Zurück zu Journal-1.htm

Weiter zu Journal-3.htm

Zurück zu rossaepfel-theorie.de




 


 

6./14.11.2009, einzufügen bei Linksbuendnis.htm

Sozialdemokratie: Weiterhin "wertfreier" Verrat oder Rückbesinnung auf Werte?

 

 

Mit der Umverteilung nach oben durch die fünf- und sechsstelligen jährlichen Steuergeschenke für Abgeordnete, Minister, neoliberale Meinungsmacher und Einkommensmillionäre auf Kosten der Ärmsten haben die ehemaligen Sozialdemokraten das soziale Gewissen und damit die Werte ihrer Partei verraten. Zu den Ergebnissen dieser Politik schreibt das WAZ-Medienportal DER WESTEN am 6.11.2009 unter der Überschrift: "Zukunftskonvent - SPD-Sozialexperte rechnet mit Müntefering und Schröder ab":

 

Rudolf Dreßler, einst das soziale Gewissen der SPD, meldet sich zurück. Auf dem SPD-Zukunftskonvent in Oberhausen saß er in der ersten Reihe. Im WAZ-Gespräch rechnet Dreßler ab mit der für ihn so bitteren Ära Schröder, Müntefering und Steinmeier. Lob gibt's dagegen für Oskar Lafontaine.

 

Am Ende der Agenda-Politik steht für Alt-Sozialdemokrat Rudolf Dreßler eine verheerende SPD-Bilanz: "400 000 Mitglieder, sechs Ministerpräsidenten, tausende Mandate und über 10 Millionen Stimmen gingen verloren." Schröder, Clement und Steinmeier hätten aus der SPD eine Beliebigkeitspartei gemacht. "Über 100 Jahre hatte die SPD milieuübergreifend eine Identität; die SPD war unverwechselbar. Diese Identität hat Schröder der SPD genommen."
 

 Immer wieder habe sich die Parteispitze den Liberalen und der CDU als mögliche Koalitionspartner angebiedert, urteilt Dreßler. "Stattdessen hat man lieber die Linke beschimpft, die nun die offenen SPD-Positionen besetzt. Das konnte nicht klappen."
 

Diese sozialdemokratischen Werte werden von den Pseudo-Sozialdemokraten immer noch als "Ideologie" diffamiert, obwohl die Ideologie doch zu allen Zeiten vor allem der Umverteilung nach oben diente  durch die verlogenen Rechtfertigung der Selbstbedienung aus dem Volkseinkommen zugunsten der Absahner. So sagte z.B. der Sprecher des neoliberalen Seeheimer Kreises Klaas Hübner im Deutschlandradio: Die Reformdebatte müsse "wertfrei und ideologiefrei" sein. (Sh. "Seeheimer Kreis unterstützt Gabriels Thesen", dradio.de, 23.10.2009.)

 

Zu dieser Ideologie gehört auch, dass man die Abweichler vom wahren Glauben der Selbstbedienung diffamiert. Dazu heißt es in dem WAZ-Artikel weiter:

 

Dreßler bricht eine Lanze für seinen alten Weggefährten Oskar Lafontaine: "Ich habe den Kontakt nie abgebrochen. Oskar Lafontaine hat seine Positionen im Gegensatz zu Steinmeier und Schröder nicht verändert. Ich respektiere ihn. Er ist ein seriöser politischer Partner." Überhaupt dürfe man Verhandlungen mit der Linken nicht ausschließen. "Es geht nur um Inhalte. Und da sage ich: Man kann nicht die Linke ignorieren und mit der FDP reden."

 

Dennoch meint Dreßler, dass die schnelle Nominierung des weniger belasteten Sigmar Gabriel für das Amt des Parteivorsitzenden richtig war. Andernfalls hätte sich der Schröder-Kompagnon Frank Walter Steinmeier, der sich schon in aller Eile als vorläufiger Fraktionsvorsitzender einsetzen ließ, auch noch als Parteivorsitzender nominieren lassen (sh. ebd.). Auch Gabriel trifft als Kabinettsmitglied seit 2005 (Umwelt) eine erhebliche Mitverantwortung. Die Nominierung der angeblich linken Andrea Nahles als SPD-Generalsekretärin scheint jedoch problematischer. Dazu der glaubwürdige frühere SPD-Bundestagsabgeordnete Peter Conradi:

 

Wer problemlos hintereinander für die Parteichefs Beck, Müntefering und Gabriel arbeite, könne für sich nicht in Anspruch nehmen, »links« zu sein. »Ich werde sie in Dresden nicht wählen«,

 

(Sh. "Die SPD-Linke muckt auf", neues-deutschland.de, 9.11.2009. Zur relativistischen Einordnung von Andrea Nahles durch die Neoliberalen als "Linke" siehe auch hier rossaepfel-theorie.de/Mindestlohn.htm.)

Ohne Rudolf Dreßler und Ottmar Schreiner in Spitzenpositionen der SPD kann dieser Verein kaum seine Glaubwürdigkeit als sozialdemokratische Partei zurückgewinnen.


Schreiner gehörte zu den von Müntefering so titulierten sechs "feigen und kleinkarierten" Abweichlern, die sich einen "weißen Fuß" machten - um den weiteren Verrat an der Sozialdemokratie zu verhindern! Dazu gehörte auch Klaus Barthel, der sich nun ebenfalls um eine künstliche Wiederbelebung der Sozialdemokratie bemüht:

 

Die Bayern-SPD hat am Sonntag ihr "Linkes Forum" nach langer Zeit reaktiviert. Zu den Initiatoren gehören der Bundestagsabgeordnete Klaus Barthel und die Landtagsabgeordnete Adelheid Rupp. Kritik übten die Genossen vor allem am Leitantrag der SPD-Spitze, der auf dem Parteitag beschlossen werden soll. Darin steht, die SPD habe in alle Wählergruppen Stimmen verloren, weshalb sich ein Linksruck verbiete. "Das ist der Versuch der Führung, sich reinzuwaschen", hieß es in Bayern. Richtig sei, dass die SPD vor allem an die Nichtwähler sowie die Linken und Grünen verloren habe. Für den Parteitag Mitte November haben sie ein Positionspapier beschlossen. "Wenn die Linke eine Galionsfigur hätte, wäre auf dem Parteitag eine Gegenkandidatur um den SPD-Vorsitz nicht ausgeschlossen", sagt eine Genossin

 

(Sh. "SPD-Flügel formieren sich neu", handelsblatt.com, 2.11.2009.)

 

----------------


Dreßlers Vertrauensvorschuss für Sigmar Gabriel wurde einigermaßen gerechtfertigt durch Gabriels Rede am 14.11.2009 auf dem SPD-Parteitag in Dresden. Dazu Dreßler in einen DLF-Interview mit Jürgen Zurheide:

 

…der neue Parteivorsitzende Gabriel hat zu Beginn seiner Rede eine wichtige Feststellung gemacht - dass er sich zu seiner politischen Verantwortung bekenne, denn er sei die letzten elf Jahre immer dabei gewesen. Ich sage es mal mit meinen Worten. Das war eine wichtige Feststellung, die man vom ausscheidenden Parteivorsitzenden nicht gehört hat, und zwar zu keinem Zeitpunkt gehört hat. Die hat man auch noch nicht vom neuen Fraktionsvorsitzenden gehört, von Steinmeier, der heute Morgen reden wird. Wir werden sehen, wie er das nun formuliert, seine eigene, politische Verantwortung für die letzten elf Jahre. Gabriel hat das in einen, glaube ich, wichtigen Satz, in eine wichtige Feststellung gekleidet, er hat gesagt, dass die SPD sich in der Vergangenheit der herrschenden Meinung der neoliberalen Wirtschaftspolitik angepasst habe und hat sich da mit einbezogen, und dass dieses offensichtlich - das ist ja der Analogieschluss - ein Fehler war.

 

(Sh. "Dreßler wertet Gabriel-Rede als ersten Schritt zu Neuanfang der SPD", dradio.de, 14.11.2009.)
Zur Ursache allen Übels fragte Zurheide:

 

Kommen wir mal zu so einem Satz, der natürlich auch belegt ist. Gibt es so etwas wie linke Wirtschaftspolitik? Gerhard Schröder hat das mal bestritten. Sie haben es immer anders gesehen. Was glauben Sie, wie die SPD sich da entwickeln wird bei so einem Satz?

 

Darauf Dreßler:

 

Ich hielt und halte diesen Satz, um es höflich zu sagen, für Quatsch. Es ist nichts anderes als eine rhetorische Floskel. In dem Moment, wo die FDP ihre wirtschaftspolitischen Leitideen kundtut, die CDU, CSU, alle Parteien und damit auch die SPD, werden Unterschiede erkennbar, und diese Unterschiede, die machen nun genau den Inhalt aus, den dann die christdemokratische, die freidemokratische oder die sozialdemokratische Philosophie von Wirtschaftspolitik beinhaltet…

 

Der Kern der neoliberalen Wirtschaftspolitik ist die Arbeitsplatzvernichtung durch Umverteilung nach oben zu Lasten den Volkseinkommens und seiner Produzenten (sh. hier rossaepfel-theorie.de). Diese Umverteilung entspricht dem realen "Liberalismus" der FDP und ihrer Kundschaft. Sie verstößt gegen die Verfassung eines sozialen Rechtsstaates, gegen die christliche Soziallehre und noch mehr gegen eine arbeitsplatzschaffende Wirtschaftspolitik von linken Parteien. Die bereitwillige Gefolgschaft von Schröder und Konsorten gegenüber Reagan, Thatcher, BILD, BamS und neoliberalen Glotze-Meinungsmachern ist also nicht nur "Quatsch" und asozial, sondern ideologische Rechtfertigung ihrer Arbeitsplatzvernichtung durch Selbstbedienung und Vudu-Ökonomie.

 


 

27.10./8.11.2009, eingefügt in rossaepfel-theorie.de

Neoliberale FAZ-Professoren wollen den Staat "in der Badewanne ertränken"

 
 

Das Zitat wurde noch zu Bush-Zeiten wie folgt hier eingefügt bei rossaepfel-theorie.de:

 

Inzwischen zeichnet sich beim neoliberalen Mainstream in den USA bereits der steuer- und sozialpolitische Super-GAU ab durch Marktfundamentalisten, Steuerfundis und Junta-Schmiede, die den Staat "in der Badewanne ertränken" wollen…

 

Hier sind es also nicht die Fundamentalisten vom 11. September, sondern die Fundis der US-Rechten, die mit Unterstützung von George W. Bush diesmal nicht einen Ort, sondern das ganze Land verheeren wollen. Durch eine derartige Spendenbündelung lassen sich die negativen Wirkungen des "Kapitalismus" auch ohne große "Kapitalisten" erzielen, wenn man vom Medienkapital einmal absieht.
 

Diese konsumdrosselnde Verschiebung des Volkseinkommens nach oben und nach außen wird allerdings nicht nur propagiert mit dem platten "Steuersenkungs"-Mantra nach Art der FDP und anderer überbezahlter Meinungsmacher zur Senkung ihres Spitzensteuersatzes, sondern es lässt sich sogar sprachkünstlerisch und "philosophisch" verbrämen, wie etwa durch Peter Sloterdijk in seinem Beitrag "Die Revolution der gebenden Hand", faz.net, 13.6.2009, mit den Worten: "So ist aus der selbstischen und direkten Ausbeutung feudaler Zeiten in der Moderne eine beinahe selbstlose, rechtlich gezügelte Staats-Kleptokratie geworden."

Man will also mit dem Staat zugleich auch die Verfassung des sozialen Rechtsstaats "in der Badewanne ertränken".
Dies ist offenbar ganz im Sinne der bestbezahlten FAZ-Herausgeber, denn sie haben für ihre Artikelserie zur Umverteilung nach oben auch andere hochgejubelte Neoliberale eingeladen wie den INSM-Propagandisten Meinhard Miegel, und Merkels "Visionär" Paul Kirchhof, der seinen Spitzensteuersatz auf 25 Prozent senken will (sh. rossaepfel-theorie.de).


(Noch einzufügen:)
 

Zu dieser "erlauchten" Runde hätte auch sehr gut der Umverteilungs-Philosoph und Medienberater Norbert Bolz gepasst, der sich bei Anne Will zu den Steuerwirkungen der Umverteilung nach oben mit großer Entschiedenheit, aber ebenfalls ohne irgendwelche Sachkenntnis geäußert hat. (Sh. "MEDIEN – Dandy der Medientheorie – Der Medienwissenschaftler Norbert Bolz hat zu jedem Thema auf allen Kanälen etwas zu sagen. Das macht ihn bei Kollegen suspekt", zeit.de, 15.7.2004, und "Schwarz-gelber Sozialstaat – das Ende der Solidarität?", http://daserste.ndr.de/annewill/, 1.11.2009.)
 

Als kleines Gegengewicht enthält die FAZ-Serie auch den Artikel von Dirk Baecker "Die Firma ist eine Zumutung", faz.net, 11.5.2009. Baecker hat mit seinem Buchtitel "Kapitalismus als Religion" (Berlin 2003) einen Kernpunkt der Kapitalismus-Kritik getroffen (sh. dazu hier die früheren Gedanken zu den Büchern von Franz Segbers:  "Religion des Marktes - Neoliberalismus contra soziale Marktwirtschaft" (Vortrag i.J. 2000) und Wolfgang Palaver: "Kapitalismus als Religion", ab 2001, in rossaepfel-theorie.de). Der interessante Beitrag von Baecker zum gleichen Thema bietet zwar nicht mehr Aufklärung über die ökonomische Seite der aktuelle Arbeitsplatzvernichtung durch Umverteilung nach oben als die übrigen FAZ-Beiträge, dafür aber wichtige Aspekte der zugrunde liegenden Selbstbedienungs-Ideologie und interessante Ansätze zur Werttheorie. In der Wikipedia (Stand 25.10.2009) findet man  hierfür immerhin eine gelungene Kurzform:


Baecker sieht den derzeitigen Kapitalismus als "exklusive und exkludierende Religion", der beständig illegitim Ressourcen verbrauche, und dessen religiös imperatives Bestreben die "Ausbeutung der einen und der Gewinnsteigerung der anderen" sei. Dieser "Kapitalismus, seine Priester, seine Götter und seine Opfer" seien "unter uns", nur für die Auserwählten habe er "ein Herz und einen Sinn"
 

Dagegen sind die Beiträge von Meinhard Miegel und noch mehr von Paul Kirchhof im wesentlichen von dieser Selbstbedienungs-Ideologie bestimmt, während der Beitrag von Sloterdijk sowohl diese Ideologie als auch seine Intellektualität inszeniert.
 

-------------
 

Das sprachliche und "philosophische" Blendwerk Sloterdijks bedarf eigentlich keiner Auseinandersetzung auf philosophischer Ebene, weil die banale Selbstbedienungs-Ideologie so klar auf der Hand liegt. Man sieht auch hier wieder, dass die bestbezahlten neoliberalen Propagandisten nicht nur von der Gier ihrer Brötchengeber in Verlagsleitungen und Parteien getrieben sind, sondern auch selbst möglichst jeden fiskalischen Ausgleich ihres eigenen Profites aus der Umverteilung nach oben verhindern wollen. Lieber möchten sie sich mit Brosamen als Wohltäter in Szene setzen. Dazu Sloterdijk: "...eine Revolution der gebenden Hand. Sie führte zur Abschaffung der Zwangssteuern und zu deren Umwandlung in Geschenke an die Allgemeinheit" (a.a.O.).

 

Je höher ihre Manipulations-Pfründe, um so größer also ihre Gier. Statt dessen reden sie von Gier und Neid der Umverteilungsopfer und eigentlichen Produzenten des Volkseinkommen, die daraus nicht einmal ihre existentiellen Grundbedürfnisse befriedigen können. Damit wäre der Mundraub schon ein Beweis von Gier und Neid.

 

Wenn Sloterdijk auf diesem Wege fortfährt, hat er die besten Chancen, sich als "geistiger Quartiermacher" des Neoliberalismus zu etablieren.

 

Gegen Sloterdijks "beglückenden" Klassenkampf von oben schreibt der Frankfurter Philosoph Axel Honneth:

 

Dem befreienden Lachen, das eine solche Kampfparole aufgrund ihres Aberwitzes, ihres geradezu atemberaubenden Leichtsinns auslösen könnte, steht nur der Gedanke entgegen, dass es sich dabei um die Sätze eines von den Medien geliebten, von der politischen Öffentlichkeit verehrten und von den Akademien hochdekorierten Intellektuellen handelt. Es fällt einem wieder ein, dass sich ein SPD-, nicht ein FDP-Landesverband noch vor Kurzem mit einem Vortrag dieses Autors schmückte, es kommt einem in den Sinn, dass er im ZDF eine »philosophische« Diskussionsrunde moderiert…

 

(Sh. "PHILOSOPHIE – Fataler Tiefsinn aus Karlsruhe", zeit.de, 25.9.2009.)

 

Hier zeigt sich, dass sich der "willfährige Intellektuelle" (Honneth über Sloterdijk) durch seine Konformität zur ZDF-Linie auch noch erhebliche Zusatzeinnahmen verschaffen kann und dass solche gefährlichen Zusatzeinnamen - je nach Mentalität - auch die Gier noch fördern können.




27.10./19.11.2009, eingefügt bei Land-_und_Wasserraub.htm
Selbstbedienung auf Kosten der Ärmsten auch in Israel,

aber mit Gewalt statt Manipulation

 

Zum Wasserraub der Israelis in den Palästinensergebieten berichtet DIE ZEIT über eine Untersuchung von Amnesty International:

 

Der Untersuchung zufolge fordert Israel mehr als 80 Prozent der Vorräte aus einem Grundwasserbecken unter dem Westjordanland. Den Palästinensern hingegen würden nur 20 Prozent zugestanden. Das Becken "Mountain Aquifer" ist laut amnesty die einzige Wasserquelle für die Palästinenser im Westjordanland, während Israel auch noch das gesamte verfügbare Wasser aus dem Jordan bezieht. Daraus resultiere ein viermal höherer Pro-Kopf-Verbrauch: Während jeder Israeli pro Tag durchschnittlich 300 Liter zur Verfügung habe, stünden auf palästinensischer Seite täglich nur 70 Liter pro Person zu Buche…

 

(Sh. "Amnesty kritisiert israelische Wasserpolitik", zeit.de, 27.10.2009, und "ISRAEL RATIONS PALESTINIANS TO TRICKLE OF WATER", amnesty.org, 27.10.2009.)

 

--------------------------

 

Grundlage für den Land- und Wasserraub ist dessen Finanzierung durch jährliche Militärhilfen und sonstige Hilfsgelder in Milliardenhöhe aus den USA. (Sh. Noam Chomsky: "Das amerikanisch-israelische Programm zur Annexion und Zerstörung Palästinas", zeit-fragen.ch, 25. und 30.1.2009.)  Die Militärhilfe wurden durch ein Folgeabkommen unter George W. Bush Mitte 2007 noch einmal um etwa 25 Prozent aufgestockt auf jährlich etwa 3 Milliarden US-Dollar für weitere zehn Jahre (sh. "USA – Milliardenschwere Waffenhilfe für gute Freunde", sueddeutsche.de, 28.7.2007).  Das Geld dient auch zur zunehmenden Beherrschung des Staates Israel durch seine Drahtzieher in der Rüstungsindustrie (sh. z.B. "Israel ist ein Staat seiner Rüstungsindustrie", linkezeitung.de, 30.1.2009.)  Diese Perversion des Staatswesens wird auch von israelischen Kommentatoren beklagt. Die sonstigen "Hilfsgelder" aus den USA dürften jährlich über zwei Milliarden Dollar liegen (sh: "Für den Siedlungsbau Israels bedeutet Status quo Expansion", schattenblick.de, 13.7.2009).

 

Mit diesem Geldsegen wird indirekt der weitere Ausbau von israelischen Siedlungen auf Palästinenserland finanziert. Dazu schreibt DIE PRESSE aus Wien am 18.11.2009 unter der Überschrift "Israel brüskiert USA durch neue Siedlungspläne":

 

Die Regierung Obama protestiert heftig gegen neue Bauvorhaben in Ostjerusalem – und muss machtlos zusehen. Israels Premier Netanjahu will die Aufregung nicht verstehen.

 

Israel hat sich zielsicher weiter ins internationale Abseits manövriert: Ursache ist der Bau von 900 neuen Wohnungen in der Siedlung Gilo bei Jerusalem. Fast im Wortlaut verurteilten die USA, das britische Außenministerium und UN-Generalsekretär Ban Ki-moon den geplanten Neubau, mit dem "die Friedensbemühungen unterwandert werden", so der UN-Chef.

 

Man fragt sich, wieso Obama "machtlos" ist gegenüber solchen Provokationen, obwohl diese doch durch seine Regierung finanziert werden. Dazu heißt in der Berliner Zeitung vom 28.7.2009:

 

Die Kürzung von Kreditgarantien oder der militärischen und wirtschaftlichen Finanzhilfen für Israel, die Aussetzung von Ersatzteillieferungen für die in den USA gekauften Waffensysteme oder Verkaufsbeschränkungen für militärische Weiterentwicklungen wären Hebel, mit denen Präsident Obama die israelischen Freunde zu Kompromissen drängen könnte. Doch selbst wenn er es wollte - weder die Mitglieder des Senats noch des Repräsentantenhauses würden dazu ihre Zustimmung geben. Mit Blick auf die amerikanischen Wähler und aktuell vor allem mit Blick auf den Nuklearstreit mit dem Iran.

 

(Sh. "ANALYSE - Obamas Druck auf Israel sind enge Grenzen gesetzt", berlinonline.de, 28.7.2009.)

 

Aber die fortgesetzte Finanzierung des israelischen Landraubes durch die USA erfolgt schon seit Jahrzehnten und nicht erst "vor allem mit Blick auf den Nuklearstreit mit dem Iran". Es geht vielmehr um die einflussreiche Israel-Lobby in den USA:

 

Denn Washington könnte gegenüber den Israelis die jährlich etliche Milliarden Dollar umfassende amerikanische Wirtschafts- und Militärhilfe als Druckmittel benutzen.
Ohne die US-Finanzspritze, mit der die Israelis indirekt ihre Siedlungspolitik finanzieren, ist das Land auf Dauer kaum lebensfähig. Aber alle Washingtoner Politiker wissen, dass ein Entzug der US-Hilfen wegen der einflussreichen Israel-Lobby und der jüdischen Wähler in den USA für die Obama-Regierung "politischer Selbstmord" wäre.

 

(Sh. "Obama legt sich mit Netanjahu an", bubp.de, 30.5.2009.) Unter den Juden in den USA und Israel finden sich auch die schärfsten Kritiker dieser Perversionen. Aber auch die schärfsten deutschen Kritiker heutiger kapitalistischer Entartungen in Deutschland sind in der Minderheit.

 

------------


Das Rückkehrrecht der Palästinenser ins israelische Kernland mit vollem Wahlrecht würde zwar die politischen Machtverhältnisse in Israel völlig verändern, aber es erscheint inzwischen als die einzig praktikable Alternative, solange die Mauer nicht abgerissen oder evt. auf der Grenze von 1967 neu erbaut wird (sh. auch Amira Hass: "Die Grenze von 1967: Israel und Palästina und die Utopie einer normalen Zukunft", hagalil.com, 11.5.2001.)

 


 

27.10.2009, eingefügt bei rossaepfel-theorie.de
Wolfgang Clement,

Vorkämpfer für Senkung des Spitzensteuersatzes von 53 auf 42 Prozent,
Lobbyist für RWE und Energiepreis-Wucher zu Lasten der Ärmsten,
angezeigt wegen Volksverhetzung gegen Hartz-IV-Opfer seiner Umverteilung nach oben, "Urgestein" der SPD, macht Wahlkampf für Westerwelle


 

Es war zwar konsequent, dass Clement schließlich unter Druck der SPD den Rücken gekehrt hat und dann bei der Bundestagswahl 2009 ausgerechnet für die FDP und ihre Regierung mit den "Christlichen" in den Wahlkampf gezogen ist (sh. "Clement wirbt für Westerwelle", stern.de, 25.9.2009), aber die Frage ist doch, warum die SPD solche Figuren zusammen mit Schröder und seinem Tross so lange in ihren Reihen geduldet hat und dadurch erst die Hälfte ihrer Wählerstimmen und Mitglieder verlieren musste, bis sie vielleicht zur Besinnung kommt.


