
Die Nationalsozialisten
waren nicht in erster Hinsicht fremdenfeindlich, sondern
rassistisch. Arbeitnehmer aus fremden Ländern waren,
wenn sie arischer Abstammung waren, im Dritten Reich
sehr willkommen. Meine Forderung, dass wir diejenigen,
die hier Arbeitsplätze haben, schützen müssen, gilt auch
für Millionen ausländischer Arbeitnehmer. Das ganze ist
ein lächerlicher Versuch, mich zu diskreditieren,
sh. STERN 27, 2005, S.
40.
Man könnte noch hinzufügen, dass sogenannte "arische"
Fremdarbeiter und Fremdarbeiterinnen den
Nationalsozialisten mehr als willkommen waren: Die Nazis
hatten von ihnen ein hoch geschätztes Klischeebild,
einen Popanz, bis zu der Abartigkeit, dass sie mit
ihnen ihren völkischen Idealtyp aus Rassenwahn zu den
Klischeebildern der Nazikünstler "aufnorden" wollte, von
denen sie in eigener Person (Hitler, Göring, Himmler,
Goebbels, Eichmann) so weit entfernt waren.
Trotzdem sagt Ulrich
Herbert, Autor eines Standardwerks zum Thema
Fremdarbeiter in der Nazizeit, über den damaligen
Gebrauch des Wortes "Fremdarbeiter" und zum Thema
"Fremdenfeindlichkeit" bei den Nazis:
"Deutschland den
Deutschen", das war die Naziparole ... Der
Rassismus war nichts anderes als eine biologistische
Überformung der Fremdenfeindlichkeit,
sh. "Lafontaine soll sich
historisch weiterbilden",
spiegel.de, 5.7.05.
Demnach wäre also nicht die Fremdenfeindlichkeit ein
Ergebnis des Rassismus, sondern es wäre gewissermaßen
umgekehrt. Dies mag durchaus so erscheinen, wenn man vom
"Thema Fremdarbeiter" ausgeht, dabei zu diesem Begriff
600 Einzelerlasse der Nazis findet und durch solche
intensiven Recherchen verständlicher- und
gerechterweise, aber auch ganz offensichtlich aufgeladen
ist.
Der Spiegel wollte sich jedenfalls in seiner jahrelangen
Polemik gegen Lafontaine nicht erschüttern lassen. Zu
ihrer Fortsetzung fand er in der quasi gutachterlichen
Stellungnahme von Professor Herbert eine starke Stütze
mit einer Interview-Frage, in der die entscheidende
Kausalitätsbeziehung "nicht in erster Hinsicht
fremdenfeindlich,
sondern rassistisch" (sh. Lafontaine-Zitat oben)
vorsorglich weggelassen wurde:
SPIEGEL ONLINE: Herr
Herbert, Oskar Lafontaine hat behauptet, die
Nationalsozialisten seien rassistisch und nicht
fremdenfeindlich gewesen und Beweise gefordert, dass der
Begriff des Fremdarbeiters nationalsozialistisches
Vokabular sei.
Nachdem unter
rossaepfel-theorie.de etliche hanebüchenen Ergebnissen
aus diversen Gutachten der "Weisen" und "Hohen Priester" aller Art
zitiert wurden, kann hier jedoch nicht jedes renommierte
Gutachten zu mehr oder weniger philologischen Fragen als
einzig richtige Einschätzung akzeptiert werden. Das gilt
um so mehr, als im Hinblick auf die Naziverbrechen eine
emotionslose wissenschaftliche Analyse kaum möglich ist
und dieser Umstand auch oft noch von Dritten gegen den
politischen Gegner als Knüppel missbraucht wird.
Allerdings zeigt das Interview mit Professor Herbert im
späteren Verlauf, dass er sich von neoliberalen
Stichwortgebern nicht vereinnahmen lässt.
Ulrich Herbert erwähnt in dem Interview auch den
Übergang von der zunächst harmlosen Begriffsbedeutung
zur Verwendung des Begriffs durch die Nazis während der
sechs Kriegsjahre, die nun für alle Zeiten
sprachbestimmend sein sollen - wie auch bei anderen
Wörtern der deutschen Sprache, die von den Nazis einst
verwendet wurden:
Der Begriff bezeichnete
seit Ende des 19. Jahrhunderts die ausländischen
Arbeiter, die nach Deutschland zur Arbeit kamen. Er
wurde dann 1939 beibehalten, auch als die Rekrutierung
zunächst von Polen, dann von Angehörigen fast aller von
Deutschland besetzten europäischen Länder immer weiter
ausgedehnt wurde und wurde so der übliche, in der
Bevölkerung verbreitete beschönigende Begriff für die
ausländischen Arbeiter.
Noch deutlicher wird dies
in der folgenden Passage:
SPIEGEL ONLINE: Ist der
Begriff ein originär nationalsozialistischer Begriff?
Herbert: Nein, er war ja schon seit der
Jahrhundertwende in Gebrauch. Nach 1945 wurde er einfach
weiterbenutzt, was zeigt, dass der Zwangsarbeitereinsatz
von den Deutschen nicht als Verbrechen angesehen wurde.
Erst in den sechziger Jahren wurde er dann durch die
freundlicher klingende Bezeichnung des "Gastarbeiters"
ersetzt. In der Schweiz wird noch heute von
ausländischen Arbeitern als "Fremdarbeitern" gesprochen.
Ulrich Herbert gibt sogar
einen Hinweis darauf, dass anscheinend doch der
Rassismus die Fremdenfeindlichkeit bestimmte, wenn er
über die Fremdarbeiter sagt:
Wobei die aus Osteuropa
viel schlechter behandelt wurden als die aus dem Westen.
Da man einen großen
Raubüberfall und die Versklavung im slawischen Raum
plante, wollte man zur Scheinrechtfertigung zuvor
den Popanz einer eigenen rassischen Überlegenheit
aufbauen, wie das z.B. auch zur "moralischen"
Rechtfertigung der "christlichen" Sklavenjagden und bei
der Ausplünderung der Juden geschehen war. Wenn die
rassistische Hetze zur Gewissens-Konditionierung bei
Ausplünderung und Raubmord nicht reicht, weil man keine
Rassenunterschiede vorschieben kann, dann muss man sich
etwas anderes einfallen, z.B. durch lukrative
Diffamierung als Hexer und Hexen, Inquisitionsopfer,
Heiden oder auszubeutende Klassen.
Sehr interessant - eindeutig eher pro Oskar Lafontaine
und Linkspartei als pro SPIEGEL - wird das Interview mit
Ulrich Herbert besonders ab der folgenden Passage:
Gegenüber den
beschäftigungspolitischen Auswirkungen von
EU-Erweiterung und Globalisierung hat sich in der
deutschen und in der europäischen Bevölkerung ein
erhebliches Abwehr- und Angstpotential angestaut, das
man nicht ignorieren oder als "fremdenfeindlich"
disqualifizieren kann.
Es lohnt sich, dort weiter
nachzulesen, wahrscheinlich gegen Gebühr.
In einem FAZ-Interview mit Ulrich Herbert: "Wer
sprach vom "Fremdarbeiter"?" vom 4.7.05
kommt Lafontaine mit dem eingefügten Foto der FAZ zwar
bezeichnenderweise schlechter davon, dafür muss sie aber
eine noch deutlichere Entlarvung der
Diffamierungskampagne gegen Lafontaine hinnehmen:
Oskar Lafontaine hat am Sonntag in Kassel beim
WASG-Parteitag gefordert, man möge ihm erst einmal
nachweisen, daß "Fremdarbeiter" ein Begriff aus der Zeit
des Nationalsozialismus sei. Ist er das?
Nein. Das ist ein traditioneller deutscher Begriff
für ausländische Arbeiter und schon seit der Wende zum
zwanzigsten Jahrhundert in Gebrauch. In anderen
deutschsprachigen Ländern, vor allem in der Schweiz, ist
er das bis heute. In der Bundesrepublik war er noch in
den fünfziger Jahren üblich für Ausländer - in
bedenkenloser Aufnahme des Sprachgebrauchs der Zeit vor
1945. Es gab Zeitungsartikel in den späten fünfziger,
frühen sechziger Jahren, die titelten: "Erhard holt
Fremdarbeiter". Sie meinten damit den Beginn der
Gastarbeiterbeschäftigung. Der Begriff
"Gastarbeiter" setzte sich erst seit etwa 1963/64 durch,
sollte freundlicher klingen und den vorübergehenden
Aufenthalt der angeworbenen ausländischen Arbeiter in
Deutschland besonders betonen...
Dabei spricht er einen wichtigen Punkt an: daß nämlich
die neuen Formen vor allem der illegalen Migration mit
Begriffen wie "Gastarbeiter" nicht mehr zu fassen sind,
sondern durchaus Zwangscharakter besitzen. Wenn
Lafontaine vorgeworfen wird, er fische damit am rechten
Rand, so habe ich den Eindruck, daß die Rede von
"Fremdarbeitern" in der breiten Bevölkerung gar keine
Nazi-Assoziation mehr auslöst,
sh. faz.net, 4.7.2005.
Der Historiker Heinz Niemann schreibt:
Die
Behauptung einiger Persönlichkeiten der politischen
Öffentlichkeit, der Begriff »Fremdarbeiter« gehöre zum
typischen Vokabular der Nazis, ist unrichtig...
In
den Dokumenten der zahlreichen damit befassten
Dienststellen der nazistischen Bürokratie, so in der
Anordnung des »Generalbevollmächtigten für den
Arbeitseinsatz«, Sauckel, vom 7.Mai 1943 »Anwerbung,
Beratung, Unterbringung, Ernährung und Behandlung
ausländischer Arbeiter und Arbeiterinnen«, werden
ausschließlich die Begriffe »ausländische Arbeiter bzw.
Arbeitskräfte«, »fremde Arbeitskräfte«, im Ausnahmefall
in Papieren der NSDAP auch »fremdvölkische
Arbeitskräfte« verwandt. Das rassistische Moment kam in
der Etikettierung »Ostarbeiter« für die aus der
Sowjetunion zwangsverschleppten Menschen zum Ausdruck.
Der Begriff »Fremdarbeiter« gehörte eher der
Alltagssprache der Menschen an...
Der Begriff »Fremdarbeiter« gehörte eher der
Alltagssprache der Menschen an. Gestapolage- und
Spitzelberichte zur Stimmung vor allem in der
arbeitenden Bevölkerung besagen spätestens seit
Stalingrad, dass damit kaum eine diskriminierende
Haltung verbunden war...
sh. "Lafontaine
mit Nazi-Worten?", Neues Deutschland,
12.7.05.
Wegen des DUDEN-Sprachgebrauchs und Lafontaines Sicht
des Gegensatzes von Rassismus und teilweiser verdrehter
"Fremdenfreundlichkeit" bei den Nazis wittert die Rechte
schon eine neue Diffamierungschance. Ausgerechnet Jörg
Schönbohm (CDU), Vorstandsmitglied des rechtslastigen "Studienzentrums
Weikersheim", droht bereits
publikumswirksam mit dem Verfassungsschutz. Der rechte
Weikersheimer Think Tank wurde von dem Nazi-Richter und
CDU-Ehrenvorsitzenden
Hans Filbinger
("Was damals Recht war, kann heute nicht Unrecht sein!")
gegründet (sh. hier auch
Diffamierungs-Resistenz.htm).
Schönbohm hatte aus Bassam Tibis abgewogener
"Leitkultur" die "Deutschen Leitkultur" für die CDU
mobilisiert: ""Wer zu uns kommt, muss die deutsche
Leitkultur übernehmen", sagte Schönbohm dem
SPIEGEL",
spiegel.de, 20.11.04.
Er zeigt sich auch gern in rechten Studentenverbindungen
wie dem "Hamburger
Waffenring" usw.
Auf
SPD-Webseiten wurde der Begriff "Fremdarbeiter"
bis zu der Kampagne stets arglos verwendet, aber noch
während der Kampagne gegen Lafontaine eilends durch
andere Formulierungen ersetzt. Das meldete DER SPIEGEL
in seinem Bericht: "Nazi-Vokabel
auf SPD-Internetseite",
spiegel.de, 20.6.05.
Nach Entlarvung solcher Diffamierungen mit dem
Fremdarbeiter-Knüppel durch Hinweis auf Duden oder
Bundesbankberichte (sh. Beispiel "Kapitalflucht"-Lauffeuer:
"Das Kapital wandert ab") werden solche bissigen
Propaganda-Enten allerdings meist nicht wieder
eingefangen, sondern eher als uneheliche Kinder
schmählich totgeschwiegen nach dem Motto: Hauptsache, es
bleibt immer etwas hängen!
Das Lohndumping wurde von jenen legalisiert, die ihre
überhöhten Bezüge und ihre Gratis-Versorgung gesichert
haben - zu Lasten der übrigen. Der Dumping-Vorwurf gilt
mit Sicherheit nicht für die traditionellen
"Gastarbeiter" als eingeladene Gäste und integrierte
Staatsbürger, für immer noch unentbehrlichen, aber oft
auch ausgenutzten Spargelstecher (sh. hier
Hartz-IV.htm),
tariflich bezahlten ausländischen Ärzte und Pflegekräfte
in Krankenhäusern mit oft unverantwortbaren
Arbeitszeiten usw.
Auch in deren Interessen ist die legalisierte oder
halblegale Vernichtung deutscher Arbeitsplätze zu
verhindern gegen das Dumping der ausländischen
Verleiher-Firmen, Konstrukteure von Umgehungsmodellen,
deutschen Firmen mit ausländischen Briefkästen sowie der
übrigen Nutznießer in Deutschland. Im übrigen sind die
Interessen der mitbetroffenen ausländischen Arbeitnehmer
in Deutschland auch personell in der WASG repräsentiert,
unter anderem durch den WASG-Sprecher Murat Cakir.
Kritik an dem türkischstämmigen
Kandidaten Hakki Keskin kommt jedenfalls nicht zuletzt
von Deutschtürken selbst (sh. "Kandidaten-Streit um
Hakki Keskin - Kritik an TGD: Regierungshörige
Türkei-Lobby",
nd-online.de, 12.7.05;
zu seiner "Regierungshörigkeit" beim Thema Völkermord an
den Armeniern, das in der Türkei höchstrichterlich
als Volksverhetzung tabuisierten wurde, bis hin zu Mord
und vielen Morddrohungen gegen türkische Tabubrecher;
sh. z.B.: "GENOZID ...",
DIE ZEIT, 21.4.2005, Nr. 17;
also nicht die Anstiftung zum Massaker an den Armeniern
ist die Volksverhetzung, sondern die öffentliche
Aufforderung zur überfälligen Aufarbeitung des Themas;
sh. "Der verdrängte Völkermord ...,
wsws.org, 30.5.01).
Die WASG reagiert hier trotz dringend erwünschter
weiterer aufgeklärter deutschtürkischer Mitglieder mit
Recht empfindlich, gerade weil sie so allergisch ist
gegenüber dem rechten Sumpf.
Die Arbeitsbedingungen der tariflich
bezahlten ausländischen Arbeitnehmer in Deutschland
unterscheiden sich jedoch grundlegend von denen der
neuen Dumping-Opfer. Dazu Lafontaine am 3.7.2005 auf dem
WASG-Bundesparteitag:
Ich habe Hemmungen gehabt, Menschen, die in Container
gepfercht werden und zu Hungerlöhnen arbeiten, als
Gastarbeiter zu bezeichnen,
lt.
sfdrs.ch, 3.7.2005.
Nicht diese Menschen seien die Lohndrücker, sondern "die
Unternehmer, die sie skrupellos ausbeuten" sagte
Lafontaine unter dem Beifall der 350 Delegierten,
lt. de.today.reuters.com, Reuters,3.7.05, 15:01h,
Der Bundesregierung warf er eine Politik zu Lasten der
Armen und "soziale Schweinereien" vor. "Das ist ein
Irrenhaus", sagte er über die Gesundheits-, Renten-
und Arbeitsmarktpolitik der Regierung,
sh. "Die
neue Linkspartei", zeit.de/dpa, 3.7.05,
und WASG-Vorstandsmitglied Klaus Ernst ergänzte:
Wir wollen einen linken Block hinkriegen, der den
sozialen Sauereien in diesem Land entgegentritt,
lt.
sfdrs.ch, 3.7.2005.
Auch der neue Name "Linkspartei" kommt als sehr
aussagefähig an:
Die Regierungsparteien SPD und Grüne sagten dem neuen
Parteienbündnis den Kampf an und sprachen ihm die
Berechtigung ab, sich als Linkspartei zu bezeichnen,
ebd.
Die neoliberalen, rechtslastigen und
pseudolinken Meinungsmacher oder Dumping-Profiteure
wollen von jeder empörten Kritik an ihre Umverteilung
nach oben jedenfalls flugs ablenken mit
Ausweich-Themen wie mit dem Vorwurf der
Demagogie und Nazipropaganda, um den neoliberalen
Medien ihr beliebtes Ersatzfutter zu geben.
Von dieser schamlosen Umverteilung des Volkseinkommens
sind sie nur insofern "betroffen", als sie die
Umverteilungsbeute in Form von fünf- bis sechsstelligen
Steuersenkungen einstreichen.
Man versucht
dabei - je nach Ausmaß des eigenen Neoliberalismus -
mehr oder weniger krampfhaft - dieses Ersatzfutter bis
zur letzten Krume zu verwerten und das
Diffamierungs-Halali auszuschlachten, um damit Hysterie
zu schüren gegen die Linken und das eigene Volk nach dem
Vorbild der dunkelsten Zeiten und der rechten Presse zur
Zeit der Studentenproteste gegen den Marionetten-Schah
und das Vietnam-Massaker. Aber diesmal kann man nicht
gegen "langbehaarte
Affen" hetzen, sondern nur (ohne
Nazi-Tabus) gegen die Opfer der eigenen Bereicherung und
die Fürsprecher der Betrogenen.
Im übrigen ist es ohne Verlust der Spontaneität äußerst
schwierig, jeden Satz so zu formulieren, dass er
nicht missverstanden werden kann, sei es aus bösem
Willen, sei es auch nur aus der jeweiligen
Wahrnehmungsprägung des Hörers oder Lesers oder gar
wegen unklarer grammatischer Bezüge. Diese
Schwierigkeit gilt besonders dann, wenn eine Passage aus
dem Gesamtzusammenhang gerissen wird. Der eine versteht
unter dem "Reich des Bösen" (Ronald
Reagan) zum Beispiel das System des
Raubtierkapitalismus, der andere - Repräsentant dieses
Systems - jedoch in bereitwilliger Naivität des
Profiteurs die Front dagegen.
Das neoliberale
britische Boulevard- und Kampfblatt
"The SUN" des größten
Meinungsfabrikanten in den USA,
Rupert
Murdoch (Fox-TV, Financial Times
London) hat immer wieder mächtige
Kampagnen angezettelt, auch gegen
Oskar Lafontaine wegen dessen
Widerstandes gegen die asoziale
Umverteilung nach oben und gegen den
Steuer-Parasitismus von EU-Ländern
während seiner kurzen Zeit als
Finanzminister im
Schröder-Kabinett. In
"The SUN"
vom 25.11.98
stand auf der Titelseite neben
Lafontaines Foto deshalb die Frage:
"Ist dies der gefährlichste Mann
Europas?" Ein größeres Lob von
Seiten solcher globalen Kahlschläger
und von den neoliberalen deutschen
Gehirnwäschern kann Lafontaine sich
kaum wünschen, wenn es ihn denn
interessiert. Murdochs SUN hatte
sich besonders darüber empört, dass
Lafontaine für eine
Steuerharmonisierung in der EU und
damit gegen das britische
Steuerdumping der pseudo-linken
Blair-Regierung vorgehen
wollte, von dem auch Murdoch
und die übrigen Meinungsmacher gegen
Lafontaine profitieren. Solche Kampagnen waren
auch Grund für die angebliche
internationale Ablehnung
Lafontaines, die eine Ablehnung
durch die Neoliberalen
Propagandisten war. Es wäre
beschämend, wenn er - wie Gerhard
Schröder und dessen engster Kreis -
ihre Zustimmung gehabt hätte.
Die Gefahr durch den "gefährlichsten
Mann Europas" für die neoliberalen
Profiteure bestand offenbar in
seiner Warnung vor deren
eigennütziger Unterstützung von
Steuerdumping und der Zockerei. (Sh.
dazu auch
"Lafontaine
im SZ-Interview – 'Investmentbanker
sind kriminell'",
sueddeutsche.de,
3.10.2008, und hier
Steuer-Parasitismus)
Wegen
der Wählertäuschung durch die neoliberalen
Meinungsmacher führt vernünftiges Handeln auch auf
diesem Gebiet also leicht zur Wahlniederlagen oder
zum Wegmobben einzelner Politiker wie im Falle von Oskar
Lafontaine.
Ihm wurde gerade auch von "sozialdemokratischen"
"Experten" vorgeworfen, dass er die gesamte Finanzwelt
gegen sich aufgebracht hätte, also insbesondere auch die
Finanzminister und Notenbankchefs, die die Politik des
Internationalen Währungsfonds (IWF)
bestimmen. Zur IWF-Gläubigkeit der Politiker und
sonstigen Meinungsmacher äußerte sich Joseph Stiglitz,
Ökonomie-Nobelpreisträger und ehemaliger Vize-Präsident
der Weltbank, in einem Interview mit Sonia Mikich und
Kim Otto:
Mikich: Verstehen Sie, warum sozialdemokratische
Regierungschefs wie Tony Blair oder Gerhard Schröder die
Institutionen IWF oder Weltbank so zurückhaltend
kritisieren? Im Gegenteil: sie geben sogar Bekenntnisse
zu einem Neoliberalismus mit menschlichem Antlitz ab.
Stiglitz: In vielen Ländern haben die
Sozialdemokraten inzwischen Angst vor den Finanzmärkten
entwickelt.
Mikich: Weil sie nicht verstehen?
Stiglitz: Weil sie nicht verstehen. Und weil man
ihnen sagt, dass Regierungen verantwortungslos sind,
wenn sie die Finanzmärkte kritisieren. Und die Märkte
reagieren darauf mit einer Erhöhung der Zinssätze, was
wiederum die finanzielle Lage und das Haushaltsdefizit
eines Landes noch weiter verschärft. Folglich können die
Politiker nur schwerlich ihre sozialpolitischen Ziele
erreichen.
Mikich: Und werden abgewählt?
Stiglitz: Und werden abgewählt. Aber auch wenn es
ihnen nicht um ihre Wiederwahl geht, auch wenn sie ihre
sozialpolitischen Ziele aufrichtig verfolgen, müsste man
die Ausgaben um Milliarden erhöhen, um die Zinszahlungen
leisten zu können, weil die Finanzmärkte ihr Vertrauen
in (sie) verloren haben. Dadurch wird der Spielraum in
Haushaltsfragen wesentlich eingeschränkt. Deshalb lassen
sich Politiker überall auf der Welt, trotz guter
Absichten, einschüchtern. Und deshalb tragen diejenigen,
die keiner Regierung angehören, eine besondere
Verantwortung, ihre Stimme zu erheben.
(Sh.
Monitor - Spezial,
wdr.de,
14.5.2002.) Das Interview fand also statt im
Mai 2002. Damaliger IWF-Chef war Horst Köhler,
anschließend deutscher Bundespräsident. Die
"sozialdemokratischen" Meinungsmacher kommen eigentlich
noch ganz gut davon, weil Stiglitz ihnen lediglich
Ignoranz und nicht den üblichen Volksbetrug nach Art der
Neoliberalen bescheinigt. Allerdings sind nach der
wohlwollenden Einschätzung von Stiglitz im Rest des
Interviews die meisten Neoliberalen nicht weniger
ignorant. Außerdem empfinden sie ihre Wählertäuschung in
der Regel nicht als Betrug, weil ihr noch der profitable
Selbstbetrug vorgeschaltet ist. Anders könnten sie das
Wahlvolk auch nicht überzeugen (sh.
rossaepfel-theorie.de).
Wichtig erscheint besonders der Appell von Stiglitz an
die Meinungsmacher, "die keiner Regierung angehören".
Aber leider werden sie fast alle von einem
kapitalistischen oder Proporz-regierten Meinungsapparat
bezahlt, dessen Spitzen und Finanziers sie sich meist
andienen. In einigen Politmagazinen des
öffentlich-rechtlichen Fernsehens gibt es dagegen noch
Widerstand. Aber vielleicht wurde gerade deshalb die
Dauer dieser Magazine von den neoliberalen
Proporz-Gremien drastisch gekürzt (sh.
rossaepfel-theorie.de)
zugunsten von Klamauk-Sendungen.
Der Appell von Stiglitz ist auch ganz im Sinne des
folgenden Zitats von
Joseph Pulitzer
* 1847 - † 1911
"Es gibt kein Verbrechen, keinen Kniff, keinen Trick,
keinen Schwindel, kein Laster, das nicht von
Geheimhaltung lebt.
Bringt diese Heimlichkeiten ans Tageslicht, beschreibt
sie, macht sie vor aller Augen lächerlich. Und früher
oder später wird die öffentliche Meinung sie
hinwegfegen. Bekannt machen allein genügt vielleicht
nicht - aber es ist das einzige Mittel, ohne das alle
anderen versagen."
(Hierher kopiert von der Seite des
Monitor-Magazins,
Stand 14.4.2007).
Auch die Verlagsgruppe Pearson plc mit ihrer Financial
Times London spielte ihre Rolle für die neoliberalen
Meute in Deutschland und anderswo mit ihrer Financial
Times London (FT.com). Pearson plc hatte zu der Zeit mit
seinen diversen Aktivitäten etwa 3,6 Mrd. Euro
Jahresumsatz. Maßgeblichen Einfluss auf Person hatte mit
einem Aktienanteil von ca. 30 Prozent die Gründerfamilie
Cowdray sowie mit 7 Prozent der französische
Großfinanzier Lazard (sh. L. Hachmeister/G. Rager: Wer
beherrscht die Medien?, München 2000, S. 216). Es
wundert also nicht, dass die FT und ihre bestbezahlten
Redakteure den internationalen Trend zur Umverteilung
nach oben unterstützten. Aus diesem Blatt zitiert Noam
Chomsky folgende "Vorwürfe" gegen Lafontaine:
Seine Steuergesetzgebung "schließt viele bei der
Industrie beliebte Steuerschlupflöcher, ohne dies durch
Senkungen in den wichtigsten Steuern auszugleichen", was
ein Frevel darstellte, gegen den die Unternehmen "aufs
äußerste protestierten". Der
"unternehmens-freundlichere" Kanzler Schröder plante
eine große Senkung der Unternehmenssteuern, aber "es war
unklar, ob Lafontaine bei so etwas zustimmen würde -
zumindest ohne anderswo Geld einzutreiben".
Zitiert aus Noam Chomsky: "Mach's
gut Oskar", ZNet, März 1999 (engl. "A
farewell to Oskar", 17.3.l999), worin sich Chomsky
bezieht auf den gleichnamigen Artikel in der FT vom
13.3.99.Auch die
Financial Times Deutschland druckte bereits nach
britischem Vorbild Wahlempfehlungen für die CDU und FDP.
- Es wäre für Lafontaine sehr wohl möglich gewesen, bei
einer Unternehmenssteuersenkung "anderswo Geld
einzutreiben", nämlich bei den Gewinnausschüttungen an
die Unternehmenseigentümer. Aber gerade dieses
"Anrechnungssystem" wollten die Neoliberalen
zugunsten einer niedrigen Definitivbesteuerung der
Großaktionäre abschaffen.
Die Financial Times London und The Sun sind nur
Beispiele dafür, dass auch in Großbritannien der größte
Druck zur Umverteilung nach oben von den Meinungsmachern
ausgeht. Gerade sie drohen mit der
Produktionsverlagerung, obwohl gerade der Abzug solcher
Söldner des Medienkapitals und der Proporz-Cliquen ein
Segen wäre.
Ein typisches Beispiel für das Ausmaß
dieser Lobby ist die Webseite taxpayersalliance.com mit ihrem Artikel
"Business leaders urge Brown to reduce taxes". Dieser
Appell der Steuersenkungsallianz an den britischen
Finanzminister wird von fast allen größeren Medien
unterstützt (sh. dort die Liste "The TPA in the media" -
Webseite gefunden am 13.3.06 mit ["daily mirror" pearson
capital "daily telegraph" "daily express" "the sun"
"financial times" spectator] - Sh. außerdem "Media
ownership in the UK").
Zum Meinungs- und Stimmenkauf in den USA
durch Murdoch und Konsorten antwortete der herausragende
Kolumnist und Wirtschaftsprofessor
Paul Krugman auf
die Frage:
Trotzdem halten sich die US-Medien mit Kritik an Bush
immer noch zurück - Warum?
Einige
sind Teil der Maschinerie: Eine Hand voll wütender
Milliardäre hat ein rechtes Netzwerk aufgebaut, zu dem
Sender wie Rupert Murdochs Fox News und Zeitungen wie
die "Washington Times" gehören. Die übrigen Medien gehen
auf Nummer sicher und berichten nach dem Schema
"einerseits - andererseits". Das liegt auch an den
Hetzkampagnen, denen Kritiker wie ich ausgesetzt sind.
Die meisten Journalisten sind nicht bereit, sich auf so
etwas einzulassen und ihre Karriere zu riskieren.
Sh. das Interview: "Bösartiger Reagan",
stern.de, 17.5.2004.
Tatsächlich geht es nach wie vor und dort wie hier um
die "Karriere(n)" (sh. Serge Halimi: "Journalismus in den USA -
Die Konten der Kommentatoren", Le Monde
Diplomatique, 16.8.96,
taz.de).
Es erscheint als ein Gipfel von
Plutokratie und
Demokratie-Kauf,
dass sich nun anscheinend auch die mögliche
US-Präsidentschaftskandidatin der Demokraten Hillary
Clinton vor der Macht des Medienkapitals von Rupert
Murdoch verbeugt
(sh.
z.B. den Artikel "Sag mir, wer deine Freunde sind, und
ich sage dir, wer du bist",
wsws.org, 10.5.06).
Tony Blair hat dessen Förderung eher noch erhalten
(ebd.), weil er nach der Art von Gerhard Schröder
eine historisch einmalige Bereitschaft und Gelegenheit
bot, die Linke für die Umverteilung nach oben
einzuspannen.
Vielleicht erwartet Murdoch von Hillary Clinton, dass
sie die Steuersenkungen für "Bestverdiener" durch Ronald
Reagan und George W. Bush als Präsidentin beibehält.
