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Was sagen amerikanische Ökonomen zu Steuersenkungen für Bestverdiener und Meinungsmacher? Was bringt dagegen die Rossäpfeltheorie?

Zuletzt ergänzt am 12.3.2009

 

 




"Reichensteuer"
und weitere Wählertäuschungen



Eine rettende Idee der "Sozialdemokraten" zur Wählertäuschung war die "Reichensteuer" auf Jahreseinkommen von mehr als 500.000 Euro (für Verheiratete) bzw. 250.000 (für Alleinstehende). Nur die darüber hinausgehenden Einkommensteile werden mit einem  tariflichen Steueraufschlag von drei Prozentpunkten zusätzlich besteuert. Mit dem Alibi dieser lächerlichen "Millionärssteuer" versuchen die bestbezahlten rotmaskierten Meinungsmacher, die davon überhaupt nicht betroffen sind, sich vor der Rückführung zu ihren alten Spitzensteuersatz von 53 Prozent freizukaufen, um mit solchen Rosstäuschertricks gegen die neue Linke den falschen Anschein einer sozialen Wende zu erwecken und bei ihren großzügig abgesenkten 42 Prozent zu bleiben. Während sie durch die Mehrwertsteuererhöhung ca. 30 Milliarden Euro zu Finanzierung ihrer Steuergeschenke einheimsen, werden durch die "Volksverdummungs-Steuer" nur knapp 60 Millionen Euro erzielt. Das ist weit weniger als durch Bagatellsteuern wie die Hundesteuer hereinkommen, die sich in 2006 auf 237 Millionen Euro belief (sh. "Reichensteuer bringt weniger Geld als erhofft", sueddeutsche.de, 7.5.2006; "Hundesteuer", bundesfinanzministerium.de; "Demokratie in Deutschland", Ausgabe 2006,, bpd.de, S. 90,  "Steuereinnahmen 2004"). Offensichtlich wurde auch hier wieder einmal das Steueraufkommen schöngerechnet, damit das Ausmaß der Irreführung nicht gleich augenfällig wurde.

Da die die SPD aber an die Linke und die Gruppe der Nichtwähler trotz oder wegen all solcher Tricks immer mehr Stimmen verliert, forderten die Rotkarierten im Mai 2008 plötzlich eine Halbierung der Grenzen für die "Reichensteuer". Damit müssten auch einige weitere neoliberale Volksverdummer diese drei Prozent zahlen, aber wieder nur auf alles, was sie über die 250.000 Euro jährlich hinaus "verdienen". (Für Ledige gilt der halbe Betrag.)  Im Namen dieser "Leistungsträger" und der CDU mit ihrer übrigen Kundschaft protestiert nun z.B. ihr Generalsekretär Ronald Pofalla, dass ihre "ehrliche und fleißige Arbeit" wieder mehr belastet werden solle. Die Opfer ihrer Umverteilung nach oben müssten eigentlich vor Rührung noch ihre letzten Groschen locker machen, wenn sie seine Wehklage hören: "Von Anreizen, von Leistungsgerechtigkeit ist keine Spur." (sh. unten den Nachtrag vom 7.6.2008 zur Kosmetik an der Reichensteuer lt. SPD-Forderung).

Es ist keineswegs so, dass diese Steuer nur mit Rücksicht auf die Arbeitsplatzbeschaffer als reine Placebo-Steuer angesetzt wurde, denn die gewerblichen und sogar die freiberuflichen Einkünfte sind von ihr ohnehin ausdrücklich ausgenommen (sh. Koalitionsvertrag, unter cducsu.de, Zeilen 3364 bis 3369). Es geht also nur um die Schonung der Politiker, der sonstigen Meinungsmacher und der übrigen nicht gewerblichen oder freiberuflichen "Bestverdiener" unterhalb der obigen Einkommensgrenzen. Es fragt sich auch, ob man die verfassungsrechtlichen Bedenken gegen diese Ungleichbehandlung absichtlich in Kauf genommen hat, um die Steuer am Ende unter Hinweis auf das Verfassungsgericht ganz zu kippen, wie man das mit fadenscheinigen Argumenten bei der Vermögensteuer getan hat.