 

27.10./29.11.2009, einzufügen bei Staatsquote.htm
(mit Link dorthin von Gesundheitsreform.htm)

"Weniger Netto vom Brutto" durch Privatisierung
des sozialen Rechtsstaates zur Umverteilung nach oben

Westerwelles "Hirnverbranntheit"
verschoben nach Journal-3.htm


 

 

27.10.2009, einzufügen bei Linksbuendnis.htm

Strukturelle linke Mehrheit?
Renate Künast strebt nach Jamaika

 

 

Statt nun der neuen sozial maskierten schwarzgelben Regierung bei den formellen Eröffnungsveranstaltungen in Berlin gebührend zu huldigen, hat Oskar Lafontaine sich mit seiner Familie nach den harten Wahlkämpfen erst einmal einen Urlaub gegönnt. Neue Kräfte und den Rückhalt durch die Familie wird er jedenfalls brauchen, wenn in Berlin unter einem Schwall von Beschönigungen die weiteren Strippen zur Umverteilung nach oben gezogen werden. Die neoliberalen Meinungsmacher haben aber viel mehr Verständnis für ihre "Volksvertreter", die bei den wichtigsten Sitzungen zur Sozialpolitik massenhaft durch Abwesenheit glänzen als für Lafontaines mangelnde Achtung ihrer werbewirksamen Repräsentations-Veranstaltungen. Sogar Renate Künast demonstriert ihre neue und alte Bürgerlichkeit mit "Gemeinwohl"-Verpflichtung auf die "Natur" (sh. "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung", 20.9.2009) durch heftigste Angriffe auf Oskar Lafontaine als möglichen Bündnispartner der Grünen.

 

Genüßlich wird sie vom FOCUS und den übrigen neoliberalen Medien zitiert, denen ein solches Vorpreschen der Grünen nach Jamaika wie eine künftige Absicherung ihrer propagierten weiteren Umverteilung nach oben vorkommen muss:

 

Grünen-Fraktionschefin Renate Künast kritisierte, dass Lafontaine "die ungestörte Fortsetzung seines Urlaubs wichtiger war als erste Tag der Arbeitsaufnahme im Bundestag". Lafontaines Fehlen im Bundestag bezeichnete Künast in der "Leipziger Volkszeitung" vom Mittwoch "als Unverschämtheit seinem Wählerauftrag gegenüber". Das zeige wieder einmal, "dass es dem Herrn nur immer um sich selbst geht".

 

(Sh. "Oskar Lafontaine - Linke-Chef im Urlaub statt im Bundestag", focus.de, 27.10.2009.)
 

Schon vor Jahren wurde festgestellt, dass die Grünen der FDP den Rang als "Partei der Besserverdienenden" streitig machen (sh. hier rossaepfel-theorie.de). Wenn die Seilschaft von Künast gegen ihren Ko-Fraktionsvorsitzenden Jürgen Trittin die Oberhand gewinnt, dann wird diese Rangfolge tatsächlich in Frage gestellt.


In der Bundestagsfraktion haben Künast immerhin noch 68 Prozent der Grünen-Abgeordneten zu ihrer Fraktionsvorsitzenden gewählt, während der Ko-Vorsitzende Trittin 91 Prozent der Stimmen erhielt (sh. "Künast und Trittin - Rumoren in der Grünen-Fraktion", faz.net, 7.10.2009).

Die FAZ schreibt dazu weiter (a.a.O.):


In der Bundestagsfraktion gibt es herkömmlich eine strukturelle Mehrheit für den realpolitischen Flügel. Meist lautete das Verhältnis ungefähr zwei zu eins. Jetzt ist die linke Strömung gestärkt, je nach Zählung und Zuordnung von "Unabhängigen" lautet das Verhältnis 28/30 Linke zu 36/38 Realos.
 

Dass dieses Drittel in der Fraktion durchaus die Oberhand gewinnen kann, sieht man an der Mitverantwortung der Grünen für die Agenda 2010. Ihr ehemaliges Parteimitglied Oswald Metzger, inzwischen FDP-nahes CDU-Mitglied, sprach sogar von den Grünen als einer "Öko-FDP" (sh. "Die Zukunft der Grünen", Webseite besucht am 27.10.2009).



24./10.11.2009, eingefügt bei Staatsquote.htm
Sozial-Maskerade mit 0,3 Mrd. Euro Brosamen für Hartz-IV-Opfer

gegen 50 Milliarden Euro auf Pump für FDP und "Christliche"

 


Vorweg ist zu sagen, dass die 50 Mrd. Euro im ersten Anlauf nicht erreicht wurden. Dafür sind aber die Selbstbedienungs-Forderungen für den Rest der Legislaturperiode um so höher.
 

Es gibt auch FDP-Wähler, die durch die Umverteilung nach oben ihre Arbeitsplätze verlieren können. Die 0,3 Milliarden Euro zur Verdreifachung des Hartz-IV-Schonvermögens von 250 auf 750 Euro pro Lebensjahr kommen also auch ihnen zugute. (Sh. "PARTEIEN – Hintergrund: Was ist abgehakt, was ist offen?", zeit.de, 18.10.2009). Dagegen werden Dumpinglöhner - auch nach jahrzehntelanger Arbeit - kaum irgendwelche Vermögens-Reserven oder gar 7.500 Euro pro Lebens-Jahrzehnt haben. Riester-Verträge sind ohnehin Hartz-IV-sicher. Es konnte also nicht überraschen, dass die Referentin des Paritätischen Gesamtverbandes Marion von zur Gathen in der Talkshow von Anne Will am 25.10.2009 die Hartz-IV-Bezieher mit Schonvermögen von mehr als 250 Euro pro Lebensjahr auf zwei bis drei Prozent bezifferte. Zum gleichen Ergebnis kam die neue VdK Präsidentin, Frau Ulrike Mascher, in einem DLF-Interview am 27.10.09 gegen 7:20 Uhr.

Die Hartz-IV-Neuregelung umfasst auch einen längst überfälligen Schutz des eigenen Wohnbesitzes: "Hartz-IV-Bezieher müssen in Zukunft auch nicht mehr ihre selbst genutzte Eigentumswohnung oder ihr Einfamilienhaus verkaufen, weil deren Größe über den gesetzlich geregelten Wohnflächen liegt (sh. "SCHWARZ-GELB: Hartz-IV-Bezieher werden bessergestellt", tagesspiegel.de, 15.10.2009).  Das kostet den Staat wenig, denn ein solcher Zwangsverkauf wurde auch bisher weitgehend vermieden (sh. den WAZ-Artikel für den Bereich der Arbeitsagentur Bottrop: "Hartz IV – Bislang noch kein Haus verkauft", derwesten.de, 19.10.2009).


Nach zehn Jahren pink-grünlicher und neo-schwarzer sozialer Kälte haben sich die sozialen Kahlschläger von der FDP also zunächst einmal eine soziale Maske für 0,3 Mrd. Euro aufgesetzt, um anschließend mit dem Defizit von 7,5 Milliarden bei der gesetzlichen Krankenversicherung zu tricksen und ihre noch viel höheren Steuersenkungen auf Pump durchzudrücken (sh. "PARTEIEN – Hintergrund: Was ist abgehakt, was ist offen?", zeit.de, 18.10.2009), ganz zu schweigen von den Milliardendefiziten bei der Arbeitslosenversicherung. Ganz nebenbei wollen sie schon einmal vorweg mehr als das Zehnfache der 0,3 Milliarden durch eine Mehrwertsteuer auf die kommunale Abwasser- und Abfallentsorgung kassieren. Dazu schreibt DER SPIEGEL vom 22.10.2009 unter der Überschrift "Milliardenbelastung - Neue Regierung erwägt versteckte Gebührenerhöhung":

 

Empörung über Steuerpläne von Union und FDP: Die künftigen Regierungspartner erwägen, kommunale Versorger für Abwasser- und Abfallentsorgung zu besteuern. Es geht um vier Milliarden Euro, die Städte sprechen von "ungeheurer Abzocke" - dafür zahlen würde am Ende der Bürger.


Selbst Zeitungen der Bauer Verlagsgruppe wie die Volksstimme zeigen kein Verständnis für diese Abzocke zur Umverteilung nach oben:

 

Nach Ansicht der VOLKSSTIMME aus Magdeburg dürften die Pläne, Mehrwertsteuer auch auf Abwasser und Müll zu erheben, Millionen Gebührenzahlern die Zornesröte ins Gesicht treiben.
"Schwarz-Gelb macht sich unglaubwürdig, wenn mehr Netto vom Brutto mit höheren Steuern finanziert werden soll.

 

(Sh. Presseschau vom 23.10.2009, dradio.de.)

Zum Verteilen haben die Hütchenspieler, abgesehen von diesen begehrten vier Milliarden zu Lasten der Ärmsten, gar nichts meh
r außer dem riesigen Schuldenberg durch ihre Finanzmarktkrise. Diese traf Deutschland viel härter als andere Staaten, die der neoliberalen Deregulierungs-Wut nicht gefolgt waren (sh. hier Steuer-Parasitismus.htm).

 

Man musste aber bei den versprochenen Steuergeschenken für die eigene Kundschaft vermeiden, dass die übrigen nun in der Krise noch zusätzlich allzu offensichtlich geschröpft wurden zugunsten der Deregulierungs- und Chaos-Profiteure, etwa durch drastische Zuzahlungen in der gesetzlichen Krankenversicherung, um deren Defizite auszugleichen. Die Staatsschulden sollten dadurch – zumindest scheinbar - auch nicht steigen.

 

Da die neuen Koalitionäre sich in ihrer Trickserei von niemandem übertreffen lassen wollten, verfielen sie auf einen "Schattenhaushalt", in den die zusätzlichen Schulden für die unterfinanzierten Sozialversicherungssysteme ausgelagert werden sollten. Um Seriosität vorzutäuschen und den Wähler schon an der Bezeichnung scheitern zu lassen, erfand man dafür den amtlich klingenden Namen "Sozialversicherungsstabilisierungsfonds". In diesen "Fonds" wollte man auch die drastische Schuldenzuwächse der Arbeitslosenversicherung  von geschätzte 50 Milliarden Euro bis 2013 auslagern (sh. "Erst Kurzarbeit, dann Jobabbau", dradio.de, 6.10.2009), die hinzukommen durch die leichtfertige Beitragssenkung von 6,5 Prozent (bis 2006) auf ca. 3 Prozent ab 2008 und durch die Erhöhung der Arbeitslosenquote infolge des Deregulierungs-Wahns. Diesen Schatten-Schuldenberg hätte man dann den Klein- und Normalverdienern später noch aufbürden können durch Sozialversicherungs-Zusatzbeiträge und Leistungskürzungen unter Hinweis auf so genannte "Sachzwänge".

In Paragraph 363 SGB III heißt es: "Der Bund trägt die ... Ausgaben für die weiteren Aufgaben, deren Durchführung die Bundesregierung ... der Bundesagentur übertragen hat." Zu diesen "weiteren Aufgaben" gehört auch das geforderte Kunststück der Arbeitsagentur, mit einem drastisch nach unten manipulierten Beitragssatz noch ihre gesetzlichen Leistungen zu erfüllen. Der Bund dürfte diese Manipulation zur Umverteilung nach oben also nicht noch für die versprochenen weiteren Steuersenkungen missbrauchen, sondern müsste zu den früheren Spitzensteuersätzen der Minister und neoliberalen Meinungsmacher zurückkehren, um den Steuerbauch zu beseitigen.


Gegen die geplanten Milliarden-Schröpfung durch die neoliberalen Selbstbediener mit Hilfe ihrer Kopfprämie und des zusätzlichen Zwangsbeitrages für die Pflegeversicherung sind die gesichtswahrenden kurzfristigen Steuersenkungen auf Pump in Höhe von jährlich 24 Milliarden Euro eine Kleinigkeit (sh. hier "Weniger Netto vom Brutto"). Zu dieser Zahl schreibt  DIE ZEIT vom 24.10.09 unter der Überschrift "Hintergrund: Schwerpunkte des Koalitionsvertrages":

 

STEUERN: Anfang 2010 greifen STEUERENTLASTUNGEN von jährlich rund 14 Milliarden Euro, die bereits Schwarz-Rot beschlossen hat. Zusammen mit den ersten schwarz-gelben Steuerschritten sind es im ersten Regierungsjahr 2010 Entlastungen von rund 21 Milliarden Euro. Bis 2013 sollen dann Steuerentlastungen im Gesamtvolumen von bis zu 24 Milliarden Euro im Jahr umgesetzt werden. «Möglichst» zum 1. Januar 2011 soll ein TARIFSTUFENSYSTEM bei der Einkommensteuer in Kraft treten. Zahl und Verlauf sind offen.


Anfang November 2009 hat man für dieses Gesetz zur Steuersenkung auf Pump auch einen wohlklingenden Namen gefunden (sh. "Wachstumsbeschleunigungsgesetz - Kabinett beschließt Entlastung für Familien und Unternehmen", spiegel.de, 9.11.2009, womit besonders für die FDP-Kundschaft gesorgt wird).  Zu dem "Schattenhaushalt" heißt es in der Süddeutschen Zeitung vom 21.10.2009 unter der Überschrift "Schwarz-Gelb: Schattenhaushalt: Tricksen, täuschen, verschleiern":
 

FDP und Union auf dem Gipfel der Heuchelei: Der Schattenhaushalt der schwarz-gelben Koalition...

Noch in dieser Woche werden Union und Liberale ... einen Beschluss fassen, der alle drei zentralen Ziele beinhaltet: kräftige Steuersenkungen, Mehrausgaben für die Bildung und die Sanierung des Haushalts. Man habe nämlich, so einer der Unterhändler mit Verschwörermiene, "den Stein der Weisen gefunden".

Treffender wäre wohl das Bild vom Pakt mit dem Teufel, denn der Preis, den Union und FDP für ihre vermeintlich geniale Idee werden bezahlen müssen, wird hoch sein. Die Quadratur des Kreises gelingt nämlich nur, indem die Koalitionäre Ausgaben nebst zugehöriger Kredite in Höhe von rund 50 Milliarden Euro in ein sogenanntes Sondervermögen auslagern. Durch die Bildung dieses Schattenhaushalts werden im regulären Etat endlich die so dringend erwünschten "Spielräume" für Steuersenkungen frei.


Sogar DIE WELT schrieb dazu: "MILLIARDENLÜCKEN: Koalition will Defizite durch Tricksereien decken", welt.de, 20.10.2009, und weiter:

 

Schwarz-gelbe Klemme: In den Sozialversicherungskassen klaffen Milliardenlöcher, doch gleichzeitig drängen Wirtschaftsexperten auf Einhaltung der Steuerversprechen. Union und FDP erwägen deshalb, neben dem Haushalt einen Schattenhaushalt einzurichten – um die Defizite auszugleichen.


An vorderster Front dieser "Wirtschaftsexperten" standen erwartungsgemäß Michael Hüther vom wirtschaftspolitische "Forschungsinstitut" der Arbeitgeber IW und Hans-Werner Sinn vom ähnlich orientierte ifo-Institut, dem ständigen bereitwilligen Kronzeugen der BILD-Propagandisten und BILD's "klügstem Wirtschaftsprofessor Deutschlands" (BILD 21.4.2004), mit seiner Forderung nach Steuersenkungen auf Pump trotz weiter dramatisch steigender Schulden:

 

Sinn: Die Kaufkraftstärkung, die mit einer Steuersenkung verbunden ist, kommt gerade recht, denn die Krise ist noch nicht vorbei.


(Sh. "IFO-PRÄSIDENT SINN: Steuern müssen runter - auch auf Pump", bild.de, 19.10.2009.) Tatsächlich wäre aber diese "Kaufkraftstärkung" viel besser zu erreichen durch die Senkung der Sozialabgaben, denn diese belasten vor allem die Klein- und Normalverdiener, denen eine Steuersenkung wenig oder gar nichts bringt und die eine wesentlich höhere Konsumquote haben als die bestbezahlten neoliberalen Meinungsmacher wie  Hans-Werner Sinn oder die Chefredakteure von BILD und ihre Brötchengeberin. Für nicht-versicherungspflichtige Klein- und Normalverdiener (z.B. im Beamtenverhältnis) könnte man einen Ausgleich schaffen.

 

Mehr Staatszuschüsse in die Sozialversicherungssysteme nach dem Vorbild anderer EU-Staaten wollte man aber unbedingt vermeiden, weil angeblich schon 57 Prozent des Staatshaushaltes in die Sozialsysteme gehen (sh. die übliche Darstellungsweise bei bpb.de:  "Öffentliche Ausgaben nach Aufgabenbereichen" für 1994 und 2005, Stand 2008, wo die 57 Prozent etwa 570 Milliarden Euro entsprechen; sh. auch "Rentenklau" unter rossaepfel-exkurse.de/Sammlung.htm). Tatsächlich werden hierbei aber Versicherungsleistungen aus den Beiträgen der Versicherten von 383 Milliarden Euro jährlich als Staatsausgaben mitgerechnet. (Sh. destatis.de:  "Inlandsproduktsberechnung- Detaillierte Jahresergebnisse, Stand August 2009 - Fachserie 18 Reihe 1.4 – 2008"und darin die VGR-Tabelle 3.4.3.8 "Einnahmen und Ausgaben sowie Finanzierungssaldo der Sozialversicherung nach Sozialversicherungszweigen").

Außerdem wird auch ein jährlicher staatlicher Zuschuss von 80 Milliarden Euro in die gesetzliche Rentenversicherung mitgerechnet, der bei weitem nicht die Kosten der deutschen Einheit für die Unterfinanzierung des ostdeutschen Rentensystems deckt. Die deutsche Einheit wird also weiterhin von den westdeutschen Arbeitnehmern mit ihren Sozialbeiträgen finanziert, wobei die bestbezahlten Meinungsmacher mit ihren Einkünften oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze ausgenommen sind und die Politiker wie auch alle sozialversicherungsfreien Best-"Verdiener" sowieso nichts weiter beitragen (sh. hier rossaepfel-exkurse.de/~/#Rentenklau).

Würde man die obigen 383 Milliarden Euro und die viel zu knappe Ausgleichszahlung von 80 Milliarden Euro zur Klarstellung aus den 570 Milliarden Euro herausrechnen, dann blieben im EU-Vergleich nur noch weit unterdurchschnittliche Werte für die angeblichen "Sozialausgaben des Staates" übrig. In Wirklichkeit gibt man den Rentnern z.B. kurz vor der Wahl eine groß angekündigte kleine Rentenerhöhung, um sie in den Folgejahren wieder abzuziehen wegen Manipulation der Rentenformel
durch Riester-Faktor, Lohndrückerei und unkorrigierte Einbeziehung der zunehmenden Teilzeitjobs in die Berechnungsgrundlage (sh. "Doppelnull – die Zukunft der Rente", sueddeutsche.de, 10.11.2009). 

 

Am Ende reichte auch nicht die Tarnung mit der sozialen Maske für 0,3 Milliarden Euro (sh. oben). Die Pläne für die Umverteilung der 50 Milliarden Euro waren so hanebüchen, dass diesmal das Presseecho auf den faulen Zauber die "Christlich-Liberalen" zum Einlenken zwang. Sie erkannten angeblich ganz plötzlich, dass dieser Trick gegen die eigene Schuldenbremse verstieß, die die "Christlichen" selbst zusammen mit den "Sozialdemokraten" kurz zuvor – aus fragwürdigen Motiven – ins Grundgesetz geschrieben hatten (sh. "Schattenetat – 'Bilanzfälschung' und 'schwarze Kassen'", sueddeutsche.de, 20.10.2009).
 

Aber das Einlenken war auch nur ein Ausweichmanöver bis zur Wahl im Nordrhein-Westfalen, denn für 2010 ist für den Schattenhaushalt bereits eine Neuauflage angekündigt. Dann soll allerdings der manipulierte Schuldenberg als "Sondervermögen" bezeichnet werden, um den Namen "Schattenhaushalt" zu vermeiden (sh. "Milliardendefizit – Schwarz-Gelb schiebt Schattenhaushalt auf 2010", spiegel.de, 22.10.2009).

 

Die Auslagerung der Milliarden-Schulden in den Schattenhaushalt zur Schein-Rechtfertigung der Steuersenkung für die FDP-Kundschaft um jährlich 24 Milliarden Euro könnte aber noch zu einer Verfassungsklage führen, da diese Steuer-Ausfälle überwiegend den Bundesländern aufgebürdet werden sollen und da der Berliner Finanzsenator ohnehin schon den riesigen Schuldenberg zu bewältigen hat, den ihm die "christlichen" Vorgängerregierung mit ihrem Bankenskandal hinterlassen hat (sh. "Protest aus Berlin – Schwarz-Gelb droht Verfassungsklage wegen Steuerversprechen", spiegel.de, 26.10.2009).


 

 

8./22.10.2009, einzufügen bei Wir-Papst-Du-Deutschland.htm

Wähler-Manipulation durch neoliberale Berlusconi-Medien

sicherten seine Wiederwahl und seine Immunität gegen langjährige Gefängnisstrafen.

Deutsche "christliche" Komplizen von Berlusconi im EU-Parlament

 

Zur möglichen Haftdauer in einem der diversen Strafverfahren schreibt der österreichische KURIER vom 8.10.2009 unter der Überschrift "Berlusconi schlägt um sich – Berlusconi und die Justiz – Der Regierungschef musste immer wieder wegen Bestechung, Bilanzfälschung und Steuerbetrug vor Gericht":

 

DER MEDIASET-KORRUPTIONSFALL

Die Mailänder Staatsanwaltschaft wirft Berlusconi vor, dem britischen Anwalt David Mills - Ex-Ehemann der britischen Olympia-Ministerin Tessa Jowell - im Jahr 2000 ein Schmiergeld in Höhe von 600.000 Dollar (456.066 Euro) gezahlt zu haben. Mills soll für das Geld bei zwei Aussagen vor Gericht im Jahr 1997 kriminelle Details zu Berlusconis Medien-Imperium zurückgehalten haben. Deswegen wurde Mills im Februar 2009 zu vier Jahren und acht Monaten Haft verurteilt. Berlusconi wird in diesem Zusammenhang Bestechung vorgeworfen. Möglich ist dafür eine Haftstrafe von drei bis acht Jahren. Das im November 2006 begonnene Verfahren wurde im Oktober 2008 dank des Immunitätsgesetzes ausgesetzt, das Berlusconi Straffreiheit gewährte - bis jetzt.

 

Zur immer noch unglaublichen Akzeptanz eines solchen "Regierungschefs" durch die Hälfte der Italiener heißt es im Wiener Standard:

 

Nach der Serie von Skandalen rund um sein Privatleben sinkt die Popularität des italienischen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi laut einer Umfrage der regierungskritischen Tageszeitung "La Repubblica". Im August fiel die Popularität des Premierministers und Medienzaren um zwei Prozent auf 47 Prozent, ergab eine vom Meinungsforschungsinstitut IPR durchgeführte Umfrage, die am Mittwoch von "La Repubblica" auf ihrer Webseite veröffentlicht wurde.

 

(Sh. "Berlusconis Umfragewerte sinken", derstandard.at, 16.9.2009.)

 

Bemerkenswert ist, dass die Akzeptanz eher durch private Klatschspalten-Skandale als durch die unglaubliche Korruption zurückgegangen ist. Wenn die Lüge allgegenwärtig ist, dann lässt sie sich für den Wähler von der Wahrheit kaum noch unterscheiden und ihre Entlarvung gilt als Lüge. Dies entspricht der Prognose von George Orwell:
 

Und wenn alle anderen die von der Partei verbreitete Lüge glaubten – wenn alle Aufzeichnungen gleich lauteten –, dann ging die Lüge in die Geschichte ein und wurde Wahrheit.
 