Aber über eine Millionärs-schonende
Mehrwertsteuererhöhung lässt sich das dort nicht
finanzieren. Falls sie ihn und die übrigen
Umverteilungs-Profiteure also dennoch zur Kasse bittet,
würde er in seinen Medien wohl einen Aufschrei der
Empörung orchestrieren mit dem bewährten Bannwort
"Steuererhöhungen". Sein Sender Fox News und seine
übrigen Medien dominieren die Meinungsmache zur
Umverteilung nach oben in den USA wahrscheinlich noch
mehr als die Springer-Presse und andere neoliberale
Medien in Deutschland
(sh. z.B. zu den Manipulationen:
Steven Kull et al.: "Misperceptions,
The Media and the Iraq War",
Menlo Park, California,
2.10.2003).
Nach dem Beitritt der zehn neuen EU-Länder zum 1. Mai
2004 führt extremes Steuerdumping - wie damals schon im
Falle von Irland - noch unvergleichlich viel mehr zur
EU-Finanzierung der Arbeitplatzverlagerung aus den
Steuern der zukünftigen Arbeitlosen in Westeuropa. Hinzu
kommt die Absetzbarkeit der Verlagerungskosten von der
deutschen Steuer. Zur Kampagne von Murdoch und der
britischen Neoliberalen schrieb die Welt vom 3.12.1998
unter der Überschrift "Lafontaine
zieht sich britischen Zorn zu":
Die Massenblatt "Sun" machte in extrem großer Aufmachung
gegen Lafontaine Front: Die Buchstaben "F" und "O"
prangten auf der Seite eins, sie stehen als Abkürzung
für "Fuck off" (ungefähr: verpiß dich). Die britische
Regierung zeigte sich hinter den Kulissen wenig erfreut
über die Äußerungen Lafontaines. Das antieuropäische
Trommelfeuer der Boulevardpresse macht es Premier Blair
immer schwieriger, für seinen europafreundlichen Kurs zu
werben.
Zum Thema "Fremdarbeiter" möchten Lafontaine und Bisky
aber offenbar weitere krampfhafte Ablenkungskampagnen
der "linksliberalen Schickeria" und der Schönbohms
vermeiden:
Nach und
nach wird es langweilig. Auch auf der gestrigen
Pressekonferenz von PDS-Chef Lothar Bisky und dem
WASG-Politiker Oskar Lafontaine bemühten sich die
anwesenden Journalisten vergeblich, eine neue
Fremdarbeiter-Äußerung zu entlocken. Darauf ließen sich
die Auskunft Gebenden aber gar nicht erst ein. Vielmehr
präsentierten sich Bisky und Lafontaine geschlossen...
Überhaupt scheint die
PDS nicht länger gewillt, sich von den Vorwurfsreflexen
der linksliberalen Schickeria beeindrucken zu lassen.
"Mit der DVU gibt es scharfe Auseinandersetzungen und
das wird auch so bleiben, aber die Jugend lasse ich
nicht auf der Straße stehen", so Bisky, der seine Partei
im Brandenburger Landtag vertritt, zu Bemerkungen, die
Linkspartei würde sich um rechte Wähler bemühen,
sh. Martin Müller-Mertens: "Bisky
und Lafontaine geben sich geschlossen",
rbi-aktuell.de, 8.7.05.
Dessen ungeachtet führen gewisse
"Sozialdemokraten" das arglistige Spiel ungerührt fort.
Manche
steigern sich sogar noch in der Personalisierung ihrer
Hetze, so z.B. Klaus Ness, SPD-Geschäftsführer in
Brandenburg, der es mangels Sachargumenten bedenkenlos
mit aufstachelnden Hetzparolen der Hassprediger
versucht, diese Infamie aber Lafontaine vorwirft
(sh. "SPD-Politiker
nennt Lafontaine «Hassprediger»",
netzeitung.de, 15.7.05). In Brandenburg gab es bei
der letzen Wahl nicht wenige Braune. Hier wird man an
die Aufwiegelung des tumben rechtsextremen
Josef Bachmann
zum Attentat gegen
Rudi Dutschke durch Recht(s)denkende erinnert, zu
denen sich nun auch rechtsgewendete Pseudolinke
gesellen. Bei Lafontaine hat schon wesentlich weniger
gereicht, um eine Geisteskranke zu ihrem Messerattentat
gegen ihn einzuspannen. Bei Dutschke wurden die
Hasspredigten der Neoliberalen von einem Wirrkopf als
Mordpredigten aufgefasst.
Besonders in den Medien versuchen die
Profiteure und Mitverursacher der Umverteilung nach
oben, ihr charakterliches Image und Selbstbewusstsein
aufzupolieren, indem sie sich als moralische Instanzen
gegen Faschismus, Kommunismus und Sozialismus (!)
gebärden, nach dem Motto: "Aus Liebe zu
Deutschland: Freiheit statt Sozialismus". Es geht also
gar nicht um Faschismus und Kommunismus, sondern nur
darum, den demokratischen Sozialismus, also den Kampf
gegen die Umverteilung nach oben, mit den anderen
Begriffen in einen Topf zu werfen, um ihn zu
diskreditieren. Die deutschen Faschisten wurde ja noch
lange nach dem Zweiten Weltkrieg von den Konservativen
in allen hohen Ämtern gedeckt, zumal der Faschismus
historisch gesehen gerade wegen seines Kampfes gegen den
Sozialismus von den Konservativen international hoffähig
gemacht wurde und auch heute noch in Italien, vormals in
Chile und latent in vielen anderen Ländern für diesen
Zweck willkommen ist. In Deutschland ist er dagegen mit
Recht inzwischen dermaßen tabuisiert, dass sogar die
Neo-Konservativen und Neo-Liberalen den Begriff gern als
Knüppel gegen die Sozialisten missbrauchen, um ihre
Beute aus der Wählertäuschung zu verteidigen.
Mit
dieser Masche unterscheiden sich die neoliberalen
Profiteure allerdings kaum von den "kommunistischen"
Oligarchen, die nach dem Sturz ihres Herrschaftssystems
das russische Volksvermögen unter sich aufgeteilt und
das Volk ausgeplündert haben. Dazu brauchten diese den
Alkohol-benebelten Boris Jelzin nicht nur als
triumphalen Panzer-Besteiger, sondern auch als
Marionette (mit eigenem Anhang von Profiteuren), ebenso
wie man hierzulande den neoliberalen Politikern
die Gesetze zur steuerlichen und sonstigen Umverteilung
nach oben unterjubelt
und sich dabei auch auf den großen Medieneinsatz
verlassen kann.
Kurz vor der Wahl
1996 hatten sich Russlands tief zerstrittene Oligarchen
unter Führung der Großunternehmer Boris Beresowskij und
Wladimir Gussinskij am Rande des Weltwirtschaftsforums
in Davos darauf geeinigt, gegen die drohende Wahl des
KP-Chefs Gennadij Sjuganow doch Jelzin zu unterstützen.
Ihre Fernsehsender taten daraufhin alles, um die
"Kommunistengefahr" zu schüren und Jelzin in einem
positiven Licht zu zeigen.
(Sh. "Nachruf:
Jelzin brachte Russen Freiheit – und Chaos",
handelsblatt.com.)
Nach dem Ende der Jelzin-Regierung
wurden diese Clans kaum zur Verantwortung gezogen und
das verschacherte Volksvermögen kaum zurückgeholt, weil
man den Jelzin-Nachfolger
Wladimir Putin
als Garanten zur Absicherung dieser Plünderungen
aufgebaut hatte. Oligarchen wie
Boris Beresowski und
Wladimir Gussinski mussten sich zwar ins Ausland
absetzen, aber lediglich im Falle des Groß-Profiteures
Michail Chodorkowski gab es eine spektakuläre
Festnahme und Enteignung, weil er die Korruption
angeprangert und die Opposition gegen Putin unterstützt
hatte (sh. hier auch
Schroeders-Freunde.htm).
Das Schlagwort "Freiheit statt
Sozialismus" richtete sich
zwar im Wahlkampf von 1976
nach der CDU-CSU-Darstellung (sh.
Wikipedia -
besucht 24.6.06) nur gegen die Ostpolitik. Auch im
WDR-Kalenderblatt "Vor 30 Jahren" vom 24.5.06 wurde auf
die Vorliebe des Nazi-Richters Hans Filbinger und des
Pinochet-Freundes Franz-Josef Strauß für diese Parole
hingewiesen. Konzipiert wurde die Parole jedoch laut
Wikipedia von
Alfred Dregger,
dem
"prominenteste(n)" Vertreter der so genannten
Stahlhelmfraktion, eines
nationalkonservativen
Flügels der CDU".
Bei so "prominenten" CDU-/CSU-Vertretern von "Freiheit
statt Sozialismus" wirkt der Vorspann "Aus Liebe zu
Deutschland" eher peinlich. Vielleicht haben die
Neokonservativen das in den Folgejahren vorübergehend
gemerkt. Im Wahlkampf 1990 sahen sie die Hauptgefahr für
ihre Umverteilung nach oben offenbar in einer Koalition
von SPD und PDS. Daher haben sie nach einer Initiative
ihres damaligen Generalsekretärs, Pastor Peter Hintze,
ihre "Rote-Socken-Kampagne" gegen die PDS gestartet (zur
Rolle der Kirchen sh. hier auch
rossaepfel-theorie.de,
z.B.
Papst,
Wahlergebnis,
Luther).
Über die Hetzkampagne gegen Lafontaine schrieb
der FOCUS, dessen Chefredakteur der neuen Linken zu
Beginn der Kampagne bereits
"nationalen
Sozialismus"
vorgeworfen hatte (sh. hier Abschnitt 1):
Ramelow bezeichnete die Angriffe auf Lafontaine als
unerträglich. "Das geht schon in Richtung Pogromstimmung
gegen die Repräsentanten der Linkspartei", sagte er dem
"Tagesspiegel am Sonntag". Kalkuliert werde in Kauf
genommen, "dass es irgendwann Übergriffe gibt",
sh. "'Pogromstimmung'
gegen Lafontaine", focus.de, 16.7.05. Zum
gleichen Datum hat der FOCUS jedoch all die
Hetzparolen gegen Lafontaine kritiklos ausgebreitet
unter der Überschrift ""Hassprediger" SPD brutalisiert
Attacken auf Lafontaine". Ähnlich machten es SPIEGEL
ONLINE, N24, die FAZ mit Datum vom 15.5.05 unter der
Überschrift "Brandenburger SPD nennt Lafontaine
"Hassprediger"". Dort erfährt man, dass es sich einfach
nur um Bericht einen Bericht der
US-Nachrichtenagentur Associated Press handelt. Man hat
ihn einfach nur kommentarlos übernommen, obwohl man doch
sonst auch in der FAZ mit Kommentaren geizt, wenn sie
sich gegen Lafontaine richten.
Ohne Verstärkung durch die Medien ("Meutejournalismus")
würde sich die Gefahr in Grenzen halten, dass man durch
ein Attentat den Kampf gegen das Asoziale zurückwirft.
Nach all dem wundert sich der FOCUS noch
über heftige Abwehrreaktionen aus der
Lafontaine-Begleitung, wenn ihm einzelne aus der
aggressiven Meute zu nahe kommen:
Nach
einem Wahlkampfauftritt Oskar Lafontaines ist es zum
Handgemenge mit Journalisten gekommen – und FOCUS TV
filmte mit...
Die Tumulte entstanden, als Kameraleute Lafontaine
angeblich zu nahe kamen. Ramelow erklärte in der
"Thüringer Allgemeinen" vom Freitag, er habe versucht,
"den Arm des Kameramanns herunterzudrücken, der
Lafontaine verletzen wollte". Spieth sprach von einer
"offensichtlichen Provokation einiger Journalisten". Der
Polizei war am Freitag von dem Vorfall nichts bekannt.
"Eine aggressive Grundstimmung von Seiten der PDS
gegenüber den berichtenden Journalisten", stellten
dagegen die Mitarbeiter von FOCUS TV vor Ort in Erfurt
fest. "Das Kamera-Team von FOCUS TV war definitiv nicht
an der Rangelei beteiligt. Vielmehr hat FOCUS TV
dokumentiert, wie die Kollegen von RTL und Spiegel TV
durch Bodo Ramelow und weitere PDS/Linkspartei-Anhänger
aggressiv attackiert wurden", heißt es in einer
Stellungnahme von FOCUS TV.
Demnach ist also FOCUS dort nicht
aggressiv aufgetreten und Lafontaines zurückgedrängte
Diffamierer vom SPIEGEL (hier Spiegel TV) meinten es
vielleicht diesmal auch nur gut mit ihm, sh. "Rede in
Erfurt - Tumulte um Lafontaine",
ONLINE FOCUS, 12.8.05.
Zur "Hetzmasse" schreibt
Elias Canetti:
Ein wichtiger Grund für das rapide Anwachsen der
Hetzmasse ist die Gefahrlosigkeit des Unternehmens. Es
ist gefahrlos, denn die Überlegenheit auf seiten der
Masse ist enorm...
Die Eile, Gehobenheit und Sicherheit einer solchen Masse
hat etwas Unheimliches. Es ist die Erregung von Blinden,
die am blindesten sind, wenn sie plötzlich zu sehen
glauben...
Die Hetzmasse ist sehr alt, sie geht auf die
ursprünglichste dynamische Einheit zurück, die unter
Menschen bekannt ist, die Jagdmeute...,
sh. Elias Canetti: Masse und Macht, Frankfurt a.M.,
1980, S. 50.
Der erfahrene Journalist Günter Frech hat beschreibt in
seinem Interview mit Murat Cakir,
w-asg.de, 12.9.05,
gewiss wichtige Gründe für den Meute-Journalismus, aber
es geht nicht nur um den Vernichtungsinstinkt der
Hetz-Meute als psychoanalytisch-verhaltenstheoretische
Erklärung oder um die Denkträgheit als
psychologisch-"physikalische" Erklärung, sondern auch um
die Gier (= Steuersenkung für "Bestverdiener") als
psychologisch-materialistische und ökonomische
Erklärung. Vor allem geht es darum, wie die herrschende
Meinung der Herrschenden überhaupt produziert wird (sh.
rossaepfel-theorie.de).
Auch dies ist im Kapitalismus vorrangig eine ökonomische
Frage. - Interessante und teilweise schockierende
Erklärungshilfen bietet außerdem Howard Blooms "Konformitätspolitik",
auch am Beispiel der afrikanischen Bantus (Telepolis,
16.1.1998, mit etlichen Weblinks).
Eine mildere
Beschreibung des Konformitätszwangs findet sich in Hans
Christian Andersens Märchen "Des
Kaisers neue Kleidern":
In
Andersens Märchen von des Kaisers neuen Kleidern stehen
die Erwachsenen da und tun so, als bestaunten sie
prächtige Gewänder. Sie sehen davon nichts, aber haben
Angst, das laut zu sagen. Heißt es doch, die Kleider
blieben jenen unsichtbar, die für ihren Beruf nicht
taugten. Ein Zwang zur Lüge liegt über ihnen. Und über
dem Kaiser ebenso. Nackt posiert er vor seinem Volk.
Aber er hat ja nichts an, ruft plötzlich ein Kind. Und
es erhebt sich ein Flüstern. – Er hat ja gar nichts an,
ruft endlich das ganze Volk.
Sh. Irmtraud
Gutschke: "Wie
wir miteinander leben wollen 'Sozialismus
als Tagesaufgabe' - Abend mit Gregor Gysi, Oskar
Lafontaine und Daniela Dahn", nd-online.de, 8.11.05.
Die Hetzparolen gegen Lafontaine haben ihren
Ursprung offenbar nicht bei den SPD-Hinterbänklern in
Brandenburg, denn n-tv übernimmt die Pogromstimmung auch
kritiklos, erklärt aber dazu:
Brandenburgs Ministerpräsident und SPD-Vorsitzender
Matthias Platzeck hatte zuletzt vorgeschlagen,
Lafontaine in "argumentative Manndeckung" zu nehmen.
Dieser könne "die Menschen in Trance reden". Platzeck
hatte vor dem Hintergrund der umstrittenen
"Fremdarbeiter"-Äußerung Lafontaines von einem
ungeahnten "Maß an Skrupellosigkeit" gesprochen,
sh. "'Hassprediger' von der Saar",
n-tv.de, 15.7.05 ,
und die Überschrift:
Hart gegen herzlich
Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck soll
Gerhard Schröders oberster Helfer im Osten werden - als
warmherziges Gegenmodell zu Angela Merkel,
sh. DER SPIEGEL, 29/2005, 18.7.05, S. 38.
Am nächsten Tag setzte n-tv noch eins drauf, zumindest
mit der Überschrift: "'Hassprediger' wehrt sich",
n-tv.de, 16.7.05,
schränkte aber dann ein mit der Bildunterschrift: "Nein,
ein 'Hassprediger' ist Lafontaine nicht".
Wie zu Beginn der "Fremdarbeiter"-Kampagne gegen
Lafontaine wurde auch hier die Initialzündung für die
Medien von den rechtsgewendeten "Sozialdemokraten" durch
Vorschicken von Akteuren aus ihren hinteren Reihen
geliefert, damit die eigentlichen Initiatoren ihre Hände
in Unschuld waschen können und die Hinterbänkler ihre
Sporen verdienen lassen. Aber diesmal haben sie so weit
überzogen, dass sie beinahe selbst zu ihren
Attentatsopfern werden.
Am 18.7.05 wurde die "Hasspredigt" gegen Lafontaine zwar
zurückgezogen, aber sie war ja schon durch die Medien in
Umlauf gebracht und verbindet sich so in der
öffentlichen Meinung mit den übrigen Diffamierungen -
vielleicht auch irgendwann gegen ihre Urheber:
SPD: Lafontaine doch kein "Hassprediger"
Die Brandenburger SPD hat ein
Schreiben zurückgezogen, in dem sie Lafontaine als
"Hassprediger" bezeichnet. Landesgeschäftsführer Ness
nannte die Formulierung "einen Fehler",
netzeitung.de, 18.7.05.
Damit wird die Hasspredigt gegen Lafontaine zum simplen
Fehler verharmlost. Der FOCUS ergänzt:
Brandenburgs SPD will Oskar
Lafontaines Politik künftig nur noch inhaltlich
kritisieren und nicht mehr mit Beleidigungen vom Thema
ablenken,
focus.msn.de, 18.7.05.
Statt dessen lauten die einschlägigen
FOCUS-Überschriften vom 22.7.05 nun:
HERR BACKHAUS
"Lafontaine Nachfolger
Honeckers",
mit möglichst unauffällig
gedruckten Namen des Urhebers für die neue Parole, mit
Zwischenüberschriften vom gleichen Kleinkaliber.
Abgesehen von solchen Albernheiten wie hier vom
FOCUS-Stichwortgeber Backhaus (SPD) werden die
Rotkarierten wie das restliche neoliberale Kartell
jetzt hoffentlich nur noch mit ihrer
Fremdarbeiter-Philologie und ihren eher alltäglichen
Diffamierungen vom Thema ablenken oder auch einmal mit
Astrologen aufwarten wie
Springers Hamburger Abendblatt
am 3.1.06 mit der Sternenguckerei von
Winfried Noé gegen "Lafontaine: Von Juli an bleiben die
Erfolge aus" und "Ein neuer Parteiaustritt" sollte in
Springers astraler Wunschkonstellation stehen, zumal ihn
doch Springer schon im Jahre 1999 selbst durch die
neoliberalen Kampagnen gegen Lafontaine mit
herbeigeführt hatte.
Im übrigen müssen sie nun doch ihre persönliche
Bereicherung aus dem Volkseinkommen durch Umverteilung
nach oben endlich zur Diskussion stellen. Entgegen der
FOCUS-Formulierung handelte es sich auch längst
nicht nur um "Beleidigungen", sondern um gefährliche
"Hetze" gegen eine Einzelperson. Insofern ging dies auch
weit über die unglaubliche Rede des FOCUS-Chefredakteurs
vom "nationalen
Sozialismus" hinaus (sh. hier Abschnitt
1).
Auch Außenminister Fischer hat nicht nur
äußerlich die Turnschuhe gegen seine Dreiteiler
eingetauscht, sondern sich voll ins Establishment der
"Radieschen"-FDP integriert. Auch seine
Friedensbewegtheit schließt keine Hetze aus. Sh. dazu
"Lafontaine verlangt Entschuldigung von Fischer", DER
SPIEGEL, 13.7.05:
"Am geschmacklosesten hat
sich bisher Joschka Fischer geäußert, der mich als
deutschen Pim Fortuyn bezeichnet hat", sagte Lafontaine
der "Rheinischen Post". Dies sei deshalb geschmacklos,
"weil dieser niederländische Rechtspopulist Opfer eines
politischen Attentats war", sagte Lafontaine.
Der Spitzenkandidat des Linksbündnisses sprach von einer
"kaum zu verstehenden Entgleisung" Fischers. Denn auch
er, Lafontaine, sei Opfer eines Attentats gewesen. "Ich
erwarte, dass er sich dafür entschuldigt", sagte
Lafontaine.
Nicht viel besser formulierte der
früher Bundespräsident Roman
Herzog seinen Widerwillen gegen alles, was seinen
"liebgewonnenen Besitzständen" entgegensteht,
insbesondere seinen Steuergeschenken auf die jährlichen
214.000 Euro "Ehrensold", die ihm aus seiner
fünfjährigen Tätigkeit als Bundespräsident noch immer
zustehen (plus Dienstwagen mit Fahrer, Büro und drei
Mann Personal); sh. Georg Fechter: "Ehrensold
rollt". Am 15.9.1997 hatte er in seiner
berühmt-berüchtigten Ruckrede im Berliner Luxus-Hotel
Adlon zu seinem Publikum von "Bestverdienern" noch
gesagt:
"Die Welt ist
im Aufbruch, sie wartet nicht auf Deutschland. Aber es
ist auch noch nicht zu spät. Durch Deutschland muss ein
Ruck gehen. Wir müssen Abschied nehmen von
liebgewonnenen Besitzständen. Alle sind angesprochen,
alle müssen Opfer bringen, alle müssen mitmachen",
zitiert nach
A.
Buntenbach / H. Kellershohn / D. Kretschmer (Hg.):
Ruck-wärts in die Zukunft, Zur Ideologie des
Neokonservatismus, Duisburg, Juni 1998, m. w.
Nachw., unter
http://www.uni-duisburg.de/DISS/Internetbibliothek/Vorworte_von_DISS_Titeln/Ruck.htm.
(Sh. auch die Rede bei stern.de: "Durch
Deutschland muss ein Ruck gehen",
10.3.2004.)
Jetzt, wo der "Ruck"
durch das Linksbündnis endlich möglich wird und er
durch Verzicht auf seine rosagrünlichen
Steuergeschenke von jährlich fast 20.000 Euro
endlich "mitmachen" kann, mag er diese Chance
nicht nutzen, ebenso wenig wie seine damalige
begeisterten neoliberale Zuhörerschaft:
Der
Kreisverband Essen der Wahlalternative WASG hat
wegen ehrverletzender Äußerungen Strafanzeige gegen
den ehemaligen Bundespräsidenten Roman Herzog
gestellt. Der CDU-Politiker hatte in einem
ZDF-Interview in Bezug auf das Bündnis aus PDS und
Wahlalternative erklärt, man müsse »Rattenfängern
mit Charisma entgegentreten«. Die Bezeichnung
»Rattenfänger«, heißt es in dem an die
Staatsanwaltschaft Berlin adressierten Strafantrag,
sei »eindeutig eine von Missachtung getragene
ehrverletzende Meinungsäußerung über Mitglieder und
Sympathisanten« der Linkspartei. Dies gelte
insbesondere angesichts des bevorstehenden
Bundestagswahlkampfs,
sh. "Rattenfänger: WASG zeigt Herzog an", sh.
nd-online.de, 19.7.05.
Die neoliberalen Meinungsmacher regt es aber
anscheinend weniger auf, wenn die Gegner des
Parasitismus als "Ratten" diffamiert werden, als
wenn man sich scheut, dessen Opfer als
"Gast"-Arbeiter zu bezeichnen.
Nachdem die neoliberalen Meinungsmacher und
etablierten Parteien mit vereinten Kräften die
potentiellen Attentäter gegen Lafontaine aufgehetzt
haben, wollen sie ihm jetzt als Kandidat nur
eingeschränkten Personenschutz geben:
Ein Betrunkener hat
Oskar Lafontaine bei der Wahlversammlung der
Linkspartei angegriffen. Der Mann rief "Oskar,
ich hasse Dich!" und wollte sich auf den
Spitzenkandidaten stürzen. Umstehende konnten den
Mann zurückhalten,
sh.
"Betrunkener wollte sich
auf Lafontaine stürzen",
spiegel.de, 3.8.05. Die Aufgehetzten sind nicht
selten Geisteskranke, Verwirrte oder wie in diesem
Fall Benebelte, die ohne eigene Reflexion nur noch
das in Gewalt gegen eine Person umsetzen, was andere
ihnen gegen sie eingetrichtert haben.
Die neoliberalen Meinungsmacher missbrauchen also
schamlos ihre Medienmacht und die Pressefreiheit bei
der Umverteilung nach oben in die eigenen Taschen.
Sie entdecken und propagieren ihre rechtsstaatliche
Moral erst mit großem Getöse, wenn der
Bundesnachrichtendienst versucht, seine undichten
Stellen durch journalistische Verbindungsmänner
(Redaktions-Spitzel) auszuspionieren (sh. die
massenhaften Medienbericht vom Mai 2006 zur
BND-Affäre).
Nachdem das Fremdarbeiter-Thema nicht mehr weiter
auszuschlachten war, haben sich solche Medien
erwartungsgemäß wieder auf ihre lange bewährten
"Recherche"-Methoden besonnen. So berichtet der
Sprecher der Linkspartei Hendrik Thalheim in einer
Presseerklärung
vom 30.8.05:
Die Kampagne einiger Medien gegen Oskar
Lafontaine überschreitet
inzwischen jedes Maß. Dabei wird vor
Unwahrheiten und Falschdarstellungen nicht
zurückgeschreckt. Die Bild-Zeitung ist in diesem
Zusammenhang vom Landgericht Berlin schon zu
einem Zwangsgeld von 5000 Euro verurteilt
worden, weil sie eine entsprechende
Gegendarstellung nicht abgedruckt hatte.
Offenkundig ist das große öffentliche Interesse
für die Positionen von Oskar Lafontaine und der
Linkspartei einigen Verlagen ein Dorn im Auge.
Einschaltquoten wie beim Duell Lafontaine - Merz
bei Sabine Christiansen von 6,3 Millionen
Zuschauerinnen und Zuschauern, was einem
Marktanteil von 23 Prozent entspricht, sprechen
eine deutliche Sprache.
Statt einer
politischen Auseinandersetzung wird Oskar Lafontaine
immer mehr persönlich angegriffen. Einige
Journalisten gehen dabei inzwischen so weit, dass
sie seine Haushaltshilfe, frühere Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter in der Hoffnung auf irgendwelche
verwertbaren negativen Statements anrufen.
"Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem
Wohle der Allgemeinheit dienen. Eine Enteignung ist zum
Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch
Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art
und Ausmaß der Entschädigung regelt..." (Art.
14 Grundgesetz). Man muss sich fragen,
warum diese Rechtsfolgen immer noch nicht eingetreten
ist, denn bei solchem Missbräuchen des Eigentums am
Medienkapital für Pressekampagnen handelt es sich wohl
um die schlimmsten Verstöße gegen das Grundgesetz. Es
geht um die Unterwanderung der Demokratie durch den
"Informationskapitalismus".
Hier wird nicht angenommen, dass manche Journalisten
heute noch Straftaten inszenieren oder begehen, um
darüber einen reißerischen Artikel zu schreiben. Aber
immerhin hatte Thalheim auch die Springer-Kampagne zum
Wohnhaus von Lafontaine zu kommentieren (mit
Pressemitteilung vom 31.8.05),
obwohl solche Kampagnen unter aller
vermuteten Journalisten-Würde sind. Dieses Haus mit
Obergeschoss und aufgesetztem Wintergarten hat lt.
Lafontaine einen Grundriss von 11 * 11 Metern und lt.
Springer-Presse eine Wohnfläche von 280 Quadratmetern
(offenbar einschließlich Wintergarten, aber auch
einschließlich Garage und Wohnung für die Mutter von
Oskar Lafontaine, sh. unten). Lafontaines
Schwiegermutter wohnt ebenfalls dort. Beide Mütter
werden von ihren Kindern gepflegt. Man muss sich fragen,
was für ein Haus sich die oberen BILD-Macher für ihren
bestbezahlten Volksverdummungs-Journalismus leisten und
warum sie Lafontaines Haus immer wieder als
"Palast der sozialen Gerechtigkeit" präsentieren.
In der Sendung Links-Rechts mit Hajo Schumacher und dem
unverkennbaren ehemaligen Bild-Chefredakteur Hans
Hermann Tiedje war Oskar Lafontaine wieder einmal
genötigt, auf diese Diffamierungen durch die
Umverteilungs-Profiteure einzugehen:
Lafontaine fährt einen "kleinen Peugeot" Zitat aus der
Sendung Links-Rechts mit Hajo Schumacher und
Hans-Hermann Tiedje. Ausstrahlung: Heute Abend, 23:30
Uhr auf N24.
Berlin (ots) - Berlin, 29.11.2006 Linksfraktionschef
Oskar Lafontaine wehrt sich gegen den Vorwurf, ein
Luxus-Politiker zu sein. Er fahre einen "kleinen
Peugeot" mit einem "Plastiklenkrad", sagte Lafontaine am
Mittwoch in der N24- Sendung "Links-Rechts" und fügte
hinzu: "Was brauche ich denn ein Riesenauto? Ich bin
kein Autonarr."
Sein als "Palast" bezeichnetes Haus im Saarland habe
lediglich einen "Grundriss von elf mal elf" Metern.
Darin sei noch eine Wohnung für seine Mutter und eine
Garage enthalten. Lafontaine betonte: "Wir haben kein
Hauspersonal, nur eine Frau, die kommt auf
400-Euro-Basis." Seine Weine kosteten zwischen zwölf und
15 Euro. Der Fraktionschef fügte hinzu: "Es gibt auch
wohlhabende Leute, die einen Sinn für soziale
Gerechtigkeit haben.
(Kopiert aus
juraforum.de, 29.11.06).