Typisch ist, dass auch die SPD-Rechten im Wahlkampf gegen das neue Linksbündnis zu dieser durchsichtigen Alibi- und Witz-Steuer (angeblich für "Bildung") Zuflucht nahmen.  Diese rotmaskierten Neoliberalen redeten ebenfalls von einem geschätzten jährlichen Aufkommen von ursprünglich gerade einmal 1,7 Milliarden Euro, nachdem sie in der rosagilbgrünen Koalition für die laufende Umverteilung nach oben von jährlich zig Milliarden Euro gesorgt hatten: Sh. oben und "Konservative in SPD für Millionärssteuer", welt.de, 21.6.05.

Zu dieser Placebo-Steuer schreibt das Handelsblatt.com vom  4.7.05 mit Bezug auf Reaktionen der wenigen verbleibenden sozialdemokratischen SPD-Politiker gegen die beschlossene "Reichensteuer":
 

"Die Sache ist verunglückt", moniert ... der Parteilinke Fritz Schösser, der den Spitzensteuersatz für alle anheben möchte.
 

Aber nicht einmal das wurde mit diesem künstlich aufgeplusterten  "Wahlmanifest" erreicht (sh. "Millionärssteuer als Köder für die Linke", standard.at, 4.7.05, sowie "Eine Mischung aus Augenwischerei und offenen Lügen", wsws.org, 17.8.05).

Auch die ebenfalls als "Parteilinke" titulierte Andrea Nahles (SPD) begrüßte kritiklos diese "Reichensteuer" im Deutschlandfunk (über dradio.de, 15.11.05, 7:19 h). Es blieb bei "Schröders Sorglos-Paket" (spiegel.de, 27.6.05), wonach sie selbst wie auch die übrigen Politiker und Meinungsmacher verschont bleiben und ihre "Reform"-Beute aus dem deutschen Volkseinkommen komplett behalten können zu Lasten der Geprellten. Typisch auf dieser Linie liegt der FOCUS mit seiner Schlagzeile "Lafontaine giftet gegen SPD-Manifest", focus.msn.de, 5.7.05.

Trotz ihres geringen Aufkommens ist diese Reichensteuer aus der Trickkiste der davon verschonten Politiker sehr interessant, weil sie sich damit selbst vorführen und weil damit die Vorgehensweise bei der Steuerpolitik im allgemeinen aufgedeckt wird, denn die  Einführung dieser Steuer zeigt in Verbindung mit der Mehrwertsteuererhöhung und der übrigen Umverteilung nach oben exemplarisch den Mechanismus der tatsächlichen Wählertäuschung:
 

Eine klare Mehrheit der Deutschen (73 Prozent) spricht sich in der neuesten N24-emnid-Umfrage für die so genannte Reichensteuer aus.
 

(Sh. "N24-Umfrage: Deutsche für 'Reichensteuer', viel Lob für Merkel", n24.de, 8.11.05, Hervorhebung vom Verfasser). Allerdings hätte ein "Nein" auf die propagandistische Interviewfrage auch als "Ja" zu den erfolgten Steuersenkungen für "Bestverdiener" ausgelegt werden können.

In jedem Fall erreicht bei der Reichensteuer der Zynismus gegenüber dem geleimten Wahlvolk ein Ausmaß, dass Oskar Lafontaine mit seinen auch für ihn ungewöhnlichen Kraftausdrücken im Folgenden eher noch untertreibt:
 

In diese Ausnahmesituation hinein macht diese Koalition, wenn auch mit einem Zeitaufschub von einem Jahr, das Verkehrteste, was man überhaupt machen kann, man erhöht drastisch die Verbrauchssteuern. Und was die Energiepreise angeht, hat man dann noch den Clou, dass man die Pendlerpauschale kürzt und damit die beweglichen Arbeitnehmer weiter in ihren Möglichkeiten, einen Arbeitsplatz zu finden, einschränkt. In Münteferingschem Deutsch würde es heißen: Große Koalition Mist, immer feste druff auf die Kleinen.