(Aus George Orwell "1984", zitiert nach Albrecht Müller: "Propaganda-Maschine der Neoliberalen - Hat das ZDF diese Gleichschaltung nötig?", nachdenkseiten.de, 8.6.05.)

 

Es geht also um einen besonders krassen Konflikt zwischen der verfassungsmäßigen Sozialverpflichtung des Eigentums und dem Grundrecht auf Wählermanipulation mit Hilfe eines kapitalistischen Meinungs-Monopols. Dabei kommt hinzu, dass hier durch diesen Kapitaleinsatz auch noch die staatlichen Medien auf Linie gebracht wurden. Insofern geht der Fall weiter als beim kapitalistischen TV-Oligopol von Rupert Murdoch und den übrigen kapitalistischen Medien in den USA einerseits und bei der Symbiose von BILD, Bams und Proporz-Glotze in Deutschland andererseits, die auch vom Kapitaleinsatz in den Medien großer Zeitungs-Konzerne ganz wesentlich mitbestimmt wird.

 

----------- 
 

Zu den "christlichen" Komplizen aus Deutschland und anderen EU-Ländern mit Berlusconis flächendeckende Manipulation gegen Links heißt es in der Peiner Allgemeinen Zeitung vom 21.10.2009:

  

EU-Parlament

Kritik an Berlusconis Medienimperium in Straßburg knapp gescheitert

 

An nur einer fehlenden Stimme ist im Europaparlament eine kritische Entschließung zum Medienimperium des italienischen Regierungschefs Silvio Berlusconi gescheitert.

 

Für den von den Liberalen vorgelegten Text stimmten am Mittwoch 338 Abgeordnete, genauso viele votierten dagegen. Laut Geschäftsordnung sind Entschließungen aber nur angenommen, wenn es eine Mehrheit dafür gibt.

 

Mit der Resolution sollte der "anhaltende Interessenkonflikt" angeprangert werden, der sich aus Berlusconis Medienbesitz und seiner Rolle als Ministerpräsident ergebe. Außerdem kritisiert der Text den "massiven Einfluss" der Regierung in Rom auf die öffentlichen Fernsehanstalten, insbesondere auf deren Programmplanung und die Ernennung von Direktoren und Journalisten.

 

Die Deutsche Welle ergänzt am 21.10.2009 unter der Überschrift "Berlusconi entgeht knapp einer EU-Rüge" zur Rolle der EVP, zu der vor allem auch die deutschen CDU-Abgeordneten gehören:

 

Die konservative Europäische Volkspartei hatte genügend Unterstützung für den italienischen Politiker mobilisieren können. Die Sozialdemokraten, die Grünen, die Linken und die Liberalen sahen in der Abstimmung dennoch einen Erfolg. Denn durch die Abstimmung sei das Thema publik geworden.

 

In der Netzeitung vom 21.10.2009 heißt es weiter unter der Überschrift "Keine EU-Mehrheit gegen Medienmogul: Patt im Parlament – Berlusconi entgeht Rüge":

  

Auch sollten die Besitzverhältnisse in europäischen Medienunternehmen generell überprüft werden.

 

Italien auf Platz 49 in punkto Pressefreiheit

Ihm gehört der größte private Fernsehsender Italiens, und indirekt kontrolliert er auch den öffentlich-rechtlichen Sender RAI. Kritiker sehen darin eine Gefahr für die Grundrechte der EU, weil die Medienfreiheit in Italien nicht mehr gewährleistet sei. Reporter ohne Grenzen siedelt das Land in der «Rangliste der Pressefreiheit 2009» nur auf Platz 49 an. (nz/AP)

 

Italien ist also auf dieser "Rangliste der Pressefreiheit" inzwischen auf Platz 49 von 175 zurückgefallen (sh. auch reporter-ohne-grenzen.de), deutlich hinter Ghana, Uruguay, Mali usw., obwohl die Pressefreiheit in Deutschland (Platz 18) wegen ihrer Abhängigkeit vom Parteien-Proporz und Medienkapital nicht gerade besonders hoch anzusiedeln ist. Auch in den USA und Großbritannien (beide Platz 20) kann das Medienkapital von Rupert Murdoch & Co. über den Aufstieg und Fall einer Regierung wesentlich mitentscheiden, je nach persönlicher Interessenlage der "großen" Abzocker-Manipulatoren. Bei näherer Beschäftigung mit der Manipulations-Macht von Berlusconi würde man Italien allerdings eher noch viel weiter hinten erwarten, wenn man die Zustände in den Bananenrepubliken auf den letzten Rängen nicht näher kennt.

 

Aber all das ficht Berlusconis "christliche" Komplizen im EU-Parlament nicht an. Auch ihre deutschen Partei-Oberen versuchen ja nach Kräften, die kritische Berichterstattung im ZDF und in den CDU-Landes-Sendern zu beschneiden und dort ihre Propagandisten als Chefredakteure einzusetzen, ganz zu schweigen vom übrigen Gespann aus BILD, BamS und Glotze (sh. hier rossaepfel-theorie.de/Meinungskauf, ~Demokratie-Kauf.htm, Wir-Papst-Du-Deutschland.htm und Pro7Sat1.htm).

 

Die geforderte Überprüfung solcher "Besitzverhältnisse" beim Medienkapital könnte möglicherweise die Medien-Propaganda gegen Links in Frage stellen. Schon Mussolini ist zur Macht gekommen, weil seine "christlichen" Komplizen unter allen Umständen die Schwächung der Umverteilungs-Profiteure zugunsten einer sozialen Bewegung verhindern wollten, und auch in Deutschland wurde die katholische Zentrumspartei aus diesem Grund zum Steigbügelhalter der Nazis. Selbst nach dem Ende des "Tausendjährigen Reiches" war der Nazi-Kommentator Hans Globke von Anfang an der engste Mitarbeiter und Staatssekretär von Konrad Adenauer bis zu dessen spätem Rücktritt im Jahre 1963.




22.10.2009, einzufügen bei Linksbuendnis.htm

"Reales Christentum" gegen "realen Sozialismus"

"Marx hatte recht", sagt der Vatikan (netzeitung.de, 21.10.2009)


 

In dem Artikel heißt es zu Beginn:

 

Ein deutscher Jesuit hat den geistigen Vater des Kommunismus als immer noch aktuellen Denker gewürdigt: Marx habe Entfremdung, Lohnarbeit und Armut richtig analysiert. Seine Lehre sei nur «entstellt» worden.

Der Vatikan fordert eine Rückbesinnung auf die Theorien von Karl Marx. Der Philosoph «kann nicht als überholt gelten», mahnte die Vatikanzeitung «Osservatore Romano» am Mittwoch. Sozialistische Diktaturen hätten die Lehren des Kapitalismuskritikers «bis zur Unkenntlichkeit entstellt», schreibt der deutsche Jesuit Georg Sans von der Päpstlichen Gregoriana-Universität.

 

Papst Benedikt XVI. würdigte Karl Marx (1818-1883) wegen dessen «eingehender Genauigkeit» sowie «sprachlicher und denkerischer Kraft» bereits 2007 in seiner zweiten Enzyklika «Spe salvi» (Durch Hoffnung gerettet).

 

Dieses Thema wurde hier unter rossaepfel-theorie.de/Linksbuendnis.htm vor einigen Jahren unter anderem wie folgt kommentiert:

 

Der Begriff "Kommunismus" ist aber durch die Diktatur im realen Kommunismus dermaßen disqualifiziert, wie man das vom Begriff des realen "Christentums" eigentlich auch hätte erwarten müssen (sh. z.B. Karlheinz Deschner:  Kriminalgeschichte des Christentums; sh. auch hier rossaepfel-theorie.de und Weihnachtstraum.htm). Einen solchen "Kommunismus" hätte sich Marx wahrscheinlich ebensowenig vorstellen mögen wie Jesus Christus das "Christentum" der vergangenen Jahrhunderte oder der heutigen "christlichen" Parteien.

 

Mit Bezug auf die "christlichen" Komplizen Berlusconis, Mussolinis und Hitlers (sh. oben) ist zu ergänzen, dass der Gegensatz zwischen "realem Christentum" und "realem Sozialismus" auch eine Kehrseite hat, nämlich die utopische Einheit von tatsächlichem Christentum und tatsächlichem Sozialismus. Sie wird allerdings von den "Christlichen" und den Schröder-"Sozialdemokraten" mit Füßen getreten, ganz zu schweigen von den "Liberalen", die ja einmal zur Befreiung von der Monarchie angetreten sind, allerdings mit dem "realen Liberalismus", also für deren Macht-Ablösung durch ein ausbeuterisches Besitzbürgertum.



 

14.10.2009, einzufügen bei Meinungskauf/Wir-Papst-Du-Deutschland.htm

Finanz- und Pharma-Industrie beweisen mit Großspenden ihr Vertrauen in

"christliche-liberale" Blockade der Finanzmarkt-Regulierung und

Unterstützung der Pharma-Abzockerei

 
 

Das Vertrauen der Umverteilungs-Profiteure in die "Liberalen" und "Christlichen" zeigt sich nicht nur darin, dass z.B. 56 Prozent der niedergelassenen Ärzte die FDP und 23,5 Prozent die CDU/CSU wählen wollten (sh. unten). Auch bei den Großspenden für diese Parteien zeigen noch viel größere Profiteure aus dem Volkseinkommen, wer ihnen noch dickere Stücke daraus zuschanzen soll.

 

Dazu heißt es in der Financial Times Deutschland mit Bezug auf das TV-"Duell" zwischen Merkel und Steinmeier:

 

Es war einer der wenigen konfrontativen Momente während des TV-Duells. Als das Gespräch auf das Thema Finanzmarktregulierung kam, warf SPD-Kandidat Frank-Walter Steinmeier der Bundeskanzlerin vor, ihre Partei habe hier wenig Interesse an harten Regeln. Schließlich hätten die Banken der Union zur Wahl rund 3 Mio. Euro gespendet, den Sozialdemokraten dagegen nur 200.000 Euro. Angela Merkel tat das als "eine sehr kühne Behauptung" ab.

 

(Sh. "Union gewann Spendenkampf haushoch", ftd.de, 13.10.2009.)

 

In Wirklichkeit dürfte aber die FDP noch vor den "Christlichen" den Spendenkampf "haushoch" gewonnen haben, wenn man ihr längerfristiges "Spenden"-Aufkommen ins Verhältnis setzt zu ihren Bundestagsmandaten oder gar zu ihren knapp 66.000 Parteimitgliedern und wenn man die knapp 700.000 Mitglieder der Union damit vergleicht (sh. Oskar Niedermayer: Parteimitglieder in Deutschland: Version 1/2009, Seite 2). Laut Spendenbericht für den Juli 2009 lagen die drei Großspenden für die FDP von insgesamt 400.000 Euro schon knapp über den Spenden für die CDU/CSU im gleichen Monat - mit den FDP-Spendern Deutsche Vermögensberatung AG,  Allfinanz Deutsche Vermögensberatung AG und dem Verband der Bayerischen Metall- und Elektroindustrie (sh. BT-Drs. 16/13929 vom 24.8.2009), der auch die millionenschwere Wähler-Manipulation durch die INSM finanziell unterstützt. (Siehe z.B. "Parteispenden von Unternehmen und Verbänden 2003 bis 2005", igmetall.de, Juli 05, und die Bundestagsseite "Parteienfinanzierung" mit dem "Fundstellenverzeichnis über die zeitnahe Veröffentlichung von Spenden über 50.000 € ab 1. Juli 2002", worin z.B. auch die Deutsche Bank und diverse Pharma-Firmen immer wieder auftauchen). Bei den FDP-Spenden im Juli 2009 ging es vor allem um die Umverteilungs-Profite aus dem Volkseinkommen, während die "Wohltäter" aus der Banken- und Pharma-Branche außerdem noch die überfälligen staatlichen Eingriffe abwehren wollen.

 

Steinmeiers Zahlenangaben von 3 Millionen für die "Christen" und 200.000 für die "Sozialdemokraten"  erscheinen jedenfalls nicht mehr so "kühn", wenn man allein die Großspenden von mehr als 50.000 Euro betrachtet. Nur diese müssen veröffentlicht werden, wenn sie nicht  zur Vertuschung einfach gestückelt werden, wie  im Falle der FDP bereits per Zufall nachgewiesen (sh. z.B. "Möllemann hat Großspenden gestückelt", handelsblatt.com, 20.11.2002). Zu diesen Großspenden heißt es in dem obigen Artikel der Financial Times Deutschland weiter:

 

Die CDU kam demnach alleine im August auf sieben solcher Großspenden von mehr als 50.000 Euro. Zusammen mit der CSU, die 70.000 Euro vom Verein der Bayerischen Chemischen Industrie bekam, sammelte die Union 1,02 Mio. Euro von Großspendern ein. Die SPD hingegen konnte nur eine Überweisung über 60.001 Euro von der Allianz vorweisen.
 

Die selbe Summe überwies der Münchner Versicherungskonzern bis auf die Linken auch allen anderen Parteien. Auch die höchste Spende kam von einem Finanzunternehmen: Die Düsseldorfer Finanz- und Beteiligungsgesellschaft Substantia gab 300.000 Euro an die FDP.
 

Die August-Zahlen bestätigen die Tendenz früherer Berichte. Schon im ersten Halbjahr 2009 hatte die CDU mit 1,26 Mio. Euro mit Abstand die meisten Großspenden eingesammelt. Die FDP lag mit 504.000 Euro noch knapp vor der SPD (401.000) Euro. Grüne und Linke erhielten in den ersten sechs Monaten überhaupt keine Großspende.

 

Dass die Linke als Vertreterin der Umverteilungs-Opfer keine Großspenden von den Umverteilungs-Profiteuren erhält, versteht sich beim Charakter der allermeisten Profiteure fast von selbst.

 

ABER
 

12.10.2009, einzufügen bei Hartz-IV.htm

Das FDP-"Bürgergeld" und die neoliberalen Meinungsmacher:

359 Euro monatlich plus Sozialmiete sind ihnen zu viel zum Leben

 

 

Zunächst wollten die bestbezahlten neoliberalen Meinungsmacher einfach nur den Regelsatz für den Lebensunterhalt um dreißig Prozent absenken, weil man dafür keine 359 Euro im Monat benötige (sh. hier rossaepfel-theorie.de - mit den früheren 345 oder 351 Euro). Um so erstaunlicher ist es, dass sie damit auch die Senkung ihres Spitzensteuersatzes von 42 Prozent finanzieren wollen, obwohl der für Verheiratete doch erst bei einem Jahreseinkommen von mehr als 100.000 Euro einsetzt. Angeblich sollten die Opfer ihrer Arbeitsplatzvernichtung durch Konsumdrosselung damit auch besser motiviert werden, um sich nach den vernichteten Arbeitsplätzen umzusehen oder um als Bewerber für Dumpinglöhne die Lohndrückerei zu verschärfen.

 

Inzwischen kommt die Selbstbedienung auf Kosten der Ärmsten und der Gemeinschaftsaufgaben in einer neuen Verkleidung daher. Auf der FDP-Webseite findet man dafür den Titel: "Das liberale Bürgergeld – aktivierend, transparent und gerecht". Die Süddeutsche Zeitung schreibt dazu:

 

Mit der Sozialpolitik der FDP ist es wie mit dem Witz vom gebratenen Hähnchen. Zwei haben Hunger, der eine hat das Hähnchen, der andere nicht. Der Erste isst es dennoch alleine mit der Begründung, im Durchschnitt hätte ja jeder ein halbes Hähnchen bekommen. Statistisch gesehen seien also beide satt geworden.
 

Das Bürgergeld der FDP funktioniert ähnlich. Hartz IV abschaffen ist zwar eigentlich eine Kernforderung der Linken. Doch auch die FDP will einen Systemwechsel, wenn auch einen, der Sozialverbänden und Linken noch weniger schmeckt als Hartz IV.
 

Mit dem Bürgergeld sollen sämtliche Ausgaben für die Grundsicherung wie Hartz IV, Wohngeld und Sozialhilfe auf einen Haufen geworfen werden. Jeder Bedürftige bekommt davon einen gleich hohen Anteil - nach den Berechnungen der FDP 662 Euro pro Kopf und Monat. Das war's. Keine Sonderzuwendungen mehr, kein Mehrbedarf im Einzelfall.

 

(Sh. "Hartz IV, das Bürgergeld und die FDP – Sozialverbände laufen Sturm gegen FDP-Bürgergeld", sueddeutsche.de, 7.10.2009.)  Sogar die Financial Times Online erkennt im Bürgergeld eine "Mogelpackung" (sh. "FDP-Vorstoß - Augenwischerei Bürgergeld", ftd.de, 6.10.2009).

Dagegen findet die Mannschaft von Claus Kleber für ihr ZDF-heute durchaus Experten, die dieser neuen Tarnversion etwas abgewinnen können. Dort heißt es:

 

Will die FDP die Linkspartei links überholen? "Ganz bestimmt nicht", sagt Prof. Barbara Riedmüller vom Otto-Suhr-Institut für Politikwissenschaft der Freien Universität Berlin, die an einer Expertenrunde der FDP zum Bürgergeld teilgenommen hat. "Das Modell stammt aus Amerika und passt durchaus ins liberale Denken." Denn das Bürgergeld sei ein einfaches Konzept für jeden, der unter dem Existenzminimum liege.

 

(Sh. "Bürgergeld – sozialer als Hartz IV?", zdf.de, 6.10.2009.) Man sieht also auch hier - wie bei der Aushöhlung der sozialen Krankenversicherung nach FDP-Konzept - die USA als Vorbild.

 

Auch die Söldner des großen privaten Medienkapitals freuen sich über diese neue Geldquelle. Der FOCUS betont in seiner Überschrift den löblichen Widerstand der FDP gegen das asoziale Hartz IV: "FDP dringt auf Ende von Hartz IV" und Springers WELT titelt am 7.9.2010 kurz nach der Bundestagswahl mit der Verheißung: "Hartz-IV-Debatte - Bürgergeld soll vor der Sozialhilfe retten". Über der Titelzeile bestätigen Guido Westerwelle und Angela Merkel auf Fotos mit strahlendem "Lächeln" die zuversichtliche Hoffnung der Springer-Erben und ihrer Schreiber auf die Umverteilung nach oben in ihre eigenen Taschen, damit sich "Leistung" wieder lohnt.

 

Diese Leute rechnen stets vor, dass ein Hartz-IV-Empfänger mit seinem monatlichen Regelsatz von 359 Euro plus Sozialmiete plus sonstige Sozialleistungen auf monatlich über 800 Euro netto kommt und dass es auch gelegentlich noch eine Notfallhilfe bei Sonderbedarf gibt. Mit dem Bürgergeld von 662 Euro soll nun all dies abgegolten sein. Dafür sollen etwaige Hinzuverdienste zum geringeren Teil gekürzt werden. Im Hinblick auf den totalen Striptease als Armutsbeweis gibt es keinen Unterschied zu Hartz-IV.

 

Obwohl die Springer-Schreiber all dies wissen, erwecken Sie doch den Eindruck, dass das Bürgergeld "vor der Sozialhilfe retten" kann. Weiter schreiben sie:

 

Die FDP will jedem Bedürftigen eine immer gleiche Grundsicherung – im Wahlprogramm ist von 662 Euro die Rede – auszahlen.

 

Die Rettung soll also darin liegen, dass man die angenommenen 800 Euro zunächst einmal um etwa 140 Euro kürzt, so dass von den 359 Euro zum Leben bestenfalls noch 220 Euro übrig bleiben.

 



8.10.2009, einzufügen bei Wir-Papst-Du-Deutschland.htm

"Nur die allerdümmsten Kälber wählen ihre Schlächter selber" (Bert Brecht)

oder gehen nicht zur Wahl.

Super-"Erfolg" der neoliberalen Meinungsmacher zur Bundestagswahl 2009

 


Über die Zusammensetzung der Wählerschaft nach "Tätigkeit" erhält man einen ersten Überblick durch die folgenden Untersuchungs-Ergebnisse von Infratest dimap für die ARD, veröffentlich im Wahlarchiv der Tagesschau unter dem Punkt "Umfragen" und "Wähler nach Tätigkeit". Die folgende tabellarische Form dieser Ergebnisse wurde hier übernommen von scharf-links.de, gefunden am 30.9.2009:

 


Wahlverhalten nach Alter: 
Infratest Dimap (ARD) - Angaben in Prozent:

 Alter

CDU/CSU 

SPD 

FDP 

Linke 

Grüne 

 18 - 24

 25 %

 18 % 

 15 % 

 12 % 

 15 % 

 25 - 34

 29

 17 

 18 

 12 

 13 

 35 - 44

 30

 21 

 16 

 12 

 14 

 45 - 59

 31

 24 

 14 

 15 

 12

 60 plus

 43 %

 27 % 

 12 % 

 10 % 

  5 % 

Schon das Wahlverhalten nach Alter zeigt, dass die Wähler der LINKEN keineswegs überproportional von den Rentnern kommen, sondern das dies eher bei der SPD und besonders bei der CDU/CSU der Fall ist. Die Arbeitslosen-Anteile unter den Wählern werden in der nachfolgenden Tabelle dargestellt. Darin ist vor allem verblüffend, dass zehn Prozent der Arbeitslosen die FDP wählen, wenn sie denn überhaupt zur Wahl gehen.


(ARD) Wahlverhalten nach Tätigkeit - in Prozent:

 'Tätigkeit'

CDU/CSU

SPD 

FDP 

Linke 

Grüne 

 Arbeiter

 29 %

 24 % 

 13 % 

 18 % 

   6 % 

 Angestellte

 33

 21  

 16

 11

 14 

 Selbständige

 34

 14 

 26 

   7 

 14 

 Rentner

 40

 29 

 13 

 12 

   5 

 Arbeitslose

 22

 23

 10 

 25 

  9  

 Forschungsgruppe Wahlen (ZDF) Wahlverhalten der Staatsbeamten:

 Beamte

35% Union

27% SPD

12% FDP

 8 % Linke

15% Grüne 

 

Gerade die Arbeitslosen und sozial Schwachen hätten das größte Interesse, ihre Existenzsicherung durch eine rege Wahlbeteiligung zu verteidigen. Dass sie ihre eigenen Belange - im krassen Gegensatz zur Wahlbeteiligung der Umverteilungsprofiteure - so extrem vernachlässigen, lässt sich auch in den USA und anderen Staaten beobachten und ist eine zuverlässige Kalkulations-Konstante der neoliberalen Parteien bei ihrer Umverteilung in die eigenen Taschen. Deren FDP-Wähler gaben sogar in großem Umfang ihre Erststimmen für die CDU ab, um der CDU mehr Überhangmandate für Schwarz-Gelb zu verschaffen.  Wie viele arbeitslose Wähler der LINKEN würden wohl der ungeliebten SPD ihre Erststimme geben, um diesem raffinierten Kalkül der FDP-Wähler entgegenzuwirken? Dabei zeigen die arbeitslosen Wähler der LINKEN mit ihrer überproportionalen Entscheidung für ihre Partei durchaus noch ein klareres Politikverständnis, ganz im Gegensatz zu den arbeitslosen und verwirrten FDP-Wählern.

Das Ausmaß der Wahlenthaltung unter den Arbeitslosen analysiert der Kölner Politologe Armin Schäfer am Max-Planck-Institut für Gesellschaftsforschung. Dazu schreibt der Kölner Stadtanzeiger am 5.9.2009 unter der Überschrift "Wer arm ist, geht nicht zur Wahl":

 

Der Kölner Politologe Armin Schäfer fand einen Zusammenhang zwischen sozialer Lage und Wahlbeteiligung: Je mehr Arbeitslose es in einem Stadtteil gibt, desto niedriger dort die Teilnahme

Schäfer, der zu Wahlbeteiligung und sozialem Status der Stadtteile seit den Bundestagswahlen 2005 forscht, erklärte zu den NRW-Kommunalwahlen für die viertgrößte deutsche Stadt Köln: "Im sozialen Brennpunkt Köln-Chorweiler sind 25,7 Prozent zur Wahl gegangen, im gehobenen Hahnwald waren es 64,4 Prozent." Dasselbe Muster zeigte sich bei Europa-, Landtags- und Bundestagswahlen.