Die neoliberalen Volksbetrüger versuchen offenbar in
ihren Kampagnen, Neid zu schüren gegen einen Kandidaten,
weil er die Umverteilung nach oben stoppen will,
von der er und sie am meisten profitieren. Allerdings
wirkt das Haus durch seinen offenen mediterranen Stil
und durch das große ländliche Baugrundstück nicht gerade
kleinbürgerlich. Bestenfalls könnte man Lafontaine also
- im Gegensatz zu seinen Kritikern - einen guten
Geschmack vorwerfen, ohne den sich ein solches Gebäude
leicht verhunzen ließe, sei es durch die üblichen dicken
antik getrimmten Säulen oder Keramik-Raubkatzen am
Eingang. Aber selbst hierzu haben sie vorsorglich einen
Architekten und einen Architekturpsychologen
aufgetrieben, die ihre Kampagne unterstützen. Wenn sich
diese Kampagne noch über die ganze Legislaturperiode
ausschlachten ließe, würden sie solche "Experten"
sicherlich ebenso zu "Prominenten" hochjubeln, wie sie
es regelmäßig mit ihren bevorzugten
"Wirtschaftsexperten" für die Umverteilung nach oben
tun. Hier nun die Pressemitteilung der Linkspartei zu
dieser Kampagne:
Die Bild-Kampagne gegen Oskar Lafontaine wird immer
lächerlicher. Die einzigen, die auf die Kampagne, die
heute mit so genannte architekturpsychologischen
Erörterungen einen neuen journalistischen Höhepunkt
hatte, hereingefallen sind, sind die Neonazis von der
NPD,
die am 3. September meinen, Oskar Lafontaines Wohnhaus
zum Zielpunkt einer Wahlkampfaktion machen zu müssen.
Bild verschweigt geflissentlich, dass die über 90jährige
Mutter und die bald 88jährige Schwiegermutter von Oskar
Lafontaine im Haus wohnen und von seiner Frau Christa
Müller betreut und gepflegt werden. Dass die
Bild-Zeitung mit ihren Angriffen nun den Vorwand für die
NPD liefert, ist an Peinlichkeit nicht mehr zu
überbieten.
Man kann so etwas auch nicht damit entschuldigen, dass
diese Manipulateure der sozialen Kälte es nicht besser
gewusst hätten, denn sie kannten sogar die Kosten für
den nicht einmal knapp mannshohen Schutzzaun um das
etwas abgelegene Grundstück. Am liebsten hätte man
Lafontaine und seiner Familie wohl auch noch diese
normale Sicherheit versagt, nachdem mögliche Attentäter
in den diversen Kampagnen dermaßen gegen seine Person
aufgehetzt waren (sh. oben) und die Foto-Reporter
penetrant durch seinen Zaun fotografierten .
Nach solchen Unverfrorenheiten kann man sich weiteres
Nachlesen über die BILD-Kampagne gegen die Urlaubskosten
von Lafontaines Familie und die alberne Jet-Story
sparen, zu deren Beginn er während seines Urlaubs
ausgerechnet beim Axel Springer Verlag an einer
angeblich so wichtigen Interview-Runde teilnehmen
sollte. Dabei ging es um den überraschend vorgezogenen
Wahlkampf zur Bundestagswahl 2005. Wenn den
Schreiberlingen das Interview während seines sicher
lange vorausgebuchten und wohlverdienten Familienurlaub
so wichtig gewesen wäre, hätten sie es mit ihm auch auf
Mallorca führen können. So aber könnte man fast
annehmen, dass alles nur eingefädelt wurde, um einen
weiteren Diffamierungsanlass zu schaffen. Tatsächlich
muss BILD lt. Entscheidung des Berliner Landgerichts
seine Privatjet-Kampagne gegen Lafontaine lt.
Saar-Echo vom 16.9.05
jetzt einstellen:
Zur Begründung hieß es, nach Erkenntnissen des Gerichts
habe ein Redakteur der "Bild"-Zeitung die Charterung
einer Privatmaschine für Lafontaine selbst ins Spiel
gebracht.
Diese Nachricht wird aber untergehen. Das
Diffamierungsziel des Medienkapitals und seiner
bestbezahlten Lakaien ist einmal wieder erreicht.
Nachdem man durch solche Wählertäuschung bzw.
Meinungskauf den
Stimmenanteil für das Linksbündnis auf 8,7 Prozent
drücken konnte, werden die Diffamierungs-Kampagnen auf
kleinerer Flamme fortgesetzt mit Springer-Titeln wie
"Oskar Lafontaine
schielt auf die
Führung der neuen Linken", welt.de, 2.5.06, oder "Macht
Lafontaine die Linkspartei zum Familienbetrieb?
- Wo seine Frau, sein Zwillingsbruder und alte
Weggefährten acht Monate nach dem Wahlerfolg
untergebracht sind", B.Z. 23.5.06 ("B.Z. Berlins größte
Zeitung", ebenfalls Axel-Springer-Verlag und krasses
Gegenteil der nur teilweise abgedrifteten "Berliner
Zeitung"). In üblicher BILD-Manier findet man dann im
Text einen anderen Sachverhalt, als es die Schlagzeile
suggeriert, aber immer noch eine irreführende
Darstellung. Zu den "alten Weggefährten" heißt es z.B.:
Ulrich Maurer (57): Ein alter Parteifreund und
einer der ersten "Überläufer" von der SPD zur WASG. Er
wurde Parlamentarischer Geschäftsführer der
Linksfraktion im Bundestag, kassiert 8761,25 Euro
monatlich (inkl. seiner Abgeordneten-Diät).
Kein Wort davon, dass
Ulrich Maurer ein
Politiker von außerordentlichem Format ist und als
langjähriges Mitglied des Landtages von
Baden-Württemberg bis zu seinem überfälligen
SPD-Austritt auch nicht viel weniger verdient haben
dürfte. Wenn man ihn an den Politiker-Favoriten des Axel
Springer-Verlages und an den neoliberalen
Meinungsmachern misst, wären diese schon mit Hartz IV
sehr gut bedient, während Ulrich Maurer als Rechtsanwalt
wohl mehr als seine Bundestagsbezüge verdienen könnte.
Zu den "Weggefährten" gehört auch der hochqualifizierte
ehemalige Staatssekretär Claus Noé (67), für den die
geschätzten 4.000 bis 5.000 Euro im Monat gewiss keine
Motivation sind, um sich bei seinen Ruhestandsbezügen
noch ein solches Arbeitpensum aufzuladen.
Zu Christa Müller, Ehefrau von Lafontaine erfährt der
kampagnenanfällige Leser zu seiner Enttäuschung, dass
sie sich in der WASG ein Ehrenamt aufgebürdet hat,
zusätzlich zu ihren umfangreichen Aufgaben
(einschließlich der Pflege im eigenen Haus von Mutter
und Schwiegermutter). Der Zwillingsbruder von Lafontaine
hat lt. B.Z. für seine Parteiorganisation mit fünf
Mitarbeitern einen Gesamtetat von 10.660 Euro im Monat,
mit dem die neoliberalen Meinungsmacher nicht einmal ein
Promille ihrer täglichen Wählertäuschung bezahlen
könnten.
Wenn all diese Rufmordversuche gegen Oskar Lafontaine
entlarvt sind, dann kommt oft der ernst gemeinte
Vorwurf, dass er sich als junger Mann in den 1970er
Jahren einmal im Rotlichtmilieu "bewegt" und sich damals
mit angeblichen "Gefälligkeiten" erkenntlich gezeigt
habe oder dass er später gegen überhöhte
Bezüge-Abrechnungen nicht protestiert habe. Zu eigenen
Erfahrungen mit Lafontaines frühem politischem
Engagement im Saarland für Resozialisierungsmaßnahmen
äußerte sich Günter Wallraff begeistert bei Sandra
Maischberger (sh.
"Menschen bei Maischberger",
28.11.06). Inwieweit für Lafontaine
damals auch das Rotlichtmilieu und mögliche Neigungen
ins Spiel kamen, ist zu belanglos, als dass es hier zu
recherchieren wäre.
Zur "Pensionsaffäre"
schreibt die Wikipedia (Stand 10.10.06):
1992 fand das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" heraus,
dass Lafontaines Pensionsansprüche aus seiner Zeit als
Oberbürgermeister Saarbrückens nicht ordnungsgemäß mit
seinen Bezügen als Ministerpräsident verrechnet waren
und er zuviel Geld erhalten hatte. Dies war auf eine
unklare Vorschrift im Beamtenrecht zurückzuführen, die
die vorherige CDU-Regierung eingeführt hatte. Dies
machte in den bundesweiten Medien als "Pensionsaffäre"
Schlagzeilen. Nachdem ein Gutachten des Finanzrechtlers
Hans Herbert von Arnim den Sachverhalt belegte und der
saarländische Landesrechnungshof die Auffassung des
Spiegels unterstützte, zahlte Lafontaine ohne
Gerichtsverfahren rund 230.000 DM zurück.
Falls Lafontaine im Wirrwarr der vorgefundenen
Politiker-Vergünstigungen aus CDU-Zeiten – trotz all
seiner sonstigen Aufgaben – den Überblick behalten
und trotzdem nicht gegen die fehlende
Pensionsverrechnung protestiert hat, dann muss er sich
allerdings an anderen Lohn und Gehaltsempfängern messen
lassen, die das gleiche tun würden. Wenn man den
neoliberalen Meinungsmachern und Rufmördern nur so etwas
vorzuwerfen hätte, wenn sie sich nicht bewusst für ihre
Wählertäuschung überhäufen würden mit völlig
unangemessener Abzocke und Steuergeschenken aus dem
Volkseinkommen zu Lasten der Ärmsten, dann wäre diese
gesamte Webseite überflüssig. Eine kurze Zeitungsglosse
mit spitzer Feder zur "Pensionsaffäre" würde reichen.
Und wenn sich der allgemeine Eigennutz in diesen Grenzen
des allzu Menschlichen hielte, dann hätten wir eine viel
bessere Republik. Aber wenn man sich den obigen
komplizierten Sachverhalt genauer anschaut und die
geringen bürokratischen Neigungen von Oskar Lafontaine
dagegen hält, dann dürfte ihm nicht einmal dies
vorzuhalten sein.
Es geht bei solchen Kampagnen gegen Lafontaine
also immer nur um groß inszenierte und quasi
konzertierte Manöver der Neoliberalen zur Diffamierung,
zur Ablenkung von ihrer Arbeitsplatzvernichtung durch
Umverteilung nach oben in die eigenen Taschen und um
Absicherung dieser skrupellosen Politik für die nächsten
Wahlen.
Exkurs zum Rede-"Duell" Lafontaine-Merz
vom 28.8.05
Beim "Duell" Lafontaine-Merz am 28.8.05 hatte
Sabine Christiansen die höchste
Einschaltquote seit drei Jahren. Vielleicht war es die
erste akzeptable Christiansen-Politsendung überhaupt, da
hier erstmals nicht das Übergewicht der neoliberalen
Propaganda vorprogrammiert war.
Die Anhänger der großen Koalition für die Umverteilung
nach oben streiten sich zwar auch dort untereinander um
die Fleischtöpfe, stehen aber wie eine Front -
alle gegen einen und ohne Moderationsausgleich - gegen
jeden, der den Schwindel aufdecken will. Grundsätzlich
lässt sich das Format "Alle gegen einen" wohl kaum
sinnvoll moderieren, selbst wenn der Moderator es will.
Aber diesmal wurden an die Moderation auch keine hohen
Anforderungen gestellt:
Ohne größere Rücksicht auf ihre immer mehr in den
Hintergrund rückende Gastgeberin stritten hier zwei
Politiker schnörkellos und scharf, aber ohne die in
solchen Sendungen oft anzutreffende Schaumschlägerei um
ihre Positionen.
Die Schaumschlägerei von Merz war allerdings auch hier
beeindruckend bei Scheinargumenten, die sich bestens für
eine Talkshow eignen, weil sie sich dort nicht so
schnell widerlegen lassen - so z.B. die Behauptung, dass
in Deutschland schon ein Facharbeiter "den
Spitzensteuersatz" zahle.
Tatsächlich verdient ein deutscher
Facharbeiter ("Average Production Worker") lt.
OECD-Statistik knapp 35.000 Euro im Jahr (sh. "Comparison
of wage levels", S. 1). Er zahlt dafür
als Alleinstehender einen persönlichen Spitzensteuersatz
von 24% (also 24 Cent für den letzten verdienten Euro,
hier bezogen auf die letzten 1000 Euro
Einkommensdifferenz = Einkommens-"Spitze"; sh. BMF
"Berechnung der Lohnsteuer
2005". Insgesamt zahlt er 6.760 Euro für
35.000 Euro. Das ist ein "Durchschnittssteuersatz" von
6.760/35.000 = 19,3%). Als Verheirateter mit einem oder
zwei Kindern zahlt er noch deutlich weniger, auch bei
Zuverdienst der Ehefrau (ebd.). Das ist nicht viel
mehr als die Hälfte des (allgemeinen)
"Spitzensteuersatzes" (= Höchststeuersatzes) von 44,3%
(incl. Solidaritätszuschlag), der seit dem 1.1.2005
gilt. Bis einschließlich 1999 lag der noch bei 55,9%.
Der neue Spitzensteuersatz beginnt für Alleinstehende
erst bei 52.153 Euro und für Verheirateten erst beim
Doppelten (sh. BMF: "Grafische
Übersichten", 10/2004).
Ebenso irreführend war auch der Redeschwall von
Friedrich
Merz (CDU) gegen die Vermögensteuer oder
sonstige Substanzsteuern nach US-Vorbild. Solche Steuern
seien nicht mit dem angeblich hohen deutschen
Spitzensteuersatz von 44,3% zu vereinbaren.
Dabei liegt der allgemeine "Spitzensteuersatz" (=
Höchststeuersatz") in New York z.B. bei 42,9%, also kaum
niedriger als in Deutschland, und das auch erst, nachdem
ihn George W. Bush noch einmal drastisch gesenkt hat.
Bis zu Reagans Zeiten lag er dort noch bei 50 und 70
Prozent zuzüglich der Regionalsteuern (sh.
rossaepfel-exkurse.de/sammlung.htm)
und Substanzsteuern.
Beeindruckend war auch der Brustton von Merz bei seiner
Argumentation für die weitere Senkung der
Unternehmenssteuern. Die meisten Großunternehmen würden
ohnehin mit ihrem eigenen Geld
Finanzierungsgesellschaften in Ländern gründen, in denen
ihre Zinseinkünfte besonders niedrig besteuert würden.
Von diesen eigenen Gesellschaften lassen sie sich dann
Kredite gewähren,
um
durch die Schuldzinsen ihren steuerpflichtigen Gewinn in
Deutschland zu senken. Für die niedrigen
Ertragsteuern ihrer Finanzierungsgesellschaften in den
Oasen erfolgt in Deutschland keine Nachversteuerung! Das
Verfahren sei
durch
Doppelbesteuerungsabkommen abgesichert
(sh. die Beispiele unter
afu-net.de)
Er kenne sich da bestens aus, weil er als Rechtsanwalt
selbst an der Beratung dieser Unternehmen (zur
legalisierten Steuerflucht) beteiligt sei. Über die
enormen Anwaltshonorare für die Verschiebung solcher
großen Vermögenswerte hat er allerdings nicht
gesprochen.
Wer in solchem Maße von der Steuerfluchtberatung
profitiert, wird allerdings je nach Wesensart auch mehr
Interesse haben an der Senkung seines
Spitzensteuersatzes als der "Facharbeiter". Hinzu kommen
ja unter anderem auch noch seine Bezüge aus diversen
Aufsichtsräten
und für die Beratung des Hedge-Fonds TCI, dessen Gruppe
die Machtübernahme bei der Deutschen Börse eingefädelt
und Merz dort einen Aufsichtsratsposten verschafft hat
(sh. Ulrich Schäfer: "Das
Gesicht der Heuschrecken",
sueddeutsche.de, 12.5.05). Nicht ohne Grund hat er gegen
die Verpflichtung der Abgeordneten zur Offenlegung ihrer
Bezüge geklagt (sh. Chin Meyer: "Merz
und seine Finanz-Bulimie", BERLINER
KURIER, 1.3.06), jedoch erfolglos.
Das "Transparenz"-Gesetz war allerdings durch den
Einfluss solcher Leute ohnehin schon dermaßen
verwässert, dass es kaum Transparenz schafft, denn der
Wähler wird nun damit irregeführt, dass zu den
zusätzlichen "Neben"-Einkünften der Abgeordneten nur
angegeben wird, ob die Beträge bestimmte Grenzen
überschreiten. Dabei erfolgen oberhalb einer Grenze von
7.000 Euro jährlich überhaupt keine genaueren Angaben
mehr.
Auf diese Weise errechnet sich z.B. für die 9
ausgewiesenen "Neben-"Einkünfte von jeweils "mehr als"
7.000 Euro für Merz ein zusätzliches Jahreseinkommen von
"mehr als" 63.000 Euro, obwohl er diese Summe
schätzungsweise allein schon von der Axa-Versicherung
bekommt, die einen direkten Draht zur Regierung sicher
gut gebrauchen kann . Für sein Aufsichtsratsmandat bei
der Deutschen Börse strich er im Jahre 2006
ausgewiesenermaßen 100.000 Euro ein (sh. "Die
Nebeneinkünfte des Friedrich Merz",
manager-magazin.de,
11.7.2007, mit
Auflistung), ganz zu schweigen von seine
anwaltlichen Aktivitäten für "Heuschrecken"-Fonds usw.
Ein derartiger Lobbyismus erfordert so viel Zeit, dass
der Wähler oder Wahlboykottierer schon einige
Unterscheidungskraft aufwenden muss, um nicht an
der Auslastung der Abgeordneten und am Sinn ders
Parlamentarismus überhaupt zu zweifeln.
In der Debatte mit Lafontaine triumphierte Merz
mit der albernen Behauptung: Lafontaine habe wohl
keine Ahnung, dass man die Steuerverlagerungsgeschäfte
heute schon von einem PC erledigen könne.
Zumindest hat
er dadurch vor Christiansens Millionenpublikum zur
besten Sendezeit kostenlos bekannt gegeben, dass sich
finanzstarke Steuerflüchtlinge und Heuschrecken vertrauensvoll an sein
Anwaltsbüro wenden können. Was an Substanz fehlte,
kompensierte er ansonsten durch Effekthascherei.
Zu diesem Lobbyismus meinte Lafontaine, dass
andere Länder wie die USA ihre Steueransprüche
wesentlich energischer durchsetzen als die deutschen
Neoliberalen und dass Unternehmen auch dann ihre Steuern
zahlen müssten, wenn sie einen PC hätten.
Wenn
schon die Gerichte die Steuerminderung durch Zinsen für
Kreditgewährung "an sich selbst" nicht als
Scheingeschäft entlarven, so hätte Merz selbst als
Politiker einen Gesetzentwurf dagegen einbringen können
(sh. hier - gleich anschließend - den Exkurs zur
deutschen Steuerflucht-Subventionierung durch
Scheingeschäfts-Legalisierung). Das gilt auch
für die Steuerminderung durch Kosten zur Verlagerung von
Arbeitsplätzen ins Ausland. Die Pink-Grünlichen haben
sich bezeichnenderweise auch um dieses eminent wichtige
Thema gedrückt und vielmehr den freien Zutritt fürs
Steuerdumping forciert - auch hier als Ausputzer ihrer
noch neoliberaleren Gegner.
Mit seiner Werbebotschaft in eigener
Sache an weitere Finanzinvestoren
oder Heuschrecken hatte Merz
offenbar Erfolg, z.B. beim Verkauf
des hohen Bundesanteil an der
Industriebank IKB zum Schleuderpreis
an den Finanzinvestor Lone Star.
Dazu schreibt das Manager-Magazin:
Immer größerer Unmut über den
IKB-Verkauf regt sich derweil unter
Parlamentariern – auch weil die
Anwaltskanzlei des
CDU-Bundestagsabgeordneten Friedrich
Merz Lone Star beraten hatte. Der
US-Investor hatte den Zuschlag für
den Kauf erhalten, obwohl er nur 115
Millionen Euro zahlte.
Finanzminister Peer Steinbrück war
dagegen von einem Verkaufserlös von
rund 800 Millionen Euro ausgegangen.
"Es stellt sich die Frage, ob und
welchen Einfluss Merz da genommen
hat", kritisiert der
Bundestagsabgeordnete Gerhard Schick
(Bündnis 90/Die Grünen), "zumal es
ja tatsächlich einige
Merkwürdigkeiten in dem Prozess
gegeben hat." Merz lehnte am Freitag
gegenüber dem SPIEGEL jeglichen
Kommentar zu dem Vorgang ab.
(Sh.
"Kritik an IKB-Verkauf",
manager-magazin.de,
7.9.2008, und
"Mangelnde Transparenz – Russischer
Oligarch kritisiert IKB-Verkauf",
spiegel.de, 7.9.2008.)
Bei einigen hundert Millionen Euro
Preisdifferenz ist das ein lohnender
Deal. Wenn maßgebende Politiker der
CDU so merkwürdig im Geschäft sind,
muss man sich über ihre Politik
gegen das Volk nicht wundern.
Der Bundesanteil an der IKB wird
über die bundeseigene Kreditanstalt
für Wiederaufbau (KfW) gehalten.
Zuständig für die Genehmigung des
Deals ist Merzens Christen-Freund
und Wirtschaftsminister Michael Glos
als Vorsitzender des
KfW-Verwaltungsrates.
Den Deal muss also Glos mit seinem
Verwaltungsrat nur noch absegnen.
Dies soll in der KfW-Sitzung vom
18.9.2008 geschehen und ist offenbar
schon längst mit Merz abgestimmt.
Glos hat seinem Verwaltungsrat vor
der Abstimmung aber nicht einmal
die "wichtigsten
Vertragsbedingungen" bekannt
gegeben. Dazu heißt es in der
Süddeutschen Zeitung:
Die
Mittelstandsbank IKB wird an den
US-Finanzinvestor Lone Star
verramscht - doch im Verwaltungsrat
der KfW-Bankengruppe gibt es massive
Bedenken.
Die Grünen-Abgeordnete Christine
Scheel sagte der Süddeutschen
Zeitung, ihr und den anderen
Mitgliedern des Gremiums seien die
wichtigsten Vertragsbedingungen
bislang gar nicht bekannt. Der
Verwaltungsrat soll an diesem
Donnerstag endgültig über den
IKB-Verkauf entscheiden. Seine
Zustimmung gilt als sicher.
Trotzdem beharrte Scheel auf bessere
Informationen. "Ich kann mir nicht
vorstellen, dass man derart komplexe
Zusammenhänge im Rahmen einer
Tischvorlage oder gar eines
mündlichen Vortrages erfassen und
beurteilen kann", sagte sie…
Lone Star will für die IKB rund 115
Millionen Euro zahlen. Der Staat,
private und öffentliche Banken
hatten rund 10,7 Milliarden Euro
aufgeboten, um das Institut vor der
Pleite zu retten.
(Sh.
"Scheel
kritisiert unbekannte
Vertragsbedingungen",
sueddeutsche.de,
17.9.2008,
18:38 Uhr.)
Stellvertretender Vorsitzender im
KfW-Verwaltungsrat ist
Bundesfinanzminister Peer Steinbrück
(SPD). Zumindest ihn wird Glos die
geheimnisvolle Abstimmungsvorlage
rechtzeitig eröffnet haben.
Die große Koalition der beiden
Geheimniskrämer Glos und Steinbrück
findet bei ihrer Abstimmung gewiss
die Unterstützung ihrer übrigen
neoliberalen Mitglieder, darunter
auch Michael Meister und Roland Koch
(beide CDU) sowie Sigmar Gabriel
(SPD). Die parlamentarische
Opposition im Verwaltungsrat wird
gegen diesen Klüngel und seine
zurückgehaltenen Vorlagen nichts
ausrichten können – trotz all ihrer
Proteste. Der wirtschaftspolitische
Sprecher der Linksfraktion, Herbert
Schui (DIE LINKE), forderte kurz vor der Sitzung
in einer
Presseerklärung vom 22.8.2008:
"Die Einsetzung eines
Untersuchungsausschusses ist
notwendig. Zuvor muss der
KfW-Verwaltungsrat den Notverkauf
aussetzen." erklärt Herbert Schui
zum Verkauf der IKB an einen
Finanz-Investor.
Der russische Investor und Bankier
Alexander Lebedew wollte mindestens
das Doppelte wie Lone Star und bis
zu 400 Millionen Euro für die IKB
zahlen. Dem SPIEGEL sagte er in
einem
Interview
vom
9.9.2008:
Wir waren bereit, 200 bis 400
Millionen Dollar anzubieten… Das
Wichtigste ist: Unser Plan trägt
strategischen Charakter. Anders als
die Amerikaner sind wir kein
Spekulationsfond. Wir wollten das
Geschäft langfristig
weiterentwickeln.
Wir suchen für unsere Nationalny
Reservny Bank einen Partner, der
Exporte deutscher mittelständischer
Firmen auf den russischen Markt
fördern könnte. IKB hat genau solche
Klienten. Deutschland und Russland
zusammengenommen ergeben einen Markt
von 220 Millionen Menschen.
Vielleicht wird ja Lone Star die
Bank demnächst an Lebedew mit
einigen hundert Prozent Gewinn
weiterverkaufen, damit sich ihr
Handel mit Merz, Glos und Steinbrück
gelohnt hat.
Auch
die Steuergelder von 10 Milliarden
Euro zur Stützung der Bank wurden
letztlich für die Industrie-Lobby
aufgewendet, denn die hatte in der
IKB das Sagen, nicht etwa der Staat
mit seinem etwa 45prozentigen Anteil
an dieser Bank. Dazu titelte und
schrieb Wolfgang Lieb am 15.2.2008:
IKB: Sozialisierung der Verluste zur
Stabilisierung des Bankenplatzes
Deutschland
Im
22-köpfigen Aufsichtsrat der IKB
sitzen gerade 2 Staatsvertreter:
Jörg Asmussen, Leiter der Abteilung
VII im Bundesministerium der
Finanzen und Dr. Jens Baganz,
Staatssekretär im Ministerium für
Wirtschaft, Mittelstand und Energie
des Landes Nordrhein-Westfalen.
(Sh.
nachdenkseiten.de,
15.2.2008.)
Exkurs zur deutschen
Steuerflucht-Subventionierung durch
Scheingeschäfts-Legalisierung
In der Tat ist es bei einer ernsthaften Diskussion kaum
zumutbar, auf solche systematischen Irreführungen durch
Bierdeckel- und PC-Künstler weiter einzugehen. Dagegen
wahren etliche neoliberale und bestbezahlte
Ökonomie-Professoren immerhin einen gewissen Stil und
eine
scheinbare und wohlwollende wissenschaftliche
Redlichkeit gegenüber Maßnahmen, durch die ihre
Spitzensteuersätze sinken und nicht steigen
sollen.
Wie wichtig eine ernsthafte und breitenwirksame
Aufklärung gegen die neoliberalen Parteien und
Meinungsmacher ist, zeigen auch etliche
Veröffentlichungen von
Attac und von
der AFP Aktion Finanzplatz Schweiz über solche
steuerliche Scheingeschäfte und zum legalisierten
Großbetrug. Die verdienstvolle Schweizer (!) AFP
ist erreichbar über
aktionfinanzplatz.ch;
sh. dort z.B. der Artikel von Stefan Howald: "Keine
Steuerflucht, nirgends - Zur globalen
Steuerhinterziehung", März 2005,
aktionfinanzplatz.ch.
Die
Verschiebung von Milliardengewinnen aus Deutschland ins
Ausland funktioniert nicht nur durch Steuergeschenke für
den Arbeitsplatzexport
(Absetzbarkeit der Verlagerungskosten)
und
durch EU-Subventionierung der Dumpingsteuern in den
Fluchtländern. Wie sehr die Scheingeschäfte durch
ignorante bestbezahlte Staatsdiener auch sonst gefördert
werden, zeigt das Beispiel von
Ingvar Kamprad
(IKEA) als eines unter vielen (sh. die Sendung Monitor
von Sonia Mikich: "...IKEAs
ganz legale Steuertricks", 30.6.05). Die
Kritik richtet sich also nicht gegen Kamprad, Jahrgang
1926, der lediglich diese bereitwillig geöffneten
Scheunentore zur Steuerflucht nutzt und sich schon in
den siebziger Jahren aus Schweden ins Steuerparadies
Schweiz abgesetzt hat (sh.
Wikipedia).
Der Großteil der Gewinnverschiebung ergibt sich auch
hier durch die enormen Schuldzinsen, die IKEA
Deutschland an IKEA-Unternehmen im Ausland bezahlen
muss. Aber hier liegt die Fremdkapitalquote nicht bei
den scheinbar erdrückenden 80 bis 90 Prozent, die sich
Pleitefirmen aus Not und deutsche Großkonzerne zur
Gewinnverschiebung zumuten. Kamprad, einer der reichsten
Männer weltweit (sh.
Wikipedia), hat
vielmehr seiner IKEA Deutschland eine Fremdkapitalquote
von 99,8% verschrieben. Das Unternehmen hat also
praktisch überhaupt kein Eigenkapital. Ein großer Teil
des Gewinns aus Deutschland wird auch noch durch
Lizenzgebühren abgeschöpft für das Ausland.
Interessant ist auch, dass es im Falle von IKEA nicht
einmal um die Schaffung von Arbeitsplätzen in der
Fertigung geht, denn die Produkte werden weitgehend im
Ausland hergestellt. Es geht lediglich darum, dass man
die importierten Produkte auch in Deutschland verkaufen
will und dadurch im wesentlichen lediglich die
Arbeitsplätze für die Verkäufer und Verkäuferinnen samt
Verwaltungspersonal schafft. Man versteuert also nicht
einmal die satten Gewinne aus der Dienstleistung in
Deutschland hier und wird dabei auch noch von
Gesetzgeber und Justiz unterstützt.
Die Appelle gegen die neoliberalen Interessengruppen
innerhalb und außerhalb der Steuer-"Oasen" für einen
praktikablen internationalen Austausch der zuverlässig
testierten Besteuerungsdaten gehen in die richtige
Richtung, bringen aber wegen der internationalen
Verschleppungstaktik bei den notwendigen Zustimmungen
der Nutznießer keine rechtzeitige Lösung.
Der
Druck ist auf nationaler Ebene zu erzeugen durch die
Information darüber, wie durch das Zusammenwirken von
Regierungen, Gesetzgebern und Gerichten bei
Doppelbesteuerungsabkommen, EU-Regelungen und
Unterlassung der nationalen Rechtsanpassung die
Scheingeschäfte legalisiert werden. Andernfalls ist die
Politik - wie bei der Steuersenkung für "Bestverdiener"
- nur dem Druck der Profiteure ausgesetzt.