Dass man sich dann tatsächlich nicht schämt, eine Reichensteuer als kleine Kosmetik anzubringen, die natürlich in der Summe lächerlich ist - es sind 1,2 oder 1,3 Milliarden Euro für diejenigen, die 250000 bzw. bei Verheirateten 500000 Euro im Jahr verdienen. Das Volk wird verarscht, ich muss das jetzt wirklich einmal so sagen. Alle, die ein hohes Einkommen hatten, mussten, bis die große Koalition unter Einschluss von FDP und Grünen dem Steuersenkungswahn verfallen ist, der die Staatshaushalte ruiniert hat in den letzten Jahren, 53% zahlen, auch die Abgeordneten, auch die Minister, und diese 53% haben dann Jahr für Jahr elf Milliarden mehr Einnahmen im Vergleich zum jetzigen Zustand in die Staatskassen gebracht. Um solche Beträge geht es bei der Einkommensteuer, nicht um diese Peanutsreichensteuer von 1,2 Mrd. Das ist ja unglaublich, wie das Volk an dieser Stelle verarscht wird.
 

(Sh. "Gregor Gysi und Oskar Lafontaine vor den Medien in Berlin zum Koalitionsvertrag zwischen Union und SPD", linksfraktion.de, 14.11.05). Zum Verständnis ist zu ergänzen, dass die "elf Milliarden" von Oskar Lafontaine lediglich  die Einkünfte betreffen, die mit dem Höchststeuersatz von 53% belastet waren. Dagegen bezieht sich die Argumentation hier in diesem Text auf den größten Teil der 60 Milliarden Euro, die durch die "Reform" von PinkGilbgrün jährlich umverteilt werden (sh. BMF: Grafische Darstellungen, Blatt 20, und hier den Exkurs nach Fußnote [53]). Das umfasst auch die Mini-Entlastungen für den Kleinverdienern, die sofort durch Mehrbelastungen und reale Rentenkürzungen wieder weit überkompensiert wurden. Die Klein- und Normalverdiener wie auch die Arbeitsplatzbeschaffer hätte man bei Verzicht auf diese Umverteilung nach oben tatsächlich entlasten können durch Finanzierung von Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteilen aus den umverteilten zig Milliarden zur Belebung des Konsums, zur Senkung der "Lohnzusatzkosten" und also zur Schaffung von Arbeitsplätzen - anstelle der jetzigen Arbeitsplatzvernichtung durch Umverteilung nach oben.

Tatsächlich werden aber nicht einmal die angekündigten 1,2 Milliarden Euro Reichensteuer eingenommen, sondern es sind - nach der CDU-Ausnahmeregelung für bestverdienende Selbständige -   gerade einmal geschätzte 127 Millionen Euro jährlich (sh. "Steinbrück verteidigt 'Alibi-Reichensteuer'", netzeitung.de, 9.5.06, und das Steinbrück-Interview vom 10.5.06, 22:15h, per Tagesschau-Video) - im Vergleich zu den etwa 30 Milliarden Euro jährlich für die Mehrwertsteuererhöhung und zu den vielen Milliarden gleichzeitigen Mehrbelastungen, ebenfalls vor allem für die Ärmsten.

Bei den Koalitionsverhandlungen mit der CDU pochte die SPD mit "Erfolg" auf diese fadenscheinige Anti-Linksbündnis-Volksverdummungs-Steuer, auch wenn die "Christlichen" und "Angie" Merkel als Nachfolgekanzlerin der Bosse sogar dieses leere Gerede über den Spitzensteuersatz schon als Tabubruch empfinden bei ihren Trickgleichungen: "Reichensteuer = Neidsteuer" und "Einnahmenverbesserung = Steuererhöhung = Mehrwertsteuererhöhung" statt: Mehrwertsteuererhöhung Schröpfung der Armen zugunsten der Reichen Abwürgung des Konsums Vernichtung von Arbeitsplätzen (sh. den Witztitel "Höhere Steuern für Reiche geplant", welt.de, 5.11.05).