"Unzufriedenheits-Mobilisierungs-These" läuft ins Leere

"Es gab lange die These, wer unzufrieden ist, will etwas ändern und geht wählen. Aber das stimmt nicht", betonte der Experte. "Eine persönlich schwierige oder unzufriedenstellende Lage wie Arbeitslosigkeit führt eben nicht zur Mobilisierung."

 

Den tatsächlichen Stimmenverlust der SPD an die Nichtwähler zeigt auch die folgende Tabelle mit eigenen Berechnungen:

             

Die SPD hat nur noch 23 Prozent der Zweitstimmen,

     

aber die Hälfte des Nichtwähler-Zuwachses kommt per Saldo von der SPD.

 

Der Rest der Nichtwähler ist also zum großen Teil wohl ähnlich motiviert oder unmotiviert - 

 

wegen des Verrats an der Sozialdemokratie und der Diffamierung der LINKEN.

   

             

Bestand 

Bestand

Verlust(-) /

Änderung

Verlust an

Verlust an

 

ab 18.9.2009

ab 27.9.2009

Zuwachs

in %

Nichtwähler

Nichtwähler

 

   

= (2) - (1)

 von (1)

 

in % von (1)

 

(1)

(2)

(3)

(4)

(5)

(6)

 

             

Wahlberechtigt

61.870.711

62.132.442

261.731

0,4

     

Wähler

48.044.134

43.997.633

-4.046.501

-8,4

     

Nichtwähler

13.826.577

18.134.809

4.308.232

31,2

     

Ungült.Zweitst.

756.146

640.091

-116.055

-15,3

     

Gültige Zweitst.

47.287.988

43.357.542

-3.930.446

-8,3

     

             

Union

16.631.049

14.655.004

-1.976.045

-11,9

-1.170.000

-7,0

 

SPD

16.194.665

9.988.843

-6.205.822

-38,3

-2.130.000

-13,2

 

FDP

4.648.144

6.313.023

1.664.879

35,8

-110.000

-2,4

 

Linke

4.118.194

5.153.884

1.035.690

25,1

-350.000

-8,5

 

Grüne

3.838.326

4.641.197

802.871

20,9

-40.000

-1,0

 

Andere

 

2.605.591

747.981

 

-60.000

   

 

43.357.542

-3.930.446

 

-3.860.000

   

             

Spalte 1 Zweitstimmen-Ergebnis der Bundestagswahl 2005.

     

Spalte 2: Vorläufiges Zweitstimmen-Ergebnis der Bundestagswahl 2009.

   

Spalte 5 von tagesschau.de, Analysen, Wählerwanderung.

     

Stand 3.10.2009.

           
             

Diese Ergebnisse sind zu beachten, wenn man von Forschungsergebnissen liest, die zumindest scheinbar in eine andere Richtung weisen, z.B. die folgende Passage zu den Untersuchungen des Politologen Thomas Kleinhenz. Dazu heißt es in der Südwestpresse vom 2.9.2009 unter der Überschrift: "STUDIE - Die Motive der unverdrossenen Nichtwähler":

 

Die Vermutung, dass Nichtwähler zum Großteil in sozial schwachen Schichten oder gesellschaftlichen Randgruppen zu finden sind, gilt inzwischen als widerlegt. Auch wenn die Wahlbeteiligung mit wachsender Bildung steigt - Politologe Kleinhenz kommt in seiner Studie aus den 90er Jahren zu dem Ergebnis, dass die meisten Nichtwähler sowohl sozial als auch politisch "Bürger der Mitte" sind.


Die nahezu gleiche Passage findet sich auch im STERN vom 13.9.2005:


Die Vermutung, dass Nichtwähler zum Großteil in sozial schwachen Schichten oder gesellschaftlichen Randgruppen zu finden sind, gilt inzwischen als widerlegt. Auch wenn die Wahlbeteiligung mit wachsender Bildung steigt - Politologe Kleinhenz kommt in seiner Studie aus den 90er Jahren zu dem Ergebnis, dass die meisten Nichtwähler sowohl sozial als auch politisch "Bürger der Mitte" sind.

 

(Sh. "Nichtwähler - Die drittstärkste Kraft", stern.de, 13.9.2005Der entscheidende Unterschied ist hier der Hinweis darauf, dass die Studie von Kleinhenz "aus den 90er Jahren" stammt, als die SPD-Wähler noch nicht durch die "sozialdemokratische" Umverteilung nach oben verprellt waren. (Näheres zu der älteren Studie von Kleinhenz findet man auch bei Philip Voelcker: "Nichtwähler - Wer sind sie? Bewertung verschiedener Deutungsansätze", Norderstedt 2007.) Die obigen Untersuchungen von Armin Schäfer zeigen dagegen die Ergebnisse "seit den Bundestagswahlen 2005".

Eine weitere aktuelle Studie zur Bundestagswahl 2009 wurde erstellt von Infratest dimap im Auftrag der Initiative ProDialog und trägt den Titel "Nichtwähler im Superwahljahr", Teil I (August 2009) und Teil II (September 2009), verfügbar als Download unter prodialog.org, Stand 3.10.2009. Zu einer Grafik in Teil I und II der Studie heißt es dort:

 

Hauptgrund für ihre mögliche Nichtteilnahme an der Bundestagswahl ist, dass sie Auftreten und Inhalte der
Parteien bisher nicht überzeugen.

 

Die Aussage "Parteien und Politiker überzeugen mich nicht" wurde im August 2009 von 80 Prozent der Befragten mit JA beantwortet, und die Aussage "Wahlkampf spricht mich nicht an" wurde von 71 Prozent mit JA bestätigt. Im September 2009 bestätigten  84 Prozent bzw. 72 Prozent diese Aussagen.

 

Der heftige innere Widerstand gegen die Unglaubwürdigkeit ihrer "Volksvertreter" könnte also insbesondere bei den SPD-Wählern von August bis September 2009 zugenommen haben, als sich ihre Wahlentscheidung allmählich nicht mehr aufschieben ließ. Die Aussagen heißen aber nicht nur, dass "Auftreten und Inhalte der Parteien bisher nicht überzeugen". Vielmehr waren die Befragten "bisher", zumindest bis 2005 noch eher überzeugt als zur Wahl in 2009. Man hätte besser  fragen sollen, wie viele der Befragten "bisher" welche Parteien gewählt haben. Statt dessen fragte man "Unentschlossene oder Nichtwähler" nach ihrer der "Parteienpräferenz". Eine solche Präferenz haben die verprellten SPD-Wähler mit eingetrichterter Ablehnung der Linken wohl schon längst aufgegeben, weil für sie diese Alternative diffamiert wurde. Sie gehören daher eher zu den 42 Prozent ohne Präferenz für irgendeine Partei. 


Dass so viele Hartz-IV-Opfer der Arbeitsplatzvernichtung durch Umverteilung nach oben die FDP wählen oder gar nicht zur Wahl gehen, führt auch zu der harten Schuldfrage: Inwieweit sind sie für diese Umverteilung verantwortlich und haben nur deshalb auch selbst die Konsequenzen zu tragen, dass zu viele von ihnen im Fernsehen und in Druckmedien den üblichen Zirkus und Kommerz-Ramsch bevorzugen, statt sich ernsthaft zu informieren? Diese Frage lässt sich nicht allein damit beantworten, dass die Umverteilungs-Opfer sich schon seit Jahrtausenden von den Profiteuren manipulieren lassen. Aber auch in den scheinbar seriösen Talkshows usw. sitzen überwiegend Profiteure und verbreiten ihre Wählertäuschung.

Wenn man die Verluste der SPD von 2,13 Millionen Stimmen und der Union von 1,17 Millionen Stimmen an die "Partei" der Nichtwähler betrachtet, dann kommt noch erschwerend hinzu, dass die SPD mit 23 % nur etwa zwei Drittel des Unions-Zweitstimmenanteils (33,8%) erhalten hat und trotzdem fast doppelt so viele Stimmen an die Nichtwähler verloren hat (sh. "Wählerwanderung", tagesschau.de, Stand 30.9.2009).

Insgesamt hat die SPD von 2005 bis 2009 etwa sechs Millionen Zweitstimmen verloren. Aber schon bei der Wahl in 2005 hatte sie ihre Umverteilung nach oben gegenüber 2002 etwa zwei Millionen Zweitstimmen gekostet.


Ex-Kanzlerkandidat und "Sozialdemokrat" Steinmeier sucht nun seine Anhänger eher unter den Lesern der hartgesottenen neoliberalen Springer-Presse mit ihren Hetzkampagnen gegen die LINKE, denn er spürt wohl gegen seinen Schröder-Kurs "In der SPD ein(en) Hauch von Revolte"; so jedenfalls titelt die WELT ONLINE vom 4.10.2009 und schreibt für ein Auswechseln der etlichen Millionen SPD-Linken durch mehr FDP und CDU in der SPD:


In einem Beitrag für diese Ausgabe der "Welt am Sonntag" schreibt Steinmeier, es werde "manchmal übersehen", dass "fast 1,4 Millionen SPD-Wähler zu Union und FDP abgewandert" seien.
 

Andere SPD-Politiker haben dagegen keinen persönlichen Grund, den Verrat an der Sozialdemokratie schönzureden. Auch die LINKE empfindet keine "Häme angesichts der SPD-Niederlage", sondern hofft auf deren Resozialdemokratisierung. Dazu heißt es in der FAZ vom 3.10.2009 unter der Überschrift: "SPD und Linke bewegen sich - Wowereit: 'Das Tabu muss weg. Es schadet der SPD'":

 
"Es gibt keinen Anlass mehr, sich holzschnittartig von der Linkspartei abzugrenzen", sagte SPD-Außenpolitiker Gernot Erler der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung. Der Bundesgeschäftsführer der "Linken", Dietmar Bartsch, wandte sich gegen Häme angesichts der SPD-Niederlage. "Ich wünsche mir die Resozialdemokratisierung der SPD, nicht deren Untergang", sagte Bartsch der Sonntagszeitung.


Wenn die SPD wieder sozialdemokratischer wird, dann kann sie gewiss einige Wähler von der LINKEN zurückgewinnen. Aber dies schwächt nicht das linke Lager. Vielmehr kann sie so auch einen großen Teil der zwei Millionen Nicht-Wähler zurückholen, für die die diffamierte Linke immer noch nicht wählbar ist. So viele Wähler wird sie dadurch kaum an das rechte Lager verlieren.

Wenn aber die SPD keine Vereinigung, sondern nur eine Koalition mit der LINKEN anstrebt, dann kann sie auch versuchen,  das linke Spektrum zur Mitte weiter auszudehnen und damit noch die erforderlichen Stimmen von der CDU zu holen. Die verbleibenden Sozialdemokraten mit sozialem Gewissen könnten dann zur LINKEN gehen, und die SPD wäre dann eher eine Lobby-Partei für Normalverdiener wie auch für ihr eigenes Establishment, also z.B. gegen eine menschenwürdige Versorgung ihrer Hartz-IV-Opfer und gegen deren ausreichende Grundsicherung im Alter. Ihr großes Stimmenpotenzial läge im Gewerkschaftslager sowie bei CDU und FDP, die angeblich "die Mitte" vertreten.

Schon bei Gründung der SPD gab es die beiden unterschiedlichen sozialdemokratischen Flügel von August Bebel und Karl Liebknecht auf der einen Seite und von Ferdinand Lassalle auf der anderen. Später gab es zeitweise die USPD. Heute spricht einiges wieder für eine ein "getrenntes Marschieren". Die  SPD müsste dann jedoch die Diffamierung der LINKEN beenden und zusammen mit ihr klarer machen, wer ihre eigentlichen gemeinsamen politischen Gegner sind.


Aber auch als Konkurrentin der LINKEN müsste die SPD das Image von Hartz-IV und Umverteilung nach oben abstreifen, indem z.B. die Parlamentarier auch für sich selbst zu den Spitzensteuersätzen der Wirtschaftswunderjahre zurückkehren und dadurch glaubwürdiger werden. Sie dürften dann vor allem nicht länger die Tatsache tabuisieren, dass viele Arbeitsplätze durch Umverteilung nach oben in ihre eigenen Taschen und durch Konsumdrosselung vernichtet werden
(sh. hier rossaepfel-theorie.de).



 

 

4.10./17.11.2009, einzufügen bei Wir-Papst-Du-Deutschland.htm

Neoliberale Meinungsmacher in den USA

Volksverhetzung gegen Obama und seine Gesundheitsreform

 


Für unsere neoliberalen Meinungsmacher mit ihren jährlichen Erfolgs-"Honoraren" von 500.000 Euro oder mehr lohnt sich ihr "Engagement" für die Senkung des Spitzensteuersatzes von 45 auf 35 Prozent ganz besonders - nicht nur zur Empfehlung an ihre Brötchengeber, sondern auch weil sie selbst damit ihr jährliches Nettoeinkommen um mindestens 40.000 Euro erhöhen, also um das Gesamteinkommen von etwa vier Hartz-Opfern ihrer Umverteilung nach oben.

Um so mehr lohnt sich dieser Einsatz fürs "Gemeinwohl" bei den US-Meinungsmachern wie Rush Limbaugh, der jährlich 38 Millionen Dollar erhält für seine neoliberale Volksverdummung (sh. "Rush Limbaugh - 400 Millionen Dollar für den Radio-Mann", faz.net, 11.7.2008), zum Beispiel für seine Diffamierungs-Kampagnen gegen Obamas  Bemühungen um einen Krankenversicherungsschutz für die 50 Millionen Amerikaner, die im Krankheitsfall auf Sozialhilfe angewiesen sind. Darin enthalten sind nicht einmal die Millionen Versicherten ohne Schutz für Zahn- und Augenprobleme (sh. medicare.com "dental plan" , "...eye care" und medicareinteractive.org), so dass sie bei Zahnerkrankungen stundenlange Autofahrten und Wartezeiten in Kauf nehmen müssen, damit man ihnen in den Sozialstationen wenigstens ihre kranken Zähne zieht und für die ein Zahnersatz oder eine private Krankenversicherung völlig unbezahlbar ist, abgesehen vom Ausschluss der Vorerkrankungen (sh. Klaus Remme: "Podium: Freiwillige behandeln in Tennessee Patienten ohne Krankenversicherung", dradio.de, 7.10.2009, 7:51 Uhr). Aus Angst um den Verlust seiner Steuergeschenke seit Ronald Reagan vergleicht Limbaugh das Obamas Logo für die Gesundheitsreform mit einem Nazi-Hakenkreuz-Logo (sh. mediamatters.org, Stand 4.10.2009). Je höher also der Anteil aus dem Volkseinkommen für die Söldner des Medienkapitals, um so größer ist anscheinend deren Gier, mit der sie auch noch den Rest ihrer Erstattung an die Gemeinschaft aus ihrem Verdummungs-Lohn zurückzuhalten wollen. Es interessiert sie auch nicht, dass Millionen von Amerikanern wegen der Umverteilung nach oben nicht einmal genug zu essen haben (sh. "50 Millionen Amerikanern fehlt das Geld fürs Essen", zeit.de, 17.11.2009).

 

Die reine Gier als Grund für die Wählertäuschung wird nicht einmal in der halblinken taz hinreichend unterstrichen (sh. "Obamas Rede zum Gesundheitssystem - Erster und letzter Versuch", taz.de, 11.9.2009). Etliche Kommentatoren vermuten Rassismus in der Kampagne gegen Obama (sh. "Wer fürchtet sich vorm schwarzen Mann", orf.at, 22.9.2009). Aber auch Clinton und schon Roosevelt sind an dieser Reform gescheitert. Der Rassismus ist nur eine weitere Zutat, die man gegen einen Präsidenten mit teilweise afrikanischen Vorfahren auszuschlachten sucht. Obwohl Millionen weiße Amerikaner zu diesen Umverteilungsopfern gehören, würden die überfälligen Gesundheitsreform  auch vielen afro-amerikanische Rassismus-Opfer zugute kommen. Dazu heißt es in der Frankfurter Rundschau:

 

Der konservative Fernsehmoderator Glenn Beck sprach es letzte Woche unumwunden aus: Obama versuche durch die Hintertür im Namen des schwarzen Amerika Reparationen vom weißen Mann einzutreiben. So offen traut sich allerdings heute nicht mehr jeder, die dunkle Hautfarbe des Präsidenten dazu zu benutzen, der konservativen Basis Angst zu machen. Deshalb muss eine andere allgemein akzeptierte Metapher für das Böse her - der Faschismus.

 

(Sh. "Obama unter Faschismus-Verdacht - Im Namen der Angst", fr-online.de, 16.8.2009.)  Die eigentlichen Rassisten und Faschisten zeichnen Obama in den Medien neuerdings mit Hitler-Bärtchen. Schon der demokratische Präsident Franklin D. Roosevelt wurde als Faschist  diffamiert. Wegen seiner Sozialprogramme des New Deals wurde er sogar als "Sozialist" gebrandmarkt (sh. "Rassismusdebatte holt Obama ein", ftd.de 18.9.2009), was auch für die deutsche und amerikanische Hetzmeute wohl das eigentliche Übel bezeichnet, angefangen mit den Morddrohungen des wiederbelebten Ku-Klux-Klan über die deutschen Sozialistenfresser bis Glenn Beck und Rush Limbaugh. Ähnlich der Hetzmeute gegen Lafontaine und die Linke beweisen sie, wie man große Volksmassen mit Hilfe des Medienkapitals gegen deren eigene Interessen aufhetzen kann, auch wenn diese Rattenfänger die Wahl von Obama wegen der starke Bürgerbewegung nicht verhindern konnten.

 

Die Hautfarbe des Präsidenten ist nur einer von den willkommener Vorwänden für Wähler-Täuscher wie Glenn Beck und die anderen höchstbezahlten Söldner des Medienkapitals. Aber der eigentliche Grund ist seit eh und je die zur "Angst" gesteigerte "Gier" und die asoziale Kälte der Profiteure gegenüber den Umverteilungsopfern. Die bestbezahlten neoliberalen Meinungsmacher wehren sich also - ebenso wie die FDP in Deutschland - gegen ihre Beteiligung an einer solidarischen Krankenversicherung. Nur damit wäre aber eine allgemeine Krankenversicherung auch für mittlere und geringere Einkommen auf Dauer bezahlbar (siehe "Warum die FDP gewonnen hat" und "SPD: Nicht 'weiter so'!", beides freitag.de, 27. und 28.9.2009).

Laut OECD-Statistik 2008 werden in den USA derzeit nur 45,4% der Gesundheitskosten vom Staat bezahlt. Für andere OECD-Staaten beläuft sich dieser Anteil auf 80 Prozent oder mehr (sh. Wikipedia: "Health care compared" m.w.Nachw. und http://en.wikipedia.org/wiki/Health_insurance#United_States). Für Deutschland ist er in dieser Statistik mit 77 Prozent angegeben, aber das liegt nur daran, dass die eigenen Krankenversicherungsbeiträge der deutschen Versicherten offenbar als Staatsausgaben aus Steuern angesetzt werden, wie man hierzulande überhaupt deren eigene gesetzliche Versicherungsbeiträge irreführenderweise zur Staatsquote rechnet und dann eine Senkung der angeblich zu hohen Staatsquote fordert. (Sh. dazu oecd.org/statsportal/ > http://stats.oecd.org, wo auch die Definition des Quotienten zu finden ist.)


Der neokonservative Eigentümer des allpräsenten US-Massenmediums Fox-TV, Rupert Murdoch, treibt den Missbrauch des Medienkapitals und dieser angeblich verfassungsmäßigen "Eigentumsfreiheit" auf die Spitze. Er lässt die Scharfmacher gegen alles angeblich Linke in seinem Verdummungs-Sender noch wesentlich weiter gehen als Berlusconi oder die deutschen Springer-Erben. Dazu schreibt der Züricher Tagesanzeiger:

 

Heraufziehender Bürgerkrieg
 

Um den kommenden Volksaufstand unter Führung zorniger weisser Männer gegen Obama auszuloten, liess TV-Moderator Glenn Beck, wie Hannity ein Schwafler bei Rupert Murdochs Fox-TV, einen Ex-Armeeangehörigen sowie einen ehemaligen CIA-Mann zu Wort kommen. Und prompt tropfte denen Apokalyptisches von den Lippen. Von Beck dazu angestiftet, befasste sich das letzte Häuflein der Aufrechten im Rahmen eines «Kriegsspiels» gar mit dem heraufziehenden amerikanischen Bürgerkrieg.
 

«Wir sind bereits auf den Weg dahin», intonierte Beck, den Sieg beim zweiten amerikanischen Bürgerkrieg werde freilich das «Volk» davontragen: Gewiss werde sich die amerikanische Armee Obamas Befehl, den Aufstand niederzuschlagen, widersetzen und die Seite des «Volks» ergreifen, tröstete Beck sich und die Seinen. Wow!

 

(Sh. "Bizarrer Streit um Obamas Geburtsurkunde", tagesanzeiger.ch, 24.2.2009.)
 


 

2.10.2009/4.1.2010, einzufügen bei Wir-Papst-Du-Deutschland.htm

Kleber (ZDF) und Straubhaar (HWWI) oder

wie sich die neoliberalen Meinungsmacher den Ball zuspielen

verschoben nach Journal-3.htm

 



29.9.2009, einzufügen bei Wir-Papst-Du-Deutschland.htm
SPD-Absturz durch Wohltaten für FDP-Stammwähler zu Lasten der SPD-Stammwähler


 

Siehe "Warum die FDP gewonnen hat" und "SPD: Nicht 'weiter so'!", beides freitag.de, 27. und 28.9.2009.

Dazu noch folgende Ergänzung:


 

Bundestagswahl vom 27.9.2009

       

Ergebnisse lt. Bundeswahlleiter und Wahlprognosen

     

(sh. http://www.bundeswahlleiter.de

und

       

http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,623633,00.html)  

   

         

Wahlberechtigte

62.132.442

       

Wähler

43.997.633

       

Wahlbeteiligung

70,8

       

Differenz zu 2005, Prozentpunkte

-6,8

       

         

CDU 

SPD 

FDP 

DIE LINKE 

GRÜNE 

+CSU

       

= CDU/CSU

     

Erststimmen

         

Anzahl

17.043.693

12.077.437

4.075.115

4.790.007

3.974.803

%

39,4

27,9

9,4

11,1

9,2

Differenz zu 2005, Prozentpunkte

-1,5

-10,5

4,7

3,1

3,8

         

Zweitstimmen

14.655.004

9.988.843

6.313.023

5.153.884

4.641.197

%

33,8

23,0

14,6

11,9

10,7

Differenz zu 2005, Prozentpunkte

-1,4

-11,2

4,7

3,2

2,6

         

Prognosen:

         

Forsa, 25.9.09

33

25

14

12

10

INFO GmbH, 23.9.09

35

26

13

12

11

Allensbach, 22.9.09

35,0

24,0

13,5

11,5

11,0

Forschungsgr.Wahlen,18.9.09

36

25

13

11

10

Infratest/dimap, 10.9.09

35

23

14

12

12

TNS/EMNID, 9.9.09

35

24

13

12

12

         

LINKE:

Alle Prognosen für DIE LINKE sind ziemlich genau.

FDP:

erhielt noch mehr Stimmen als vorhergesagt; Forsa und 

Infratest/Dimap lagen am nächsten.

 

SPD:

erhielt noch weniger als zuletzt vorhergesagt

 

CDU/CSU:

erhielt etwas weniger, als zuletzt vorhergesagt 

 

(Ausnahme Forsa vom 25.9.09)

   

         

Das Rede-"Duell" von Merkel und Steinmeier am 13.9.09 brachte bis kurz vor der Wahl einen 

Stimmenzuwachs für die SPD und auch etwas für die CDU (sh. z.B. Forsa-Prognosen), der dann

aber schnell wieder abebbte.