Mit dem heilsamen Druck ließe sich auch der
Datenaustausch durchsetzen und die Bestrafung erreichen
für Beteiligten am internationalen Steuerbetrug durch
Vermögenseinzug zugunsten der geschädigten Länder, so
dass man das Betrugsrisiko wieder scheut, die Staaten
wieder ernst nimmt und auf die Globalisierung der
Kapitalflüsse auch eine Globalisierung der
Finanzkontrollen folgt. Interessant ist auch das Vorbild
von Vietnam bei der Abgleichung der oft manipulierten
Konzern-Verrechnungspreise mit den internationalen
Marktpreisen (sh. Sven Giegold: "Steuerkonkurrenz,
Steueroasen und Entwicklung", ohne
Datum). Der Artikel von Giegold (mit Grafik) ist auch zu
finden unter dem Stichwort "Steuerflucht, Konkurrenz,
Entwicklung" auf der Webseite
bewegungswerkstatt.org).
Ein
Beispiel für die gerichtliche Umsetzungen von fatalen
Regelungen ist das Urteil des Bundesfinanzhofs
vom 25.2.2004 (I R 42/02) gegen eine
Finanzgerichtsentscheidung zum Begriff der
Scheingeschäfte ("Gestaltungsmissbrauch" bei
Kapitalverlagerung) gemäß § 42 Abs. 1
Abgabenordnung 1977
(sh.
BFH-Entscheidungen
und "Rechtsprechung zu den sog.
'Dublin-Docks'-Gesellschaften",
KMPG-Mitteilungen
August/September 2004). Das Urteil steht
in einer Reihe von BFH-Entscheidungen, die etwas
allgemeinverständlicher dargestellt werden in dem
Artikel "Nutzung von Steuervergünstigungen in Dublin
zulässig" (zum BFH Urteil Az.: I R 94/97), Handelsblatt,
15.3.2000 (Nr. 053, Seite 4). Das
Doppelbesteuerungsabkommen mit Irland findet man unter
bundesfinanzministerium.de
und einen Artikel über "Grenz-Fälle der Betriebsprüfung"
mit einigen Hinweisen unter
kullen-mueller-zinsen.de
Beispiele für fatale Regelungen
sind die Doppelbesteuerungsabkommen mit Irland und der
Schweiz. Dazu Kaspar Villinger, Schweizer Bundesrat, in
einer Ständeratsitzung, zum "Austausch von steuerlichen
Auskünften mit den USA":
Wir müssen mit den
Amerikanern und als Welthandelsnation auch mit allen uns
umgebenden Staaten zu einem Einvernehmen kommen. Wenn
uns drei, vier Staaten das Doppelbesteuerungsabkommen
kündigen, haben wir ein Problem, und zwar ein echtes und
ein substanzielles.
(Sh. Protokoll zur
Ständeratssitzung vom 2.6.03.)
Es ist also keineswegs so, dass die Opfer des
Steuerdumpings mehr auf seine Profiteure angewiesen sind
als umgekehrt.
5) Exkurs:
Freie Entfaltung für jugendliche
Gewaltverbrecher
Es gibt zahlreiche Beispiele von brutalsten Übergriffen
durch rechtsradikale jugendliche Gewalttäter, die man
sofort oder nach kurzer Haft wieder auf die Menschheit
loslässt, die sich gegenüber Gleichgesinnten sogar noch
mit ihrer Haft oder dem Austricksen der Behörden brüsten
und über den Staat lachen.
Schon zum blutigen Skinhead-Überfall mit
Baseball-Schlägern auf ein Kinder-Zeltlager am Plauer
See im Jahr 1996 schrieb DER SPIEGEL:
"Die Anstifter stammen … meist aus der Skinszene und
haben in der Regel ein beachtliches Vorstrafenregister"
(DER SPIEGEL 30/1996, S. 28-32). Zu einem weiteren Fall,
diesmal mit Todesfolge, hieß es dort:
Der mehrfach vorbestrafte Täter Andreas J. war bereits
im Oktober vergangenen Jahres wegen schwerer
Körperverletzung und Raub zu drei Jahren Haft verurteilt
worden. Jetzt muß die Staatsanwaltschaft Stralsund
klären, ob ein Justizbeamter schuld daran hat, daß der
Skin noch immer frei herumlief.
Auch nicht deutschstämmige jugendliche Gewalttäter
überbieten sich immer häufiger gegenseitig mit
Brutalitäten, um sich gegenüber ihresgleichen
"glanzvoll" hervorzutun. Man lasse sich doch durch
die läppischen Strafen in Deutschland nicht von der
Gewalttätigkeit abbringen, sagte ein
jugendlicher Streetworker und Ex-Gewalttäter aus dem
nahen Osten in einer Fernsehsendung. Am wenigsten möchte
man unter seinen Gesinnungsgenossen wohl als "uncooler"
"Streber" in der Schule gelten, zumal dann, wenn der
eigene Antrieb sowieso fehlt. - Hinzu kommt natürlich
die Verschleppung der Bestrafung oder schlechte
Nachbearbeitung durch die mangelhaft finanzierten und
koordinierten Verfolgungsbehörden.
Das heikle Tabu-Thema bietet einen bequemen Ansatzpunkt
für Pseudo-Linke, mit dem sie von der Kritik an ihrer
Umverteilung nach oben ablenken können. Genau das haben
sie schon bei der Verwendung ihres vormals hoffähigen
Begriffs "Fremdarbeiter" durch Oskar Lafontaine getan
(sh. oben Exkurs 4). Im Hinblick auf die deutschen
historischen Gewalterfahrungen zwingt die teilweise
bestialische Gewalt von heute zu zeitraubenden und immer
weiter gehenden Differenzierungen, um die schuldlosen
Opfer dagegen zu schützen.
Wegen oder trotz der historischen Traumatisierung
mit Tabus wird nicht einmal allgemein akzeptiert, dass
gerade bei Gewaltverbrechen der Opferschutz über dem
Täterschutz steht. Das Thema kann der
Linken nicht erspart bleiben. Auch diese Schlacht der
Worte lässt sich jedoch einseitig instrumentalisieren,
besonders im Wahlkampf. Bei der Anprangerung der
Täter darf es keinen Duldsamkeits-Bonus geben für
"Deutschstämmige" oder nicht "Deutschstämmige".
Ein typisches Beispiel für das falsche
Toleranzverständnis, gerade von Pseudolinken und FDP,
sind die Äußerungen der Gilbgrünen, Rotkarierten und
Sozialdarwinisten zu dutzendmal vorbestraften und frei
herumlaufenden Gewaltverbrechern nach einem
lebensgefährlichen Überfall auf einen Rentner kurz vor
Weihnachten 2007. Diese sadistische Orgie beschreibt DIE
ZEIT vom 23.12.2007 wie folgt:
Überfall: Brutale Münchner U-Bahn-Schläger gefasst
Von Reue keine Spur: Nach dem
brutalen Überfall auf einen Rentner in einer
U-Bahn-Station in München sind die beiden
Tatverdächtigen heute festgenommen worden. Ihr
aggressives Vorgehen gegen den älteren Herrn schieben
sie auf ihren Alkoholkonsum.
Am frühen Morgen habe die Polizei einen 17 Jahre
alten Griechen und einen 20-jährigen Türken gefasst,
berichtete Josef Wilfling von der Münchner
Mordkommission. Die arbeitslosen Männer hätten die Tat
gestanden. Beide gelten als Serientäter und sind den
Angaben zufolge schon dutzende Male mit verschiedenen
Straftaten aufgefallen. Wegen der beispiellosen
Brutalität - so trat der 17-Jährige heftig gegen den
Kopf des 76-jährigen Rentners - droht ihnen
möglicherweise eine Anklage wegen versuchten Mordes,
sagte Staatsanwalt Florian Weinzierl.
Die beiden Männer sollen den Rentner am Donnerstagabend
verfolgt und zusammengeschlagen haben, weil er sie in
der U-Bahn gebeten hatte, ihre Zigaretten auszumachen.
Auf einem Überwachungsvideo ist zu sehen, wie der alte
Mann kurz darauf in der Station zu Boden geschubst
wurde. Immer wieder haben ihn die beiden dann geschlagen
und getreten. Schließlich nahm der 17-Jährige mehrere
Meter Anlauf und trat so kräftig gegen den Kopf des
Mannes, dass er sich selbst verletzte. Der Rentner blieb
am Boden liegen. Die Schläger flüchteten mit dem
Rucksack des Opfers. Ein kurz darauf vorbeikommender
Passant verständigte die Polizei. Der 76-Jährige erlitt
bei dem Angriff einen mehrfachen Schädelbruch mit
Einblutungen ins Gehirn...
(Sh. "Überfall:
Brutale Münchener
U-Bahn-Schläger gefasst", zeit.de
23.12.2007.)
Es ist also nicht nur ein
Verbrechen, sondern in dieser Bestialität ein Anschlag
auf die Menschlichkeit. Solche Auswirkungen durch
Alkoholkonsum wären eher ein zusätzlicher Grund für die
Sicherungsverwahrung in Sozialisierungseinrichtungen.
Die Vorstrafen der Täter Serkan und Spiridon sind
öffentlich halbwegs ausreichend dokumentiert, wie man es
sich bei allen freigelassenen gemeingefährlichen
Gewaltverbrechern wünschen möchte. Dazu schreibt
merkur-online.de:
Serkan und Spiridon stießen stets auf milde Richter.
Vier Wochen Jugendarrest erhielt der 20-jährige Serkan,
und das erst bei der vierten Verurteilung.
Später saß er zwar wegen gefährlicher Körperverletzung
bei einem Überfall sechs Monate in Untersuchungshaft,
die Strafe wurde aber auf Bewährung ausgesetzt…
Der erste Ladendiebstahl mit 14 Jahren, bald kamen
Beleidigung und Bedrohung dazu, dann Gewalt: mit 17
Jahren folgten räuberische Erpressung, schwerer Raub,
Autodiebstahl. 39 Vorfälle notierte die Polizei um ein
Vielfaches mehr als die Verurteilungen…
Auf 23 Einträge bei der Polizei bringt es Spiridon L.
Mit Sachbeschädigung und einem gestohlenen Fahrrad ging
es los. Als er die Hauptschule nach der 8. Klasse ohne
Abschluss verließ, hatte er über 200 Fehlstunden
gesammelt. Er verbrachte sie auf der Straße trinkend,
pöbelnd. Wie sein Kumpel Serkan wurde auch er bald
gewalttätig.
Zur Rehabilitierung mussten beide zum
Anti-Aggressionstraining. Doch die Wut verschwand nicht
in Seminaren. Alleine in diesem Jahr wurde Spiridon L.
schon sechsmal bei der Polizei auffällig. Einmal griff
er sogar Polizisten an. Konsequenzen hatte das Verhalten
der beiden Schläger bisher kaum. Nicht mal die Polizei
stufte das Duo intern als Intensivtäter ein, berichten
Ermittler.
(Sh. "Wie aus Kindern Kriminelle wurden",
merkur-online.de,
27.12.2007.)
Um die Ausweisung von Serkan zu blockieren, reicht eine
"günstige Sozialprognose" von Psychologen (ebd.), wofür
er nach Rücksprache mit seinem Anwalt und anfänglicher
Reuelosigkeit (sh. oben) schließlich doch noch heftig
Reue demonstrierte:
Serkan A. hatte unter anderem vor zwei Jahren bereits
einen Mann von hinten überfallen und ihn mit den Füßen
getreten, als dieser auf dem Boden lag. Er raubte ihm
ein Handy und Zigaretten. Er wurde zu einem Jahr
Jugendhaft auf Bewährung verurteilt. Die Strafe hinderte
den Türken nicht daran, während seiner Bewährungszeit
weitere Straftaten zu begehen. Ins Gefängnis musste er
trotzdem nicht.
Die zuständige Richterin damals, die nach Informationen
der Bild-Zeitung auch im aktuellen Fall wieder als
Ermittlungsrichterin eingesetzt ist, war Beate H. (49)
vom Amtsgericht München. Als "Richterin Gnädig"
tituliert Bild die Münchner Justizbeamtin. Sie hatte
bereits den als Mehmet bundesweit bekannten
Intensivtäter aus München im Jahr 2005 zu milden
Bewährungstrafen verurteilt und war bereits damals in
das Kreuzfeuer der Öffentlichkeit geraten. Jetzt hagelt
es wieder Kritik, weil sie Serkan A. in der
Vergangenheit mit Samthandschuhen angefasst hat.
(Sh. "U-Bahn-Schläger: Amtsrichterin aus München in der
Kritik",
region-muenchen.de,
29.12.2007.)
Auch der hessische Ministerpräsident Roland Koch (CDU)
wurde von BILD zu den Vorfällen befragt. BILD setzte
gleich in der Überschrift den Schwerpunkt reißerisch und
wahlkämpferisch auf Gewalt durch Ausländer: "Wer in
Deutschland lebt, hat die Faust unten zu lassen!",
bild.de,
28.12.2007. Auf der ersten Seite titelte BILD sogar
in großen Lettern mit dem Koch-Zitat "Wir haben zu viele
kriminelle junge Ausländer". (Sh.
das Video zur Sendung "Koch
fordert Härte gegen kriminelle Ausländer",
hr-online.de,
28.12.2007.)
Der Schwerpunkt speziell gegen Ausländer ergab sich auch
aus Interviewerfragen, die in diese Richtung zielten,
aber die erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen BILD und
den Neoliberalen bei Wahlkämpfen mit verteilten Rollen
ist bekannt (sh. hier z.B.
Demokratie-Kauf.htm,
Pro7Sat1.htm,
Wir-Papst-Du-Deutschland.htm):
BILD: Das Opfer von München ist explizit als
"Deutscher" attackiert worden. Es gibt bei
Gewaltdelikten die Kategorie "ausländerfeindlicher
Hintergrund". Brauchen wir eine Kategorie
"deutschfeindlicher Hintergrund"?
Koch: Es ist mir völlig egal, welchen
Hintergrund Schläger haben. Gewalt bleibt Gewalt. Wir
haben aber zu lange ein seltsames soziologisches
Verständnis für Gruppen aufgebracht, die bewusst als
ethnische Minderheiten Gewalt ausüben. Wer in
Deutschland lebt, hat sich ordentlich zu verhalten und
die Faust unten zu lassen. So gehört es sich in einem
zivilisierten Land.
BILD: Was sagt es über den Stand der Integration,
wenn der Anteil jugendlicher Ausländer an
Gewaltkriminalität laut Statistiken sichtbar höher ist
als ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung?
Koch: Wir haben zu viele kriminelle junge
Ausländer. Niemand darf sich hinter seinem
"Migrations-Status" verschanzen. Null Toleranz gegen
Gewalt muss ganz früh beginnen und Bestandteil unserer
Integrationspolitik sein. Bis vor Kurzem wurden in
multi-kultureller Verblendung Verhaltensweisen
toleriert, die inzwischen zu hochexplosiven
Gruppen-Aggressionen führen können. Wir müssen Schluss
machen mit bestimmten Lebenslügen. Die deutsche Position
in der Integrationspolitik war lange leider nicht klar
genug.
Mit dem Vorwurf "multi-kultureller Verblendung" hat Koch
allerdings ein Reizwort geliefert, dass sich auch
als ausländerfeindliche Demagogie für den
Hessen-Wahlkampf im Januar 2008 deuten lässt.
Zumindest muss man Oskar Lafontaine recht geben bei
seiner Kritik: "Auffallend ist doch, dass Koch
schweigt, wenn rechte Schläger Ausländer
zusammenschlagen." (Sh. Lafontaines Interview mit der
Frankfurter Rundschau vom
8.1.2008, unter
http://www.fr-online.de/in_und_ausland/politik/aktuell/?em_cnt=1268123.)
DIE LINKE erhebt jedoch vor allem den Vorwurf des
neoliberalen Kaputtsparens durch Koch bei allen
Maßnahmen, die gegen die Jugendkriminalität helfen
könnten (sh. auch die Kritiken von Gregor Gysi und
Ulrich Maurer weiter unten).
Die Wähler sind zwar skeptisch gegenüber den Motiven von
Koch, befürworten aber mehrheitlich einen "härteren Kurs
gegen Gewalttäter":
Fast zwei Drittel der
Deutschen (64 Prozent) sind der Ansicht, dass der
hessische Ministerpräsident Roland Koch (CDU) das Thema
Jugendkriminalität aus rein wahltaktischem Kalkül in den
Vordergrund gerückt hat.
In der Sache stimmen 63 Prozent der Deutschen einem
härteren Kurs gegen Gewalttäter zu.
(Sh.
stern-Umfrage:
Sind Kochs Forderungen
Wahlkampftaktik?", stern.de,
Heft 3/2008.)
Etwas anders erscheinen die Akzente bei veränderter
Fragestellung in Hessen. Dazu schreibt DIE ZEIT:
Zwiegespalten sind die Hessen beim Thema
Jugendgewalt im Wahlkampf. 50 Prozent der Hessen finden
es gut, dass Koch das Thema in den Wahlkampf eingebracht
hat (48 Prozent nicht gut). Allerdings sind 65 Prozent
der Befragten der Meinung, dass Kochs Lösungsvorschläge
zu dem Thema nicht richtig sind. Gar 82 Prozent sind der
Ansicht, dass Koch "erstmal seine eigenen Hausaufgaben
in Hessen machen und dafür sorgen sollte, dass es dort
zu schnelleren Gerichtsurteilen kommt".
(Sh. Umfrage in Hessen: CDU auf Talfahrt - Ypsilanti vor
Koch",
zeit.de,
18.1.2008.)
Der drohende Stimmenverlust von Koch bei der Hessenwahl
im Januar 2008 liegt jedenfalls nicht vorrangig an
seiner Instrumentalisierung des wichtigen Themas mit
Hilfe der Springer-Presse und anderer Medien als Vehikel
zur Umverteilung nach oben, sondern daran, dass ihm
mangelnde Glaubwürdigkeit bei der Umsetzung der
erforderlichen Gegenmaßnahmen nachgewiesen wurde (sh. unten). Treffend beschreibt dies Oskar
Lafontaine in einem Interview: "Im Übrigen ist er in
seine eigene Grube gefallen: In keinem Land ist die
Jugendkriminalität so gestiegen wie in Hessen" (sh.
"Koch sagt alles, nur nicht die Wahrheit",
sueddeutsche.de,
20.1.2008).
In Großstädten wie Berlin ist der Anteil von Tätern "mit
Migrationshintergrund" an solchen Verbrechen wesentlich
höher als ihr Anteil an der Bevölkerung:
In Berlin sind rund 80 Prozent der Intensivtäter
ausländischer Herkunft – abgeschoben werden können nur
die wenigsten. Rund die Hälfte von ihnen besitzt den
deutschen Pass. Und über 70 Prozent der restlichen
Kandidaten genießen nach verschiedenen Paragrafen
Ausweisungsschutz. So jedenfalls hat es der Leiter der
Abteilung 47, Oberstaatsanwalt Roman Reusch, kürzlich in
einem Vortrag ausgerechnet.
(Sh. "Berlin
als Vorreiter: 500 Serientäter im Visier der Polizei",
tagesspiegel.de,
29.12.2007).
Bei diesen Zahlen und dem damit verbundenen
bemerkenswerten Anteil von organisierter Kriminalität
hat sich der Leiter der Berliner
Intensivtäter-Abteilung, Oberstaatsanwalt Roman Reusch,
in ein politisches Minenfeld begeben und gefordert.
Es muss erreicht werden, dass besonders auffällige
ausländische Kriminelle außer Landes geschafft oder
sonst aus dem Verkehr gezogen werden können. Wenn nichts
geschähe, drohe der Bürgerkrieg in den Kiezen.
Dass er dies ausgerechnet in einem Vortrag bei der
CSU-nahen Hans-Seidel-Stiftung sagte, verschlimmert
anscheinend sein Vergehen in den Augen der Berliner
Justizsenatoren Gisela von der Aue (SPD). Die politische
Inkorrektheit liegt offenbar darin, dass er nicht nur
von Kriminellen, sondern wegen des 80-Prozent-Anteils
von "ausländischen Kriminellen" sprach. Jedenfalls
reichte das der SPD-Senatorin, um statt der Kriminellen
den Staatsanwalt aus dem Verkehr zu ziehen, in
eine andere Abteilung zu versetzen und durch einen
Verkehrsexperten zu ersetzen (sh. "Versetzung
von Roman Reusch", rbb-online.de,
17.1.2008; "Berlin
will Hardliner-Staatsanwalt kaltstellen",
spiegel.de, 17.1.2008; "Entscheidung
im Fall Reusch: Staatsanwalt wird versetzt – Nachfolger
war für Verkehrsdelikte zuständig",
welt.de, 23.1.2008).
In Deutschland lag im Jahre 2005 der Bevölkerungsanteil
der Deutschen mit Migrationshintergrund bei 10 Prozent.
Hinzu kommt ein Ausländeranteil von 9 Prozent (sh.
Heinrich-Böll-Stiftung, Stand
30.12.2007).
Auch bei
vielen Rechtsradikalen führt die Umverteilung nach oben
zu einem oft aussichtslosen Wettbewerb um die wenigen
verbleibenden Lehr- und Arbeitsstellen.
Nach dem wirtschaftlichen Zusammenbruch der erwarteten
"blühenden Landschaften" wachsen viele auf in
frustgeladenen Hartz-IV-Milieus.
Als Dauer-Arbeitslose meinen
sie, dass sie ohnehin nichts zu verlieren haben,
so dass die Integration der
Anstifter und Null-Bock-Brutalos um so schwerer wird.
Allerdings ist für die vielen labilen Mitläufer bei
entsprechendem finanziellen Integrationsaufwand mit
ausreichenden Berufsperspektiven eine Resozialisierung
möglich, wenn sie nicht während dieser Maßnahmen oder
später wieder unter den negativen Einfluss der Anstifter
geraten.
Die Zahl von "80 Prozent der Intensivtäter ausländischer
Herkunft" in Berlin ist allerdings extrem hoch und
dürften dort auch teilweise auf einen erhöhten
Ausländeranteil an der Bevölkerung zurückzuführen sein.
Die Ergebnisse einer Studie über die Zustände in Berlin
beschreibt die taz wie folgt:
Die Gründe, warum junge Männer mit
Migrationshintergrund häufiger mit dem Gesetz in
Konflikt kommen und gewalttätig werden, sind hinlänglich
bekannt: Perspektivlosigkeit im Hinblick auf Ausbildung
und Beruf, fehlende Partizipationsmöglichkeiten,
Identitätskonflikte, innerfamiliäre Gewalt,
traditionell-autoritäre Erziehungsmuster und überzogene
Männlichkeitsvorstellungen. In Ermangelung von
Identifizierungsmöglichkeiten "wird der Körper für die
Jugendlichen oftmals zur vermeintlich letzten
Ressource", heißt es in der Studie. "Diese Ressource
wird gepflegt, mitunter bis zur Hypermaskulinität
aufgebläht und in Form von Gewalt zum Schaden anderer
eingesetzt."
(Sh. "Aggression und Migration -
Der Körper als letzte Ressource",
taz.de,
27.11.2007.)
Einige Kommentatoren weisen darauf hin, dass man mit
Kindern von Immigranten aus China und Indien kaum
Probleme habe, weil die wirtschaftliche, sprachliche und
allgemeine soziale Integration der Familie nicht so oft
durch die Abschottung der Mütter blockiert sei (so
z.B. Jürgen Krönig zum Thema "Jugendliche
Gewalt in Europa", dradio.de,
7.1.2008, 9:17 Uhr). Ohne ein zusätzliches
Arbeitseinkommen der Mütter sei aber für
Einkommensschwache beim heutigen Lebensstandard ein
Sozialhilfestatus kaum vermeidbar. Daraus folge dann
eine zusätzliche soziale Benachteiligung der Kinder
schon im Vorschulalter. Durch die Verweigerung von
gesetzlichen Mindestlöhnen, die Umverteilung nach oben
und den Zwang zum Schlangestehen in den Sozialämtern
tragen die Neoliberalen also gerade bei zum
Erwerbstätigkeitszwang für Mütter, die sich nach ihrer
"christlichen" Ansicht angeblich besser um die Familie
kümmern sollten.
Nach einer Studie des Kriminologischen
Forschungsinstituts Niedersachsen e.V. (KFN) scheint es
so, dass gebietsübergreifend etwa doppelt so viele
Neuntklässler türkischer Abstammung selbst
Körperverletzungen begangen haben (37,5%!) wie
Deutschstämmige dieser Altersstufe (19,1%) (sh. Dirk
Baier und Christian Pfeiffer: Gewalttätigkeit bei
deutschen und nichtdeutschen Jugendlichen – Befunde der
Schülerbefragung 2005 und Folgerungen für die Prävention,
Hannover 2007, Tabelle 2, Seite 19, mit Erläuterungen
zur Auswahl u.a. auf Seite 13, 14 und 19, über
kfn.de, Stand
30.12.2007; sh. auch Uta Gonnermann:
Personenbezogene und Regionalisierte Kriminalanalyse für
Berlin,
Berlin 2006).
Die Anzahl der Körperverletzungen durch Jugendliche hat
von 1997 bis 2007 stark zugenommen. DER SPIEGEL schreibt
zu den Untersuchungsergebnissen einer
Bund-Länder-Gruppe:
Die Untersuchung für die Innenministerkonferenz
besagt außerdem, dass die Anzahl der Tatverdächtigen
unter 21 Jahren bei Gewaltdelikten in den vergangenen
zehn Jahren um über 25 Prozent auf jetzt 43,4 Prozent
gestiegen ist. In einzelnen Bundesländern hat sich die
Zahl der Körperverletzungen durch jugendliche Täter
demnach nahezu verdoppelt.
(Sh. "JUGENDGEWALT
- Die isolierten Macho-Schläger",
spiegel.de,
2.1.2008.) Der Anstieg ist aber lt. Christian
Pfeiffer und anderen Kriminologen auch durch die erhöhte
Anzeigebereitschaft zu erklären (ebd.).
Nach den Feststellungen des Hamburger
Erziehungswissenschaftlers Peter Struck ist der Anteil
der Körperverletzer mit ausländischer Abstammung aber
dann kaum höher als bei deutschstämmigen Jugendlichen,
wenn diese in ähnlich prekären und bildungsfernen
Verhältnissen aufwachsen. Es sind also umgekehrt kaum
Unterschiede zu erwarten zwischen dem Gewaltverhalten
bzw. der Gewaltablehnung durch deutschstämmige und nicht
deutschstämmige Jugendliche aus einem kultivierteren
Umfeld.
Diese Feststellung wurde schon vor Jahren abgesichert
durch Untersuchungen des Postdamer Psychologieprofessors
Haci Halil Uslucan:
...Uslucan, der 2002 und 2004 für das
Bundesfamilienministerium gewalttätige junge Deutsche
und Migranten beobachtet und verglichen hatte,
kritisierte, dass die öffentliche Diskussion nicht
korrekt geführt werde. Wenn man junge Türken mit ihren
deutschen Altersgenossen vergleiche, ergebe sich
"eindeutig, dass türkische Jugendliche stärker
gewaltbelastet sind". Dabei werde aber eine sozial
gemischte Gruppe mit einer Gruppe verglichen, die
mehrheitlich zur Unterschicht gehöre. "Es ist nicht
fair, eine ganze Gesellschaft mit einer sozialen Schicht
zu vergleichen", sagte Uslucan. "Es waren nicht die
Istanbuler Bankdirektoren, die in den 70er Jahren nach
Deutschland gekommen sind, sondern Menschen, die
weitestgehend der Unterschicht angehörten." Wenn man nur
Deutsche und junge Migranten der Unterschicht
vergleiche, sei der Abstand nur minimal.
(Sh. "Kein Vorbild, aber Prügel",
tagesspiegel.de,
11.1.2008.)
Der Fehler liegt offenbar nicht nur bei den
unverantwortlichen Kürzungen im Bildungswesen und bei
allzu zaghaften Justizorganen, sondern auch in der
Gesetzeslage. Dazu schreibt DER SPIEGEL:
Für ein deutlich härteres Vorgehen plädiert auch der
Kriminologe Hans-Dieter Schwind von der Universität
Osnabrück. Er spricht sich in "Bild am Sonntag" dafür
aus, ausländische Gewalttäter konsequenter abzuschieben
und junge Kriminelle härter zu bestrafen... Das Risiko
für jugendliche Gewaltstraftäter, gefasst und spürbar
zur Rechenschaft gezogen zu werden, sei viel zu gering.
"Sie kommen immer wieder mit gemeinnütziger Arbeit oder
Bewährungsstrafen davon - was bei vielen den fatalen
Eindruck erweckt: Der Staat droht nur, er macht aber nie
ernst", sagte der Kriminologe. "Jugendliche Straftäter
lachen oft über den Staat und seine vermeintlich
schlappe Justiz." Im Ausland geborene Zuwanderer sollten
künftig nur noch "auf Bewährung" eingebürgert werden,
sagte Schwind dem Blatt. "Wer innerhalb von zehn Jahren
drei Gewaltdelikte begeht, sollte die deutsche
Staatsbürgerschaft automatisch wieder verlieren und auch
abgeschoben werden können."
(Sh. "Jugendliche prügeln wehrlosen Mann nieder - Union
fordert Erziehungs-Camps",
spiegel.de,
30.12.2007.) Wie recht er damit hat, zeigt zum
Beispiel der Fall des mehr als 60fachen jugendlichen
Straftäters
Mehmet, dessen
Ausweisung in die Türkei zunächst vom
Bundesverwaltungsgericht widerrufen werden musste, weil
er als minderjähriger Ausländer einen gesetzlichen
Anspruch auf "Schutz" in der Obhut oder Nähe seiner
aufenthaltsberechtigten Eltern hatte. Man hört aber auch
von türkischstämmigen Vätern, die ihre schwer
erziehbaren Söhne für ein paar Jahre aus Deutschland in
die Türkei schicken, um sie dort unter verschärften
Bedingungen in türkischen Schulen und/oder Betrieben
unter dem Einfluss der weit verzweigten Familien
sozialisieren zu lassen. Dort gibt es nicht einmal in
Mega-Metropolen wie Istanbul ein Phänomen von brutaler
Jugendgewalt durch Schlägertypen, sondern eher "flinke"
Diebstähle und Beraubungen durch Kinder, die bandenmäßig
dazu gezwungen werden (lt. Bericht von Susanne Güsten
für den Deutschlandfunk, "Europa heute",
11.1.2008). Andererseits gibt an Schulen in der Türkei
oft noch mehr Gewalt als an Schulen in deutschen
Problembereichen (sh. ebenfalls Susanne Güsten:
"...Türkei",
tagesspiegel.de,
7.5.2006).