Für die kirchenfromme "Angie" Merkol ist also selbst diese mickrige Alibi-Reichensteuer noch ein viel zu weit gehender Eingriff in die Abschöpfungsrechte ihrer Kundschaft und Gesinnungsgenossen (sh. "Merkel beruhigt die Mittelständler", welt.de, 29.4.06) sowie eine Bestätigung für ihr Schwingen der Neidkeule (sh. oben).  Sie fordert daher eine weitere Abschöpfung bei den Ärmsten (mit "indirekten ... Steuern", sh. ebd.). Damit behauptet sie ihren Platz auf der Beliebtheitsskala. Von der Placebo-Steuer bleibt am Ende nur Schaumschlägerei. Es ist erstaunlich, was die neoliberalen Medien und Manipulateure da zustande gebracht haben. Auf diesem Wege kommt man zu Verhältnissen wie im manipulierten Bush-Land der US-Republikaner oder im noch immer virulenten Berlusconien der italienischen Rechten! Auch dort stehen Kapital und skrupelloser Egoismus der Profiteure gegen die medial abgewürgte Aufklärung der Neoliberalismus-Kritiker.

Dagegen bedeutet für sie "Steuersenkungen" einfach nur "Einkommensteuersenkungen", z.B. auf 39% oder 35%, aber dafür gebe es "im Augenblick leider einfach nicht die Spielräume" (sh. "Exklusiv-Interview mit der Bundeskanzlerin", bild.de, 25.11.05), wenn man nicht irgendwann die Mehrwertsteuer zugunsten von Merkel und ihren "Beratern" und zu Lasten der Arbeitsplätze noch weiter erhöht. Auch die bestbezahlten BILD-Interviewer bleiben zunächst bei dieser Einübungs-Gleichung mit der Frage "Im Wahlkampf wurde versprochen: Wir senken die Steuersätze!" - wohl wissend, dass die CDU eine
Erhöhung des Mehrwertsteuersatz (um zwei Prozent - aus "Ehrlichkeit") angekündigt hatte. Erst anschließend sprechen sie dann diese Mehrwertsteuererhöhung an. Erst bei dieser Schröpfung der Einkommensschwachen erinnert sich nun die neue Kanzlerin der Bosse geschickt an die "moralische" Aufgabe der Haushaltssanierung.

Auch in den Talkshows lassen die dort geladenen neoliberalen Profiteure der Umverteilung nach oben stets erkennen, dass sie die Absenkung ihres Spitzensteuersatzes von 53 auf 42 Prozent mit Zähnen und Klauen verteidigen und ihn möglichst noch weiter absenken wollen. Dabei versuchen sie, jeden zu demontieren, der diese Steuergeschenke in Frage stellt, so z.B. auch bei "Hart aber fair" mit dem bestbezahlten Moderator
 Frank Plasberg als Hauptakteur gegen den ebenfalls eingeladenen Oskar Lafontaine (sh. hier am Ende den Nachtrag zu "Hart aber fair").


Die Grünen wollten  generell jeden unter 500.000 Euro Jahreseinkommen von solcher scheinsolidarischen
Reichensteuer verschonen. Dennoch versteigen sie sich zu der Behauptung "Wir sind eine moderne linke Partei" (sh. "Grüne fordern Sondersteuer für Reiche", stern.de, 21.6.05) und wollen sich aus Angst vor dem Linksbündnis ebenfalls eine zart rotgesprenkelte Maske verpassen. Lafontaine nennt sie nur noch "die Verwelkten", "weil sie ihre Überzeugungen über Bord geworfen hätten" (sh. "Linkspartei ...", spiegel.de, 30.7.05). Die Zahl 500.000 ließ sich Grünen-Chef Bütikofer lt. Stern-Bericht nur zögernd entlocken. Im eigentlichen Wahlprogramm der Grünen findet man statt dessen viel heiße Luft und unfinanzierbare Versprechungen, die lt. Neo-Realo Oswald Metzger aus "Wolkenkuckucksheim" stammen. Der gilbgrüne Oswald Metzger - INSM-Aktivist der Reichen - hatte ausnahmsweise einmal recht mit seiner Aussage, hier sogar gegen das Wahlprogramm seiner Partei:
 

Die geplante Reichensteuer werde als "eierlegende Wollmilchsau" präsentiert. Ein Steuerzuschlag für Spitzenverdiener mit einem Einkommen ab 500 000 Euro aufwärts bringe aber hochgerechnet nur 1,7 Milliarden Euro, während die Kosten für alle im Programm aufgeführten Versprechungen 60 bis 70 Milliarden Euro betragen würden.
 