         

         

 


Die geplante Wahl des Hartz-IV-Miturhebers Frank Walter Steinmeier zum SPD-Fraktionschef bezeichnete Ulrich Maurer (DIE LINKE) als "fatales Signal". Dazu heißt es auf der Webseite von SWR2 am 29.9.2009 unter der "Überschrift Steinmeiers Wahl zum Chef der SPD-Bundestagsfraktion: 'Ein fatales Signal'":

Der parlamentarische Geschäftsführer der Bundestagsfraktion der LINKEN, Ulrich Maurer, bewertet die geplante Wahl von Frank Walter Steinmeier zum SPD-Fraktionschef als schlechtes Vorzeichen für eine mögliche rotrote Zusammenarbeit. Im Südwestrundfunk (SWR) sagte Maurer, wenn jetzt der "Büroleiter von Schröder" und "Architekt der Agenda 2010" die sozialdemokratischen Abgeordneten führen solle, sei das ein "fatales Signal" der SPD. Steinmeier werde für einen "Kurs des gemäßigten ´Weiter so´" stehen...

Schließlich sei es schwer vorstellbar, dass sich ein Fraktionschef Steinmeier möglichen Gegenkandidaten wie "Nahles oder Gabriel oder Wowereit unterordnen" würde.

Auch Olaf Scholz scheint lernfähig. (Sh. "SPD-Krise: Scholz schaut nach links", focus.de, 30.9.2009.)  Der Verrat an der Sozialdemokratie durch den Kanzler der Bosse und seinen Tross wie auch die daraus folgende nahezu neurotische Tabuisierung der LINKEN wirken also so stark nach, dass selbst jüngere Politiker im SPD-Parteivorstand wie der "Sprecher der Parteilinken" Björn Böhning von dieser Autosuggestion teilweise erfasst sind. Aber auch er meint: "Ein 'Weiter so' dürfe es nicht geben" (tagesschau.de, 29.9.2009). Vielleicht geht es Böhning aber auch nur um eine gewisse Kontinuität zur Wahrung des Scheins bis zum SPD-Parteitag im November 2009, und man wird dann einen unbelasteten Landes-Politiker wie Klaus Wowereit benennen, der unter dieser unheilbaren Rechtfertigungs-Neurose nicht zu leiden hat. Aus einem längeren DLF-Interview mit Böhning gleich nach der Wahl lässt sich kaum auf seine Zielrichtung schließen (sh. "An diesem Ergebnis sind wir alle schuld", Deutschlandfunk, 29.9.2009). Offenbar will er die Zielfindung ganz den korrekturbedürftigen innerparteilichen Kräfteverhältnissen überlassen und dafür die erforderliche Zeit gewinnen, denn es heißt dort: "Jetzt Namen zu nennen, wäre völlig falsch, weil es würde in die SPD nur einen Keil treiben und diesen Keil wollen wir nicht", sagt der Sprecher der SPD-Linken, Björn Böhning. Dennoch fordert er zeitintensive Diskussionen.


Im Gegensatz zum Nicht-Bundestagsmitglied Böhning hält Ottmar Schreiner die übereilte Wahl von Steinmeier zum Fraktionsvorsitzenden für einen Fehler. Schreiner ist vielleicht der einzige wirklich glaubwürdige SPD-Politiker im Bundestag, soweit diese dort überhaupt noch wahrnehmbar sind, ganz zu schweigen von den Politikern der übrigen neoliberalen Parteien. Andere bekannte SPD-Bundestagsabgeordnete wie Andrea Nahles haben gute Chancen, wieder an Glaubwürdigkeit zu gewinnen. Schreiner hält das vorläufige "Weiter So" von oben für einen "Handstreich". Dazu berichtet der FOCUS ONLINE vom 30.9.2009 unter der Überschrift "SPD-Krise - Scholz schaut nach links" mit Bezug auf ein Schreiner-Interview für die "Ruhr Nachrichten":

 

Der SPD-Politiker Ottmar Schreiner kritisierte die schnelle Wahl Steinmeiers zum SPD-Fraktionschef. "Es wäre besser gewesen, man hätte die Wahl um mindestens 14 Tage verschoben und erst einmal mit der Aufarbeitung der Ursachen für das Debakel begonnen", sagte Schreiner den Dortmunder "Ruhr Nachrichten". Schreiner monierte, dass es "massive Vorfestlegungen" gegeben habe, "die ich für außerordentlich bedenklich halte". Ein demokratischer Prozess sehe anders aus, fügte der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen der SPD hinzu. Die Besetzung von Posten "im Handstreich" sei in der SPD zwar "verbreitet", treffe aber "auf wachsende Widerstände".

 
Schon am 29.9.2009 einigte sich die "SPD-Spitze" auch schon auf den politisch beweglichen Sigmar Gabriel als neuen SPD-Vorsitzenden und auf Andrea Nahles als Generalsekretärin (sh. "Parteivorsitz: SPD-Linke einigt sich auf Gabriel als Chef", focus.de, 1.10.2009). Man will dies zunächst durch den SPD-Vorstand absegnen lassen und hofft wohl, dass es Gabriel sowohl der SPD-Linken als auch dem SPD-Establishment mit dem Schröder-Nachfolger Steinmeier recht machen kann.

Dagegen

 

fragt Hermann Scheer, der beinahe Superminister in Hessen unter Andrea Ypsilanti geworden wäre, wer denn überhaupt verabredet habe, dass Gabriel Chef werden solle.


(Sh. "Orientierungslose SPD - Wer hat das wieder entschieden", fr-online.de, 30.9.2009.) Weiter heißt es in dem Artikel:

 

Die Juso-Vorsitzende Franziska Drohsel verlangt eine "radikale Erneuerung" der Partei und bezeichnet den im Rückzug befindlichen Franz Müntefering sowie den gerade gewählten Fraktionschef Steinmeier als "wesentlichen Teil der Glaubwürdigkeitskrise". Ihm, Steinmeier, werde mit einer "seriösen Skepsis" begegnet.


Die SPD hat also noch eine Chance, ihre Glaubwürdigkeitskrise zu beenden.



 

19./29.9.2009, einzufügen bei Besserverdiener.htm:

56 Prozent der niedergelassenen Ärzte wählen FDP

 

 

Auch im Jahr 2009 sind die Ärzte ein gutes Beispiel für die "Besserverdiener". Dabei mögen viele Ärzte – gemessen an ihrer Qualifikation, langen Ausbildung und jahrelangen Anlaufkosten - durchaus unterbezahlt sein, weil sie bei der Verteilung des Honorar-Kuchens über ihre Kassenärztlichen Zwangs-Vereinigungen durch stärkere Lobbyisten benachteiligt werden. Jedenfalls stieg das Durchschnitts-Einkommen der niedergelassenen Ärzte nach Abzug aller Praxiskosten in den Jahren 2003 bis 2007 von 126.000 Euro auf 142.000 Euro. Dieses Einkommen ist begrifflich zu vergleichen mit dem Bruttoeinkommen eines (besserverdienenden) Arbeitnehmers. Hinzu kommen jährliche Nachschläge von ca. 3,8 Milliarden Euro ab 2008 und noch einmal eine Milliarde Euro ab 2010. (Sh. die Statistiken aus der Sendung "Hart aber fair": "Geschmierte Ärzte, Patienten zweiter Klasse – wie krank ist das Gesundheitssystem", wdr.de, 16.9.2009, ab der 25. Sendeminute, und "Honorare – Kassen rufen Ärzte zur Mäßigung auf", fazfinance.net, 17.8.2009.) Die Zahlen für 2007 findet man in der Publikation des Statistischen Bundesamtes: "Kostenstruktur bei Arzt- und Zahnarztpraxen … Fachserie 2 Reihe 1.6.1 – 2007", unter destatis.de, Tabelle 1.1, besucht 19.9.2009.)

 

Die obigen Durchschnittswerte und die stark unterdurchschnittliche Honorierung von vielen qualifizierten und engagierten Ärzten lassen vermuten, dass etliche niedergelassene Ärzte weit überbezahlt sind durch die falsche Honorarverteilung aus den Zwangsbeiträgen zu Lasten der Klein- und Normalverdiener. Dies gilt z.B. oft für Orthopäden und Röntgenärzte, die gemeinsam von den überhöhten Kosten für Magnetresonanztomographien mit den gewinnträchtigen Kontrastmitteln der Röntgenpraxen profitieren können.  Zu vielen weiteren Beispielen sh. Transparency Deutschland: "Transparenzmängel, Korruption und Betrug im deutschen Gesundheitswesen", transparency.de, Juni 2008.

 

Anlass für diese Überlegungen ist aber hier vor allem, dass 56 Prozent der Ärzte die FDP wählen (sh. "Hart aber fair", a.a.O., ab 19. Sendeminute, und "Ärzte setzen auf die liberale Karte", aerztezeitung.de, 14.9.2009), während diese Partei der Umverteilung nach oben in der Gesamtbevölkerung "nur" ein Wahlergebnis von 14,6 Prozent bei der Bundestagswahl vom 27.9.2009 erhielt. Wenn z.B. ein Drittel der Ärzte unterbezahlt, ein weiteres Drittel angemessen bezahlt und das letzte Drittel überbezahlt ist, dann können diese 56 Prozent nicht nur von dem unteren Drittel kommen. Vielmehr müssten diese übervorteilten Ärzte eher annehmen, dass die fortbestehende FDP-Forderung nach Senkung des Spitzensteuersatzes ehemals 53 und jetzt 42 Prozent auf 35 Prozent (sh. FDP-Wahlprogramm 2009, S. 6 und FDP-Steuerrechner unter hermann-otto-solms.de) auch zu ihren Lasten geht, weil mit der künstlichen Verarmung des Staates der Verteilungsspielraum enger wird und weil sowieso alle kleineren "Unternehmer", Normal- und Geringverdiener diese Umverteilung nach oben bezahlen müssen.

 

Die 56 Prozent FDP-Stimmen müssten konsequenterweise gerade von den Überbezahlten kommen, die den Spitzensteuersatz erreichen. Zwar ist nicht davon auszugehen, dass bei den Ärzten das Prinzip "Gier vor Menschlichkeit" stärker ausgeprägt wäre als beim Rest der Bevölkerung. Eher gilt bei ihnen vielleicht das Gegenteil. Außerdem geht es den Ärzten auch um die weitgehende Privatisierung der Krankenversicherung durch die FDP nach US-Vorbild, allerdings mit staatlichen Sozial-Zuschüssen, die ihnen erhebliche Zusatzeinnahmen verschaffen, aber die Normalverdiener zu Hartz-IV-Aufstockern macht (sh. "Mehr Netto vom Brutto?", freitag.de, 26.9.2009). Die Ärzte sind hier nur ein Beispiel für die Besserverdiener, weil für ihre Parteipräferenzen gerade die vorliegende Statistik erschienen ist. Viel besser geeignet für die Erklärung der neoliberalen Stimmungsmache wären solche Statistiken zu den Bestverdiener unter den Journalisten, Moderatoren und sonstigen Meinungsmachern. Aber hier gibt es offenbar nur Untersuchungen zu den Durchschnittsverdienern, die wesentlich weniger verdienen als die Kassenärzte (sh. unten).

 

Jedenfalls lässt die übermäßige Bedienung einer Minderheit aus dem Gesamt-Honorar-Topf schon den Verdacht aufkommen, dass sich hier die am wenigsten solidarischen Gruppen auf Kosten der anderen durchsetzen und dass diese Profiteure schon von daher zur FDP neigen. Der Durchschnitt von 56 Prozent bei den Ärzten ist eher eine Bestätigung für die marxsche Erkenntnis "Das Sein bestimmt das Bewusstsein" – je nach Charakter. Es gibt immerhin unter den Ärzten auch drei Prozent, die die LINKE wählen (sh. ebd.), und von dieser Partei werden selbst die unterbezahlten Ärzte – übrigens zu Unrecht – für sich keine Vorteile erwarten. Vielmehr wollen sie sich vielleicht dagegen wehren, dass ihre Moral nur von ihrem Portemonnaie bestimmt wird.


 

 

19.9.2009, eingefügt bei Besserverdiener.htm
Mehr als ein Drittel der (durchschnittlich verdienenden!) Journalisten
neigen zu den Grünen

 

 

Während die neoliberalen TV-Moderatoren und Chefredakteuren großer Medien oft einen wesentlich größeres Stück vom Kuchen erhalten als die besten und engagiertesten niedergelassenen Ärzte, ist der Anteil am Volkseinkommen bei den übrigen Journalisten oft nur halb so hoch wie bei den Kassenärzten. Diese vielfach abhängigen Meinungsmacher haben jedenfalls keinen Grund, sich zur Umverteilung nach oben durch die FDP zu bekennen. Sie geben ihr nach eigenen Angaben nur zu etwa 6,3 Prozent ihre Sympathien, zumal sie ja die wahren Ziele dieser Partei besser erkennen als der Rest der Bevölkerung. (Sh. Siegfried Weischenberg et. al.: "Journalismus in Deutschland 2005", MEDIA PERSPEKTIVEN 7/2006, wiso.uni-hamburg.de, Stand 8.3.2010, sowie die zugehörige Grafik, gespeichert bei oliver-luksic.blogspot.com, Stand 8.3.2010.) 

Nach dieser Untersuchung neigten auch nur 8,7 Prozent der Journalisten zur CDU, weil ihnen vielleicht auch ein Votum für diese schein-christliche Partei zu naiv erscheint. Statt dessen weichen sie eher auf die Grünen aus als neue "Partei der Besserverdiener" (sh. ebd. und hier rossaepfel-theorie.de) - teils aus Karriere-Hoffnungen und weil sie das plakative Umweltbewußtsein in ihren Kreisen noch ganz gut zugeben können. Diese Partei war jedenfalls nach eigenen Auskünften der Journalisten mit mehr als einem Drittel (35,5 Prozent) bei ihnen stark überrepräsentiert, während ihr Votum für die SPD mit 26,0 Prozent eher nahe dem Bevölkerungsdurchschnitt lag. Die Verhältniszahlen sind noch hochzurechnen, wenn man berücksichtigt, dass 19,6 Prozent der Befragten nach eigenen Angaben gar keiner Partei zuneigen. Die eigentliche LINKE war zum Zeitpunkt der Studie im Jahre 2005 noch von geringer Bedeutung und erscheint bestenfalls in dem Sektor "Andere 4,0%". Es gibt aber auch heute kaum Journalisten, die die Hetzkampagnen gegen die LINKE kritisieren (sh. hier Linksbuendnis.htm). Andernfalls würden sie sich wohl auch sehr unbeliebt machen bei ihren obersten neoliberalen Chefs und Proporz-Überwachern.



 

16.9.2009, eingefügt bei Staatsquote.htm

Abgedrosselter Staat und Taschenspieler-Tricks der neoliberalen Statistiker:

 

 

In der Bundestagsdrucksache 16/10154 vom 22.8.2008 findet man unter dem Titel "Schriftliche Fragen mit den in der Woche vom 18. August 2008 eingegangenen Antworten der Bundesregierung" auf Seite 14 folgende Frage des Abgeordneten Dr. Herbert Schui (DIE LINKE):

 

Kann die Bundesregierung folgende Aussage von Prof. Dr. Peter Bofinger widerlegen, und wenn ja, auf Basis welcher Zahlen und Berechnungen:

"Das Ergebnis des Ressourcenentzugs ist ein Rückgang der Staatsquote von 48 Prozent

im Jahr 1999 auf 43,5 Prozent im Jahr 2008. Bei einem Bruttoinlandsprodukt von rund 2 620 Mrd. Euro könnte der Staat heute über 118 Mrd. Euro jährlich mehr verfügen, wenn der  Ressourcenentzug ausgeblieben wäre" (Peter Bofinger: "Das Jahrzehnt der Entstaatlichung", in: WSI-Mitteilungen 7/2008, S. 351 bis 357)?

 

Darauf antwortete die Staatssekretärin Kessel von Finanzminister Steinbrück, dass sie dies nicht nachvollziehen könne. Die Prozentzahlen seien zwar richtig. Aber die Staatsausgaben seien doch seit 1999 um 123 Milliarden Euro absolut gestiegen, weil in den neun Jahren das nominale Bruttoinlandsprodukt (BIP) von ca. 2000 auf ca. 2500 Euro gestiegen sei. Diese Steigerung des BIP (um durchschnittliche nominale 2,5 Prozent jährlich) sei vielleicht nur möglich gewesen, weil man die Staatsquote gesenkt habe! Je weiter man sie senkt, um so höher ist also nach neoliberaler Logik das Wachstum - bis zum vollkommenen Verschwinden des Staates! (Sh. hier "den Staat in der Badewanne versenken" unter rossaepfel-theorie.de.)

 

Die EUROSTAT-Zahlen per 16.9.2009 zeigen für Deutschland eine ähnliche Senkung von 48,1 Prozent auf 43,9 Prozent. Tatsächlich erhöhte sich aber gleichzeitig nach dieser Statistik das nominale BIP der EU15-Staaten um 40 Prozent, also um durchschnittliche nominale 3,8 Prozent jährlich, das heißt wesentlich stärker als bei der deutschen Konsum-Drosselungs-Politik, und die durchschnittliche Staatsquote dieser Staaten blieb in der Zeit nahezu unverändert bei 47 Prozent. (In den EU25 veränderte sie sich von 46,8 auf 46,9 Prozent  und für die EU15 lässt sich deren vorliegende Zahl für 2007 nach der Entwicklung für die EU25 leicht auf die fehlende Zahl für 2008 hochrechnen; sh. EUROSTAT: "Government expenditures and main aggregates", erreichbar dort über government_finance_statistics/data/database, etwas einfacher zu finden unter wko.at: Staatsausgaben.)

 

Die systematische Privatisierung des Volkseinkommens in wenigen Händen zu Lasten der staatlichen Aufgaben kommentiert die Berliner Zeitung wie folgt:

 

Im letzten Jahrzehnt hat der deutsche Staat beispiellose Einschnitte in seinen finanziellen Ressourcen erlitten. Zwischen 2000 und 2008 ist die Staatsquote - also das Verhältnis von Staatsausgaben zur Wirtschaftsleistung - von 47,6 auf 43,5 Prozent gesunken. Das entspricht so etwa 100 Milliarden Euro weniger Ausgaben. Dem Staat fehlt vor allem Geld wegen der umfangreichen Steuersenkungen: Die öffentliche Einnahmequote - also das Verhältnis von Staatseinnahmen zu Wirtschaftsleistung - ist von 46,4 auf 43,3 Prozent gesunken. Da sind dem Staat etwa 75 Milliarden Euro im Jahr verloren gegangen.

 

(Sh. Stephan Kaufmann: "'Ein geradezu staatsfeindliches Klima' – Wirtschaftsweiser Peter Bofinger über Populismus, Konjunkturprogramme und höhere Steuern", berlinonline.de, 25.8.2008.)

 

Eine Staatsquote von 48 Prozent läge deutlich unter der Quote von vielen EU-Staaten wie Schweden (56,6%), Frankreich (55,6%), Dänemark (55%) usw. Die Arbeitslosenquote in Dänemark liegt nur halb so hoch und die Löhne im unteren Bereich teilweise doppelt so hoch wie in Deutschland (sh. die Grafik unter wko.at: Staatsausgaben). Vor allem werden die Erwerbstätigen in solchen Staaten nicht durch den Druck der Arbeitslosenquote so erpresst und ausgeplündert wie in Deutschland.

 

Die Beibehaltung der Staatsquote von 48 Prozent wie vor dem Verrat an der Sozialdemokratie hätte im Jahr 2008 also bei einem Bruttoinlandsprodukt von 2500 Euro zu staatlichen Mehreinnahmen von (48,1 – 43,9) * 2500 = ca. 100 Milliarden Euro geführt, wobei aber die Zusatzeinnahmen durch die Mehrwertsteuererhöhung um etwa 30 Milliarden noch nicht berücksichtigt sind. Allein mit diesem Geld und der Rückkehr zum Spitzensteuersatz von 53 Prozent zur Kohl-Ära oder 56 Prozent während der Wirtschaftswunderjahre könnte man bequem den Steuerbauch für die mittleren Einkommen beseitigen, die nötigen Mittel bereitstellen für Kindergärten, Schulen, Universitäten, Polizei, Richter usw. sowie zur Senkung der Mehrwertsteuer für konsumnahe Dienstleistungen, der Sozialabgaben für Einkommensschwache, die sich aber auch bequem durch Aufhebung der Beitragsbemessungsgrenzen bei gleichzeitiger Absenkung der allgemeinen Beitragssätze finanzieren lassen.

 

Man sieht also wieder einmal, wie unseren neoliberalen Finanzpolitiker jedes Mittel recht ist, um die Wähler bei Anfragen durch die LINKE in die Irre zu führen, auch wenn Schui sich hier auf Untersuchungen von Professor Bofinger stützte, dem einzigen nicht neoliberalen Mitglied der ansonsten "sorgfältig ausgesuchten" fünf "Wirtschaftsweisen".

 

Tatsächlich sind die Einnahmen der öffentlichen Gesamthaushalte von 2002 bis 2007 gestiegen von 555 Milliarden auf 647 Milliarden Euro und die entsprechenden Ausgaben sind in der Zeit gestiegen von 611 Milliarden auf 647 Milliarden Euro (sh. BMF-Monatsbericht 8/2008, S. 96).  Man sieht schon, dass es damit noch in 2002 ein Defizit gab von 555 - 611 = - 56 Milliarden Euro und dass dieses Defizit bis 2007 durch die steigenden Staatseinnahmen und die gestiegenen Ausgaben gerade ausgeglichen wurde.

 

Das Bruttoinlandsprodukt ist in der Zeit gestiegen von 2.143 Mrd. auf 2.424 Mrd. Euro (sh. BMF-Monatsbericht 8/2008 S. 101), so dass die Quote dieser Staatsausgaben gefallen ist von  611/2.143 = 28,5% auf  647/2.424 = 26,7% . Die Einnahmen sind von 2002 bis 2007 gestiegen von  555/2.143 = 25,9% auf 647/2.424 =26,7%,  also um ca. 0,8% vom jeweiligen BIP.




31.8./13./30.9.2009, einzufügen bei Steuer-Parasitismus.htm:

"Schlaumeier" Steinbrück am 27.8.2009 bei Maybrit Illner

 

 

Das Mitverschulden der deutschen Neoliberalen liegt vor allem darin, dass sie unter dem Kanzler der Bosse die ruinöse Deregulierung des Finanzmarktes betrieben haben durch Zulassung der Zockerei von hochspekulativen Hedge-Fonds, Einladung von Heuschrecken und vor allem der Legalisierung von ausländischen Zweckgesellschaften deutscher Banken zur Steuerhinterziehung und Verschleierung von Risiken. Die anschließende Große Koalition hat diesen Radikalismus noch verstärkt.  

Die Finanzmarktkrise durch die wahnwitzige Kreditblase in den USA und weltweit auf den Immobilienmärkten war schon in 2005 abzusehen (sh. "Eine Welt voller Blasen", DER SPIEGEL 13/2005). In der Diskussion mit Finanzminister Steinbrück bei Maybrit Illner am 27.8.2009 wies Gregor Gysi darauf hin, dass seine Partei schon bald nach ihrem Einzug in den Bundestag von der schwarz-rötlichen Koalition gefordert hatte, die Zweckgesellschaften, Hedgefonds, kurzfristigen Bonus-Berechnungen und weiteren Zocker-Instrumenten zu regulieren, dass ihre Anträge aber abgelehnt wurden.

 

Dies lässt sich nachvollziehen über die Bundestagsdatenbank: Mit den Suchworten [zweckgesellschaften linke hedgefonds bundestag] findet man z.B. einen Artikel von Volker Müller: "Linke und Grüne wollen die Finanzakteure bändigen", bundestag.de/dasparlament, 18.2.2008. Darin gibt es einen Hinweis auf die Bundestagsdrucksache 16/7191. Mit diesem Hinweis kommt man weiter über das "Dokumentations- und Informationssystem" des Parlaments (dip) unter "Beratungsabläufe" durch Eingabe dieser Nummer. Man findet so die "BT-DRS 16/7191 (Antrag), BT-DRS 16/8995 (Beschlussempfehlung und Bericht) sowie Plenum: Beratung: BTPlPr 16/143,  S. 15079B – 15102D". Der abgelehnte Antrag gemäß BT-DRS 16/7191 ist datiert auf den 15.11.2007. Die Ablehnung vom 28.4.2008 wurde u.a. wie folgt begründet (sh Beschlussempfehlung und Bericht):

 

Die Fraktion der CDU/CSU und die Fraktion der SPD lehnten den Antrag als Politik des Staatsinterventionismus ab. Instrumente der Finanzmarktregulierung könnten nur international abgestimmt eingeführt werden.