Gegen die Schönrederei und den Missbrauch der deutschen
Staatsbürgerschaft wendet sich auch die
Opferschutz-Organisation Weißer Ring mit ihrem
Vereinsvorstand Hans-Dieter Schwind. Dazu heißt es im
SPIEGEL:
Der für Vorbeugung zuständige Kriminologe Hans-Dieter
Schwind wirft den Migrantenverbänden in Deutschland vor,
das Problem krimineller Ausländer zu verharmlosen: "Die
aktuellen Probleme sind nur die Spitze des Eisbergs.
Wenn darauf nicht präventiv wie repressiv reagiert wird,
fliegt uns das in den nächsten Jahrzehnten um die
Ohren", sagte der Vereinsvorstand der "Neuen Osnabrücker
Zeitung".
Man müsse die Diskussion jetzt führen - das Abwiegeln
der Migrantenverbände helfe daher nicht. "Ich würde mir
dort deutlich mehr Einsicht wünschen", sagte der
ehemalige niedersächsische CDU-Justizminister.
Schwind forderte eine "Staatsbürgerschaft auf Probe", um
kriminelle Deutsche mit Migrationshintergrund leichter
des Landes verweisen zu können. "Wer nach seiner
Einbürgerung wiederholt als Gewalttäter auffällt, von
dem sollte man sich verabschieden."
(Sh. "JUGENDGEWALT -
Weißer Ring wirft
Migrantenverbänden Verharmlosung vor",
spiegel.de,
11.1.2008, mit einer Grafik "Heranwachsende Gewalt -
Polizeilich erfasste Gewaltkriminalität", wonach die
Gewaltkriminalität der 18- bis 20jährigen von 19.297
erfassten Fällen in 1994 auf 35.484 Fälle im Jahre
2006 kontinuierlich angestiegen ist - mit dem Hinweis
"BEVÖLKERUNG: Anteil der Nichtdeutschen 8,8% -
GEWALTKRIMINALITÄT: Anteil der der Nichtdeutschen an
allen Tatverdächtigen 24,8% - männliche Tatverdächtige
82,2%, weibliche Tatverdächtige 12,8%.)
Es blieb leider wieder einmal rechten Politikern
vorbehalten, die übliche kurzfristige Freilassung von
jugendlichen Gewaltverbrechern zu kritisieren. Bayerns
Innenminister Joachim Herrmann wunderte sich zum
Beispiel:
"Die beiden hätten längst hinter Schloss und Riegel
gehört. Bloß weil es sich um Jugendliche handelt, können
wir nicht so nachsichtig sein", sagte er. "Wir müssen
die Bevölkerung vor solchen Gewalttätern schützen."
(Sh. "Staatsanwaltschaft
ermittelt wegen versuchten Mordes",
spiegel.de,
24.12.2007.) Das sieht Dieter Wiefelspütz, lauer
innenpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion,
ganz anders. Er und seine bestbezahlten
pseudo-sozialdemokratischen Selbstbediener wollen zwar
die jährlichen vierstelligen Steuergeschenke ihrer
rotgrünlichen Koalition weiter beziehen (sh. hier
rossaepfel-theorie.de).
Sie meinen, dass die Hartz-IV-Opfer ihrer Umverteilung
nach oben dafür bezahlen sollen und mit 347 Euro zum
Leben auskommen können, dass sie auch vorher ihr
lebenslang Erspartes aufzubrauchen haben (sh. hier
Hartz-IV.htm). Sie stecken sich und ihrer
Kundschaft auch das Geld in die Tasche, dass für die
Grund-, Haupt- und Vorschulen fehlt, insbesondere bei
den Problemfällen.
Insofern ist Gregor Gysi vollkommen recht zu geben bei
seiner Kritik am Missbrauch der Debatte für die
Wahlkampfzwecke der "Christlichen":
Berlin (LiZ). Die vor Wahlkämpfen immer wieder
auftauchenden Vorschläge von CDU-Politikern zur
Verschärfung des Jugendstrafrechts lenken nach Ansicht
des LINKE- Fraktionschefs Gregor Gysi nur davon ab,
"dass eine gute Schule und gute Ausbildungs- und
Beschäftigungs- möglichkeiten der beste Weg sind,
Jugendkriminalität zurückzuführen". Es sei sinnvoller,
mehr Lehrer einzustellen, als in den Strafvollzug zu
investieren. "Gute Schulen sind die besten
Erziehungscamps", so Gysi.
Die Regierung Koch in Hessen habe durch eine verfehlte
Schulpolitik, die zu kürzeren Schulzeiten und
überfrachteten Lehrplänen geführt hat, und durch zu
geringe Anstrengungen bei der Integration ausländischer
Jugendlicher das Gefährdungs- und Aggressionspotential
der Jugendlichen erhöht.
(Sh. "Gute
Schulen sind die besten Erziehungscamps",
linkszeitung.de,
5.1.2008.)
Alle Experten für Jugendkriminalität halten es zur
Abschreckung für besonders wichtig, dass die Strafe
unverzüglich auf die Tat folgt. Dagegen musste Koch
zugeben, dass die Jugendrichter in seinem Land Hessen
neben Bremen den bundesweiten Verschleppungsrekord
halten bei der Verurteilung von jugendlichen Straftätern
(sh. den Abschnitt "Verfahren dauern lange" in "Hart
aber fair" vom 10.1.2008 mit dem Titel "Jung, brutal
und nicht von hier - Was ist dran am Streit um
Ausländergewalt). Für brutale Gewaltverbrechen dauert es
in seinem Bundesland acht Monate vom Eingang des Falles
beim Landgericht bis zur Verurteilung. Laut Koch gibt es
in seinem Land je 100.000 Einwohner mehr Richter als in
etlichen anderen Bundesländern, aber der Hessische
Richterbund fordert bis zu 30 Prozent mehr
Richterstellen. Nach den Forderungen des Deutschen
Richterbundes fehlen in Deutschland insgesamt rund 4.000
Richter (sh. ebd.). -
Bei all seinen Argumentationen kann Koch nicht
leugnen, dass es ihm und seinen
"christlich"-neoliberalen Umverteilern vor allem darum
geht, das Volkseinkommen durch zusätzlichen Senkungen
des Spitzensteuersatzes umzuleiten in die eigenen
Taschen und die ihrer betuchten
Meinungsmacher-Kundschaft, sei es durch Kürzungen bei
notwendigen Staatsausgaben oder durch Schröpfung der
Normalverdiener und der Ärmsten (sh. hier
rossaepfel-theorie.de,
Gesundheitsreform.htm,
Mindestlohn.htm,
Unternehmenssteuerreform.htm,
Staatsquote.htm usw.).
Bei dieser Grundhaltung kann er kaum Vertrauen erwarten
für seine Auslegung der Fakten, selbst wenn das eine
oder andere von den Halbwahrheiten stimmen mag.
Diese Grundhaltung der Neoliberalen und ihre
Vorgehensweisen werden im nachhinein auch deutlich durch
ein Interview mit Ingolf Tiefmann, Vorsitzender des
Hessischen Richterbundes, zu den Vorhaltungen von Roland
Koch. (Sh. "Justiz
wird geplündert", Frankfurter Rundschau
vom
11.1.2008):
Die Regierung Koch wollte die Zahl aller Richterstellen
um 8,8 Prozent kürzen. 2003 wurden bei der Operation
"Sichere Zukunft" 120 Richter- und Staatsanwaltsstellen
gestrichen. 2005 hat das Justizministerium dann
berechnet, dass hessenweit 130,5 Richter fehlen - und
das spüren wir jeden Tag.
…das Ministerium hat uns zu Beginn des Jahres zusätzlich
auferlegt, dass wir 110 Minuten, also nicht einmal zwei
Stunden, für Jugendstrafverfahren aufwenden dürfen.
Diese geringe Vorgabe erfüllt weder den
gesetzgeberischen Auftrag noch unsere eigenen
Qualitätsansprüche. Im Jugendstrafrecht ist sie einfach
tödlich.
…das Jugendstrafrecht ist im Gegensatz zum
Erwachsenenstrafrecht sehr stark vom Erziehungsgedanken
geprägt. Deshalb brauchen wir in den Verfahren mehr
Zeit, um mit den Jugendlichen zu reden - wenn das schon
nicht im Kindergarten oder in der Schule geschah. Als
Jugendrichter wollen wir etwas erreichen und nicht nur
bestrafen. Und da ist diese kurze Zeit einfach tödlich.
Aber wer seine Justiz plündert, darf sich darüber nicht
wundern. Nicht nur bei uns, auch bei der Polizei und
Staatsanwaltschaft wurden Stellen gestrichen. Dabei
brauchen wir genügend gut ausgebildete Polizisten,
Richter und Staatsanwälte.
Allerdings
lassen sich klare Fälle von Jugendgewalt im
Anfangsstadium auch anders abhandeln, wie das US-weit
anerkannte Erfolgsmodell des früheren New-Yorker
Bürgermeisters Giuliani zeigt. Dazu schrieb und zitierte
Graf Nayhauß in einer Kolumne für die Netzeitung ("Mit
Night Courts gegen Jugendgewalt",
netzeitung.de,
15.1.2008):
…"der ehemalige New Yorker Bürgermeister Rudolph Giulani
schaffte es, mit drakonischen Maßnahmen generell die
Kriminalität in seiner Stadt um 57 Prozent zu senken.
Eine seiner Methoden waren sogenannte 'Night Courts'."
"Schnellgerichte, die auch nachts mit Staatsanwälten,
Richtern, Justizbeamten und Anwälten zur Verfügung
stehen. Wer wegen irgendeiner Missetat festgenommen
wird, landet schnurstracks vor Gericht, wird verurteilt
- vielleicht auch freigesprochen -, bekommt ansonsten
seine Strafe und wandert, wenn es nicht bei einer
Geldstrafe bleibt, direkt in den Knast."
Auszüge
aus der Reportage über ein solches Schnellgericht in New
York: "Fünfzehnminuten sind, großzügig gerechnet und
gerundet, vergangen, und die Richterin hat die ersten
sechs Fälle abgehandelt. Sechs Fälle in 15 Minuten macht
zweieinhalb Minuten pro Fall. Eilentscheidung - in der
Tat -, die von montags bis donnerstags im Night Court in
Manhattans Centre Street getroffen werden.
Nur wer zu ersten Mal vor Gericht steht, hat Chancen,
mit einigen Stunden Gemeinschaftsarbeit oder einer
Strafe auf Bewährung den Saal wieder zu verlassen.
Andernfalls: 30 Tage Gefängnis für Hehlerei; 23 Tage
hinter Gittern und eine Geldstrafe für einen Mann, der
seine Freundin geschlagen hat...
Dies ändert jedoch nicht viel an der Notwendigkeit einer
Resozialisierung von jugendlichen Gewalttätern. Auch
hierfür sparen Neoliberale die erforderlichen Kräfte
ein. Die Misserfolgs-Statistik von Roland Koch wurde
noch erweitert durch Berechnungen des Kriminologischen
Forschungsinstituts Niedersachsen (KFN). Dazu titelte
und schrieb die
Süddeutsche Zeitung
vom
13.1.2008:
Kriminalstatistik in Hessen
Die Täter sind Deutsche
Schwere Gewaltdelikte wie Raub, Vergewaltigung und
Körperverletzung sind ausgerechnet in Hessen seit 1999
stärker gestiegen als in allen übrigen Bundesländern.
Und zu 90 Prozent sind Deutsche dafür verantwortlich…
So begingen im Jahr 2006 14- bis 18-Jährige bezogen auf
die jeweilige Einwohnerzahl in Hessen gut 66 Prozent
mehr schwere und gefährliche Körperverletzungen als noch
1999. Im Bundesgebiet betrug der Anstieg 27,5 Prozent.
Ähnlich sieht es bei der Jugendgewalt insgesamt aus, zu
der neben Körperverletzung auch Raub, Vergewaltigung,
Mord und Totschlag zählt. Hessen verzeichnet von 1999
bis 2006 eine Zunahme von gut 35 Prozent, das restliche
Bundesgebiet dagegen nur 12,4 Prozent.
"Für diesen starken Anstieg der Gewaltdelikte sind vor
allem Deutsche verantwortlich, nämlich zu etwa 90
Prozent", sagt der Leiter des KFN, der Kriminologe
Christian Pfeiffer.
Kochs Regierung lasse sich nur bedingt für den Anstieg
verantwortlich machen. So gebe es besonders viele
Aussiedler in Hessen, die durch viele Gewalttaten
auffielen.
Auch dies spricht für die Feststellung von Haci Halil
Uslucan (sh. oben), dass die Gewaltkriminalität vor
allem von der sozioökonomischen Lage der Täter abhängt
und kaum von ihrer Nationalität. Gerade bei
Aussiedler-Kindern wird diese Lage oft auch durch
erhebliche Sprachprobleme beeinträchtigt, und es ist zu
fragen, warum die vielversprechenden
Deutsch-Vorlaufkurse von Koch (sh. unten) hier offenbar
wenig gebracht haben. - Die schwache Position von Koch
spricht aber nicht dafür, dass man gemeingefährliche
Schlägertypen auf ihre Opfer loslässt. Dieser Kernpunkt
ist festzuhalten, trotz schwerer Vorwürfe gegen Koch.
Auch Ulrich Maurer (DIE LINKE) ist nicht zu
widersprechen, obwohl seine folgende Kritik an Roland
Koch - oberflächlich betrachtet - kaum anders erscheint
als die Äußerungen von Claudia Roth (sh. unten). Aber es
ist schon ein Unterschied, ob die Kritik mit dem Kampf
gegen die Umverteilung nach oben verbunden ist, also
gegen die tieferen Ursachen der zunehmenden
Jugendkriminalität, oder ob sie von jenen kommt, die
diese Umverteilung mitverschuldet haben und weiterhin
daran festhalten. Zur Kritik durch Maurer heißt es bei
pr-inside vom
7.1.2008:
Berlin (AP) Die Linke hat die Rolle von Kanzlerin Angela
Merkel in der Debatte über eine Verschärfung des
Jugendstrafrechts hart kritisiert. Indem sie dem
hessischen Ministerpräsident Roland Koch beigesprungen
sei, «hat sie sich als gnadenlose Populistin entpuppt»,
sagte Vorstandsmitglied Ulrich Maurer am Montag in
Berlin. Koch treibe sein übliches Spiel, hole den
«rechten Knüppel aus dem Sack» und mache Stimmung gegen
Ausländer. «Was Koch in Hessen macht, ist eine üble,
miese Wahlkampfstrategie.»
Seine Regierung habe nicht nur massiv Stellen bei der
Polizei und im Strafvollzug abgebaut, sondern auch im
Schul- und Betreuungsbereich. Deswegen sei seine
Kampagne unglaubwürdig. Meist kämen jugendliche
Straftäter aus einer «Situation fehlender
Erziehungsleistung». An dieser Stelle müsse man
ansetzen.
www.die-linke.de.
Sicher muss man an dieser Stelle ansetzen. Die Kampagne
von Roland Koch ist ebenso unglaubwürdig wie die Kritik
daran durch Claudia Roth (sh. unten). Aber die Kritik an
Koch artet teilweise schon zu Hetzkampagnen aus. So
heißt es z.B. im SPIEGEL:
Gestern hatte der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in
Deutschland, Kenan Kolat, Hessens Ministerpräsident
Roland Koch (CDU)
vorgeworfen, "rassistische Ressentiments" zu verbreiten.
(mehr...) Heute verschärfte Kolat seine
Kritik und verglich Kochs Wahlkampf in der
"Westdeutschen Allgemeinen Zeitung" mit Kampagnen der
rechtsextremen NPD. "Der Zentralrat der Juden hat Recht.
Das Niveau des Wahlkampfes von Herrn Koch ist von
Kampagnen der NPD kaum noch zu unterscheiden", sagte
Kolat. Er hoffe, "dass Herr Koch von den Wählern die
Quittung für seine fremdenfeindliche Politik bekommt".
Der Ministerpräsident schüre in unverantwortlicher Weise
Rassismus.
(Sh. "JUGENDGEWALT -
Weißer Ring wirft
Migrantenverbänden Verharmlosung vor",
spiegel.de,
11.1.2008.) Koch hat auf solche Vorwürfe schon in
der Sendung "Hart
aber fair" vom 10.1.2008 geantwortet, dass man
die NPD stärkt, wenn man sich bei diesem wichtigen Thema
mit Abwiegeln oder Wegsehen begnügt. Die
berechtigte Empörung von Migrantenverbänden über die
einseitigen Äußerungen von Koch würde besser ankommen,
wenn sie die Ausweisung von gemeingefährlichen
Schlägertypen ausdrücklich begrüßten.
Bei aller Kritik an Koch es muss doch gefragt
werden, wie mit den bereits eingetretenen kriminellen
Folgen der Umverteilung nach oben durch Koch & Co. und
mit den bereits "herangezogenen" Gewalttätern umzugehen
ist. Mit Sicherheit sind die Mittel für
verstärkte Polizeipräsenz zu erhöhen statt für die
Umverteilung zu kürzen, auch wenn die Polizei nicht
überall sein kann. Es ist aber zu fragen, ob die
bisherigen laschen Maßnahmen wirklich ausreichen, ob die
nachgewiesene weitere Kriminalisierung von jugendlichen
Gewalttätern im Knast wirklich ein Argument ist gegen
ihre
längerfristige Verwahrung mit hilfreicheren
verspäteten Erziehungsmaßnahmen bis zu ihrer
Resozialisierung, an die sich ausreichende
Berufsperspektiven anschließen müssen. Dies
kostet allerdings wesentlich mehr finanzielle Mittel,
als der rechtzeitigen Sozialisierung durch die
Neoliberalen entzogen wurden. Man muss solche
Einrichtungen auch nicht gleich wieder amerikanisierend
als "Erziehungscamps" bezeichnen, sondern es gibt
hierzulande bereits die geschlossenen Erziehungsheime,
und die Konzepte lassen sich auch auf junge Volljährige
erweitern.
Selbst Justizministerin Zypries (SPD) zeigt sich offen
für "Erziehungscamps", wenn man den
Schlägertypen dort "Respekt" erweist (sh.
"Justizministerin Zypries: Erziehungscamps sind
sinnvoll",
taz.de,
3.1.2008). Dieser Forderung wird allerdings
Nachdruck verliehen, wenn die Gewalttäter in solchen
Camps auch noch zu ihren Lieblingssportarten wie
Bodybuilding und Kampfsport Gelegenheit bekommen. In
dieser Hinsicht erscheint das viel zitierte Programm des
Vorzeige-Heimes von Lothar Kannenberg doch nicht
vorbildlich für andere, obwohl er aufgrund seiner
eigenen Lebensgeschichte bestens damit umgeht und man
sein Engagement sehr anerkennen muss. Nach seiner
Methode spüren die Jugendlichen außer Härte aber auch
die nötige Fürsorglichkeit des Betreuers. Die
vorläufigen Erfolge seiner Übergangs-Station haben
anscheinend auch damit zu tun, dass er seinen Zöglingen
bei Bedarf die Haftanstalt zeigt, in der sie beim
erfolglosen Abbruch der Maßnahme für lange Zeit landen
würden. (Sh. "Wer
nicht hören will… Letzte Chance für Schwererziehbare",
3sat.de,
März 2006, und "Wir
holen nach, was sonst im Vorschulalter vermittelt wird",
sueddeutsche.de,
2.1.2008.)
Ansonsten fehlt für sinnvolle Erziehungseinrichtungen
aber offenbar das umverteilte Geld ebenso wie für alle
anderen sinnvollen Maßnahmen. Dazu heißt es in der
Wikipedia - kaum zu glauben(!): "Dennoch beläuft sich
die Zahl der Plätze für geschlossene Unterbringungen
bundesweit auf nur ca. 150" (sh. Stichwort "Heimerziehung",
Stand 14.1.2008). Auch in Roland Kochs Hessen sieht es
nicht besser aus:
Bislang ist ein eigenes geschlossenes Heim an den im
Vergleich zu Einrichtungen in Bayern oder
Baden-Württemberg zu hohen Kosten gescheitert, denn
zahlen müssen schließlich die Kommunen.
(Aus "Analyse:
Kein geschlossenes Heim in
Hessen", welt.de, 14.1.2008.) Die
Kommunen kann man allerdings nicht auf den Kosten sitzen
lassen, die durch die Umverteilung nach oben verursacht
wurden, zumal diese Umverteilungs-Folgekosten kaum noch
tragbar sind und bei den hohen Rückfallquoten immer
wieder aufs neue anfallen. Als neue Alternative für
hartgesonnene Fälle erscheint eine sogenannte
"erlebnispädagogische Maßnahme" mit Betreuung,
allerdings nicht wie früher in der Karibik, sondern in
Sibirien. Dazu titelt und schreibt die Netzeitung vom
17.1.2008:
Hessen erzieht Jugendtäter in Sibirien
Hartes Programm für jungen
Gewalttäter: Das Gießener Jugendamt lässt einen
16-Jährigen in einem russischen Dorf leben. Zwischen
Holzofen und Plumpsklo soll er seine Aggressionen
abbauen.
Um einen aggressiven Jugendlichen
vor einer kriminellen Karriere zu bewahren, hat ein
hessisches Jugendamt den 16-Jährigen für neun Monate
nach Sibirien geschickt. Der Junge lebe unter
einfachsten Verhältnissen in dem russischen Dorf
Sedelnikowo, bestätigte der Gießener Jugend- und
Sozialdezernent Stefan Becker.
Wegen seines aggressiven Verhaltens musste der
16-Jährige mehrmals die Schule wechseln, war aus einer
Jugendhilfeeinrichtung geflohen und hatte sogar seine
Mutter angegriffen…
Die Gießener Behörde ist nicht (die) einzige, die
sogenannte intensivpädagogische Auslandsmaßnahmen
einsetzt. Nach Angaben der Arbeitsgemeinschaft für
Kinder- und Jugendhilfe (AGJ) sind derzeit etwa 600
junge Intensivtäter außerhalb Deutschlands
untergebracht…
Die Kosten des Sibirien-Aufenthaltes lägen mit rund 150
Euro pro Tag nur bei einem Drittel einer Betreuung im
Heim. Becker hingegen sah in den finanziellen Vorteilen
nicht den Ausschlag für die gewählte Erziehungsmethode.
Von den 150 Euro entfällt der Großteil auf den
Betreuer und die Reisekosten, weil während der Maßnahme
eine weitgehende Selbstversorgung unter einfachsten
Verhältnissen stattfindet. Die täglichen Kosten von 150
Euro erscheinen zwar sehr hoch, aber die Maßnahme
rechnet sich trotzdem, weil sie erfolgversprechender
erscheint als die übliche wohltuende Rundumversorgung in
deutschen Heimen und weil dieser Komfort außerdem noch
wesentlich teurer ist.
Es lohnt die weitere Lektüre des Artikels zum
unterstütztem Schulbesuch, Holzhacken, Wasserholen usw.
Im vorliegenden Fall handelt es sich nicht einmal um
einen Intensivtäter, sondern um einen krankhaft
aggressiven 16-Jährigen ohne Vorstrafen, der sich
"freiwillig" dieser rein pädagogischen Maßnahme
unterzogen hat. (Sh. "Sibirien-Dennis
(16) wäscht T-Shirts bei -55 Grad",
bild.t-online.de,
18.1.2008.) Erwartungsgemäß gab es trotzdem harsche
Kritik von Salon-Sozialisten wie Schröder-Freund Michael
Naumann, dem Sibirien allein schon wegen der der
schrecklichen Vorbelastung dieses Namens missfiel (bei
Maybrit Illner,
zdf.de,
17.1.2008). Aber der deutsche Name ist auch vorbelastet,
und in Sibirien leben auch Menschen seit Jahrtausenden
vor dem Gulag.
Naumann distanzierte sich bei der Gelegenheit auch
vorsichtig von einem gerade kursierenden Interview-Zitat
seines Freundes Gerhard Schröder aus dessen
Niedersachsen-Wahlkampf im Jahr 1997. Schröder hatte
gesagt:
Wir dürfen nicht mehr so zaghaft sein bei ertappten
ausländischen Straftätern. Wer unser Gastrecht
missbraucht, für den gibt es nur eins: raus, und zwar
schnell!
(Zitiert nach dem Interview von Angela Merkel: "MERKEL
ZUR JUGENDGEWALT...",
welt.de,
12.1.2008. - Original-Interview in "Bild am Sonntag" vom
20.7.1997, S. 4, lt. Gerhard Wolf:
Kriminalität im Grenzgebiet, 1998, Web-Text S.
17). Die Distanzierung war allerdings sehr viel
schwächer als die Holzerei gegen gleiche Sätze von
gegnerischer Seite. Lt. Naumann darf man nicht
übersehen, dass Schröder im weiteren Verlauf des
Interviews auch von erzieherischen Maßnahmen gesprochen
hat, aber wer tut das nicht? Im übrigen sollen
Pseudo-Sozialdemokraten wie Gerhard Schröder am
allerwenigsten als Kronzeugen für diesen Text in
Anspruch genommen werden.
Viel lockerer als im Falle des 16-Jährigen ist dagegen
z.B. der Umgang mit dem notorischen Schläger und
Messerstecher Nidal R. (25, Schutzname "Mahmoud"):
Ein Gutachter soll über seine Gefährlichkeit urteilen.
Dr. Karl Kreuzberg (57) sagte vorab zu BILD: "Es kann
ihm kein Hang zu gefährlichen Straftaten nachgewiesen
werden. Es liegen keine kriminologischen und
gesetzlichen Voraussetzungen für eine
Sicherungsverwahrung vor." Diese Einschätzung wird er in
den nächsten Wochen dem Gericht vortragen.
(Sh. "50
STRAFTATEN – Gutachter findet Intensivtäter nicht
gefährlich", bild.t-online.de,
16.1.2008.)Zitate aus BILD sind zwar mit äußerster
Vorsicht zu verwenden und sparen oft die wesentlichen
Gesichtspunkte aus, aber nach allem Gesagten zur
Behandlung jugendlicher Schläger scheint diese
BILD-Meldung recht plausibel. (sh. auch bereits aus 2005
den Artikel
"Serientäter
'Mahmoud' wieder vor Gericht -
Zwei tätliche Übergriffe in nur
drei Wochen - Abschiebung steht weiterhin aus", welt.de, 22.3.2005).
Trotz der bisher ausbleibenden Erfolge der
üblichen Justiz-Maßnahmen mag ein Vertrauen auf die eher
optimistischen Stellungnahmen der deutschen
Richterschaft möglich sein, wenn die finanziellen und
geeignete institutionelle Voraussetzungen erfüllt sind.
Für gemeingefährliche Schlägertypen und gewalttätige
Sittlichkeitsverbrecher können jedenfalls nicht die
gleichen Haftbegrenzungen oder Verwahrungsbeschränkungen
gelten wie für andere Kriminelle.
Mit der Umverteilung nach oben haben die
Pink-Gilbgrünen und Neo-Schwarzen einschließlich Roland
Koch Deutschland auf einen der letzten Plätze gebracht
im internationalen Vergleich der Industrieländer bei den
Bildungsausgaben in diesem Bereich (sh. "OECD in
Figures - 2005 edition", oecd.org, Klick auf "Education
expenditure" oder gleich öffnen mit
http://dx.doi.org/10.1787/650383071321,
Stand 31.12.2007), obwohl sie gerade mit ihrer hohen
Quote gering qualifizierter Einwanderer erhebliche
Zusatzaufwendungen erforderlich gemacht haben. Durch ihre Selbstbedienung haben sie die Konsumnachfrage
gedrosselt, massenhaft existenzsichernde Arbeitsplätze
vernichtet oder durch Sklavenarbeit ersetzt und die
Berufschancen von vielen Jugendlichen auf den Nullpunkt
gebracht (sh.
rossaepfel-theorie.de).
Ersatzweise können die Pseudo-Linken aber sehr viel
billiger ihr angebliches "soziales Gewissen" zur Schau
stellen gegenüber gemeingefährlichen Gewaltverbrechern
zu Lasten der künftigen Opfer:
"Ich habe etwas gegen blinden Aktionismus", so
Wiefelspütz zu SPIEGEL ONLINE, "und sehe überhaupt
keinen Grund, diese Tat zum Anlass zu nehmen, schärfere
Gesetze einzufordern". Die Täter in München seien mit
äußerster Brutalität vorgegangen, "aber sie sind
überführt und werden mit einer deftigen Freiheitsstrafe
zu rechnen haben".
Der Fall zeige trotz aller Tragik und Brutalität, dass
das Strafrecht in Deutschland "völlig ausreichend" sei,
sagt Wiefelspütz. In Deutschland agierten "erfahrene
Richter, die durchaus angemessen urteilen"...
(Sh. "Koalition
streitet um Jugendstrafrecht",
spiegel.de,
27.12.2007.)
Diese Täter wurden schon
dutzendmal "überführt". Sie wurden aber immer noch
auf ihre Opfer losgelassen dank der "erfahrenen Richter"
wie im Fall von Serkan und der "völlig ausreichenden"
Gesetze von Wiefelspütz.
Aber die schlappen pinkgrünlichen
Discount-Moralisten drücken sich weiterhin um den
Opferschutz und beschränken sich aufs Schönreden.
Zu dieser Kategorie gehört auch die Grünen-Vorsitzende
Claudia Roth, die hier schon mehrfach in vorderster
Reihe genannt werden musste und die vom Kabarettisten
Urban Priol als "Betroffenheits-Flokati" charakterisiert
wird, offenbar auch wegen ihrer kuscheligen Weicheierei
zugunsten von Gewaltverbrechern trotz ihres forschen
Tons zu Lasten der Opfer. Sie setzte noch eins drauf und
kritisierte die Forderung nach Beendigung solcher
Zustände als "plumpen Populismus".
In der "Frankfurter Rundschau" erteilte sie auch
einer möglichen Ausweisung des türkischen Täters eine
Absage. "Schon der Fall Mehmet hat gezeigt, dass das zu
gar nichts führt.", sagte Roth.