Sh. "70 Prozent der Deutschen für Millionärssteuer", welt.de, 25.6.05. Allein die Artikelüberschrift zeigt aber, welchen potentiellen Wahlerfolg PinkGilbgrün mit dieser Verdummungkampagne hatte. Der PR-Gag ist also gelungen.

Auch der stellvertretende Chefredakteur der Süddeutschen Zeitung,
Heribert Prantl, einer der ansonsten respektableren Journalisten, schwamm - trotz dieser Informationslage -  mit in dem Strom und propagierte die Linie mit der richtigen Einleitung und wohlmeinenden Einsichten, aber mit der typischen Schlussfolgerung eines ebenfalls verschonten "Bestverdieners":
 

Wer daher Überlegungen dazu, wie sich der Staat die Reichtumsexplosion nutzbar machen kann, als "Neiddebatte" abtut, ist albern....
Neid?  Es geht um Steuern, die der Sozialstaat dringlichst braucht. Die Häme, die über die
Reichtumssteuer jetzt ausgeschüttet wird (die SPD gibt ihr jetzt verschämt andere Namen), ist töricht.
 

Sh. Heribert Prantl: "Der deutsche Reichtum",  Süddeutsche Zeitung Nr. 152, 5.7.2005, S. 4 (Hervorhebung vom Verf.), sowie das gleiche Zitat in seinem Artikel mit der Überschrift "Deutschland hat international niedrigste Besteuerung von Vermögen - 'Eine Steuer auf Spitzenvermögen ist nicht Abenteuer, sondern Pflicht'", (gespeichert ohne Artikel-Datum unter sovd-bv.de) mit Leserbrief dazu von Volker Freystedt. (Sh. auch das lange Interview von Prantl mit Lafontaine "Lafontaine rechnet ab - 'Die SPD ist nur noch eine Hülle'", sueddeutsche.de, 15.6.05, und die passende Kommentierung dazu unter  "Hinweis: Prantl (SZ) interviewt Lafontaine", nachdenkseiten.de, 16.6.05).

Prantl hat jedoch durchaus etwas (weniger Konkretes) zu sagen, wenn er als Jurist  z.B. aus Verfassungen zitiert:
 

Die Stärke eines Volkes misst sich am Wohl der Schwachen
 

(aus der Präambel der schweizerischen Verfassung) oder
 

Arbeitsloses Einkommen arbeitsfähiger Personen wird nach Maßgabe der Gesetze mit Sondersteuern belegt. (...) Die Erbschaftssteuer dient auch dem Zwecke, die Ansammlung von Riesenvermögen in den Händen einzelner zu verhindern
 

(aus der Bayerischen Verfassung), beides zitiert aus seinem Buch "Kein schöner Land: Die Zerstörung der sozialen Gerechtigkeit" nach asg-minden-luebbecke.de.

Zur grundgesetzliche Gemeinwohlbindung auch des manipulativen Medienkapitals in Deutschland sh. hier
Linksbuendnis.htm. In den Verfassungen von Bananenrepubliken und Diktaturen wird man ebenfalls solche schönen Sätze finden.

Recht hat Prantl auch damit, dass der Sozialstaat Steuern "dringlichst braucht" für Gemeinschaftsaufgaben, aber nicht eine solche Alibi-Steuer  zur Irreführung des Wahlvolks, sondern einen Großteil aus den jährlichen 60 Milliarden Euro, den die "Bestverdiener" zu ihren eigenen Gunsten umverteilt haben. Dann ließe sich auch die nun plötzlich versprochene Kinderbetreuung und andere Maßnahmen gegen die niedrige Geburtenrate und gegen die Vernichtung von Arbeitsplätzen realisieren, die man aus diesem Milliarden längst hätte finanzieren können, deren Ankündigung aber jetzt bei leeren Kassen das fragwürdige "SPD-Manifest" noch unglaubwürdiger macht.