 

Eine Kontrolle der Verschleierungs-Bilanzen von deutschen Banktöchter in den Steuerhinterziehungs-"Oasen" wie Irland wurde also weiterhin abgelehnt. Als Alibi diente die absurde Begründung, dass deren Überprüfung nur "international abgestimmt" erfolgen könne. Genau die Kontroll-Vernachlässigung solcher "Zweckvermögen" von der IKB, der Hypo-Real-Estate mit ihrer irischen Depfa-Zocker-Filiale und von den Landesbanken in den CDU/CSU/FDP-regierten Ländern mit ihren "Oasen"-Töchtern haben aber ein halbes Jahr später die Milliarden-Verluste für den Steuerzahler verursacht – während die Zocker kurz darauf wieder Millionen-Boni kassierten. Die US-Immobilienkrise war nur der Auslöser, der die Blase zum Platzen brachte. Dazu heißt bei Entwicklungspolitik Online zum UNCTAD-Bericht 9/2009:

 

Die gegenwärtige Krise ist aus der Sicht der UNCTAD-Ökonomen unter der Leitung von Heiner Flassbeck vor allem auf die "exzessive Deregulierung" der Finanzmärkte und ein blindes Vertrauen gegenüber dubiosen neuen Finanzprodukten zurückzuführen. Die Finanzwirtschaft habe so eine Dominanz über die Realwirtschaft erlangt. Im Ergebnis sei der Einfluss der von Spekulanten aufgebauten Schattenwirtschaft nicht nur in den Finanzmärkten, sondern auch im Währungssystem und auf den Rohstoffmärkten immer mehr gestiegen.


Die Zockerei mit billigen Krediten wurde gedrosselt durch die fehlende Kreditversorgung infolge der Bankenschwäche. Dies führte zu einem drastischen Einbruch der Preise für Aktien, Rohstoffe, Immobilien usw. Der Ölpreis und die Aktienindizes haben sich vorübergehend halbiert (zum Ölpreis sh. z.B. "Öl - Spekulanten manipulieren die Preise", fr-online.de,  8.9.2009). Eine Verteuerung der Spekulation durch Wiedereinführung der Börsenumsatzsteuer - auch in Deutschland - könnte die Brandstifterei durchaus bremsen (sh. dazu auch "Nationale Alleingänge sind möglich", taz.de, 22.9.2009, und mit ähnlichem Ergebnis: "Sinn und Unsinn einer Transaktionssteuer", profil.at, 15.10.09).

Wenn andere Staaten  die Zocker weiter begünstigen, mögen sie diese durchaus anziehen und selbst dafür das Haupt-Risiko tragen. Dass Angela Merkel in ihrem hochgejubelten TV-Wahlkampf-"Duell" mit Steinmeier am 13.9.2009 vor dem Verlust solcher Zocker-Arbeitsplätze warnte, zeigt nur die Grundhaltung ihrer "christlichen" Partei, die solche Ursachen des Finanzmarkt-Chaos auch in Deutschland unbedingt bewahren möchte. In Staaten mit weniger Finanzmarkt-Radikalismus wie Indien, Brasilien und China sind jedenfalls die Auswirkungen der Finanzmarktkrise deutlich geringer als in den Zocker-Paradiesen (sh.  "Finanzkrise und ihre Auswirkungen auf Entwicklungsländer", Vienna Institute for International Dialogue and Cooperation, vidc.org, 22.3.2009). Das Volkswagenwerk in Brasilien erlebt zum Beispiel in der Krise einen regelrechten Boom der Binnennachfrage. Die Weltbank prognostiziert für Indien ein Wachstum für 2009 von 5,1%; 2010 von 8% und 2011 von 8,5%, aber in der gleichen Zeit  für die marktradikale Eurozone in 2009 von -4,5%; 2010 von 0,5 und 2011 von 1,9% (sh. "The global outlook in summary, 2007 - 2011", worldbank.org, und ähnliche Zahlen bei imf.org, Stand 1.10.2009). Dagegen werden die eng verflochtenen kleinen Nachbarstaaten Deutschlands von der Zocker-Politik hart mitbetroffen, auch wenn sie selbst den Neoliberalismus nicht gefördert haben.


Hätte man die Verschleierung der HRE-Risiken beim Kauf der  irischen Depfa-Tochter nicht erlaubt, dann wäre ein Ankauf dieser Bank durch die Hypo-Real-Estate von deren Aufsichtrat oder von der Bankenaufsicht kaum genehmigt worden und die mehr als 100 Milliarden Euro an Steuergeldern für die HRE hätte man für die Schaffung von ordentlichen Arbeitsplätzen ohne Zockerei verwenden können. Dann wären auch die Zocker und Steuerparasiten in Irland auf ihren eigenen unkontrollierten Risiken sitzen geblieben und hätten das Pleite-Schicksal von Island erlitten.


In der Plenums-Beratung vom 15.2.2008 zur Ablehnung der Regulierungs-Vorschläge von Gysi und der Linken (BTPlPr 16/143,  S. 15079B – 15102D) findet man eine Fülle von weiteren Scheinargumenten der Neoliberalen zur Begründung und Beschönigung ihres marktradikalen "Liberalismus".


Mit solchen Beschönigungen vernebelte Steinbrück auch das Talkshow-Publikum kurz vor der Wahl auf dem Illner-Propaganda-Forum. Erhellender ist da schon der Bericht des UN-Konferenz für Handel und Entwicklung  UNCTAD: TRADE AND DEVELOPMENT REPORT, 2009, veröffentlicht am 7. September 2009. Unter dw-world.de der Deutschen Welle heißt es dazu am 8.9.2009 unter der Überschrift "WELTWIRTSCHAFT - Mehr Staat gegen die Krise":
 

Die seit einiger Zeit wieder steigenden Aktienkurse seien "eher eine Blase als eine wirtschaftliche Erholung", sagt Heiner Flassbeck. Der Deutsche ist Chefökonom der UN-Konferenz für Handel und Entwicklung (UNCTAD). Seiner Meinung hat es die Politik versäumt, Konsequenzen aus der Finanzkrise zu ziehen. "Die ganzen Erklärungen des G-20-Gipfels scheinen verpufft zu sein", so Flassbeck. "Auf nationaler Ebene, zum Beispiel in Deutschland, ist praktisch nichts passiert."

 

Bis auf einige Bonus-Beschränkungen für bestimmte steuerfinanzierte Banken hatte sich an diesen Zuständen immer noch nichts geändert, als  Gregor Gysi von Steinbrück bei Illner am 29.8.2009 als "Schlaumeier" bezeichnet wurde. Die Neoliberalen täuschen also ihre Wähler weiterhin großtuerisch über ihre Unfähigkeit hinweg, für die vor allem die Normalverdiener und Einkommensschwachen bezahlen müssen, während die Minister und übrigen neoliberalen Meinungsmacher ihr Schäfchen sicher im Trockenen haben.

 

So wurde der bestbezahlte Steinbrück in Illners "Talk-Show" von ihr gefragt, ob er nach all dem Regierungs-Versagen nicht lieber Entwicklungshilfe-Minister werden wolle. Er antwortete, dass er lieber ihren Job haben möchte, denn der werde besser bezahlt. Hier hat ein Neoliberaler in der Talkshow zumindest einmal die Wahrheit gesagt und zugleich auch den Grund für die neoliberale Meinungsmache der Moderatoren in den meisten Talkshows erklärt.

 

Nachtrag vom 30.9.2009

 

Die Milliarden-Schäden durch das parasitäre irische Laissez-faire hätte man also getrost einem dortigen Staatsbankrott überlassen können, wenn nicht auch noch die Übernahme dieser Risiken zu Lasten des deutschen Steuerzahlers erfolgt wäre. Dieses Kontrollversagen durch die "Deregulierungs"-Wut in Deutschland ist letztlich von den neoliberalen Politikern zu verantworten. Der ehemalige HRE-Chef Georg Funke übernahm diese Milliarden-Verluste auf das Risiko des deutschen Steuerzahlers  im Juli 2007 ohne entsprechende staatliche Kontrollen. Er ließ seine Depfa dafür auch noch 5,7 Milliarden Euro zahlen. Davon ließ der Depfa-Chef Gerhard Bruckermann selbst 100 Millionen in die eigene Tasche fließen und verschwand dann mit unbekanntem Ziel. Bei der Übernahme der Depfa durch die HRE hatten sich die unkalkulierbaren  Risiken bereits in Milliardenhöhe aufgetürmt. Dazu heißt es in dem Artikel "100 Millionen statt 102 Milliarden Euro", fazfinance.net, 6.3.2009:

 

Dass die Depfa gegen die "goldene Bankregel" einer fristenkongruenten Refinanzierung der Kredite verstoßen hat, war auch Funke nicht verborgen geblieben. Auf der Pressekonferenz zur Übernahme am 23. Juli 2007 in München räumte er Zinspositionen der Depfa ein. Diese beinhalteten Chancen, aber auch Risiken. Gegenüber Analysten soll Funke dann deutlicher geworden sein und die Kapitalmarktsparte der Depfa mit dem Spielkasino Monte Carlo verglichen haben.

 

Stephané Wolter, ein ehemaliger Risiko-Controller in der HRE, sagte dazu in einem Interview von SPIEGEL ONLINE:

 

Mit dem Kauf der Depfa war das Umfallen der HRE programmiert. Die Welle an kurzfristigen Verbindlichkeiten war schon beim Erwerb der irischen Tochter so stark, dass man nur noch beten konnte: Hoffentlich trocknet der Geldmarkt für die Depfa nicht aus!

 

(Sh. "Protokoll -öffentlich, 24.6.2009" über die 11. Ausschusssitzung vom 19.6.2009,Seite 40.)


Ex-Bundesbankpräsident Hans Tietmeyer, ehemaliges Aufsichtsratsmitglied der Depfa und später der HRE ist "der Kragen geplatzt", als er das totale Scheitern seiner Aufsicht zugeben musste
(
"Tietmeyer: HRE-Aufsichtsrat von Vorstand nicht ausreichend informiert." - 2. Untersuchungsausschuss - 02.07.2009). Aus der Befragung des HRE-Aufsichtsratsmitglieds Kurt F. Viermetz vor dem Untersuchungsausschuss und aus anderen Aufsichtsrats-Befragungen ergibt sich, dass ernsthafte Warnungen anscheinend gar nicht bis zu dieser Kontroll-Instanz durchdringen, zumal die Wirtschaftsprüfer von den Zocker-Vorständen engagiert werden. Selbst ein erfahrener Banker wie Tietmeyer ist offenbar mit seinem komfortablen Aufsichtsratsmandat überfordert. Eigentlich brauchte man also im Bankgeschäft eine regelmäßige, strenge und sehr eingehende Kontrolle des Vorstandes durch unabhängige, staatlich ausgewählte Prüfer. Dann  könnten man sich die hohen Kosten für das Honoratiorengremium von Spezis und Ex-Vorständen sparen, wenn es ohnehin nicht zur Erfüllung seiner wichtigen Kontroll-Aufgaben imstande sind (sh. "Protokoll -öffentlich, 24.6.2009" über die 11. Ausschusssitzung vom 19.6.2009).



 

9.9.2009, einzufügen bei Meinungskauf/Demokratie-Kauf.htm

"Christliche" Umverteilung nach oben zu Lasten künftiger Generationen:

CDU-Lobbyismus für radioaktiven Müll

 

 

Der Lobbyismus der "Christlichen" gegen das Wahlvolk zeigt sich nicht nur bei ihrer finanzpolitischen Umverteilung nach oben in die eigenen Taschen und die ihrer Lobbyisten. Auch bei der angeblichen Sicherheit von Atom-Endlagern wird der Wähler immer wieder lebensgefährlich getäuscht mit katastrophalen Folgen für künftige Generationen. So hatte schon die Regierung Kohl am 13.5.1983 in einem Fernschreiben an die Fachbehörde rigorosen Einfluss auf ihre wissenschaftliche Gutachter genommen, damit diese ihre Expertise über Gorleben verfälschten in ein Gefälligkeitsgutachten für die Stromkonzerne. Zu dem Inhalt des Fernschreibens heißt es in der Recherche der Süddeutschen Zeitung vom 8.9.2009 unter der Überschrift "Atomendlager Gorleben – Kohls Minister schönten Gutachten":

 

Nach einem Schriftverkehr, der der Süddeutschen Zeitung vorliegt, drängten die Ministerien für Forschung und für Inneres, damals unter den Ministern Heinz Riesenhuber (CDU) und Friedrich Zimmermann (CSU), die zuständige Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB), ein maßgebliches Gutachten in wichtigen Passagen umzuschreiben. Das geht aus einem Fernschreiben hervor, das das Forschungsministerium am 13. Mai 1983 an die Fachbehörde sandte...
 

"Dieser Abschnitt sollte sinngemäß mit der Feststellung schließen", dass "die Eignungshöffigkeit des Salzstockes Gorleben für die Errichtung eines Endlagers substantiell untermauert" werde, heißt es in dem Telex. Die "Eignungshöffigkeit" ist ein bergmännischer Begriff. Er drückt aus, dass die Einlagerung in dem Bergwerk voraussichtlich möglich ist.

 

Auch für einen weiteren Abschnitt, der sich stärker offenen Fragen zuwenden sollte, wusste das Ministerium Rat: "Es ist zu prüfen, ob dieser Abschnitt mit der Aussage schließen kann, dass nach Einschätzung der Fachleute die noch zu erzielenden Ergebnisse und abzuleitenden Aussagen die Eignungshöffigkeit des Salzstocks voraussichtlich nicht in Frage stellen können". Sprich: Das positive Ergebnis der Untersuchungen sollte schon vorweggenommen werden.

 

Auch für den letzten, zusammenfassenden Teil gibt es einen Vorschlag: Dass nämlich "berechtigte Hoffnung besteht, dass im Salzstock Gorleben ein Endlager für alle Arten von radioaktiven Abfällen" eingerichtet werden könne.

 

Von 1994 bis 1998 war Angela Merkel Kohls Umweltministerin und trug massiv zur Irreführung der Wähler bei durch ihre Reaktivierung des maroden Salzbergwerks Morsleben bei Helmstedt für ihre Atom-Lobby. Dazu heißt es im Magazin KONTRASTE vom 28.5.2009 bei RBB unter der Überschrift "Atom-Endlager vor dem GAU – was wusste Kohls Umweltministerin Angela Merkel?":

 

Seit 1978 stapeln sich die schwach- und mittelradioaktiven Fässer in den Zwischenlagern. Denn in der Asse durfte nicht mehr eingelagert werden. Der Umgang mit radioaktiven Müll wurde gesetzlich verschärft.

Aber dann kommt Angela Merkel. Als Bundesumweltministerin hat sie "die Lösung" für die Endsorgung des Atommülls. Ein marodes altes Salzbergwerk im Osten soll den Atommüll der vergangenen Jahre aufnehmen: Morsleben in Sachsen Anhalt.

Der Wissenschaftler Helmut Röthemeyer war seinerzeit von Amts wegen für die Endlagersuche zuständig.

Kurz nach der Wende begutachtet er mit Kollegen und Angela Merkel den alten Salzstollen.

Helmut Röthemeyer, ehem. Leiter Physikalisch-Technische Bundesanstalt
"Wir sind in durch eine Tunnelröhre geklettert, gekrochen, in einen Bereich, wo es herunterplätterte."

Die Zustände in Morsleben ähnelten denen in der Asse.

Die wissenschaftlichen Bedenken der obersten Endlagerbehörde ignoriert die Merkel. Sie interveniert bei der äußerst besorgten Landesumweltministerin in Sachsen Anhalt, es sei, Zitat:
"... festzuhalten, dass es kein Sicherheitsdefizit beim ERAM (Red.: Also Morsleben) gibt, und auch keinerlei Anlaß besteht, die Einlagerung radioaktiver Abfälle in das Endlager Morsleben zu unterbrechen."

Unterschrift Angela Merkel.

 

In der umfangreichen Recherche von Christoph Lütgert "Atomenergie: die Lüge vom sicheren Endlager" für das Politmagazin PANORAMA  Nr. 716 vom 27.8.2009 wird die fatale Rolle von Angela Merkel wie folgt geschildert:

 

Sie aber wusste genau, was sie tat: Angela Merkel, damals Bundesumweltministerin. Mit Brachialgewalt setzte sie noch in den neunziger Jahren durch, dass das ehemalige DDREndlager Morsleben einfach weitergenutzt wurde, ließ zigtausend Kubikmeter Atommüll aus westdeutschen Reaktoren hier billig einlagern. Auch Morsleben ein Salzbergwerk. Auch in Morsleben tritt Wasser ein. Trotzdem:

 

O-Ton, Angela Merkel, CDU, 1997 Bundesumweltministerin:

"Ich halte Morsleben in dem Maße, wie wir es heute nutzen, für sicher!"

Bilder von heute. Angies strahlende Altlast. Morsleben, so erklärt man mir, wäre nach bundesdeutschem Atomrecht niemals als Endlager genehmigt worden. Das jetzt nachträglich zu sanieren und sicher abzudichten, kostet Milliarden an Steuergeldern. Warner wurden systematisch klein gemacht. Ich treffe mich mit der ehemaligen Landes-Umweltministerin von Sachsen-Anhalt. Sie hatte versucht, die Einlagerung des Atommülls in Morsleben per ministerieller Verfügung zu stoppen.

 

O-Ton, Heidrun Heidecke, ehem. Umweltministerin Sachsen-Anhalt:

"Frau Merkel hat mit einer 50-seitigen Weisung, in einem sehr harschen Ton, uns mitgeteilt, dass wir erstens einen solchen Einlagerungsstopp nicht verfügen können und dass wir zweites in Zukunft unseren Mund zu halten haben. Es war ein Maulkorberlass:

Stellungnahmen nur noch im Einverständnis mit dem BMU."

 

O-Ton, Panorama:

"Würden sie sagen, der Tonfall, den Frau Merkel da gewählt hat, war rüde?"

 

O-Ton, Heidrun Heidecke, ehem. Umweltministerin Sachsen-Anhalt:

"Mehr als rüde. Also ich hätte erwartet, dass man da eventuell auch mal miteinander einen Hörer in die Hand nimmt... auch über solche Belange miteinander redet. Sie ist Physikerin, sie hätte eigentlich auch die Bedenken, die wir hatten, verstehen müssen."

 

Erst ein Richterspruch konnte Angela Merkel Einhalt gebieten.

 

Die Umverteilung nach oben betrifft also nicht nur das Volkseinkommen, sondern dient auch zur Befriedigung der heutigen Gier von überbezahlten sogenannten "Leistungsträgern" zu Lasten künftiger Generationen.



 

 

5.9.2009, einzufügen bei Linksbuendnis.htm

zum Beginn des Ersten Weltkrieges am 1.9.1939:

Dauerwirkung von flächendeckender Lügenpropaganda

"Seit 5:45 Uhr wird zurückgeschossen"

 

 

Am 1.9.1939 verbreitete die flächendeckende Nazipropaganda diese Lüge zum Beginn des Ersten Weltkrieges. Tatsächlich begann dieser Krieg nicht mit einem "Zurückschießen" und auch nicht um 5:45 Uhr auf der Westerplatte, sondern ohne Kriegserklärung mit einem hinterhältigen Bomben-Massaker der deutschen Luftwaffe gegen die polnische Kleinstadt Wieluń um 4:40 Uhr (sh. "WELTKRIEGSBEGINN - Flugzeuge, Papa, Flugzeuge!", tagesspiegel.de, 30.8.2009, und "1. September 1939, 4.40 Uhr", freitag.de, 30.8.2009). Dort sollten die Stukas des "Roten Barons" Manfred von Richthofen ausprobiert werden. Es gab dort keine militärischen oder industriellen Ziele, sondern gerade einmal eine Zuckerfabrik und ein großes Krankenhaus mit einem weit sichtbaren roten Kreuz auf dem Dach. Auch dies wurde bombardiert.

 

In Wirklichkeit ging es nicht um die Rückeroberung ehemals deutscher Gebiete in Polen und auch nicht nur um die Teilung Polens nach dem Hitler-Stalin-Pakt, sondern vor allem um den Raubüberfall auf Russland - nach üblichem Muster bis hin zur Kolonialzeit, mit propagandistischer Herabwürdigung der Opfer. In einer Rede vor hohen Militärs mit der Überschrift "23.5.1939. Zweck der Besprechung: Krieg" heißt es dazu:

 

"Es handelt sich für uns um Arrondierung des Lebensraumes im Osten und um Sicherstellung der Ernährung... In Europa ist keine andere Möglichkeit zu sehen."

 

Der Text wird erläutert mit der Überschrift und Einleitung:

 

Am 23. Mai 1939 hatte Hitler vor Militärs ausgeführt, "es handle sich nicht mehr um Recht und Unrecht, sondern um Sein oder Nichtsein von 80 Millionen Menschen [...] Es wird zum Kampf kommen".
Er versprach den Herren "propagandistischen Anlaß zur Auslösung des Krieges [zu] geben, gleichgültig, ob glaubhaft. Der Sieger wird später nicht danach gefragt, ob er die Wahrheit gesagt hat oder nicht. Bei Beginn und Führung des Krieges kommt es nicht auf das Recht an, sondern auf den Sieg."

"Chefsache - Nur durch Offiziere. Bericht über Besprechung am 23.5.1939. Ort: Arbeitszimmer des Führers, neue Reichskanzlei; diensttuender Adjutant: Oberstleutnant d. G. Schmundt.

Beteiligte: Der Führer, Feldmarschall Göring, Großadmiral Raeder, Gen.Oberst v. Brauchitsch, Gen.Oberst Keitel, Gen.Oberst Milch, Gen. d. Artl. Halder, Gen. Bodenschatz, Ktr.Adm. Schniewindt, Oberst i. G. Jeschonnek, Oberst Warlimont, Oberstleutnant d. G. Schmundt, Hauptmann Engel, Korv.Kpt. Albrecht, Hauptmann v. Below.

Gegenstand: Unterrichtung über die Lage und Ziele der Politik.

 

(Sh. http://www.fluchschrift.net/verbrech/mai/23051939.htm, besucht 5.9.2009.)

Obwohl diese verbrecherische Geschichte in sich von höchster historischer Bedeutung ist, zeigt sie auch die Wirkung der Lügen-Propaganda. Noch jetzt glauben viele überlebende Opfer und Objekte dieser Propaganda an die Nazi-Lügen, die die damaligen Medien beherrschten.

 

Man muss sich also fragen, wie lange die getäuschten Wähler von heute an jene Lügen glauben werden, die die allermeisten Meinungsmachern in ihren neoliberalen Medien als Hetzpropaganda aus Gier und Konformismus gegen die Linke verbreitetet haben und weiterhin verbreiten (sh. hier Linksbuendnis.htm). Das Ergebnis ist jedenfalls, dass nur etwa jeder zehnte Wähler für Die Linke stimmt, während mindestens die Hälfte diese Partei wählen würden, wenn sie nicht manipuliert wären. Dagegen stünden weiterhin die meisten, aber nicht alle Profiteure der Umverteilung nach oben - je nach sozialem Gewissen. Diese Wirkung ist nicht überraschend, denn in der Geschichte zeigt sich überall, dass der Parasitismus durch Manipulation des Volkes lange überleben konnte.