(Sh. ebd.). Sie kritisiert also nicht die
Ablenkung von den Folgen ihrer neoliberalen
Umverteilungspolitik, die von den "Christen" noch
verschärft wird. Vielmehr verfolgt sie durch den Hinweis
auf den Fall Mehmet weiter die grünliche
Duldungspolitik, die wesentlich zu den Problemen
beigetragen hat. Doch gerade der Fall Mehmet
zeigt, dass die Ausweisung spätestens mit seiner
Volljährigkeit und nach vorherigen geeigneten
Unterbringungen möglich gewesen wäre, denn er hatte
nicht die deutsche Staatsbürgerschaft, wie sie andere
oft so übereilt erhalten. Es reicht schon, dass man
deutsche Schlägertypen im Lande ihr Unwesen treiben
lässt.
Schon bei der Einführung von verpflichtenden
Deutsch-Vorlaufkursen für Kinder mit schlechten
Sprachkenntnissen hatten sich die Pseudolinken mit dem
selbstgefälligen Verdammungsurteil "Zwangsgermanisierung"
profiliert. Dazu Roland Koch in einem Interview (sh.
welt.de vom
12.7.2006):
Koch: Wenn ich garantieren will, daß Kinder
in der ersten Schulklasse Deutsch sprechen können,
muß ich diesen Kindern einen Deutschkurs vor Beginn
der Schulzeit anbieten. Wir haben in Hessen als
erstes Land 2002 einen Eingangstest für Schulkinder
eingeführt. Dafür rügten uns seinerzeit
Sozialdemokraten und Grüne wegen
"Zwangsgermanisierung". Jetzt folgen uns viele
andere Länder.
WELT: Ein
ehrenwertes und teures Projekt. Schulkinder, die
beim Test scheitern, müssen ja weiter gefördert
werden.
Koch: Der Obersatz
lautet: Wer an deutschen Schulen unterrichtet wird,
muß Deutsch können. Wer den Test nicht besteht,
bleibt nicht zu Hause, sondern muß durch weitere
Spracherziehung unterstützt werden, bis er mit den
anderen mithalten kann.
Noch heute wenden sich pinkgrünliche Ideologen heftig
gegen solche Sprach-Vorlaufkurse zur rechtzeitigen
Herstellung der sprachlichen Grundvoraussetzungen, so
auch die hessische SPD-Politikerin Margaretha Sudhof,
die bei einem Regierungswechsel Integrationsministerin
werden soll. Dazu sagte der CDU-Bildungspolitiker
Hans-Jürgen Irmer: Sudhof gehöre "offensichtlich zu den
ewiggestrigen rot-grünen Ideologen", für die
Deutschförderung eine "Zwangsgermanisierung"
darstelle... Er nannte Sudhof eine "angebliche
Fachfrau". Sudhof hatte es völlig falsch genannt,
"Kinder nach einem Sprachtest in Vorlaufkurse
auszusortieren, statt sie in die Schule zu integrieren".
Irmer sagte, 97 Prozent der teilnehmenden Kinder
schlössen die Vorlaufkurse erfolgreich ab und hätten
dadurch "weitaus bessere Chancen in Schule, Beruf und
Gesellschaft". Kultusministerin Karin Wolff (CDU)
betonte, der Erfolg der Kurse sei "bei Lehrkräften,
Erziehern und Eltern unbestritten" (sh. "Sudhof
ist ahnungslos", fr-online.de,
11.1.2008).
Ein besonders krasses Beispiel für die pseudolinke
Abwiegelung lieferte die Bundesjustizministerin Brigitte
Zypries (SPD) in der Sendung "Hart
aber fair" vom 10.1.2008 mit dem Titel
"Jung, brutal und nicht von hier - Was ist dran am
Streit um Ausländergewalt?". Man ließ ein Video
einspielen, auf dem zwei Schauspielschüler als
Randalierer in U-Bahnen einsteigen. Von den bedrängten,
überwiegend älteren Fahrgästen traute sich kaum jemand,
etwas gegen die laute Musik und andere Provokationen zu
sagen. Als die Fahrgäste ausgestiegen waren, wurden
einige von ihnen nach ihrem Stillhalten befragt und
antworteten erwartungsgemäß, dass sie sich nicht
zusammenschlagen lassen wollten. Nachdem Brigitte
Zypries ihre Parteilinie abgespult hatte, wurde sie
gefragt, wie man mit solchen Zuständen umgehen
sollten (die sie durch ihre ständige Schönrederei
mitverschuldet). Darauf fiel Zypries nur ein, dass die
Fahrgäste doch in einen anderen Wagen umsteigen könnten!
Wenn ehrliche Linke nach Art der Pseudo-Linken
und der FDP ihre Wahlchancen verspielen, dann opfern sie
ihren Kampf gegen die Umverteilung nach oben dem Einsatz
für gemeingefährliche Gewaltverbrecher, die nun einmal
ihre Aggressionen nicht an den eigentlichen neoliberalen
und abwiegelnden Verantwortlichen auslassen, sondern
immer häufiger auf unbeteiligte Opfer losgehen. Gerade
mit dem Kampf gegen die Umverteilung nach oben kann man
die künftige Entwicklung der Gewalt gegen Unschuldige
eindämmen.
6)
Exkurs:
Verleumdungs-Kampagne gegen Diether Dehm
Im Hinblick auf die völlige Unglaubwürdigkeit der
Lafontaine-Diffamierer braucht man auf deren ständig
wiederholte Verleumdungen gegen den Kandidaten der
Linkspartei
Diether Dehm,
Jahrgang 1950, wegen angeblicher Stasi-Tätigkeit von
1971 bis 1978 (sh. Wikipedia-Zitat unten) wohl kaum noch
im einzelnen einzugehen.
Lediglich von Wolf Biermann sollte man eigentlich
erwarten, dass er sich trotz seines verständlichen
Stasi-Traumas an die Fakten hält. Seine angeblichen
Gespräche mit Diether Dehm über Jahrzehnte
zurückliegende Stasi-"Kontakte" mag es ja gegeben haben,
aber die Frage bei den vielen archivierten "Kontakten"
eines Spitzel-Systems ist doch immer, ob jemand nur
abgeschöpft wurde oder als Kontaktperson sogar gegen die
Ziele des diktatorischen Regimes gearbeitet hat, wie
z.B. Richard von Weizsäckers Vater und vor allem die
Hitler-Attentäter tatsächlich innerhalb des NS-Regimes
schließlich gegen dessen Ziele gearbeitet haben.
Sie waren nicht nur inoffizielle, sondern offizielle
Mitarbeiter des Regimes, damals in einem Regime des
industriellen Massenmordes. Diether Dehm fand dagegen
nicht "schließlich" den geraden Weg, sondern stand von
Anfang an engagiert gegen die Volksverdummer. Schon
deshalb sind seine Aussagen glaubwürdig - im Gegensatz
zu den Hetzkampagnen der neoliberalen Meinungsmacher.
Die hätten natürlich auch ein Eingeständnis von
Stasi-"Kontakten" gegen deren eigentlichen Sinn (sh.
unten) schamlos öffentlich ausgeschlachtet, weil sie als
Profiteure der Umverteilung nach oben mit dem linken
Auge alles hinzutun, was ihnen auf dem rechten Auge
fehlt. Im übrigen sind die Abschöpfungs-"Kontakte" ja
durch das SPD-Schiedsgerichtsverfahren dokumentiert (sh.
unten). Aber dessen Ergebnis passt nicht in die
Verdummungs-Kampagnen, weil es die Verleumdungen gegen
Dehm widerlegt (sh. unten).
Wolf Biermann müsste doch als kritischer Geist trotz
seiner offensichtlichen Abneigung gegen Links und trotz
seiner Etablierung im System erkennen (sh. "Kultur
im Kabinett", politikerscreen.de,
11.8.05), dass nicht nur die PDS sich mit der WASG in
die einzige demokratische Opposition gegen die asozialen
Umverteiler gewandelt hat, sondern dass sich die SPD in
nur sieben Jahren von einer sozialdemokratischen zu
einer neoliberalen Partei entwickelt hat, während die
übrigen etablierten Parteien sich in dieser Zeit von
einer noch halbwegs erkennbaren Verfassungstreue zum
Sozialstaat abrupt in Richtung Raubtierkapitalismus nach
US-Vorbild gemausert haben. Die
Wikipedia
schreibt zur siebenundzwanzig Jahre zurückliegenden
Vorgeschichte dieser Verleumdungs-Kampagne durch die
asozialen Umverteiler (Stand 14.9.2005):
Als "marxistischer Sozialdemokrat" (Bezeichnung in 33
Jahren
SPD-Mitgliedschaft bis zum Wechsel 1998 zur PDS gilt
Diether Dehm in der Öffentlichkeit als "Westlinker" im
Gegensatz zu den sog. Reformern in der PDS. 1996, war
ein SPD-Schiedsgerichtverfahren gegen ihn wegen
"Ostspionage bis zum Jahre 1977" straffrei eingestellt
worden. Nach umfangreichen innerparteilichen
Gerichtsverfahren wurde kein Beleg dafür gefunden, das
Dehm wissentlich mit der Stasi kooperiert hatte.
Vielmehr wurde die Akte 1977 von der Stasi enttäuscht
beendet und danach die "DDR-Einreisefahndung" verhängt.
Erst danach wurde Diether Dehm Manager von Wolf
Biermann.
(Diether Dehm war Ende der sechziger und Anfang der
siebziger als Künstler und VVN-Mitglied häufig bei
Kulturveranstaltungen in der DDR, meist sogar den ganzen
Sommer über. Die Stasi-Akte beginnt 1972 mit dem Versuch
der Stasi, Dehm zum "perspektivIM" zu formen; 1977 endet
dieser Versuch, weil sich Dehm glasklar und öffentlich
für Biermann und Bahro ausgesprochen hatte. die Akte
wird abgebrochen und verzeichnet "unbelehrbarkeit" von
Diether Dehm und die Stasi stempelt Dehm zum Staatsfeind
und legt ihn ab 1978 in die "DDR-Einreisefahndung".
Nach 17 Verhandlungstagen hat das SPD-Parteigericht zum
Stasivorwurf das Verfahren gegen Dehm 1996 straffrei
eingestellt. Grund: es konnte nicht nachgewiesen werden,
dass Dehm wissen konnte/musste, daß es sich bei den
FDJlern, die Diether Dehm als Künstler getroffen hatte,
um Stasi-Zuträger handelte. Er wurde also unwissentlich
"abgeschöpft". In der SPD wurde Dehm nach 1996 wieder in
diverse Funktionen gewählt, bis er sie dann zwei Jahre
später verliess. Ausserdem gibt es keinerlei Geheimnisse
in der Akte, die Dehm verraten hätte.)
Dagegen ist die düstere Vorgeschichte von Mitgliedern
der CDU-FDP-Koalition in den Jahren nach dem Krieg nicht
nur frei erfunden, sondern erdrückend belegt, aber
niemand bei den "frommen Christen" hat jemals ernsthaft
danach gefragt.
(Sh. auch
http://www.rossaepfel-theorie.de/Diffamierungs-Resistenz.htm).
Exkurs:
Mindestlöhne und "Bolkestein-Hammer"
Verlagert nach
Mindestlohn.htm.
Exkurs:
Plünderungsmöglichkeiten im Gesundheitssystem
Verlagert nach
Gesundheitsreform.htm.
7)
Nachtrag vom 14.10.2007 zum vierten Exkurs
All die
beschriebenen Rufmord-Versuche der Neoliberalen gegen
Lafontaine und andere konnten nicht verhindern, dass DIE
LINKE sich auch und gerade durch seinen Einsatz bei dem
Umfragen auf einem Niveau über 10% stabilisiert hat (sh.
"Umfrage-Barometer",
spiegel.de). Die Akzeptanz für ihre und seine
Forderungen liegt lt. einer Forsa-Umfrage für den STERN
und RTL noch wesentlich höher:
Die Linkspartei
legt in der jüngsten
Forsa-Umfrage
des stern weiter zu und liegt nun bei 14 Prozent,
vor Grünen und FDP. Besonders schmerzhaft für die SPD:
40 Prozent der Bürger halten Lafontaines politische
Forderungen für richtig…
Noch größer als in der gesamten Wahlbevölkerung ist die
Zustimmung für die abgefragten Lafontaine-Positionen
unter SPD-Anhängern. Knapp die Hälfte der
sozialdemokratischen Wählerschaft (48 Prozent) hält die
Forderungen für richtig. 30 Prozent der SPD-Wähler
stimmen Lafontaine in Teilen zu, nur ein Fünftel der
Parteianhängerschaft (20 Prozent) lehnt seine Positionen
ab.
(Sh. "stern-Umfrage:
Linkspartei triumphiert", stern.de, 4.7.2007.)
Zum gleichen
Thema heißt es beim Saarländischen Rundfunk am 29.9.2007
unter sr-online.de:
Saarbrücken: Lafontaine für die meisten glaubwürdig
Die Mehrheit der Saarländer (56 Prozent) sieht durch den
Parteiwechsel Lafontaines von der SPD zur Linken seine
Glaubwürdigkeit nicht geschwächt. 25 Prozent halten sie
sogar für gestärkt.
Aber durch Diffamierungen von Lafontaine und seinen
Mitstreitern konnten die neoliberalen Demagogen immerhin
erreichen, dass solche Werte am Wahltag bei weitem noch
nicht erreicht werden und dass Lafontaine trotz
weitgehender Akzeptanz seiner Forderungen bei den Noten
für Spitzenpolitiker "nur" auf Platz 10 steht – weit
hinter den Vorkämpfern für die Umverteilung nach oben
(sh.
Forschungsgruppe Wahlen für das
ZDF-Politbarometer
vom 14.9.2007). (Vgl. auch
die späteren Werte dieses
ZDF-Instituts und die ähnlichen
Werte von
Infratest-Dimap für die ARD,
aber die günstigere Bewertung durch
das neoliberale ZDF für seine
Parteien im Vergleich zum etwas
ausgewogeneren
Infratest-Dimap-Institut bei den
Sonntagsfragen laut
SPIEGEL-Umfrage-Barometer.)
Für die Landtagswahlen am 27.1.2008 in Niedersachsen und
Hessen lässt sich die Manipulation der Wähler vielleicht
noch dadurch verstärken, dass die Neoliberalen dank
guter Zusammenarbeit mit den Geheimdiensten und
sonstigen staatlichen Stellen irgendwelche fragwürdigen
Vorwürfe gegen die Mandatsträgern der LINKEN ausgraben
oder konstruieren lassen (sh. z.B. "Verfassungsschutz
beobachtet Linke in Niedersachsen flächendeckend",
spiegel.de, 22.9.2007.) Solche Methoden haben sich
stets dort bewährt, wo gegen das Volk regiert wird.
Unter diesen Voraussetzungen ist zu befürchten, dass die
geforderte Online-Durchsuchung von PCs sich nicht auf
die angeblichen wenigen Extremfälle beschränkt (sh. dazu
auch fast zeitgleich zu der SPIEGEL-Meldung: "Wulff will
den heimlichen Onlinezugriff", Hannoversche
Allgemeine Zeitung,
14.9.2007, S. 7, wonach sich aber die
Online-Durchsuchung angeblich auch nur auf Extremfälle
beschränken soll). Mit den "Früchten" solcher
fragwürdigen, aber pünktlichen Beschnüffelungs-Aktionen
wurde bereits Peter Porsch als Kandidat der Linken zur
Sachsenwahl ausgerechnet während einer Wahlveranstaltung
überfallen (sh. hier:
Diffamierungs-Resistenz.htm).
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Recht bezeichnend für die Meinungsmache durch
Chefredakteure und ihre redaktionellen Richtungsvorgaben
ist auch ein Artikel von Andreas Theyssen,
Politik-Chefredakteur der Financial Times Deutschland.
Für ihn ist Oskar Lafontaine ein "Angstmacher", der "für
Mindestlöhne streitet, für die Umverteilung von oben
nach unten. Der die Agenda 2010 als Synonym sieht für
soziale Grausamkeiten und für volkswirtschaftliche
Unvernunft. Der Devisengeschäfte besteuern will und sich
einsetzt für eine Steuerpolitik, die Gewinn- und
Unternehmenseinkommen stärker belastet, zudem die hohen
Vermögen, Erbschaften und die Börsenumsätze" (sh.
Andreas Theyssen: "Die
Lafontaine-Republik", ftd.de,
8.10.2007)
Das scheint Theyssen unvereinbar mit Schriften und Reden
von Lafontaine aus den Jahren 1986 bis 1989, als das
Arbeitslosengeld noch bis zu 32 Monaten gezahlt wurde
und die Arbeitslosenhilfe noch bis zu 57 Prozent des
letzten Nettolohns betrug, bei Bedarf bis zur Rente (sh.
Benjamin Harder: "Zusammenlegung
der Arbeitslosen- und Sozialhilfe – Die Vorschläge
der Hartz-Kommission", wsws.org,
5.7.2002), als die deutschen Unternehmen noch durch
unnötige Begrenzung ihrer immer teureren
Maschinenlaufzeiten auf dem Weltmarkt benachteiligt
waren, auch durch Überteuerung der Samstagsarbeit, und
als eine Beschränkung der Wochenendzulagen sowie ihre
Besteuerung noch in weiter Ferne lag. Theyssen
rückblickend in Präsensform:
Oskar Lafontaine hat erkannt, dass deutsche
Arbeitsmarktgesetze nicht mehr auf der Höhe der Zeit
sind. Also setzt er sich ein für längere
Maschinenlaufzeiten, für Wochenendarbeit, für
Arbeitszeitverkürzungen ohne vollen Lohnausgleich.
Aus diesen verzerrten Fakten zieht Theyssen den Schluss:
Weil der um 180 Grad gewendete Politiker, die
Inkarnation des Heute-so-morgen-so, inzwischen der
Leithammel der deutschen Innenpolitik ist.
Interessant ist daran lediglich, dass Theyssen
Polit-Chefredakteur einer großen Tageszeitung ist. Somit
hat er starken Einfluss auf die Manipulationsrichtung
der übrigen Redakteure und liefert ein weiteres Beispiel
dafür, dass die neoliberale Manipulation stets vom
Medienkapital mit seinen bestbezahlten Meinungsmachern
vorgegeben wird.
Es trifft auch nicht den Kern der Sache, dass Lafontaine
"für die Umverteilung von oben nach unten" eintritt.
Vielmehr geht es zunächst darum, die unglaubliche
Umverteilung nach oben der letzen fünfzehn bis zwanzig
Jahre wieder rückgängig zu machen, auch und gerade im
Interesse von Konsumnachfrage und Arbeitsplätzen. Wenn
Lafontaine aber deshalb als "Angstmacher" tituliert
wird, zeigt das doch eher die "Angst" der weit
überbezahlten Meinungsmacher vor dem Verlust ihrer
völlig unangemessenen Steuergeschenke und die krankhafte
Gier der Nimmersatten zu Lasten der Ärmsten.
Recht hat Theyssen allerdings mit seiner
Zwischenüberschrift "Alle hoppeln auf Oskars Kommando",
wo er den zurückschreckenden neoliberalen Wahlstrategen
gewissermaßen Charakterschwäche vorwirft. Die sei nicht
bestritten, aber hier wirkt sie wenigstens aus heilsamem
Zwang in die richtige Richtung.
7b)
Nachtrag vom 17.9.2008 zum
vierten Exkurs:
Helmut Schmidts Verharmlosung des
NS-Regimes
Während einige wenige SPD-Mitglieder
wie Rudolf Dressler, Ottmar
Schreiner und die 60 Unterzeichner
des Aufrufs
"Reichtum nutzen, Armut bekämpfen,
Mittelschicht stärken" vom
1.9.2008 noch an
sozialdemokratischen Werten
festhalten, hat bereits Helmut
Schmidt als Kanzlernachfolger und
"Retter"
vor der Sozialdemokratie von Willy
Brandt eine große Anerkennung bei
den Neoliberalen gefunden für seinen
Schwenk nach rechts in den Jahren
1974 bis 1982, mit dem der
Schröder-Kurs langfristig
vorbereitet wurde.
Schmidts berechtigte Kritik an der
israelischen Expansionspolitik und
vielleicht auch seine schneidige Art
verleitete den damaligen
israelischen Ministerpräsidenten
Menachem Begin im Jahre 1981
dazu, ihn vor internationalem
Publikum als
"Nazi-Offizier"
zu bezeichnen (sh. "Israel und
Deutschland: Emotionen, Realpolitik
und Moral",
Bundeszentrale für politische
Bildung, Seite besucht am
15.9.2008). Die berechtigte
Empörung von Schmidt und auch von
den deutschen Rechten wie Linken war
groß.
Das hindert Schmidt aber nicht
daran, ähnliche Diffamierungen gegen
Lafontaine abzulassen, weil dieser
den Verrat des SPD-Establishments an
der Sozialdemokratie entlarvt. Als
Forum dafür suchte sich der
ZEIT-Mitherausgeber Schmidt
natürlich nicht DIE ZEIT, sondern?
Natürlich das neoliberale Kampfblatt
BILD, und hier speziell BILD am
Sonntag. Dazu schreibt die
Netzeitung:
«Bild am
Sonntag» hatte den 89-jährigen
Schmidt, der von 1974 bis 1982
Kanzler einer sozialliberalen
Koalition war und jetzt
«Zeit»-Herausgeber ist, mit den
Worten zitiert: «Der eine ist links,
der andere rechts. Aber
vergleichbare Populisten sind
Lafontaine und Le Pen schon.»
Charisma allein mache noch keinen
guten Politiker aus, sagte Schmidt
unter Verweis auf den
Präsidentschaftskandidaten der
US-Demokraten, Barack Obama. «Auch
'Adolf Nazi' war ein charismatischer
Redner. Oskar Lafontaine ist es
auch», sagte der Exkanzler.
Weiter hieß es dort:
Daraufhin
sagte Linke-Fraktionschef Gregor
Gysi in der «Leipziger
Volkszeitung», auch Schmidt sei ein
charismatischer Redner.
«Charismatische Redner sollten sich
ihre Fähigkeit nicht untereinander
vorwerfen und schon gar nicht so
unglückliche Vergleiche anstellen,
die sie gegenseitig nicht
benötigen»...
Gysis
Fraktionskollegin Petra Pau wertete
Schmidts Äußerungen als eine
Beleidigung der Opfer des
Nationalsozialismus. «Es gibt
Vergleiche, die für Demokraten schon
im Ansatz tabu sein sollten, weil
sie letztlich das NS-Regime
verharmlosen und Millionen Opfer
verhöhnen», sagte sie. «Leider
neigen Politiker aus dem Westen
Deutschlands immer wieder zu derart
unsäglichen Entgleisungen.» Das gebe
zu denken. (nz/AP)
(Sh.
"Linke empört über
Lafontaine-Hitler-Vergleich",
netzeitung.de,
15.9.2008.)
Die Empörung der Linken über
Schmidts Vergleich wird aber von den
Neoliberalen nicht unbedingt
geteilt. Beim FOCUS ahnt man z.B.
fast eine klammheimliche Freude in
der Schlagzeile:
"Hitler-Lafontaine-Vergleich - Linke
schäumen wegen Altkanzler Schmidt",
focus.de,
14.9.2008. Der
Bundestagsvizepräsident Wolfgang
Thierse (SPD) meint dagegen, dass
man Schmidts Schützenhilfe zur
Diffamierung von Lafontaine als eine
Antwort auf eine Lafontaine-Äußerung
vor 20 Jahren auffassen könne:
"Das erinnert ja durchaus an eine
Attacke von Oskar Lafontaine vor 20
Jahren auf Helmut Schmidt, wo er
gesagt hat: Die Sekundärtugenden
Fleiß und Disziplin reichen nicht,
mit denen konnte man auch das
Nazi-Reich aufbauen", sagte Thierse
im MDR. "Also insofern steht es eins
zu eins zwischen Helmut Schmidt und
Oskar Lafontaine."
(Sh.
"Streit über Nazi-Vergleich –
'Schmidt ist alterssenil'",
sueddeutsche.de,
15.9.2008.) Damals wie heute
wurde und wird Schmidt jedoch von
den Neoliberalen noch mehr gelobt
als von den Sozialdemokraten. Von
einer Diffamierungs-Kampagne gegen
ihn konnte keine Rede sein. Seine
heutiges Mitrennen bei der
neoliberalen Hetz-Meute lässt sich
also mit so schwachen Anklängen
keineswegs rechtfertigen.
8) Nachtrag vom 15.2.2008:
Linksbündnis mit DKP?
Ein Bündnis
aller linken Kräfte gegen die Umverteilung nach oben
scheint unbedingt erstrebenswert. Das würde auf den
ersten Blick auch die DKP einschließen, also
z.B. auch das DKP-Mitglied Christel Wegner,
die auf dem neunten Listenplatz der Linken in den
Niedersächsischen Landtag eingezogen ist. In ihrem
Lebenslauf zur Kandidatenaufstellung hatte sie
hinreichend ausführlich ihre DKP-Mitgliedschaft erwähnt
(sh. ihren
Vorstellungsbogen
vom
15.8.2007). Sie ist also gar nicht Parteimitglied
der Linken, sondern ist als DKP-Mitglied auf die Liste
der Linken gesetzt und von den Delegierten der Linken
auf diesen Listenplatz gewählt worden, denen die
radikalen Positionen in den Reihen der DKP bekannt sein
müssten. Im Zweifel hätte man die Kandidatin vor ihrer
Aufstellung befragen können.
Der Grund für die die Wahl war, dass nach allen
Prognosen die Linke nur eine schwache Chance für den
Einzug in den Niedersächsischen Landtag hatte. Sie
wollte nicht auch noch Wählerstimmen an die DKP
verlieren, zumal die DKP sowieso an der
Fünf-Prozent-Hürde scheitern würde. Gegen die
Umverteilung nach oben muss die Linke auch in
Westdeutschland in möglichst vielen Landtagen vertreten
sein, weil sonst alle ihre Initiativen im Bundesrat
blockiert werden können. Also hat Die Linke in
Niedersachsen als Kompensation für ihre Unterstützung
durch die DKP deren Kandidatin auf ihre eigene Liste
genommen. Bei dem erwarteten Wahlergebnis von etwa fünf
Prozent für die Linke wäre Christel Wegner mit ihrem
Listenplatz 9 sowieso nicht in den Landtag gekommen.
Insofern erreicht die Naivität der delegierten
Wahlmänner und –frauen auch nicht das Maß, das bei
vielen Bundestagsentscheidungen der übrigen Parteien zu
beobachten ist.
Allerdings hatten Gregor Gysi und andere von
vornherein vor der Aufnahme von DKP-Mitgliedern auf die
Wahllisten der Linken gewarnt. Dazu schrieb DIE WELT vom
17.2.2008 unter der Überschrift: "Stasi-Befürworterin
Wegner lehnt Rücktritt ab":
An die Landesverbände im Westen appellierte Gysi,
Kandidaturen von DKP-Mitgliedern nicht mehr zuzulassen:
"Ich habe immer davor gewarnt, DKP-Mitglieder auf
Landeslisten zu nehmen, nur damit die DKP nicht selbst
antritt."
Das überraschende Wahlergebnis von 7,1 Prozent für die
Linke war für sie also einerseits erfreulich. Es
bedeutete aber andererseits auch eine nicht unerhebliche
Belastung beim Wählervertrauen und künftigen Wahlen,
denn die neoliberalen Meinungsmacher erklären dem Wähler
selbstverständlich nicht solche Hintergründe, sondern
nutzen das Ergebnis nur zur Irreführung.
Dazu ist das Auftreten von Christel Wegner – gleich nach
der Niedersachsen-Wahl - bestens geeignet. Ihre
Äußerungen zum DDR-Regime, zur Stasi und der Mauer
waren für die Linke ein harter Rückschlag. Dabei geht es
auch nicht nur um Wählerstimmen, sondern um die
Grundorientierung. Es fragt sich nämlich, ob man die DKP
überhaupt als linke Partei bezeichnen kann, denn es gibt
etliche Ähnlichkeiten zwischen Stalinismus und
Nationalsozialismus. Die linken Gegner des Stalinismus
in der DDR hätten doch längst die DKP verlassen können.
Sie hätten sich durch den Wechsel zur Linken von Mauer
und Stasi distanzieren können. Die Kampf-Auftritte von
einzelnen DKP-Mitgliedern gegen die WASG und die PDS
waren schon vor der Gründung des Linksbündnisses so
heftig, dass kaum jemand bei den Landtagswahlen an einen
plötzlichen Gesinnungswandel solcher Außenseiter glauben
konnte.
Die Antwort von Christel Wegner zum Mauerbau wird in
einem Artikel von scharf-links.de wie folgt zitiert und
kommentiert:
"Ich denke nur, dass man da so ein Organ wieder braucht,
weil man sich auch davor schützen muss, dass andere
Kräfte, reaktionäre Kräfte, die Gelegenheit nutzen und
so einen Staat von innen aufweichen." Dem Bericht
zufolge rechtfertigte Wegner auch den Bau der Mauer an
der deutsch-deutschen Grenze 1961. "Der Bau der Mauer
war in jedem Fall eine Maßnahme, um zu verhindern, dass
weiterhin Westdeutsche in die DDR konnten", wird die
Angeordnete zitiert. Sie hätten die Wirtschaft
geschädigt, weil sie billig eingekauft hätten. Die
Abgeordnete scheint die Gründe für das Scheitern der DDR
nicht im Mangel an Freiheitsrechten sondern in
konterrevolutionären Umtrieben zu sehen. Sie scheint
nicht begriffen zu haben, dass die Befreiung der
Menschen von Ausbeutung und Unterdrückung nicht
mit Unfreiheit und Fremdbestimmung auf den Weg
gebracht werden kann. Ihre Argumentation ist
kritikwürdig und es ist durchaus fraglich, ob sie
in ihrer eigenen Partei in dieser Form noch von einer
Mehrheit geteilt wird.
Der Parteivorstand der Linkspartei distanzierte sich
umgehend von der Abgeordneten. Die Äußerungen seien
inakzeptabel, erklärte Sprecherin Alrun Nüßlein in
Berlin. DIE LINKE lehne jede Form von Diktatur ab und
verurteile den Stalinismus als verbrecherischen
Missbrauch des Sozialismus. Der Vorsitzende der
Linksfraktion im Bundestag, Gregor Gysi, nutzte die
Gelegenheit, ein umfassendes Bekenntnis zur
kapitalistischen Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung
abzugeben und die Partei darauf programmatisch
festzulegen. Zugleich kritisierte er die westdeutschen
Landesverbände dafür, dass sie DKP-Mitglieder auf ihren
Listen kandidieren lassen. "Es gibt für uns keinen Weg
zurück in die DDR. Es gibt für uns keinen Weg zur
Verstaatlichung der Produktionsmittel. Und wenn einer
eine andere Meinung hat und in der Fraktion ist, dann
muss er eben überstimmt werden", wurde Gysi zitiert.