Ein besonderes Verdienst hat sich Heribert Prantl mit seinem oben zitierten Artikel "Der deutsche Reichtum" unversehens dadurch erworben, dass Peter Krämer ihn gelesen und am 13.11.05 vor dem Millionenpublikum des rechtslastigen Sabine-Christiansen-Zirkus darauf hingewiesen hat (sh. hier Lafontaine-bei-Christiansen.htm - mit Peter Krämer). Dabei ging es allerdings nicht um das Prantls Lob der irreführenden Alibi-Zusatzeinkommensteuer, sondern um sein flüchtig behandeltes Nebenthema der Besteuerung großer Vermögen durch Grundsteuer, Vermögensteuer, Erbschaftsteuer usw., die in Deutschland jährlich zig Milliarden Euro brächte, wenn man sie auf das Niveau vergleichbarer Länder anheben würde. Hier machte Prantl dankenswerterweise aufmerksam auf Ergebnisse einer DIW-Untersuchung aus dem Jahre 2002 mit OECD-Zahlen. Für Peter Krämer war dieser Artikel nach eigenem Bekunden eine Anregung zu seiner aufwirbelnden Anzeigen- und Medien-Aktion.

Die populistische Spiegelfechter der Rotkarierten und Gilbgrünen bleiben im siebenten Jahr der Umverteilung nach oben bei ihrem Wählerbetrug. Dazu Oskar Lafontaine:
 

Die SPD hat noch vor kurzem die Steuer für Millionäre gesenkt und gleichzeitig Renten gekürzt, jetzt redet sie wieder von der Erhöhung des Spitzensteuersatzes ...
Kaum sind wir am Horizont aufgetaucht, schon ändern die Hartz-IV-Parteien ihre Politik.
 

sh. taz.de, 28.6.05: "Seit wir da sind, ändert sich was", und hier den ausgelagerten Exkurs zu Hartz IV mit dem Beispiel eines unerwarteten Protagonisten.

Gleichzeitig redete die SPD nach Lafontaines Beitritt zum Linksbündnis plötzlich von der lange geforderten Erhöhung des Arbeitslosengeld-II-Regelsatzes Ost um 14 Euro monatlich auf das ebenfalls unzumutbare West-Niveau von 347 Euro, das eher für die "Leistungen" der neoliberalen Politiker, Meinungsfabrikanten und ähnlicher "Leistungsträger" angemessen wäre. Diese haben immerhin genug Durchblick, um zu erkennen,  das ausgerechnet sie nach dem Programm des Linksbündnisses ihre Steuergeschenke in vielfacher Hartz-IV-Höhe nicht länger kassieren sollen. Sie sorgen sich plötzlich ernsthaft, dass die Entlarver unverhofft fast das gleiche Medieninteresse finden wie sie selbst:
 

Warum durfte Oskar Lafontaine am Donnerstag der vergangenen Woche zur besten Sendezeit, direkt nach der "Tagesschau" im ersten Programm "Farbe bekennen"?
 

sh. "Das Lafontaine-Syndrom", faz.net, 18.7.05. Überhaupt fällt auf, dass die Medienmacher die Präsenz von Lafontaine in ihren publikumswirksamen Sendungen - auch nach seiner Wahl zu einem Führer der einzigen parlamentarischen Opposition gegen den Neoliberalismus - möglichst auf ein Minimum beschränken, um statt dessen ihre bewährten Volksverdummer und Langweiler auf deren eingetrampelten Herden-Pfaden mit der Wegmarkierung durch ihre gelbliche Einheits-Sauce zu präsentieren.