 
 



3.9.2009, einzufügen bei rossaepfel-theorie.de/Meinungskauf:
Abwrackprämie und verlängerte Kurzarbeit
entfachen konjunkturelles Strohfeuer
zur Deckelung der Linken vor den Wahlen



Das Timing für die deutsche Abwrackprämie wäre optimal gewesen, wenn ihre Beschäftigungseffekte noch bis zur Bundestagswahl vom 27.9.2009 angedauert hätten. Statt dessen reichte diese Konjunkturspritze von fünf Milliarden Euro (mit Verschrottung von weiteren Milliarden-Werten) nur bis zum 2.9.2009. Es ist aber nicht zu erwarten, dass in den verbleibenden gut drei Wochen vor der Wahl der Beschäftigungseinbruch durch ihren Fortfall schon spürbar wird. Die Frage nach der Mitverursachung der jetzigen und künftigen Finanzmarktkrisen durch die deutschen Neoliberalen wird also vor der Wahl noch nicht in der nötigen Schärfe gestellt.

Zur Konjunkturwirkung titelte z.B. Die Presse aus Wien schon am 8. April 2009: "Deutschland: Abwrackprämie ein 'konjunkturelles Strohfeuer'". In Frankreich, wo es nicht vorrangig um Wählertäuschung geht, wird die Abwrackprämie auf umweltfreundlichere Autos konzentriert. Sie beträgt dort nur 1.000 Euro, wird dafür aber längerfristig gewährt und läuft erst bis zum Jahr 2011 stufenweise aus (sh. "Fördertopf für Abwrackprämie ist leer", spiegel.de, 2.9.09), weil man dort den befristeten Strohfeuer-Effekt nicht braucht.

 

Die befristete Verlängerung des Kurzarbeitergeldes von 6 auf 24 Monate gilt dagegen nicht nur bis zum Wahltag Ende September 2009, sondern noch für die restlichen drei Monate des Jahres, weil das sonst wohl zu auffällig gewesen wäre. Wer allerdings nach dem 31.12.2009 in Kurzarbeit geht, kann nicht mehr mit den Segnungen eines bevorstehenden Wahltermins rechnen.

All diese Maßnahmen der "christlichen" und "sozialdemokratischen" Koalitionäre dienen natürlich nicht zur Deckelung der FDP, weil die "Christlichen" ja eine Koalition mit den marktradikalen Senkern ihres Spitzensteuersatzes anstreben. Die Grünen sollen auch nicht geschwächt werden, weil die Bundes-SPD immer noch die Illusion einer Koalition mit ihnen pflegt und dabei auch vor der Einbeziehung der FDP nicht zurückschreckt. Der Total-Verrat an der Sozialdemokratie ist dem SPD-Establishment allemal lieber als das Eingeständnis seines Verrats und als Verhandlungen über eine Links-Koalition. Dabei würde Die Linke in außenpolitischen Fragen nach einigen Andeutungen wahrscheinlich zurückstecken, um eine solche mehrheitsfähige Koalition zu ermöglichen.




2.9./28.10.2009, einzufügen bei Linksbuendnis.htm

Sarrazins Immigranten

 

 

Der ehemalige Berliner Finanzsenator und jetzige Bundesbanker Tilo Sarrazin (SPD!) erscheint in sozialen Fragen schon deshalb nicht als vertrauenswürdig, weil er mit seinem "Hartz-IV-Menü" demonstrieren wollte, wie er von etwa 350 Euro monatlich plus Sozialmiete bestens leben kann (sh. Heiner Geißler: "Darf Sarrazin Arbeitslose folgenlos verhöhnen?", tagesspiegel.de, 13.2.2008).

Mit solchen Schlagzeilen bedient Sarrazin inhumane Klischees ebenso wie mit seinen allzu pauschalen Äußerungen über Immigranten. Dabei spielt allerdings auch die Verkürzung durch die klischeesüchtigen Medien eine erhebliche Rolle. Bei genauerem Hinsehen zeigt sich nämlich, dass Sarrazin Fakten anspricht, die von vielen Medienmachern aus Opportunismus gern übergangen werden. Über seine Äußerungen zu diesem Thema heißt es in einem Papier der Fachhochschule Dortmund von Rainer Berger mit dem Titel "Sarrazin und die Muslime – Teil II" (Stand 28.10.2009):


Man muß aufhören, von "den” Migranten zu reden. Wir müssen uns einmal die unterschiedlichen Migrantengruppen anschauen. Die Vietnamesen: Die Eltern können kaum Deutsch, verkaufen Zigaretten oder haben einen Kiosk. Die Vietnamesen der zweiten Generation haben dann durchweg bessere Schulnoten und höhere Abiturientenquoten als die Deutschen.

Die Osteuropäer, Ukrainer, Weißrussen, Polen, Russen weisen tendenziell dasselbe Ergebnis auf. Sie sind integrationswillig, passen sich schnell an und haben überdurchschnittliche akademische Erfolge.

Die Deutschrussen haben große Probleme in der ersten, teilweise auch der zweiten Generation, danach läuft es wie am Schnürchen, weil sie noch eine altdeutsche Arbeitsauffassung haben. Sobald die Sprachhindernisse weg sind, haben sie höhere Abiturienten- und Studentenanteile usw. als andere. Bei den Ostasiaten, Chinesen und Indern ist es dasselbe…

 

Schulerfolg ist typisch für die zweite Generation der DDR-Vertragsarbeiter.

Im Land Brandenburg besuchen 74 Prozent der Kinder von Vietnamesen im Sekundarschulalter ein Gymnasium.

Karin Weiss. Die Integrationsbeauftragte von Brandenburg sagt:

"Damit sind die Kinder vietnamesischer Eltern in der Schule erfolgreicher als die Kinder einheimischer Herkunft."

 

(Original-Zitat ist ohne Hervorhebungen.)

 

Die Integration von lustlosen Immigranten und "Kindern einheimischer Herkunft" in den Schulen wäre gewiss viel leichter, wenn unsere Bildungs-Schaumschläger Deutschland  bei den Bildungsausgaben nicht auf Platz 24 von 28 OECD-Staaten zurückgeworfen hätte (sh. hier rossaepfel-theorie.de). Aber sie haben das Geld dafür durch ihre Umverteilung nach oben lieber in ihre eigenen Taschen gesteckt. Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan hat jedenfalls dann recht, wenn er Integration statt Assimilation fordert (sh. "20.000 Zuhörer in Köln - Erdogan ruft Türken zur Integration auf", spiegel.de, 10.2.2008). Aber wo schon bei den Eltern der Integrationswille fehlt, wo die Verfassung vielleicht sogar abgelehnt wird und nur die Sozialleistungen für Großfamilien in Anspruch genommen werden, da helfen auch höhere Bildungsausgaben kaum weiter. (Sh. "Integrationsdebatte - Sarrazin hat recht", stern.de, 9.10.2009, und hier unter Linksbuendnis.de auch das Extrembeispiel des "arbeitssuchenden" "Gotteskriegers" mit sechs Kindern, der seinen jüngsten Sohn stolz "Dschihad" genannt  hat, von einer ganzen Mannschaft von Sicherheitsbeamten überwacht werden muss und trotzdem nicht ausgewiesen wird!)


 

 

2.9.2009, eingefügt bei rossaepfel-theorie.de:
Kinderarmut und Bildungsnotstand als Ergebnis der Umverteilung nach oben,

deutsche Bildungsausgaben auf Platz 24 von 28 OECD-Staaten abgesackt

In den europäischen OECD-Staaten ist die Kinderarmut nur in Polen, Spanien, Portugal und im reich-subventionieren Irland noch größer als im neoliberal regierten Deutschland, obwohl der deutsche Staat mehr Geld für Kinder aufwendet als andere OECD-Staaten. Hierzulande lebt jedes sechste Kind unter der OECD-Armutsgrenze von 50% des Durchschnittseinkommens, im OECD-Durchschnitt ist es jedes achte Kind und in Dänemark nur jedes 37. Kind  (sh. "Große Kinderarmut trotz hoher Direktzahlungen", AP/de.news.yahoo.com, 1.2.2009, zum Bericht der OECD, vgl. auch http://www.oecd.org/de/kinderbericht und "OECD-Kinderbericht", derstandard.at, 1.9.2009). Dort werden auch alleinerziehende Mütter nicht in die vererbliche Armut gestoßen, sondern haben schon einen Anspruch auf einen Kita-Platz, wenn ihre Kinder gerade einmal sechs Monate alt sind. Sie können also in ihrem Beruf zumindest den Anschluss halten (sh. "Alleinerziehende: 'Große Benachteiligung'", fontal21, 1.8.2009).
 

Auch für die Bildung fehlt das Geld, das die deutschen Neoliberalen in ihre eigenen Taschen umgeleitet haben. Laut OECD-Bericht ist Deutschland von 1995 bis 2006 mit seinen Bildungsausgaben auf Platz 24 von 28 OECD-Staaten abgesackt. (Sh. den OECD-Bericht "Highlights from Education at a Glance 2009",  Figure 3.4, Seite 55 (Blatt 57), und von dort weiter zu der entsprechenden OECD-Tabelle "Education at a Glance 2009" unter http://dx.doi.org/10.1787/664243822887.) In 1995 betrug Deutschlands Anteil der Bildungsausgaben am Bruttoinlandsprodukt (BIP) noch 5,1 % und fiel bis 2006 auf 4,8 %, obwohl sich unsere neoliberalen Selbstbediener ständig mit ihren Sprüchen von der Bildung als unserem wichtigsten Rohstoff in Szene gesetzt haben. Der OECD-Durchschnitt lag in 2006 bei 5,7 %. Die ersten Plätze bei den Bildungsausgaben (anstelle von bloßem Bildungs-Gerede) belegten in 2006 die USA, Korea und Dänemark mit 7,4 % und 7,3 % des BIP (sh. ebd.).


Zwar holen sich die Umverteilungs-Profiteure inzwischen  in den "christlich" regierten Ländern von den einkommensschwachen Studenten noch zusätzliche Studiengebühren zur angeblichen  Verbesserung des Studienangebots. Aber dieses Angebot ist damit oft noch schlechter geworden und die Zahl der Studenten in Deutschland liegt deutlich unter dem OECD-Durchschnitt. Dazu heißt es in der Tagesschau vom 14.9.2009 unter der Überschrift "Neue OECD-Studie - Deutschland hinkt bei der Bildung hinterher":

 

Deutschland liegt mit seinem Bildungssystem trotz leichter Verbesserungen international weiter zurück. Dies geht aus dem neuen weltweiten Bildungsbericht der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) hervor, der in Berlin veröffentlicht wurde.
 

So erwerben in anderen Industrieländern deutlich mehr junge Menschen einen Hochschulabschluss. Ebenso beteiligen sich dort erheblich mehr Ältere an hoch qualifizierter Weiterbildung. Auch der Anteil der Bildungsausgaben am Brutto-Inlandsprodukt ging in Deutschland erneut leicht zurück. Während Spitzenreiter wie die USA, Korea und Dänemark einen Anteil von mehr als sieben Prozent des Bruttoinlandsproduktes in die Ausbildung investierten, erreichte Deutschland im Jahr 2006 lediglich einen Anteil von 4,8 Prozent. Unter den OECD-Ländern hätten nur Irland, Spanien, die Slowakei und die Türkei weniger für Bildung ausgegeben als Deutschland...

 

Dem Bericht zufolge schlossen 2007 in Deutschland 23 Prozent eines Jahrganges ein Studium ab. 1995 waren es erst 14 Prozent. International stieg die Absolventenquote im gleichen Zeitraum aber von 18 auf 36 Prozent. 2008 legte die Studienanfängerquote in Deutschland allerdings auf 36 Prozent zu.
 

Auch hier gehört Dänemark - trotz seiner ungünstigen Randlage in Europa - wieder zu den Spitzenreitern. Den irischen Kirchenfrommen war anscheinend ihre Forderung nach einem Abtreibungsverbot auch bei Vergewaltigung  wichtiger als die Bildung, und der massenhafte Missbrauch von Kindern in katholischen Internaten verdrängte ebenfalls das wichtige Bildungsthema. Auch in Spanien hat es die Linke schwer, sich gegen den alten Filz von Kirche, Faschismus und Korruption durchzusetzen. In der Slowakei ist wegen des Einheitssteuersatzes von 19 Prozent für Arm und Reich sowieso kein Geld für Bildung vorhanden (sh. hier rossaepfel-theorie.de), und in der Türkei reicht das Geld - zumindest in den meisten Schulen - wohl eher für eine stramme nationalistische und glaubenstreue Erziehung.

 

In Deutschland besteht auch ein gewisser Trend zu den alten Werten der "christlichen" Volksverdummung und -ausplünderung. Trotz aller groß angekündigten Bildungsinitiativen der Neoliberalen ging also "der Anteil der Bildungsausgaben am Brutto-Inlandsprodukt" noch weiter zurück. Die Mehrbelastungen der Studenten oder ihrer Eltern mit Studiengebühren werden gleich nach oben umverteilt.

 

Die naiv zitierte Erhöhung der "Studienanfängerquote" in 2008 auf 36 Prozent dürfte aber bei den hiesigen Studienbedingungen weiterhin zu einer "Absolventenquote" um die 23 Prozent führen. Im Vergleich zu den anderen OECD-Staaten und durch die hiesige Umverteilung nach oben droht  Deutschland  allmählich zum Entwicklungsland zu werden.

 



2./14.9.2009, eingefügt bei rossaepfel-theorie.de

Vorgeschmack auf CDU-FDP-Regierung:
Weitere Konsumdrosselung durch Angriff auf ermäßigten MWSt-Satz für Lebensmittel


 

Ferner könnten auch mit einem ermäßigten Mehrwertsteuer-Satz für konsumnahe Dienstleistungen viele neue sozialversicherte Arbeitsplätze geschaffen werden durch Eindämmung der Schwarzarbeit und Marktanreize für weitere bezahlbare Leistungen. Allein für das deutsche Gaststättengewerbe wäre so mit 70.000 neuen Arbeitsplätzen zu rechnen (sh. "EU will Mehrwertsteuer für gastronomische Dienstleistungen senken", ahgz.de, 27.6.2008). Das Vielfache käme hinzu für die übrigen konsumnahen Bereiche.

 

Sogar der rechte französische Ministerpräsident Sarkozy versteht so einfache Regeln und forderte zumindest für sein Gastronomie-Gewerbe die deutsche Zustimmung zu seiner drastischen Senkung dieses Mehrwertsteuer-Satzes - nach seinem spöttischen Motto "Frankreich handelt, Deutschland denkt noch nach" (sh. "Merkel und Sarkozy – Streit war gestern", tagesspiegel.de, 13.3.2009).  Aber solche Vernunft missfällt sowohl der "christlichen" Bundeskanzlerin Merkel als auch dem "sozialdemokratischen" Finanzminister Steinbrück (sh. "Mehrwertsteuer – 'Madame Non' stoppt Sarkozy", focus.de, 12.12.2008, und  "Steinbrück: 'Wir sind nicht in einer Rezession'", dradio.de, 12.9.2008.), denn mit einer Mehrwertsteuersenkung beschneiden sie stets den Spielraum für die Umverteilung nach oben durch Senkung der Einkommensteuer für sich selbst und für ihre bestbezahlten neoliberalen Meinungsmacher (sh. auch hier Journal-1.htm: "CDU-Geheimplanungen"). Statt dessen spendieren sie sich 3,3 Milliarden Euro für die steuerliche Absetzbarkeit von "haushaltsnahen Dienstleistungen" wie Haushaltshilfen und Handwerkern, von denen die 50 Prozent der nahezu einkommensteuerfreien Einkommensschwachen gar nichts haben. Dies ist genau der Grund, aus dem die Umverteilungsprofiteure diese Selbstbedienung für "zielgenauer halten als z.B. einen ermäßigten Mehrwertsteuersatz, den Frankreich im Dienstleistungssektor zur Beschäftigungsförderung einsetzt" (sh. "Absetzbarkeit von haushaltsnahen Dienstleistungen", handelsblatt.com, 12.9.2008, und Bundesministerium der Finanzen: "Datensammlung zur Steuerpolitik - Ausgabe 2007", Tabelle 4).

Letztlich konnten sie ihre Blockade der EU-Untergrenze für die Mehrwertsteuer gegen Sarkozy jedoch nicht durchhalten, denn inzwischen hat dieser den Mehrwertsteuersatz für seine Gastronomie von 19,6 auf 5,5 Prozent gesenkt, während ihn Deutschland von 16 auf 19 Prozent erhöht hat! Nun fordert selbst  der "christliche" Ministerpräsident Oettinger einen ermäßigten Mehrwertsteuersatz für das Gastronomie-Gewerbe, allerdings nicht zu Lasten seiner eigenen Steuergeschenke, sondern auf Kosten der Ärmsten durch Erhöhung des ermäßigten Mehrwertsteuersatzes von derzeit sieben Prozent (sh. "Mehrwertsteuer-Streit mit Frankreich - Steinbrück gibt Widerstand auf", spiegel.de, 3.3.2009, und "Debatte um ermäßigten Mehrwertsteuersatz - Oettinger hält Steuererhöhung für denkbar", tagesschau.de, 26.6.2009.)
 

Die Großspender und Einkommensmillionäre honorieren dagegen die Aussicht auf die Schröpfung der Ärmsten zur Finanzierung von weiteren Senkungen ihres Spitzensteuersatzes durch zusätzliche Wahlkampfspenden für die "Christlichen", die ihnen auch in der Finanzmarktkrise noch Steuersenkungen versprechen. Frank Walter Steinmeier sagte in dem TV-Duell mit Angela Merkel zu diesen "Spenden": "Die CDU bekommt mit rund drei Millionen mehr als zehn Mal so viel wie die SPD." (Sh. frankwaltersteinmeier.de, besucht am 14.9.2009).

Auch in den Vorjahren ließen sich die Großspender die Aussicht auf weitere Steuergeschenke etwas kosten. So heißt es bei n-tv.de zu dem Spendenaufkommen für 2008 am 27.1.2009 unter der Überschrift "Großspenden der Großbanken - 'Peanuts' für die Union" :

 

Mit Abstand die meisten Großspenden aus der Wirtschaft und von Privatleuten bekamen die Unionsparteien. Nach den Bundestags-Zahlen erhielten CDU und CSU insgesamt mehr als 3,5 Millionen Euro. Es folgen die FDP mit mehr als 930.000 Euro, die SPD mit mehr als 650.000 Euro und die Grünen mit 60.000 Euro. Die ebenfalls im Bundestag vertretene Linke bekam demnach keine Großspenden.

 

Für die Wahlkampfspenden von "Großbanken" ist es gewiss hilfreich, wenn Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann zur Image-Politur seine Geburtstagsgäste ins Bundeskanzleramt einladen darf (sh. "Geburtstagsessen im Bundeskanzleramt - Merkel hofiert Ackermann auf Staatskosten", handelsblatt.com, 24.8.2009). Für gute Stimmung bei den Groß-Profiteuren sorgt auch das neoliberale Guttenberg-Papier (sh. Journal-2.htm).

 

"Peanuts" sind das vor allem im Vergleich zu den Steuergeschenken, die schon ein einzelner Einkommensmillionär für jede Einkommensmillion erhält, wenn sein Spitzensteuersatz nach dem "christlichen" Fernziel von 45 auf 25 Prozent gesenkt wird  (sh. hier rossaepfel-theorie.de), denn das macht für ihn allein je Einkommensmillion schon 200.000 Euro jährlich auf Kosten der Mehrwertsteuererhöhung und sonstiger Schröpfungen der Ärmsten. Dieser "christliche" "Segen" ist also mit den "Spenden" von 3,5 Millionen Euro billig erkauft.

 

 

 

27.8.2009, einzufügen bei rossaepfel-theorie.de/Meinungskauf/Demokratie-Kauf.htm:
Plasberg: Weder hart gegen rechts noch fair gegen links


 

Weder hart noch fair geht es also bei Plasberg zu, wenn er seine neoliberalen Proporz-Brötchengeber in der Sendung mit Samthandschuhen anfasst (sh. hier Reichensteuer). Wenn er jedoch mit Gregor Gysi einen entschiedenen Gegner der Umverteilung nach oben einlädt – und das auch noch zu einem ironischen Wahlplakat der Linken (sh. Plasberg-Sendung vom 26.8.2009), dann lässt er ihn kaum zu Wort kommen, sondern versucht lediglich, ihn vorzuführen und über ihn zu reden.

 

Wenn es also im Ernst um seinen eigenen Profit aus dieser Umverteilung geht und um seinen eigenen über-reichlichen Propaganda-Lohn, dann ist er nicht nur nicht hart oder fair, aber auch nicht übervorsichtig wie bei seinen Gönnern, sondern geradezu unverschämt, und er versucht auch noch, Gregor Gysi wegen seines Protestes gegen diese unfaire Behandlung lächerlich zu machen. Grundsätzlich ist von den neoliberalen Meinungsmachern nichts anderes zu erwarten (sh. hier die Hetzkampagnen unter Linksbuendnis.htm). Wie im Falle von Illner und vor allem von Christiansen drängt sich der Eindruck auf, dass nur wenige überbezahlte Meinungsmacher nicht geleitet werden durch ihre eigene Gier nach noch mehr Steuergeschenken auf diesen Millionen-Segen. Es hat den Anschein, dass ihre Dienstbarkeit für die Umverteilung nach oben von vornherein schon in den oberen Etagen das Kriterium ist für die Auswahl solcher Wahlhelfer. Insofern besteht Interessengleichheit gegen das Volk mit den Ministern und Ministerpräsidenten, die sich ebenfalls noch jährliche Steuergeschenke in vierstelliger Höhe verschaffen konnten (sh. hier rossaepfel-theorie.de).

Unter den ähnlichen westdeutschen Formaten dürfte Sandra Maischberger eine Ausnahme sein. Sie wurde aber mit ihrem Sendeplatz auf eine so späte Stunde verbannt, dass sich die Wirkung auf die Wähler in engen Grenzen hält. Zu Anne Will kann man noch nicht viel sagen, weil sie noch nicht lange genug etabliert ist. Unter den ARD-Politmagazinen hat sich die WDR-Sendung MONITOR mit Sonia Mikich gut gehalten, allerdings jetzt mit der gezielten Drosselung für alle ARD-Politmagazine auf 30 Minuten - zugunsten von mehr Entpolitisierung durch Klamauk. Andere Politmagazine, besonders aus CDU-Ländern oder auch beim ZDF, halten sich meist zurück mit ihrer Kritik an der Umverteilung nach oben und werden eher beschränkt auf Unpolitisches oder politisch harmlosere Themen.


Ein weiteres Positiv-Beispiel lieferte auch Anja Reschke in der NDR-Sendung PANORAMA vom 27.8.2009 mit einer Befragung des Ministerpräsidenten Günther Oettinger  (CDU) von Baden-Württemberg. Ihre Reporterin Christine Adelhardt wollte von Oettinger in einem Straßeninterview wissen, warum er dem Chef seiner Landesbank mehr als die 500.000 Euro Jahresgehalt zahle, die von der Regierung gerade als Obergrenze für die Chefs von maroden Landesbanken festgesetzt wurden. Daraufhin  demonstrierte ihr Oettinger, wie er sich die Gängelung der Berichterstattung über ihn durch Einschaltung des zuständigen Intendanten vorstellt (sh. "Günther Oettinger droht Christine Adelhardt mit einer Beschwerde beim Intendanten", panorama, 27.8.2009). Er liegt damit ganz auf der Linie der CDU/CSU-Ministerpräsidenten von Hessen und früher schon von Bayern, die mit aller Gewalt noch mehr "christliche" Propaganda bei der ohnehin neoliberalen Chefredaktion des ZDF durchsetzen wollen (sh. "Attacke auf Chefredakteur Brender - Wie Koch das ZDF schlechtmacht", spiegel.de, 25.2.2009). Bei ihren Landessendern, insbesondere im Bayerischen Rundfunk, haben sie die Manipulation schon durch jahrelangen Einfluss perfektioniert, aber in den neu eroberten CDU-Ländern Nordrhein-Westfalen sowie im Bereich des NDR mangelt es hier und da noch an der langen Dauer der Personal-Hoheit.