Bundeswahlkampfleiter Bodo Ramelow kritisierte die
Äußerung "auf das Schärfste"…
Der Landesvorsitzende der LINKEN in Niedersachsen Dieter
Dehm teilte in einer hektisch formulierten Mail seinen
ParteigenossInnen den Stand des Krisenmanagements
zwischen Berlin und Hannover mit … . Wörtlich
heißt es: " ... die Fraktionsspitze hat in enger
Tuchfühlung mit entscheidenden Genossen in Berlin
Christel aufgefordert, ihr Mandat zurückzugeben, wenn
die Zitate so von ihr gesagt und gemeint sind. Christel
wird darüber nachdenken. Von frontal 21 (zdf), Panorama
und Kontraste sind Teams unterwegs, nur um von uns bis
in den letzten Kreis in Hessen, Niedersachsen, Hamburg
usw. Äußerungen einzufangen, um in Hamburg den Einzug zu
erschweren…"
(Sh. "Nach
Äußerungen der kommunistischen Landtagsabgeordneten
Christel Wegner zur Stasi: Krisensitzung in Berlin",
scharf-links.de,
14.2.2008).
Ob Gregor Gysi wirklich "ein umfassendes
Bekenntnis zur kapitalistischen Wirtschafts- und
Gesellschaftsordnung" abgelegt hat, kann bezweifelt
werden, denn mit Sicherheit will die Linke nicht hinter
die Soziale Marktwirtschaft zurückfallen, die von den
übrigen Parteien propagiert, aber verraten wird. Auch
Gysi und die Linke wollen also nicht den "Kapitalismus
pur". Außerdem will Gysi mit Recht keine Privatisierung
von kapitalintensiven Schlüsselbereichen wie z.B. der
Energiewirtschaft, die anschließend von privaten
Oligopolisten gemeinschaftsschädlich betrieben werden.
Zu den persönlichen Meinungsäußerungen von Christel
Wegner bestehen aber kaum Zweifel, dass "die Zitate so
von ihr gesagt und gemeint sind" und dass diese auch auf
der Linie der DKP Deutschland liegen. Sie sollte in der
Tat "ihr Mandat zurückzugeben", um die Linke nicht
weiter zu schädigen. Andernfalls müsste man sie wohl aus
der Fraktion der Linken im Niedersächsischen Landtag
ausschließen, so dass sie als Fraktionslose das
Vertrauen in die Linke nicht weiter untergraben könnte.
Zugleich würde damit ein Zeichen gesetzt zur Abgrenzung
gegen jene DKP-Mitglieder, die noch immer nicht voll vom
Stalinismus Abstand genommen haben. Es macht keinen
Sinn, die Herrschaft durch das Kapital, seine Profiteure
und Meinungsmacher abzulösen durch die Willkür von
Autokraten mit ihren eigennützigen Lakaien. Das dürfte
eher der Inhalt sein von Gysis "umfassendem Bekenntnis"
zur Verfassung der Bundesrepublik Deutschland.
Man sollte diesen spektakulären Einzelfall jedoch nicht
übermäßig dramatisieren. Die neoliberalen Parteien haben
selbst ein Übermaß an Skandalen, allerdings eher durch
Raffgier als durch ideologischer Borniertheit Einzelner,
denen leider nicht zu helfen ist.
Man kann die Menschen nur durch Aufklärung und
Kampf gegen den neoliberalen Wählerbetrug gegen die
Umverteilungs-Profiteure und Söldner des Medienkapitals
in Schutz nehmen, aber nicht zu ihrem Glück zwingen.
Auch wenn der demokratische Weg auf den ersten
Blick wie ein Kampf gegen Windmühlen erscheint, so hat
es doch schon einige Fortschritte gegeben. Betrachtet
man die Stimmenverteilung bei den Sonntagsfragen (sh.
Umfrage-Barometer),
dann zeigt sich, dass die neoliberale Kernfront
von CDU/CSU und FDP oft nur ein Prozent Vorsprung hat
gegenüber den restlichen Parteien oder bei Forsa sogar
zurückliegt. Wenn also SPD und Grüne sich unter dem
Druck der Linken auf ihr verkauftes soziales Gewissen
besinnen, dann scheint durch eine Koalition mit der
Linken zumindest eine halblinke Mehrheit nicht mehr
ausgeschlossen. Dies wäre der erste Schritt zu einer
Abkehr vom Raubtierkapitalismus. Eine Radikalkur nach
den Vorstellungen von Christel Wegner führt nur zu noch
viel größerem Unrecht.
Der Skandal um ihre Äußerungen bietet auch eine Chance
für die Linke, denn sie könnte sich damit noch klarer
von abgelegten Altlasten der PDS distanzieren als
bisher, sei es durch einen medienwirksamen
Mandatsverzicht von Christel Wegner oder auch durch
ihren noch spektakuläreren Fraktionsausschluss.
9)
Soll DIE LINKE Passagen aus
dem Kommunistischen Manifest in ihr Parteiprogramm
übernehmen?
Oskar Lafontaine hat angeblich vorgeschlagen, dass DIE LINKE
Passagen aus dem Kommunistischen Manifest in ihr
Parteiprogramm übernimmt. Die beiden Passagen, die DIE
WELT aus seinen Vorschlägen zitiert, beschreiben in der
Tat die heutigen Verhältnisse auf unübertreffliche
Weise:
Zum Beispiel will er aus der Kampfschrift die Textstelle
übernehmen, wonach die Bourgeoisie und das Kapital "die
persönliche Würde in den Tauschwert aufgelöst und an die
Stelle der zahllosen verbrieften und wohl erworbenen
Freiheiten die eine gewissenlose Handelsfreiheit
gesetzt" haben.
Aufnehmen will Lafontaine auch die Passage, wonach "an
die Stelle der mit religiösen und politischen Illusionen
verhüllten Ausbeutung die offene, unverschämte, direkte,
dürre Ausbeutung gesetzt" wurde.
(Sh.
"Linke nimmt Kommunisten-Manifest ins Programm",
welt.de, 13.4.2008.) Diese und andere Schlagzeilen
erwecken allerdings den Eindruck, als ob DIE LINKE das
Kommunistische Manifest in ihr Parteiprogramm aufnehmen
wollte (sh. z.B. auch
"Kommunistisches Manifest als Parteiprogramm",
netzeitung.de, 13.4.2008, und
"Parteien: Linke soll kommunistisch werden", zeit.de,
13.4.2008). Der Begriff "Kommunismus" ist aber durch
die Diktatur im realen Kommunismus dermaßen
disqualifiziert, wie man das vom Begriff des realen "Christentums" eigentlich auch hätte erwarten müssen
(sh. z.B. Karlheinz Deschner:
Kriminalgeschichte des
Christentums;
sh. auch hier rossaepfel-theorie.de und
Weihnachtstraum.htm).
Einen solchen "Kommunismus" hätte sich Marx wahrscheinlich
ebensowenig vorstellen mögen wie Jesus Christus das
"Christentum" der vergangenen Jahrhunderte oder der
heutigen "christlichen" Parteien.
Die tonangebenden "Christen" und die übrigen Profiteure
der Umverteilung nach oben verfügten und verfügen aber
über das Manipulations-Kapital im Sinne der Orwellschen
Beobachtung:
Und wenn alle anderen die von der Partei verbreitete
Lüge glaubten – wenn alle Aufzeichnungen gleich lauteten
–, dann ging die Lüge in die Geschichte ein und wurde
Wahrheit.
(Aus George Orwell "1984", zitiert nach Albrecht Müller:
"Propaganda-Maschine
der Neoliberalen - Hat das ZDF diese Gleichschaltung
nötig?",
nachdenkseiten.de, 8.6.05.) Es fragt sich also, ob
DIE LINKE dagegen mit den unübetrefflichen Sätzen von
Marx bestehen kann oder ob die Lafontaines und Gysis
nicht bei ihren eigenen hervorragenden Formulierungen
bleiben sollten. Der Bezug auf den überragenden und
verdrängten deutschen Denker wäre natürlich ein
großartiges Signal.
Die jungeWelt schreibt zur Resonanz:
Auf den Kommentarseiten der Online-Foren von Die Welt
und Der Spiegel gab es dazu eine Fülle von
Leserkommentaren. Viele Beiträge waren durchaus
zustimmend zu Lafontaines Ankündigung, wobei die
Verfasser oft auf den Sozialabbau in Deutschland und den
weltweit zunehmenden Hunger verwiesen. Die ablehnenden
Beiträge bemühten hingegen nur in seltenen Fällen
Argumente. Viele Schreiber waren sich auch nicht zu
schade für unflätige Beschimpfungen.
(Sh.
"Manifest-Zitate im Programm?", jungewelt.de,
14.4.2008.) Aber die neoliberale Propaganda-Maschine
wird sicher erst im Wahlkampf auf volle Touren kommen.
Die Provokation der Beschimpfungen
und die Diskreditierung war offenbar das Ziel
der üblichen Meinungs-Manipulation gegen Die Linke durch
die Springer-Medien, in denen die Söldner des
Medienkapitals für sich und ihre Brötchengeber ihre
Kampagnen zur Umverteilung nach oben in die eigenen
Taschen betreiben. Die Art der Manipulation erinnert ein
wenig an die Springer-Tricks bei der "Jet-Affäre" (sh.
oben). Tatsächlich hat sich Lafontaine
gegenüber Springers WELT offenbar anders geäußert, denn
in einem Interview mit der taz antwortete er auf die
entsprechenden Frage:
taz: Sie zitieren überhaupt gern: Sie wollen auch
Passagen des Kommunistischen Manifests in das Programm
der Linkspartei übernehmen.
Das war eine Antwort auf eine polemische Frage der
Welt. Natürlich wird unser Programm nicht in der
Sprache des 19. Jahrhunderts verfasst. Es geht um die
Inhalte.
Trotzdem: Das Kommunistische Manifest ins
Parteiprogramm, die Vertreterin der Kommunistischen
Plattform Sahra Wagenknecht wird eventuell Vizechefin -
ist die Linkspartei auf einem Retrotrip?
Der SPD-Vorsitzende Erich Ollenhauer hat 1959 bei der
Verabschiedung des Godesberger Programms gesagt, dass
das Kommunistische Manifest ein Gründungstext der
Arbeiterbewegung sei. So sehe ich das auch. Die Vision
einer freien Gesellschaft ohne Ausbeutung und
Unterdrückung ist kein Retrotrip.
Die Linkspartei hat im Westen zwar erstaunliche
Wahlerfolge erzielt, aber nur 16 Prozent der Wähler
können sich vorstellen, irgendwann mal die Linkspartei
zu wählen. Bei FDP und Grünen sind es 30 Prozent. Wie
wollen Sie aus diesem engen Milieu heraus?
Wir sind noch eine sehr junge Partei. Deshalb können wir
noch nicht die gesellschaftliche Akzeptanz anderer
Parteien haben. Außerdem werden wir von allen anderen
bekämpft und diskreditiert.
Auch den Vorwurf einer nicht finanzierbaren Umverteilung
nach unten und die ständigen Kampagnen der Neoliberalen
für "Steuersenkungen" (nämlich ihrer Spitzensteuersätze)
statt Steuerfinanzierung von Sozialabgaben entlarvte er
einmal wieder als Betrug an der Opfern der Umverteilung
nach oben:
taz: Herr Lafontaine, betreibt die Linkspartei
klassische Umverteilungspolitik?
Oskar Lafontaine: Nein, das ist eher eine
Rückverteilungspolitik. Die falsche Verteilung beginnt
schon, wenn der Chef der Deutschen Bank, Ackermann, 14
Millionen Euro im Jahr verdient - oder richtiger: sich
aus der Kasse der Deutschen Bank nimmt - und der
Wachmann nur fünf Euro in der Stunde…
Die Linkspartei will, dass der Staat jährlich
mindestens 50 Milliarden Euro mehr ausgibt. Das klingt
abenteuerlich. Wo soll das Geld denn herkommen?
Ich verstehe nicht, was daran abenteuerlich sein soll.
Wenn Deutschland die gleiche Steuer- und Abgabenquote
wie der EU-Durchschnitt hätte, dann würde dies sogar
Mehreinnahmen von 120 Milliarden Euro bedeuten…
(Sh. das taz-Inverview
"Ich bin ein verkannter Mann"
vom 10.5.2008 mit etlichen weiteren interessanten
Aspekten.)
Die Ablenkung von der deutschen Steuerquote im
internationalen Vergleich und von deren Zusammenhang mit
der Abgabenquote ist ein Kernstück der neoliberalen
Propaganda, gleich gefolgt von der Täuschung über den
Spitzensteuersatz durch die Beschränkung der Alibi-
"Reichensteuer" auf Einkommen über dem Niveau der
allermeisten Propagandisten einschließlich der
Spitzenpolitiker, "Wirtschaftsweisen" und
Chefredakteure.
Die obigen möglichen Mehreinnahmen von 120 Euro
Milliarden Euro ergeben sich im wesentlichen aus der
extrem niedrigen Steuerquote vom etwa 22% in
Deutschland. Im Durchschnitt
der Alt-EU (EU15) liegt sie bei etwa 29 % und in Dänemark mit
seiner extrem niedrigen Arbeitslosenquote bei 48%.
(Sh. z.B.
Bundesfinanzministerium:
"Die wichtigsten Steuern im internationalen Vergleich
2007", Übersicht 1 und 2, S. 10 f., nach den
"Revenue Statistics" der OECD. Den Durchschnittswert der
EU-15 erhält man über
http://stats.oecd.org mit dem Suchbegriff
"Revenue Statistics" durch Tabellenextraktion. Sh. auch
hier
Staatsquote.htm und
rossaepfel-theorie.de mit den Beispielen
von skandinavischen Ländern und Großbritannien, das mit
einer Staatsquote von etwa 30% etwa im Mittelfeld der
Alt-EU liegt und dabei mit seinen Mehrwertsteuersätzen
von 17,5%; 5% und 0% unter den deutschen Sätzen bleibt.
Zur MWSt sh.
coburg.ihk.de.)
Die Steuerquote liegt also in Deutschland um 29% - 22% =
7% höher als im Durchschnitt der Alt-EU - trotz der
Kosten für die deutsche Einheit! Bei Anhebung auf die
29% hätte man
mit dem deutschen Bruttoinlandsprodukt von ca. 2500 Mrd. Euro
in 2008 Mehreinnahmen
von ca. 0,07 * 2500 = 175 Mrd. Euro.
Die Arbeitnehmer tragen mit ihren Einkommensteilen
unterhalb der Beitragsbemessungsgrenzen die Kosten des
Sozialstaates in Deutschland fast allein. Mit der
Umschichtung der Steuern um diese 175 Mrd. Euro ließe
sich ihre einseitige Belastung auf ein normales EU-Maß zurückführen. Die
Arbeitgeber würden am Ende sowieso indirekt entlastet,
weil der unvermeidliche Gegendruck zur Existenzsicherung
gegen ihre Lohndrückerei etwas geringer würde. Dies
würde auch nach den Erwartungen der Neoliberalen die
Arbeitslosenquote drastisch senken und dadurch noch viel
zusätzliches Geld in die Sozialkassen bringen, so dass
der soziale Kahlschlag beendet werden könnte. Es würde
dann also zunächst reichen, wenn auch die (Gesamt-)Abgabenquote
auf den EU-Durchschnitt nur geringfügig angehoben würde.
Diese "Abgabenquote", also der Anteil der Steuern
und (Sozial-)Abgaben am Bruttoinlandsprodukt (BIP), liegt in
Deutschland lt. OECD-Berechnungen bei etwa 36 %, in
Dänemark bei etwa 49 % und im Durchschnitt der Alt-EU
(EU15) bei etwa 40 % (sh. die obigen Quellen zur
Steuerquote). Allein durch
Erhöhung der Abgabenquote auf obigen Durchschnittswert
um 40 - 36 = 4% von den 2500 Mrd. Euro hätte der
deutsche Staat schon Mehreinnahmen von 100 Mrd. Euro.
Viel wichtiger ist aber, dass zumindest die Steuerquote
auf EU-Durchschnitt (sh. oben) gebracht wird, damit das
Volkseinkommen nicht von den Profiteuren der
Umverteilung nach oben der arbeitsplatzschaffenden
Nachfrage entzogen und irgendwo gehortet wird.
10)
Rufmord-Kampagnen gegen Gregor Gysi
Zu dem
bedeutendsten Gegnern der Umverteilung nach oben (sh.
rossaepfel-theorie.de) gehört neben Oskar Lafontaine auch
Gregor Gysi. Auch gegen ihn versuchen die Neoliberalen daher immer
wieder den Rufmord - in seinem Fall durch Rückgriff auf
seine "DDR-Vergangenheit". Ihre
Medienherrschaft unter dem Einfluss des Medienkapitals
und ihrer egoistischen Eigeninteressen dient dabei zu
Irreführungs-Kampagnen bei Unterschlagung wichtiger Informationen, die den
geschürten Stasi-Verdacht gegen Gysi als völlig abwegig
erscheinen lassen. Der Fall interessiert nicht nur wegen
Gregor Gysi, sondern auch hier wieder wegen der
Niedertracht der Täter gegen alles, was ihre
Umverteilung in die eigenen Taschen behindert.
Schon seit vielen Jahren diffamiert man ihn wegen angeblicher
"Stasi-Kontakte", insbesondere zu Lasten seines
prominenten Mandanten
Robert Havemann,
den er Ende der siebziger Jahre gegen die Stasi und das
DDR-Regime erfolgreich als Anwalt vertreten hatte und
dabei für ihn unter anderem die Aufhebung des
Hausarrestes erreichte. Bei ihren Verleumdungen
können sich die Aktivisten für die Umverteilung nach
oben verlassen auf die irreführenden
Dokumenten-Lieferungen von ihrer
bestbestallten Büchsenspannerin und Leiterin der Stasi-Unterlagenbehörde,
Marianne Birthler:
Birthler sagte, inzwischen lägen ihrer Behörde
Erkenntnisse vor, dass "eine wissentliche und
willentliche Unterrichtung des Ministeriums für
Staatssicherheit stattgefunden hat - und zwar durch
Gregor Gysi über unter anderem Robert Havemann". Sie
widersprach Aussagen Gysis, die Informationen in den
Akten könnten möglicherweise ohne sein Zutun durch
Abhöraktionen gewonnen worden sein.
(Sh.
"Marianne Birthler: 'Nur Gysi kann der IM gewesen sein'",
stern.de, 28.5.2008.)
Wegen diese diffamierende Darstellung durch Birthler im
ZDF hatte Gysi gegen die Sendeanstalt geklagt. Die Klage
auf Gegendarstellung
durch Gysi wurde
jedoch vom Landgericht Mainz in erster Instanz aus
formellen Gründen abgewiesen, obwohl es die
Anschuldigung gegen ihn für unbegründet hielt.
In der Sache selbst wurde deutlich, dass die Mainzer
Richter Gysis Anliegen nicht als abwegig beurteilten,
eher im Gegenteil. Nach der Berichterstattung des ZDF
hätte der Zuschauer davon ausgehen müssen, Gysi habe
sich mit den Informationen über Havemann direkt an die
Stasi gewandt. Dies sei jedoch nicht belegt, hieß es
bereits damals. Weder gehe dies aus den Stasi-Dokumenten
hervor noch aus der eidesstattlichen Versicherung
Klingensteins. Dass die Gegendarstellung Gysis folglich
"offensichtlich unwahr" sei, sei wohl nicht der Fall,
hieß es seinerzeit.
(Sh.
"Formalie mit Folgen", zeit.de,
26.6.2008).
Dagegen bleibt z.B. Springers WELT schon in der Überschrift weiterhin bei ihrer
üblichen Leser-Irreführung zur Wähler-Manipulation. Sie titelt
"GERICHTSENTSCHEID – Birthler darf
behaupten, Gysi habe an Stasi berichtet", welt.de, 26.6.2008, und bringt
lediglich im Text die knappe Einschränkung: "Die zuständige Kammer habe
jedoch in der Verhandlung am 17. Juni signalisiert, dass die Ablehnung allein
aus formalen Gründen zu erwarten und das Begehren von Gysi in der Sache nicht
unberechtigt sei." Nachdem die Neoliberalen von
den Gerichten also kaum noch Verleumdungs-Hilfe gegen
ihre Selbstbedienungs-Blockierer erwarten können,
mobilisieren sie erneut über ihren Immunitätsausschuss
mit CDU-Vorsitz die Birthler-Behörde bei ihrer
verzweifelten Suche nach tragfähigem
Diffamierungs-Material: Siehe
"Birthler soll Gysis Akten neu
durchforsten", welt.de, 27.6.2008.
Auch in der ARD verbreitete Birthler ihre Diffamierungen im
Dienste der Neoliberalen:
Die Leiterin der Stasi-Unterlagenbehörde, Marianne Birthler, sagte im
ARD-"Morgenmagazin" die betreffenden Unterlagen "sind
Unterlagen zu einem IM (Inoffizieller Mitarbeiter), und
der kann nach Aktenlage nur Gregor Gysi gewesen sein".
Birthler fügte hinzu: "Wenn wir daran Zweifel hätten,
würden wir diese Unterlagen nicht als IM-Unterlagen
herausgeben."
(Sh. "Gregor
Gysi – Streit um Stasi-Akten eskaliert", focus.de,
28.5.2008, und hier
Diffamierungs-Resistenz.htm über die FOCUS-Kampagne
gegen den Linken-Politiker Peter Porsch.)
Die wahren Beziehungen zwischen Gysi und Havemann sind zwar bekannt,
werden aber in den Medien der Neoliberalen entweder ganz oder
weitgehend unterschlagen. Bei der Google-Suche erscheinen die neoliberalen
Medien regelmäßig auf den ersten Plätzen. Man muss schon lange
suchen, bis man den folgenden qualifizierten Bericht in
der
Frankfurter Rundschau findet.
Dieser Bericht zeigt, dass die Übernahme eines Mediums durch die
Neoliberalen und ihr Kapital nicht umgehend und zwangsläufig zur
Gleichschaltung und Korrumpierung aller dortigen
Journalisten führen muss. Gysis anwaltlichen Erfolge
zugunsten von Havemann werden anderswo glatt unterschlagen.
In dem Artikel heißt es dagegen:
Gysi wird vorgeworfen, 1979 einen Bericht für die Stasi über ein
Treffen mit seinem damaligen Mandanten, dem DDR-Regimekritiker
Robert Havemann, verfasst zu haben. Er betonte dagegen,
nach der Übernahme von Havemanns Vertretung habe er
erreicht, dass gegen seinen Klienten nicht einmal mehr
Ordnungsstrafen ausgesprochen und der vorher verhängte
Hausarrest aufgehoben worden seien.
(Sh.
"Stasi-Vorwürfe – 'Ein Tribunal gegen Gysi'",
fr-aktuell.de,
28.5.2008.) In Gysis
Bundestagsrede vom 28.5.2008 konnte man nähere
Einzelheiten dazu erfahren, soweit seine
Richtigstellungen nicht überschrieen wurden:
Nachdem ich die Verteidigung und Vertretung von Robert
Havemann übernommen hatte,
(Dr. Carl-Christian Dressel (SPD): Staatsschutz, nicht
Mandantenschutz!)
habe ich Folgendes erreicht: Gegen ihn wurde kein
Strafverfahren mehr durchgeführt; es gab keine
Hausdurchsuchungen und Beschlagnahmen mehr. Nicht einmal
Ordnungsstrafen wurden noch gegen ihn ausgesprochen. Der
gegen ihn vorher verhängte Hausarrest wurde aufgehoben.
(Dr. Stephan Eisel (CDU/CSU): Das ist eine
Unverschämtheit! Reinhard Grindel (CDU/CSU): Was ist mit
Herrn Erwin?)
Der Verkauf eines weiteren Hauses auf seinem Grundstück
an einen IM konnte durch mich verhindert werden. Robert
Havemann konnte sogar an Feierlichkeiten zur Befreiung
des faschistischen Zuchthauses Brandenburg mit Erich
Honecker teilnehmen, was damals ein in westdeutschen
Medien Erstaunen auslösendes, herausragendes Ereignis
war.
(Beifall bei der LINKEN)
Nennen Sie mir andere Abgeordnete des Bundestages, die
sich für Robert Havemann so eingesetzt haben wie ich und
diesbezüglich so viel erreicht haben.
(Beifall bei der LINKEN Julia Klöckner (CDU/CSU): Das
ist eine Unverschämtheit! Weitere Zurufe von der
CDU/CSU: Peinlich! Empörend! Unerhört!)...
In der DDR entschied das ZK der SED, wen es über solche
Gespräche wie die mit mir informierte. Das galt auch
hinsichtlich der Staatssicherheit. Hätte ich versucht,
parallele Beziehungen zur Staatssicherheit aufzubauen,
hätten die Mitarbeiter der Abteilung Staat und Recht des
ZK der SED die Gespräche mit mir beendet.
(Dr. Carl-Christian Dressel (SPD): Wenn sie es gewusst
hätten!)
Wozu sollte ich das riskieren?
Sie begreifen nicht, dass ich schon damals so souverän
war wie heute.
(Beifall bei der LINKEN - Lachen bei der CDU/CSU und der
SPD)
Ich hatte Gespräche mit dem Zentralkomitee, der
führenden Kraft der DDR. Ich brauchte keine Kontakte zur
Staatssicherheit. Sie waren gar nicht nötig, entsprachen
weder meinem Stil noch meiner Würde. Aus den Unterlagen
ergibt sich klar, dass die Staatssicherheit mich
überwachte, mich nicht mochte. Das nützt mir bei Ihnen
gar nichts, weil Sie sich sehnlichst das Gegenteil
wünschen.
("So schaffen Sie
letztlich weder mich, geschweige denn die Linke",
linksfraktion.de,
28.5.2008). Aber Stil und Würde dienen im
neoliberalen Konzept ohnehin nur der Maskerade und der
absurden Selbst-Aufwertung.
Zu den übelsten Diffamierern gehören erwartungsgemäß
wieder die Axel-Springer-Söldner (sh. hier
z. B.
~Meinungskauf/Pro7Sat1.htm)
in ihren Massenmedien mit Schlagzeilen wie:
"BUNDESTAGSDEBATTE
– Die 'untragbaren Sauereien' des Gregor Gysi",
welt.de,
28.5.2008, und
"DDR – Neue Akten erhärten Stasi-Verdacht gegen Gysi",
welt.de,
22.5.2008, Hugo Müller-Vogg:
"Linkes Schmierentheater", bild.de,
29.5.2008, Bettina Röhl:
"Der heilige Gregor - Das
komplette System Gysi stet auf dem Prüfstand",
welt.de, 2.6.2008. Vor allem wird es Zeit, das komplette
System der unheiligen gekauften Wählertäuschung auf den
Prüfstand zu stellen, den Missbrauch des großen
Privatkapitals für dessen angebliche "Meinungsfreiheit". - Aber auch andere neoliberale
Meinungsmacher missbrauchen ihre gekaufte oder
Proporz-bedingte Medienmacht zum Rufmord, um
weiterhin ungestört ihre Umverteilung in die eigenen
Taschen propagieren zu können. Dabei ist der Proporz
selbst auch vom Meinungs- und
Demokratiekauf
wesentlich mitbestimmt.
In Wirklichkeit liefen die Kontakte im Interesse des prominenten
Gysi-Freundes Havemann über Gysis Vater, den ehemaligen
DDR-Kulturminister Klaus Gysi, zu Erich Honecker
persönlich. Gregor Gysi hatte jedoch keine Veranlassung,
der Sensationsgier und den Verdrehungskünsten seiner
Gegner in bezug auf seine Mandaten-Interna Vorschub zu
leisten:
Einen weiteren "Bericht über ein geführtes Gespräch mit
Rechtsanwalt Dr. Gysi am 10.7.1979" wollte Gysi ebenso
wenig öffentlich werden lassen. Darin wird ein Gespräch
zwischen Gysis Vater Klaus und SED-Generalsekretär Erich
Honecker über den Stand des Verfahrens gegen Havemann
geschildert. Wörtlich heißt es darin: "Im Ergebnis hätte
Gen. Honecker die juristisch konsequente Verteidigung
von Rechtsanwalt Gysi begrüßt" und "an Rechtsanwalt Gysi
Grüße mit der Empfehlung übermitteln lassen, ein
Vertrauensverhältnis zu Havemann herzustellen mit dem
Ziel, dass dieser seine Außenpropaganda einstellt".
Als Anlage dazu existiert noch ein "Tonbandbericht", in
dem in der "Ich"-Form ein vertrauliches Gespräch mit
Havemann wiedergegeben wird: "Ich schlug ihm noch einmal
vor, jegliche Veröffentlichungen im Westen zu
unterlassen und sich allein auf die DDR zu beschränken."
Havemann wollte am Ende wissen, heißt es darin, "ob mein
Verhältnis zu meinem Vater freundschaftlich oder
kritisch sei".
(Sh.
"DDR-Vergangenheit - Stasi-Akten bringen
Gysi in Bedrängnis", spiegel.de,
20.5.2008.)
Es wäre schon ein Wunder, wenn solche und andere
Berichte ans Zentralkomitee nicht auch in den Akten der
Stasi gelandet wären. Gysi bestreitet überhaupt nicht seine Kontakte zum Zentralkomitee:
"Ich hatte Kontakt zum ZK", sagte Gysi gestern. Den habe
er im Interesse seiner Mandaten genutzt. "Ich brauchte
keinen Kontakt zur Staatssicherheit." Zudem habe die
Stasi später festgestellt, er, Gysi, sei als IM
ungeeignet. Dies wäre "Schwachsinn" gewesen, wäre er
bereits 1979 als IM tätig gewesen.
(Sh.
"Gysi bestreitet erneut wissentliche IM-Tätigkeit",
sz-online.de,
29.5.2008.)
Aber selbst wenn der "ungeeignete" IM bewusst direkte
Kontakte zur Stasi im Interesse seiner Mandanten genutzt
hätte, wäre das keineswegs verwerflich, ganz im
Gegensatz zu den Irreführungs-Kampagnen und zum
Opportunismus seiner Gegner, die solche "Kontakte" als
"Beweis" zur Täuschung der Wähler für eine
"Stasi-Verstrickung" von Gysi ausschlachten wollen.