Die Notwendigkeit einer Vermögen- und Erbschaftsteuer wie in den USA (bis zu den "Dankeschön"-Reformen von George W. Bush) als gewisses Gegengewicht zur fortschreitenden Plutokratie und dem Diktat von Parteiprogrammen durch Wirtschaftsverbände wird hier an anderer Stelle behandelt. Zu den "absurden Reformplänen der Bundesregierung" i.V.m. der Erbschaftsteuer sh. hier auch die Webseite Unternehmenssteuerreform.htm.


Die erneute Debatte ab Mai 2008 um die irreführende Reichensteuer zeigt wieder einmal beispielhaft, mit welcher Medienmacht und Wählertäuschung die asoziale Umverteilung nach oben von den neoliberalen Meinungsmachern verteidigt wird. Das Propaganda-Aufgebot zur Beibehaltung der Irreführung ist also mindestens ebenso entlarvend wie die "Reichensteuer" selbst. Diese Irreführung funktioniert nach dem stets gleichen Grundprinzip der Umverteilungsprofiteure zu allen Zeiten und in fast allen Ländern:

SPD-Chef Beck kündigte im Mai 2008 erste zaghafte Trippelschritte zur Steuerfinanzierung von Sozialabgaben an und will dafür die lächerliche Reichensteuer  für Verheiratete "schon" bei 250.000 Euro Jahreseinkommen beginnen lassen statt wie bisher bei 500.000. (Für Alleinstehende gilt jeweils der halbe Betrag.). In diese Einkommenskategorie fallen aber schon etliche neoliberale Meinungsmacher. Man sollte einmal fragen, warum diese angeblichen "Leistungsträger" überhaupt bezahlt werden für die Wählertäuschung zur Umverteilung nach oben. Sie wollen jedenfalls keineswegs die drei Prozent "Reichensteuer" auf ihre Einkommensteile bezahlen, die über die 500.000/250.000 Euro jährlich hinausgehen,  obwohl die Obergrenze für die pseudo-lineare Progression (mit "Steuer-Spitzbauch") bei 42 Prozent  bleiben soll. Es reicht ihnen auch nicht, dass sie mit diesen insgesamt 45 Prozent  immer noch weit unter den 53% vor der großen Steuer-"Reform" liegen (alles plus Solidaritätszuschlag). Etliche von ihnen sind durch diese Umverteilung schon so verwöhnt und so dreist geworden, dass sie diese halbherzige Verminderung ihrer laufenden Steuergeschenke als "Umverteilung nach unten" bezeichnen. Die Position der CDU mit ihren anvisierten Spitzensteuersätzen von 36 oder gar 25 Prozent ist eindeutig:
 

Generalsekretär Ronald Pofalla kritisierte die Beschlüsse des Koalitionspartners scharf: "Die SPD will die Steuern erhöhen. Diejenigen, die für sich und ihre Familien durch ehrliche und fleißige Arbeit sorgen, sollen belastet werden. Von Anreizen, von Leistungsgerechtigkeit ist keine Spur." Mit dem SPD-Papier werde einmal mehr klar, dass die Führung der SPD die Mitte aufgegeben habe.
 

(Sh. "Neues Steuerkonzept: SPD will Reiche schröpfen", stern.de, 27.5.2008.) Hier wird auch klar, was Pofalla und die anderen Profiteure in der CDU unter ihrer viel beschworenen "Mitte" versteht, nämlich sich selbst und andere, die das Mehrfache der deutschen Durchschnittseinkommen "verdienen".  Dazu gehören anscheinend auch Meinungsmacher bei der Financial Times Deutschland, denn sie bezeichnen diese viel zu zaghafte Abwendung von ihrer Bereicherung auf Kosten der Ärmsten abfällig als "Robin-Hood-Konzept" (sh. "SPD plant Robin-Hood-Konzept", sh. ftd.de, 27.5.2008). Zugleich erfährt man in dem Artikel, dass Pofalla jetzt die SPD kurzerhand als "Steuererhöhungspartei" anprangert. Man sieht also, dass man das Wesen dieser Leute bei all ihrem Gerede von "der Mitte" eigentlich nur erkennt, wenn es um ihren viel zu hohen Anteil am Volkseinkommen geht. Natürlich gilt das auch für die FDP und weiterhin für die Grünen als zweite "Partei der Besserverdiener". Dazu heißt es in der FAZ:
 

Die FDP will zwar den Anreiz, eine Arbeit aufzunehmen, über eine niedrigere Abgabenlast für Geringverdiener erhöhen, hält aber gar nichts von Mehrbelastungen an anderer Stelle. Die Grünen wollen ebenfalls die Sozialabgaben unten senken, mahnen jedoch auch Steuersenkungen an.
 