 




24.8.09, einzufügen bei Mindestlohn.htm#Leiharbeit

Schwarz-rötliche Arbeitsmarkt- und Lohndumping-"Erfolge":


 

Thema dieser Texte ist die Arbeitsplatzvernichtung durch Umverteilung nach oben, also durch die Konsumdrosselung der Neoliberalen (sh. rossaepfel-theorie.de). Dagegen rühmen sich diese ihrer angeblichen Arbeitsmarkt-"Erfolge" bei der Senkung der Arbeitslosenquote. Tatsächlich ist aber die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten seit Einführung von Hartz-IV und Agenda 2010 von 2003 bis Ende 2007 mit etwa 27 Millionen fast gleich geblieben und bei den Vollzeitbeschäftigten sogar gesunken von etwa 22,3 Millionen auf 22,1 Millionen (Sh. "Entwicklung der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung von 2000 bis 2007", dgb.de, Januar 2008). Nur die Qualität vieler Arbeitsplätze hat sich drastisch verschlechtert.

Diese Zahlen lassen auf den ersten Blick erwarten, dass es zumindest nicht schlechter geworden wäre. In Wirklichkeit konnten aber die Zahlen nur gehalten werden durch Zunahme der Leiharbeit um 24,8 Prozent. Zugleich wurden die Löhne dermaßen gedrückt, dass die Zahl der sozialversicherungspflichtig beschäftigten Hartz-IV-Empfänger (= "Aufstocker") um 6,3% zugenommen hat (sh. ebd. dieselbe DGB-Studie von Wilhelm Adamy: "Entwicklung der sozialversicherungpflichtigen Beschäftigung von 2000 bis 2007", Berlin 29.2.2008, zu erreichen über den vorstehenden Link.) Im Vergleich zu 1995 gab es sogar bis 2007 einen Rückgang der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung. Der Deutschlandfunk fasste die Ergebnisse der Studien wie folgt zusammen:


Trotz der Konjunkturbelebung der vergangenen Jahre gibt es in Deutschland offenbar immer weniger sozialversicherungspflichtig Beschäftigte. Von 1995 bis 2007 sei deren Zahl um 4,5 Prozent auf 26,9 Millionen zurückgegangen, berichtet die Chemnitzer "Freie Presse" unter Berufung auf eine Erhebung des Deutschen Gewerkschaftsbundes. In Ostdeutschland fielen danach fast 26 Prozent aller Vollzeitstellen weg, im Westen lag das Minus bei knapp sechs Prozent. Im selben Zeitraum sei die Zahl der Teilzeit-Beschäftigten zwar um 38 Prozent gestiegen, dies habe den Rückgang bei den Vollzeitstellen aber nicht ausgleichen können.

 

(Sh. "DGB-Studie: Weniger sozialversicherungspflichtige Beschäftigte in Deutschland", dradio.de, 11.11.2008.)
 

Das Lohndumping bei den Aufstockern und Leiharbeitern bedeutet eine weitere erhebliche Konsumdrosselung zugunsten jener, die einen Großteil dieses abgesahnten Volkseinkommens dem Nachfragekreislauf entziehen oder gar in parasitäre, deregulierte Steuer-"Oasen" verschieben und dadurch die Finanzmarktkrisen mitverursachen.

 

Man würde diese Zahlen gern entnehmen aus dem jeweils aktuellen monatlichen Arbeitsmarktbericht der Bundesagentur für Arbeit, zu erreichen über arbeitsagentur.de, z.B. "Der Arbeits- und Ausbildungsmarkt in Deutschland, Juli 2009". In diesem Bericht der ministeriellen Agentur sieht man zwar viele Verlaufswerte über etliche Jahre, aber nichts, was die Scheinerfolgs-Meldungen der Neoliberalen stören könnte. Lediglich das Statistische  Bundesamt gibt einen schwachen Hinweis auf die Gründe für solche Scheinerfolge:


WIESBADEN – Das Statistische Bundesamt (Destatis) hat heute im Rahmen eines Pressegesprächs in Frankfurt am Main mitgeteilt, dass in Deutschland der Anteil atypisch Beschäftigter nach Ergebnissen des Mikrozensus seit 1998 deutlich zugenommen hat: 1998 standen noch fast drei Viertel (72,6%) der Erwerbstätigen in einem Normalarbeitsverhältnis, 2008 waren es nur noch 66,0%. Der Anteil atypischer Beschäftigungsformen stieg im gleichen Zeitraum von 16,2% auf 22,2%.

Unter einem Normalarbeitsverhältnis wird ein Beschäftigungsverhältnis verstanden, das voll sozialversicherungspflichtig, mit mindestens der Hälfte der üblichen vollen Wochenarbeitszeit und mit einem unbefristeten Arbeitsvertrag ausgeübt wird. Ein Normalarbeitnehmer arbeitet direkt in dem Unternehmen, mit dem er einen Arbeitsvertrag hat, was bei Zeitarbeitnehmerinnen und -arbeitnehmern nicht der Fall ist. Von atypischen Beschäftigungsformen wird gesprochen, wenn eines oder mehrere dieser Kriterien nicht erfüllt sind. Dazu zählen neben der Zeitarbeit, Teilzeitbeschäftigungen mit 20 oder weniger Stunden Arbeit pro Woche, geringfügige Beschäftigungen sowie befristete Beschäftigungen.

 

Nach Ergebnissen der Verdienststrukturerhebung, die zuletzt 2006 durchgeführt wurde, erhielt fast jeder zweite atypisch Beschäftigte (49,2%) einen Bruttostundenlohn unter der Niedriglohngrenze...


(Sh. "Umfang atypischer Beschäftigung hat zugenommen", Pressemitteilung 304 vom 19.8.2009, destatis.de).

Bei weiteren Recherchen findet man jedoch unter den "Zeitreihen" der Arbeitsagentur z.B. die Kategorie "
Beschäftigte - Zeitreihen ab 1999 (Quartalsdaten - Zeitreihen nach Ländern, Staatsangehörigkeit, Vollzeit, Teilzeit, Geschlecht, Altersgruppen, Auszubildenden)". Dort werden die DGB-Angaben zu den Zahlen der "sozialversicherungspflichtig Beschäftigten" bestätigt. Man sieht dort in der XLS-Tabelle Nr. 3 auch einen geringfügigen Anstieg der Beschäftigtenzahlen von 27,2 Millionen auf 27,6 Millionen in 2008 durch die damals boomende Weltkonjunktur. Die Senkung der Arbeitslosenquote von 10,7% in 2005 auf vorübergehende 7,3% in 2008 (sh. wko.at) hat aber auch besonders damit zu tun, dass viele Arbeitslose aufgrund von Gesetzesänderungen gar nicht mehr als solche gezählt werden, z.B. einige hunderttausend Ein-Euro-Jobber sowie ab Januar 2006 auch ca. 250.000 Arbeitssuchende über 58 Jahren, vor allem aber die zunehmende Zahl von Arbeitslosen in "Maßnahmen der aktiven Arbeitsmarktpolitik" (sh. Michael Schumacher: Deutsche Arbeitslosenstatistik - Manipulation oder Fälschung, Velbert, Februar 2007).  Die übertriebene Exportabhängigkeit hat jedoch schon ab Anfang 2009 wieder zu einem erheblichen Einbruch der Beschäftigung geführt (sh. "Erwerbstätigkeit im 2. Quartal 2009 - Erwerbstätigkeit unter Vorjahresniveau", destatis.de, besucht 24.8.2009).

 

Als erste wurden die Leiharbeiter von der selbst mitverursachten Finanzmarktkrise betroffen. Deren Zahl hatte sich von 2003 bis September 2008 mehr als verdoppelt und ist seitdem wieder etwas zurückgegangen. (Sh. die Studie der Bundesagentur für Arbeit "Der Arbeitsmarkt in Deutschland – Zeitarbeit – Aktuelle Entwicklung", pub.arbeitsgentur.de, August 2009, Seite 20.) Von den "christlichen" Neoliberalen ist dazu keine Kritik zu erwarten. Der Zweite Vorsitzende der IG Metall, Detlef Wetzel, brachte die Irreführung auf den Punkt:

 

So schnell die Leiharbeit zum Jobwunder erklärt wurde, so schnell verschwinden die Arbeitsplätze in der Krise. Leiharbeit ist keine Brücke in den Arbeitsmarkt, sondern eine Rutsche in die Arbeitslosigkeit.
 

(Sh. "IG Metall kritisiert mit Lichtprojektion auf das Bundeskanzleramt Missbrauch von Leiharbeit",  netkey40.igmetall.de, Rede vom 18.12.2009.) Angeblich wollen die "Christlichen" keinen sozialen Kahlschlag und protestieren ganz entschieden gegen derartige Vorwürfe von Arbeits- und Sozialminister Olaf Scholz (SPD) im Wahlkampf:


"Minister Guttenberg hat die Katze aus dem Sack gelassen", sagte Scholz am Freitag mit Blick auf ein in Medien zitiertes Grundsatzpapier zur künftigen Industriepolitik. "Die Union will mehr befristete Arbeitsverhältnisse, mehr Leiharbeit, weniger Kündigungsschutz", sagte der SPD-Minister. "Und die mühselig errungenen Fortschritte beim Mindestlohn werden wieder rückgängig gemacht."


(Sh. "Ein Torpedo namens Guttenberg", sueddeutsche.de, 14.8.2009, und das sog. "Guttenberg-Papier als PDF-Datei" unter ngz-online.de, 17.8.2009.)  In Wirklichkeit betreibt die CDU diese asoziale Politik bereits seit ihrer Gründung und tut dies verstärkt seit dem Ausscheiden der letzten christlichen Politiker wie Heiner Geißler und Norbert Blüm aus ihrem Establishment. Dabei wollen sie vor allem die Arbeitnehmer durch die aufgezählten Kahlschlags-Instrumente weiter unter Druck setzen, um das Volkseinkommen durch Lohndumping an ihre kapitalkräftigen Partei-Förderer umzuleiten und auch selbst davon zu profitieren. Die "Christlichen" sind ganz entschieden gegen die Mindestlohn-Forderungen der SPD zu Felde gezogen und haben  solchen EU-weit üblichen Löhnen doch für einige Branchen zugestimmt - im Koalitions-Gerangel um weitere Steuergeschenke für die reichen und superreichen CDU/CSU-Kunden.

Ihr Wirtschaftsminister Guttenberg tut nun so, als ob er und seine Partei bereitwillig den bisherigen Mindestlöhnen zugestimmt hätten. Für weitere Mindestlöhne auf EU-Niveau sei nun aber kein Spielraum mehr, sagte er einmal wieder in einer Diskussion gegen Oskar Lafontaine, der sich auf eine Untersuchung des US-Nobelpreisträgers Bob Solow zur Arbeitsmarktwirkung von Mindestlöhnen bezog (in einem neuen Aufguss der unsäglichen Sabine-Christiansen-Sendung (sh. rossaepfel-theorie.de), am 23.8.2009, jetzt mit dem Ko-Moderator Stefan Aust auf dem Kommerz-Sender Sat1 der "Finanzinvestoren" KKR und Permira - sh. hier Pro7Sat1.htm). Guttenberg versuchte, den Bezug auf diesen weltweit anerkannten Kronzeugen ins Lächerliche zu ziehen und verließ sich eher auf die Aussage einer ausgebeuteten Friseurin in Ostdeutschland sowie vor allem auf die "Analysen" seiner drittklassigen deutschen neoliberalen Propaganda-Ökonomen, die vor allem Material zur Umverteilung nach oben für ihre Geldgeber produzieren - auch zur Verwirrung der Friseurin mit Hilfe der neoliberalen Medien - und die und dabei selbst noch erheblich von weiteren Steuergeschenken profitieren.

Die Verwirrung ist so perfekt, dass Guttenbergs Friseurin sich für ihre ordentliche Arbeit mit weniger als 6 Euro Stundenlohn zufrieden gibt, weil sie - nach seiner Darstellung - nicht will, dass  ihre Arbeitskollegin den Job verliert. Dagegen erhalten Friseurinnen beispielsweise in Dänemark mehr als das Doppelte  - bei halber Arbeitslosenquote und einem Spitzenssteuersatz für Best-"Verdiener" von 59 Prozent!  Und die bestbezahlten neoliberalen Meinungsmacher hierzulande kassieren für ihre Volksverdummung das Vielfache mit jährlichen fünfstelligen Steuergeschenken durch die Senkung ihres Spitzensteuersatzes von 53 auf 42 Prozent (sh. hier rossaepfel-theorie.de).


Dass ein CDU-Wirtschaftsminister sich mit dem eingetrichterten Ökonomie-Verständnis seiner Friseurin begnügt, wirft ein bezeichnendes Licht auf die Qualität der "christlichen" Wudu-Ökonomie. Im Exkurs zu den Mindestlöhnen wurde hier schon mehrfach die Selbstblockade der neoliberalen Ideologie vorgeführt, die einen unbestreitbaren unmittelbaren und kurzfristigen Jobverlust absolut setzt, aber die kompensierende volkswirtschaftliche Kaufkraft-Wirkung von höheren Mindestlöhnen völlig ausblendet. Die Beschränkung auf solche Partialmodelle nach Art des IFO-Instituts von Hans Werner Sinn und anderen Lobbyisten erscheint unredlich und schon fast mutwillig, wenn man die Folgen dieser Ideologie bedenkt.

Es ist auch unwahrscheinlich, dass die neoliberalen Ökonomen bei ihrer Ideologie-Produktion aus purer Ignoranz handeln, denn in der Regel unterschlagen sie zur Bereicherung ihrer Lobby-Kundschaft und von sich selbst immer weitgehend die Nachfrage-Wirkungen von Lohnerhöhungen und propagieren statt dessen stets die absurde "Angebots-Theorie" der Umverteilung nach oben in die eigenen Taschen, die sich ihre Nachfrage angeblich selber schafft. Eine solche Art der Ideologiebildung ist anscheinend so alt wie die Menschheit. Aber seit dem Zeitalter der Aufklärung gegen die Komplizenschaft von Feudalismus und Kirche wird es auch Zeit für eine Aufklärung gegen den Wählerbetrug zur Umverteilung nach oben in die eigenen Taschen, auch hier wieder mit Hilfe des Papsttums (sh. rossaepfel-theorie.de).

Robert Solow wunderte sich trotzdem über die heutige deutsche Spielart:

 

"Ich verstehe nicht, weshalb in Deutschland so eine Angst vor dem Mindestlohn herrscht", sagte Solow am Rande einer Tagung in Lindau. Der Mindestlohn hat keinen Schaden in jenen Volkswirtschaften angerichtet, die ihn seit Langem eingeführt haben, wie die jüngste Studie der Russell Sage Foundation ergab.
Damit stellte sich der Nobelpreisträger von 1987 gegen die weitverbreitete Ansicht unter Volkswirten, dass die Einführung von Mindestlöhnen automatisch zu höherer Erwerbslosigkeit führt.(...)
 

Solow präsentierte auf der Tagung eine vergleichende Länderstudie über den Niedriglohnsektor. Zuvor hatten Forscherteams in Deutschland, den USA, den Niederlanden, in Dänemark, Frankreich und Großbritannien die Lage von Geringverdienern erkundet, etwa in Callcentern, dem Einzelhandel oder Hotels.
 

Viele Ökonomen überschätzten die negative Wirkung von Mindestlöhnen. Die Studien hätten ergeben, dass es keinen Zusammenhang zwischen der Größe des Niedriglohnsektors und der Beschäftigung gebe. "Es ist auch nicht wahr, dass relativ hohe Löhne zu einer geringeren Beschäftigung führen", sagte Solow in einem Vortrag.
 

Er räumte zwar ein, dass ein zu hoher Mindestlohn Arbeitsplätze kosten kann. In der Praxis sei dies aber kaum beobachtet worden, sagte er. Bei Friseuren oder Gastwirten könnten die Preise steigen. Erfahrungen zeigten jedoch, dass ihre Geschäfte kaum beeinträchtigt wurden.

 

(Aus der FTD vom 25.08.2008#© 2008 Financial Times Deutschland, gespeichert bei boeckler-boxen.de, mit weiteren Links, besucht 24.8.2009.)

Die Arbeitsplatzvernichtung erfolgt nicht über Mindestlöhne, sondern vor allem durch die Umverteilung nach oben und die damit verbundene Drosselung der Binnennachfrage. Seit dem Verrat an der Sozialdemokratie durch Hartz IV und die Agenda 2010 führt diese Vernichtung ordentlicher Arbeitsplätze zu wachsender Angst vor dem Verlust des eigenen, so dass die Gewinne durch Lohndrückerei immer weiter gesteigert werden können (sh. hier die Grafik zur Verteilung des Volkseinkommens unter rossaepfel-theorie.de) und die Kaufkraft für die Binnennachfrage immer weiter gedrosselt wird.
 

Vor allem einen Mindestlohn für die ausgeplünderten Leiharbeiter wird von Guttenberg und seinen Mit-"Christen" entschieden abgelehnt. Um deren Löhne weiter zu drücken, sind eigens die "christlichen" Dumping-Gewerkschaften tätig geworden, die zwar nur wenig Mitglieder, dafür aber starke Kapitalgeber haben. Dazu schreibt der stern:

Die wichtigsten Regelungen:
- Zeitarbeiter dürfen unbefristet im selben Betrieb eingesetzt werden.

- Wegfall des Synchronisations-Verbots. Das heißt die Zeitarbeits-Firma muss den Leiharbeiter nur so lange beschäftigen, wie er beim Kunden eingesetzt ist. Damit wälzt sie das Risiko der verleihfreien Zeit auf den Arbeitnehmer ab.

- Entgelt: Eigentlich schreibt das AÜG "equal treatment" vor, das heißt, die Leiharbeiter müssen zu gleichen Konditionen arbeiten wie die Stammbelegschaften. Es sei denn, Tarifverträge regeln das anders. Noch bevor das Gesetz in Kraft trat, schlossen die Zeitarbeitsfirmen Tarifverträge mit den christlichen Gewerkschaften ab (Einstiegsgehalt 6,53 Euro) und mit dem DGB (Einstiegsgehalt 7,38 Euro).

Nur zehn Prozent werden fest übernommen

Seitdem wächst diese Beschäftigungsform so stark wie keine andere in Deutschland. Das "Jobwunder" der Jahre 2005-2008 geht zum größten Teil auf das Konto der Zeitarbeit. Andererseits spaltet diese Branche die Gesellschaft gnadenlos - in gut abgesicherte Stammbelegschaften und jederzeit aus-tauschbare Randbelegschaften. In Menschen, die gelassen in die Zukunft schauen können und Menschen, die nie wissen, was übermorgen kommt. In solche, deren Arbeit immer mehr wert wird und solche, deren Arbeit systematisch entwertet wird: Das Einstiegsgehalt für einfache Tätigkeiten liegt je nach Tarifvertrag bei 7,38 Euro oder sogar nur 6,53 Euro. Im Osten sind die Löhne noch niedriger. Und auch der angebliche "Klebeeffekt" wird schön geredet: Nur etwa zehn Prozent der Leiharbeiter werden von der Firma, an die sie vermietet sind, fest übernommen.

Die Gewerkschaften wollen den Missbrauch der Leiharbeit nicht länger hinnehmen und fordern eine politische Debatte. "Das Schweigen der Kanzlerin zu dem Schicksal von Hunderttausenden Menschen ist unerträglich", kritisiert Detlef Wetzel.

(Sh. "Billig-Branche vor neuem Boom", stern.de, 20.8.2009.)

Zu den "christlichen" Gewerkschaften schrieb die Süddeutsche Zeitung vom 5.8.2008 unter der Überschrift "Christliche Gewerkschaften vor Gericht - Die Zweifel bleiben":


Die Zeitarbeitsbranche ist für die christlichen Gewerkschaften zum zweiten wichtigen Standbein geworden - sie haben dort kaum Mitglieder. Dass sie dennoch gefragte Partner der Arbeitgeber für Tarifverträge sind, liegt am Gesetz. Demnach müssen Zeitarbeiter zwar den gleichen Lohn bekommen wie die festangestellten Kollegen in dem Betrieb, in den sie entliehen worden sind. Die Regel gilt aber nicht, wenn ein Tarifvertrag existiert - dann kann der Lohn auch niedriger sein...
 

Der Deal mit den Christlichen lohnt sich

Der Deal lohnt sich also vor allem für die Zeitarbeitsunternehmen. Die sparen viel Geld, wenn sie die gesetzliche Forderung nach "equal pay", also gleicher Bezahlung für gleiche Arbeit, mit einem Tarifvertrag unterlaufen können.

Möglich ist das auch, weil in Unternehmen, in denen die CGZP ihre gefürchteten Haustarifverträge macht, Betriebsräte Seltenheitswert haben. Die CGZP ist dabei so etwas wie ein externer Tarifvertragsdienstleister. Sie kommen, unterschreiben und gehen wieder. Für die CGZP fallen ein paar zwangsverpflichtete Neumitglieder ab.

Die Berliner Richter jedenfalls scheinen tief zu bedauern, dass sie dem keinen Riegel vorschieben konnten. Wegen eines Formfehlers sei dem Gericht "eine Entscheidung in der Sache verwehrt" gewesen, heißt es.


Dank solcher "christlichen" Machenschaften mit Schützenhilfe des "christ-sozialen" Gesetzgebers ist Deutschland inzwischen Schlusslicht bei der Regulierung der Leiharbeit, gemessen an anderen europäischen Staaten. Dies zeigt die Studie von Achim Vanselow und Claudia Weinkopf: "Zeitarbeit in anderen Ländern - Lehren für Deutschland?" vom Juli 2009 (sh. Böcklerimpuls 12/2009), die für die gewerkschaftsnahe Hans-Böckler-Stiftung erstellt wurde (erreichbar über boeckler.de). Von den neoliberalen Regierungsparteien und ihren "christlichen" Schein-Gewerkschaften sind kaum noch kritische Untersuchungen zu erwaren (sh. oben und die Sendung: "Dumpinglöhne - wie christliche Gewerkschaften die Arbeitnehmer verraten", panorama, 22.2.2007).

 

Kurz vor der Bundestagswahl im September 2009 schießen jetzt die neoliberalen Meinungsmacher aus allen Rohren gegen den neoliberalen SPD-Kanzlerkandidaten und unmittelbaren Mitverantwortlichen der Agenda 2010. Dabei würden sie ihn wegen seines Verrats an der Sozialdemokratie sicher ebenso hochjubeln wie ehemals Gerhard Schröder,  wenn sie jetzt nicht endlich den nächsten Schritt in ihre asoziale Marktwirtschaft durchdrücken wollten mit einer "christlich"-"liberalen" Regierung. Dabei bedeutet für sie "Liberalismus" = "Freiheit" zum Fressen und Gefressenwerden, je nach persönlicher Kassenlage.


Nachtrag vom 9.9.2009 zu den

Schwarz-rötliche Arbeitsmarkt- und Lohndumping-"Erfolgen":
 

Die Arbeitsplatzvernichtung durch Umverteilung nach oben ergibt sich auch aus der Konsumdrosselung durch Lohndumping lt. EU-Bericht vom September 2009. Dazu schreibt die taz am 9.9.2009 unter der Überschrift "Niedrige Löhne, wenig Konsum":
 

Europäische Einkommensentwicklung: Nach einem neuen EU-Bericht stiegen die Einkommen in Deutschland 2008 real nur um 0,1 Prozent, 2007 gingen sie gar um 0,1 Prozent zurück. Damit gehört Deutschland zu den Schlusslichtern in Europa: Im EU-Durchschnitt hatten Arbeitnehmer 2008 1,3 Prozent mehr Geld in der Tasche, 2007 sogar 3,6 Prozent...

Privater Konsum: Anfang 2008 gaben Verbraucher in Deutschland gerade einmal 4 Prozent mehr Geld für Güter und Dienstleistungen aus als das Anfang 2000 der Fall war. Das Bruttosozialprodukt stieg im selben Zeitraum jedoch um 12 Prozent an. EU-Bürger leisteten sich im selben Zeitraum durchschnittlich 20 Prozent mehr Ausgaben für den privaten Verbrauch.
 

Hier werden also die Konjunktur-Wirkungen der Umverteilung nach oben noch einmal recht deutlich.





Zurück zu Journal-1.htm

Weiter zu Journal-3.htm
Zurück zu rossaepfel-theorie.de