Das inkriminierten Tonbandprotokoll war also offenbar
die Antwort von Havemann an Honecker durch Gysi als
"Postboten". Gysis Diffamierer sind auch vorsichtig
genug, dass sie dieses Protokoll nicht als Bericht an
die Stasi ausgeben. Sie sind aber so raffiniert, dass
sie es trotzdem so erscheinen lassen, weil diese
Dokumente in der Stasi-Unterlagen-Behörde von Marianne
Birthler gefunden worden waren" (sh. die standardmäßige
Darstellungsweise, wie sie auch präsentiert wird in dem
Artikel
"DDR-VERGANGENHEIT –
Stasi-Akten bringen Gysi in Bedrängnis",
20.5.2008). Der Bericht durch den Postboten Gysi ans
Zentralkomitee wird ihm also einfach nur klammheimlich
als Bericht an die Stasi untergejubelt, indem man
möglicherweise sogar absichtlich ein Verwirrspiel mit
den Archivierungs-Orten betreibt.
Die FAZ hat sich ausnahmsweise einmal sehr verdient gemacht durch die
Veröffentlichung des folgenden Artikels von Mechthild
Küpper: "Hat Gregor Gysi der Stasi zugearbeitet? –
Havemanns 'Postbote zum ZK'", faz.net,
28.5.2008. Darin heißt es:
Unkenntnis der "Abläufe im SED-Staat"
Den Berliner Zeithistoriker Manfred Wilke stört an der
Debatte über Gysis Arbeit für die Stasi, dass sie von
einer Unkenntnis der "Abläufe im SED-Staat" zeuge. Gysi
sei vom Politbüro der SED, das über alles entschied, was
mit Havemann zusammenhing, zum Pflichtverteidiger
Havemanns bestimmt worden. Seine Aufgabe als Anwalt sei
es gewesen, das Verfahren gegen Havemann "rechtsförmig
zu machen", nicht etwa, sich als Vertreter seines
Mandanten zu verstehen. "Ob er auch IM war", sagte Wilke
am Mittwoch, sei eine "dusselige Geschichte"; er halte
es "sogar für unwahrscheinlich". Parteifunktionäre seien
im Grund nicht von der Stasi angeworben worden, sie
hätten ohnehin mit den Staatsorganen zusammengearbeitet.
Man müsse, um Gysis Rolle als Anwalt in der DDR richtig
zu verstehen, den "Akzent anders setzen" und die
Konstruktion des SED-Staats "endlich ernst nehmen".
Wilke und seine Frau Karin haben Havemann in den Jahren
seiner Isolation häufig besucht; Havemann habe Gysi als
seinen "Postboten" zum ZK gesehen.
Auf diese anwaltliche
Rolle bezog sich offenbar auch Gysis Äußerung:
"Vom Leben in der DDR haben Sie keine Ahnung", sagt er. "
Sie werden keinen Abgeordneten finden, der sich so für Robert Havemann
eingesetzt hat wie ich". Gysi wirkt betroffen, er redet
leise und temperamentlos. Der begabte Rhetoriker liest
vom Blatt. Bezichtigt Birthler "im Zusammenspiel mit den
anderen Parteien" der Verschwörung. Seine Rolle zwischen
Staatsmacht und Dissidenten sieht er so: "Ich war schon
damals so souverän wie heute". Es soll trotzig klingen,
aber es wirkt hilflos und geht unter in empörten
Zwischenrufen.
(Sh.
"Herrschende Meinung", tagesspiegel.de,
29.5.2008.)
Tatsächlich konnten die jahrelangen Diffamierungs-Kampagnen der Abzocker
an Gysi nicht spurlos vorübergehen. Seine drei Herzinfarkte und seine
schwere Gehirnoperation sind dabei anscheinend nur ein
willkommene Nebeneffekte für die neoliberale Hetz-Meute.
Von deren Wähler-Betrug hebt sich wohltuend das
Interview ab, dass der Historiker Manfred Wilke der
Mitteldeutschen Zeitung gegeben hat (sh.
"Die Kernfrage ist: Welchen
Parteiauftrag erfüllte Gregor Gysi?",
mz-web.de,
1.6.2008):
Wilke: Wenn er behauptet, er habe die
Stasi nicht nötig gehabt, stimmt das. Gysis
Aufgabe war, Havemann im Sinne der SED zu
bearbeiten, nicht ihn zu vertreten.
Hat Gysi Havemann geholfen, wie sein Sohn
behauptet?
Wilke: Aus meiner Sicht hat Gysi, klug
wie er ist, dafür gesorgt, dass Dummheiten
verhindert wurden. Er hat für die Beendigung des
Hausarrests gesorgt, der das Interesse des
Westens an seinem Fall geschürt hat und
versucht, die ganze Sache zu entdramatisieren.
Hat er ihm aufs Ganze mehr genutzt oder
geschadet?
Wilke: Havemann hat mir selbst gesagt, er
sehe in Gysi seinen Postboten zum Zentralkomitee
der SED.
Sind die jetzt veröffentlichten Dokumente
geeignet, Gysi als Spitzel zu überführen?
Wilke: Gysi war kein Spitzel. Er hat
einen Parteiauftrag zum Kampf gegen einen Feind
des Sozialismus ausgeführt. Aber kleinreden will
ich seine Rolle im Fall Havemann nicht. Es war
ein politischer Kampf.
Allerdings haben Manfred Wilke und Gregor Gysi nicht recht, falls sie die
Diffamierungs-Kampagnen teilweise mit Ignoranz der Täter
erklären wollen. Die neoliberalen Meinungsmacher
finden doch sonst alles heraus, was ihrem Wählerbetrug dient.
So nachsichtig hat es Gysi aber nicht gemeint. Offensichtlich
schwer betroffen von so viel Niedertracht sagte er:
"Seit Jahren versuchen sie mit allen Mitteln, mich zu
beschädigen und meine Partei zu treffen." Dies geschehe
"frei von Kenntnissen und böswillig". Tatsächlich habe
er nie mit der Stasi zusammengearbeitet.
(Sh.
"Gysi bestreitet erneut wissentliche IM-Tätigkeit",
sz-online.de,
29.5.2008.) Und
kämpferisch fügte er hinzu:"
Sie sind verzweifelt über den Erfolg der Linken ... Ihre Hoffnung ist,
dass ich rausgehe aus der Politik", sagte Gysi am Mittwoch in
Berlin. Es gehe darum, ihn als Person "fertig zu
machen", meinte Gysi. Auf diese Art und Weise sei er
aber "nicht zu schaffen".
(Sh. "Gregor
Gysi – Streit um Stasi-Akten eskaliert", focus.de,
28.5.2008, und hier
Diffamierungs-Resistenz.htm über die FOCUS-Kampagne gegen Peter Porsch.)
Wenn den neoliberalen Volksbetrügern nicht nur daran gelegen wäre,
einen Gegner ihrer Umverteilung nach oben kaltzustellen, dann
hätten sie mit Sicherheit auch die Söhne der
verstorbenen Gysi-Mandanten und DDR-Regime-Kritiker
Robert Havemann und Rudolf Bahro befragt. Deren
Befragung durch die Mitteldeutsche Zeitung gibt ein
völlig konträres Bild zur veröffentlichten "Meinung" der
Profiteure:
Florian Havemann, Sohn von Robert Havemann, würdigte die
Arbeit von Gysi als Anwalt für seinen Vater in der DDR.
"Unabhängig von der Frage, ob Herr Gysi IM war, was ich
nicht beurteilen kann, hat er im Sinne unseres Vaters
gehandelt", sagte Havemann der in Halle erscheinenden
"Mitteldeutschen Zeitung".
"Unser Vater wollte über Gregor Gysi eine Verbindung zur
Parteiführung herstellen. Das ist ihm gelungen. Ab dem
Zeitpunkt, als er Anwalt unseres Vaters war, hat es
keinen Prozess mehr gegeben." Dass nun wieder Vorwürfe
gegen Gysi erhoben würden, habe politische Gründe, die
im Erstarken der Linken zu suchen seien, meinte
Havemann.
Der Sohn des DDR-Dissidenten Rudolf Bahro, Andrej Bahro,
hat die Debatte im Bundestag als Tribunal bezeichnet.
Bahro sagte in Berlin: "Das war eine
Tribunalveranstaltung, wie ich sie im Bundestag noch
nicht gesehen habe." Es sei eine der schlechtesten
Stunden der Demokratie gewesen.
"Die jahrelange Jagd auf ihn hat ihn gesundheitlich
ruiniert." Es sei richtig gewesen, eine solche
Debatte nicht direkt zu verfolgen. Wären Gysis damalige
Mandaten wie sein Vater nicht tot, "wären sie ihm jetzt
ganz sicher beigesprungen".
Er persönlich zolle Gysi Respekt, sagte Bahro. Gysi
hatte in der DDR als Anwalt auch den Politiker und
Philosophen Rudolf Bahro vertreten, der 1979 in die
Bundesrepublik abgeschoben worden war.
Deutschland wäre schon sehr geholfen, wenn die aufgeplusterten
neoliberalen Charaktermasken und Söldner des Medienkapitals auch nur
eine Spur von dem Charakter hätten, den Gysi unter den
schwierigsten Bedingungen bewiesen hat und vor allem weiterhin
beweist in einer Zeit, wo es für den Opportunismus nicht
einmal der äußeren Gewalt bedarf, sondern die innere
Gier schon reicht. Diese Opportunisten hatten schon seit Jahren Gelegenheit, sich
mit den Anerkennungen von Florian Havemann und Adrej Bahro
für Gysi öffentlich auseinanderzusetzen. Der Tagesspiegel zitiert
nun aus dem Interview in der Mitteldeutschen Zeitung
zumindest drei knappe Zeilen, betet aber ansonsten die
"Herrschende Meinung" der herrschenden Profiteure nach
(Sh.
"Herrschende Meinung", tagesspiegel.de,
29.5.2008.)
Die üblen Verleumdungen kamen von
den neoliberalen Parteien und ihren
Medien, aber am "liederlichsten"
einmal wieder von den
"Christlichen", die Gysi
"liederlichster Verrat an seinen
Mandanten" vorwarfen (sh.
"Gysi
trifft Söhne von Havemann und Bahro",
morgenpost.de,
17.8.2008). Die Söhne boten sich
bereitwillig als Zeugen für Gysi an:
Er habe die Ziele seiner beiden
damaligen Mandanten durchgesetzt. Im
Falle eines Verfahrens gegen Gysi
boten sie sich als Zeugen dafür an…
Beide Söhne mahnten zu einem
kritischen Umgang mit den Akten: Die
Stasi-Akten allein dienten nicht der
Wahrheitsfindung.
(Ebenda.) Damit wollen sich die
neoliberalen Volksverdummer mit
ihrem sogenannten
"Immunitätsausschuss" aber immer
noch nicht abfinden:
Der Immunitätsausschuss des
Bundestags erteilte Birthler Ende
Juni den Auftrag, systematisch nach
weiteren Aktenvermerken über Gysi zu
suchen, die seit 1998 aufgetaucht
sind. Vor zehn Jahren hatte das
Gremium nach einem
Überprüfungsverfahren bereits
mehrheitlich den Beschluss gefasst,
eine IM-Tätigkeit Gysis für erwiesen
zu erklären.
(Ebenda).
Äußerer Anlass für die Neuauflage der Kampagnen im Mai 2008 war eine
Fahrt des prominenten Dissidenten-Anwalts Gysi in seinem
Trabi am 3. Oktober 1979, bei der er einen jungen Systemgegner und Freund
seines Freundes Robert Havemann mitgenommen hatte. Dazu schreibt die
Sächsische Zeitung in dem zitierten Artikel vom 29.5.2008:
Bei einem Treffen von Gysi mit Havemann 1979 sei ein
dritter Mann zugegen gewesen, der damals 19-jährige
Thomas Erwin.
Erwin, der später den
Mädchennamen seiner Mutter, Klingenstein, annahm, war
wegen regimekritischer Äußerungen nicht zum Studium
zugelassen worden. Er hatte sich mit Havemann
angefreundet und war mehrfach im Haus des Dissidenten in
Grünheide zu Gast.
An einem Abend im Oktober 1979 nahm ihn Gysi in seinem Trabant mit
nach Berlin. Außer ihnen beiden sei niemand im Auto gewesen,
berichtete Klingenstein jetzt. In der Stasi-Akte wurde vermerkt:
"Der IM nahm 'Erwin'‘ mit in die Stadt und erfuhr zur
Person folgendes: Alter: 19 Jahre, Abiturient, negativ
eingestellt." Klingenstein wurde ein Jahr später
verhaftet und in den Westen abgeschoben.
Nach Klingensteins Meinung und nach Darstellung Birthlers war
dieser IM Gregor Gysi. Die Unterlagen würden das bestätigen, was der
Immunitätsausschuss des Bundestages bereits 1998 mit der
Mehrheit seiner Mitglieder festgestellt hatte: Gysi habe
sich als Anwalt "in die Strategien des MfS einbinden
lassen, selbst an der operativen Bearbeitung von
Oppositionellen teilgenommen und wichtige Informationen
an das MfS weitergegeben".
Gysi bestreitet dies seit Jahren. Zum Fall "Erwin"
sagt er, er habe über den jungen Mann möglicherweise mit einem
Mitarbeiter des Zentralkomitees der SED gesprochen, nicht aber mit der
Stasi.
(Sh.
"Gysi bestreitet erneut wissentliche IM-Tätigkeit",
sz-online.de,
29.5.2008, und
Wikipedia:
Thomas Klingenstein.)
Es
wundert nicht, dass der "Immunitätsausschuss des
Bundestages bereits 1998 mit der Mehrheit" seiner
neoliberalen Mitglieder Gysi zum IM machen wollte und
dass diese Rufmörder auch später gegen konträre
gerichtliche Feststellungen immun waren. Dazu Gysi:
Man
könnte ja mal zur Kenntnis nehmen, dass die Gerichte in
Berlin und Hamburg die Behauptung untersagt haben, ich
sei Stasi-IM gewesen, weil es dafür eben keine Beweise
gibt. Ich glaube, bei 99 Prozent der Bevölkerung würde
man das akzeptieren. Bei mir nicht.
(Sh.
"Gregor Gysi – 'Die haben keinen blassen Dunst'",
fr-online.de,
6.6.2008).
Die Erlaubnis zur Veröffentlichung der "Enthüllungen"
zum Fall Erwin war zunächst
strittig. Aber
Gysi hatte kürzlich seine Berufung gegen die Veröffentlichung der Dokumente
darüber zurückgenommen, da sie schon längst publik seien.
(Sh.
"Marianne Birthler: 'Nur Gysi kann der IM gewesen sein'",
stern.de,
28.5.2008.)
Interessant an der obigen Darstellung in der Sächsischen Zeitung ist die Passage:
"Der IM nahm ,Erwin‘ mit in die Stadt und erfuhr zur
Person folgendes: Alter: 19 Jahre, Abiturient, negativ
eingestellt." Klingenstein wurde ein Jahr später
verhaftet und in den Westen abgeschoben.
Sie kann den Anschein erwecken, als ob Gysi durch angebliche
Enthüllungen gegenüber der Stasi zur Verhaftung des jungen Mannes
beigetragen und ihm dadurch geschadet hätte.
Tatsächlich hat man aber die Passage um einen wichtigen Teil verkürzt,
denn der Deutsche Depeschendienst zitiert sie wie folgt:
«zur Person folgendes: Alter: 19 Jahre, Abiturient,
negativ eingestellt. Er hätte einen Protestbrief
geschrieben, der Inhalt würde sich gegen den Ausschluss
einiger Schriftsteller aus dem Schriftstellerverband
richten».
(Sh. "Wie Rechtsanwalt
Gysi mit der Staatsmacht kommunizierte",
DDP,
22.5.2008.)
In Wirklichkeit war während der angeblichen Trabi-Fahrt also klar, dass die
DDR-Behörden durch das Protestschreiben und seine Äußerungen in der
Schule schon längst von der "negativen Haltung" des Systemkritikers wussten. Sie
kannten natürlich auch seine persönlichen Daten,
spätestens durch die Verweigerung des Studienplatzes.
Der DDP-Bericht stellt das etwas anders dar:
Abschließend heißt es zu «Erwin» in der Akte: «Person
wurde bisher operativ nicht bekannt.» Im Klartext
bedeutet dies, dass die Stasi ihn noch nicht kannte.
Ärger mit der Staatsmacht hatte der junge Lyriker Thomas
Erwin aber bereits: Man verweigerte ihm die Aufnahme
eines Studiums, nachdem er in der Schule seine
oppositionelle Haltung offen gezeigt hatte.
Dass die "Person … bisher operativ nicht bekannt" war,
muss doch nicht bedeuten, dass dieser allgegenwärtigen Behörde gar
nichts über deren offene Systemkritik bekannt war. Immerhin war der
besagte Protestbrief an den Staatsrat gerichtet.
Auch in dem DDP-Bericht wird eingeräumt:
Ob Gysi IM war oder von der Stasi in Akten nur als IM
bezeichnet wurde, um seiner Person bei ihm ohne sein
Wissen «abgeschöpfte» Informationen zuzuordnen, bleibt
strittig nach den Maßstäben, nach denen sich der
Linke-Politiker eingeschätzt wissen will. Eine
Verpflichtungserklärung für eine IM-Tätigkeit liegt
nicht von ihm vor. Es gilt jedoch schon als fraglich, ob
ein treues SED-Mitglied für eine solche Erklärung in
Frage gekommen wäre, denn die Stasi war «Schild und
Schwert» dieser Partei.
Sehr aufschlussreich zu diesen und anderen Fragen ist
das bereits zitierte Interview, dass Gregor Gysi am
6.6.2008 der Frankfurter Rundschau gegeben hat (sh.
"Gregor Gysi – 'Die haben
keinen blassen Dunst'",
fr-online.de,
6.6.2008). Weitere Einzelheiten über die kafkaesk
verschlungene Informations-Dosierung und Verfälschung
mit anonymisiertem Absender aus dem "Heiligtum"
Zentralkomitee gegenüber der Stasi-Mitarbeitern unter
falschem Namen findet man in dem Interview von Gregor
Gysi mit der Süddeutschen Zeitung:
"Stasi-Vorwürfe gegen Gregor
Gysi - Ich war Anwalt, frech und ging an die Grenzen",
sueddeutsche.de,
26.6.2008.
Geschadet hätte Gysi
dem Systemkritiker durch die Stasi-Abschöpfung des Berichts über das bereits
Bekannten auch nicht wirklich, denn nach etwa vier
Monaten Haft durfte Klingenstein endlich in die
Bundesrepublik ausreisen. Dies geschah wahrscheinlich
wie üblich durch Freikauf, nachdem Prominente aus dem
Westen gegen die Verhaftung protestiert hatten.
Die DDR hat sich bekanntlich mit dem Freikauf von Regime-Kritikern durch
die Bundesrepublik ("Menschenhandel") dringend benötigte
Devisen für ihre gescheiterte Planwirtschaft besorgt. Für diese
Ausreise-Chance musste der Regimekritiker wohl mindestens
kurzfristig eingesperrt werden. Das bedeutet aber
nicht, dass Gysi dem Freund seines Freundes Havemann
durch "Fürsprache" beim ZK dabei geholfen hat.
Soweit Gysi überhaupt eine Verteidigung braucht, ergibt sich diese schon aus
den diffamierend gemeinten richtigen Aussagen der Inquisitoren von SPD und Grünen, Stephan Hilsberg
und Wolfgang Wieland, wie auch durch die Aussagen der
angeblichen Opfer:
"Nicht der IM-Titel ist wichtig, sondern die Frage, wie eng Gysis
Verhältnis zu Stasi war", sagt Stephan Hilsberg. "Ein Anwalt muss auch
mit dem Teufel reden – aber im Interesse des Mandanten,
nicht im Auftrag des Teufels", meint Wolfgang Wieland.
Und noch jemand meldet sich am Mittwoch zu Wort.
Florian, Robert Havemanns Sohn. Gysi hat "im Sinne
unseres Vaters gehandelt", sagt er der "Mitteldeutschen
Zeitung". Und der Sohn des DDR-Dissidenten Rudolf Bahro,
Andrej, den Gysi ebenfalls verteidigt hatte, nennt die
Debatte eine der schlechtesten Stunden der Demokratie.
"Das war eine Tribunalveranstaltung".
(Sh.
"Herrschende Meinung", tagesspiegel.de,
29.5.2008, worin der
Tagesspiegel immerhin der Hetze den sehr kurzen Hinweis
auf die Äußerungen der
Dissidenten-Söhne entgegensetzt.) Hilsberg und Wieland
handeln selbst "im Auftrag des Teufels", durch ihr
"falsches Zeugnis" gegen Gysi. Damit
verschaffen sie sich selbst und den übrigen Profiteuren objektiv weitere
Vorteile bei der Umverteilung nach oben, unterstützen
die Täter gegen deren Opfer.
Bei dieser "teuflischen" Hexenjagd waren sie geborgen in
der üblichen
Hetzmasse, die
alles tat, um die Richtigstellungen durch Gysi mit
Zwischenruf-Salven zu verhindern (sh. die weitgehend
überschrieene Rede von Gysi "So schaffen Sie letztlich
weder mich, geschweige denn die Linke",
linksfraktion.de,
28.5.2008). Die hysterische oder treuherzig
gespielte Selbstgefälligkeit der "Ankläger" erinnert
teilweise schon an den Volksgerichtshof.
Vielleicht ist der eine oder andere aufgebotene Hetzer
durch erlittenes DDR-Unrecht so traumatisiert, dass er
selbst nicht mehr zwischen Recht und Unrecht unterscheiden kann.
Solche "mildernden Umstände" gelten aber nicht für den
Rest der Meute. Außerdem gab es auch in der DDR sogar Rechtsradikale und
natürlich auch neoliberale Heuchler, die noch heute aus
Gier alles
für die Umverteilung nach oben in ihre eigenen Taschen
tun gegen jene, die diese Selbstbedienung aus dem
Volkseinkommen blockieren könnten.
Ein Kommentator musste zugeben, dass die Hetzkampagnen die Linke,
also die Gegner der asozialen Umverteilung nach oben, nur noch mehr
untereinander verbinden. Dennoch profitieren die
neoliberalen Volksverdummer bewusst von ihrem Wählerbetrug,
denn ohne solche Diffamierungs-Kampagnen in ihren Podien
und Medien wären die Umfrage-Ergebnisse der Linken und
ihrer Spitzenpolitiker mit Sicherheit noch wesentlich
besser. Gerade dies soll ja durch die Diffamierungen
verhindert werden.
Am 2.7.2008 gab es einen Bericht bei ZDF HEUTE , wonach
Gysi gegen das ZDF bei einem weiteren Prozess in dieser
Sache vor dem Landgericht Hamburg unterlegen war.
ZDF-Chefredakteur Nikolaus Brender ließ es sich nicht
nehmen, persönlich durch Film-Einblendung diesen Erfolg
seines Anti-Links-Proporz-Senders zu verkünden:
Man dürfe weiterhin öffentlich verbreiten, dass Gysi
nach den "Recherchen" von Marianne Birthler und
angeblichen eigenen ordentlichen Recherchen "willentlich
und wissentlich an die Stasi berichtet" habe.
Trotzdem ist Brender dem
"christlichen" stellvertretenden
ZDF-Verwaltungsratschef und
hessischen Ministerpräsidenten
Roland Koch anscheinend noch nicht
rechts genug. Angeblich müsste
Brender mehr Erfolg bei der
Quotenjagd bringen. Da aber Koch
beim ZDF nicht allein regiert,
konnte er Brender trotz
Unterstützung durch die
Ratsmitglieder Edmund Stoiber, den
Merkel-Vertrauen Willi Hausmann und
weiterer "christlicher"
Strippenzieher bisher nicht nach
Berlusconi-Art abservieren. Bei
früheren Gelegenheiten hatte die CDU
mehr Erfolg mit ihrer "strukturellen
Mehrheit" im Verwaltungsrat, so z.B.
im November 2002 bei der
Verhinderung von Hans Janke als
Programmdirektor. Dazu heißt es in
der neuen musik zeitung vom
2.3.2009:
Koch und die anderen
Unions-Politiker argumentierten,
Janke, der kein Parteibuch hat, sei
«zu links». Der von der Union
favorisierte Leiter der
ZDF-Hauptredaktion
Innenpolitik, Thomas Bellut, bekam
den Posten.
(Sh.
"Koch
beeinflusste schon vor dem Fall
Brender ZDF-Personalien",
nmz.de,
2.3.2009.) Wenn man sich die
Unterstützer von Brender anschaut,
geht es beim ZDF wohl doch weniger
um einen Proporz von Rechts und
Links, sondern eher von Neoliberalen
und äußersten Rechten.
Der Triumph der neoliberalen Propaganda
gegen Gysi währte nicht
lange. Das Landgerichtsurteil wurde durch das
Oberlandesgericht Hamburg kassiert. In einem Artikel vom
1.8.2008 musste sogar DIE WELT die Kernaussagen des
Oberlandesgerichts zu den ZDF-Darstellungen und die
Antwort von Links wie folgt zitieren:
Vielmehr beruhe die hier vorliegende Berichterstattung
auf einer "unzureichenden Recherche" und sei "insgesamt
unausgewogen", hieß es in dem Urteil.
"Damit hat sich bestätigt, was Gregor Gysi von Anfang an
erklärte, dass die Behauptung von Frau Birthler falsch
und eine üble Nachrede ist", erklärte der Sprecher der
Linksfraktion, Hendrik Thalheim.
(Sh.
"STASI-VORWÜRFE – Gysi siegt
vor Gericht gegen ZDF", welt.de,
1.8.2008). Nikolaus Brender lässt nun verlauten, dass er
dagegen in die nächste Instanz geht, weil er die "üble
Nachrede" gegen Links für "freie Berichterstattung"
hält.
In einem Interview mit Gysi behauptete der
ZDF-Journalist Peter Frey sogar, sein Sender habe Gysi
fair behandelt:
ZDF: Die
Frage aber ist: Warum klagen Sie gegen die Medien und
warum nicht gegen Marianne Birthler und ihre Behörde?
Gysi: Ja,
weil die sich in einer Art wichtig nimmt, verstehen Sie,
das muss ich nicht noch unterstreichen. Ich möchte, dass
die Medien mich fair behandeln. Sie soll doch quakkeln,
was sie will. Im Augenblick geht die ja in jeden Raum
rein, wo sie irgendwas gegen mich sagen kann. Sie
scheint irgendwie fixiert zu sein. Übrigens, wissen Sie,
was das Problem ist? Dass die Behörde eine andere
Auffassung hat als sie. Ich kann Ihnen zwei Beispiele
nennen: Die Behörde hat gesagt, die Unterlagen haben gar
nichts mit mir zu tun, und sie sagt dann plötzlich, ach,
sie ist einer anderen Auffassung. Aber das ist ein
längeres Thema, können wir lassen. Ich möchte gerne,
dass das ZDF und auch andere, die Zeitungen, der
Rundfunk, mich fair behandeln, OK?
ZDF:
Das haben wir getan, das können wir auch weiter tun, wir
reden ja auch jetzt miteinander.
(Sh.
"Man muss doch miteinander reden können", zdf.de,
3.8.2008.)
Gern wollte Peter Frey auch
über die Vorzüge von Hartz IV aus Sicht der
bestbezahlten Meinungsmacher reden, denn in den
neoliberalen Proporz-Gremien seines Senders kann man mit
den Linken nicht darüber reden, weil sie dort
ausgeschlossen sind (sh.
"ZDF
im Parteibuch Lexikon"
und Institut für soziale Dreigliederung:
"ZDF-Verwaltungsrat
als Inkompetenzlösung",
Seiten besucht am 4.8.2008).
ZDF:
Aber immerhin haben die Sozialdemokraten mit ihrer
Arbeitsmarktpolitik, die Sie ja groß gemacht hat,
Stichwort Hartz IV, doch wenn man es mal in der
Perspektive sieht, in den letzten drei, vier Jahren die
Grundlage geschaffen, dass viele neue Arbeitsplätze in
Deutschland entstanden sind - anderthalb Millionen.
Haben Sie sich mit Ihren Protesten da nicht getäuscht?
Sind Sie zu scharf vorgegangen?
… Ist Hartz IV eine
Voraussetzung für den Aufschwung gewesen?
Gysi: Nein,
das ist ja Unsinn. Den Aufschwung haben wir
international und das hat mit Hartz IV überhaupt nichts
zu tun. Dieser Aufschwung im Unterschied zu früheren
Aufschwüngen, hat relativ wenig gebracht. Etwa 10 bis
15, maximal 20 Prozent nehmen an dem Aufschwung teil, 80
Prozent haben davon nichts. Ich bitte Sie, wir sind die
einzige Industriegesellschaft mit sinkenden Reallöhnen,
mit sinkenden Realrenten, mit sinkenden realen
Sozialleistungen. Ganz im Unterschied selbst zu den USA,
zu Frankreich, zu Großbritannien oder Schweden - da gibt
es Mindestlöhne von über acht Euro die Stunde, davon
kann man ja in Deutschland nur träumen. Wir sind die
Industriegesellschaft mit dem prozentual größten Anteil
eines Niedriglohnsektors, da kann man doch nicht
zufrieden sein. Die Regierung muss mal etwas dagegen
tun.
ZDF: Sagen
Sie mal, ob Sie dem Satz zustimmen: Sozial ist was
Arbeit schafft.
Gysi: Das ist
mir viel zu einfach. Arbeit in Würde bitte, das ist mir
wichtig. Es muss auch um gute Arbeit gehen und die muss
gut bezahlt werden. Wir haben Jobs in Deutschland, da
arbeiten die Leute für einen Lohn, das würden wir beide
nie machen - die knüppeln die ganze Woche. Nein, da muss
sich etwas verändern. Natürlich, Arbeit ist wichtig,
aber dazu gehört ein anständiger Lohn.
Freys Fragen gaben zugleich Gelegenheit zu neoliberaler
Propaganda und zur Diffamierung der Linken als Gegner
der Umverteilung nach oben. Für Wählerbetrug werden
allerdings "Löhne" gezahlt, die die Hartz-IV-Opfer mit
ihrer ordentlichen Arbeit und vielen Überstunden nie
erreichen können.
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im Abschnitt:
Was sagen amerikanische Ökonomen zu Steuersenkungen für
"Bestverdiener" und Meinungsmacher? Was bringt dagegen
die Rossäpfeltheorie?