(Sh. "Steuerkonzept der SPD – ’Wir machen die Steuerhysterie nicht mit’", faz.net, 27.5.2008, betitelt nach einem Zitat des SPD-Vorsitzenden Kurt Beck gegen die Steuersenkungs-Fanfaren der CSU zur Bayernwahl.)


 



Nachtrag vom 7.6.2008
zur Kosmetik an der Reichensteuer lt. SPD-Forderung


 

Die erneute Debatte ab Mai 2008 um die Reichensteuer zeigt wieder einmal beispielhaft, mit welcher Medienmacht und Wählertäuschung die asoziale Umverteilung nach oben von den neoliberalen Meinungsmachern verteidigt wird.

 

SPD-Chef Beck kündigte im Mai 2008 erste zaghafte Trippelschritte zur Steuerfinanzierung von Sozialabgaben an und will dafür die lächerliche Reichensteuer  für Verheiratete "schon" bei 250.000 Euro Jahreseinkommen beginnen lassen statt wie bisher bei 500.000. (Für Alleinstehende gilt jeweils der halbe Betrag.). In diese Einkommenskategorie fallen aber auch etliche neoliberale Meinungsmacher. Man sollte einmal fragen, warum diese angeblichen "Leistungsträger" überhaupt bezahlt werden für die Wählertäuschung zur Umverteilung nach oben. Sie wollen jedenfalls keineswegs die drei Prozent "Reichensteuer" auf ihre Einkommensteile bezahlen, die über die 250.000/125.000 Euro jährlich hinausgehen, obwohl sie mit diesen insgesamt 45 Prozent immer noch weit unter den 53% vor der großen Steuer-"Reform" liegen und vor allem die Obergrenze für pseudo-lineare Progression (mit "Steuer-Spitzbauch") bei 42 Prozent  bleiben soll. Etliche von ihnen sind schon so dreist, dass sie diese halbherzige Verminderung der laufenden Steuergeschenke als "Umverteilung nach unten" bezeichnen. Die Position der CDU mit ihren anvisierten Spitzensteuersätzen von 36 oder gar 25 Prozent ist eindeutig:

 

CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla kritisierte die Beschlüsse des Koalitionspartners scharf: "Die SPD will die Steuern erhöhen. Diejenigen, die für sich und ihre Familien durch ehrliche und fleißige Arbeit sorgen, sollen belastet werden. Von Anreizen, von Leistungsgerechtigkeit ist keine Spur." Mit dem SPD-Papier werde einmal mehr klar, dass die Führung der SPD die Mitte aufgegeben habe,

 

(Sh. "Neues Steuerkonzept: SPD will Reiche schröpfen", stern.de, 27.5.2008.) Hier wird auch klar, was Pofalla und die anderen Profiteure in der CDU unter ihrer viel beschworenen "Mitte" versteht, nämlich sich selbst und andere, die das Mehrfache der deutschen Durchschnittseinkommen "verdienen".  Dazu gehören anscheinend auch Meinungsmacher bei der Financial Times Deutschland, denn sie bezeichnen diese viel zu zaghafte Abwendung von ihrer Bereicherung auf Kosten der Ärmsten abfällig als "Robin-Hood-Konzept" (sh. "SPD plant Robin-Hood-Konzept", ftd.de, 27.5.2008). Zugleich erfährt man in dem Artikel, das Pofalla jetzt die SPD kurzerhand als "Steuererhöhungspartei" diffamiert. Man sieht also, dass man das Wesen dieser Leute bei all ihrem Gerede von "der Mitte" eigentlich nur erkennt, wenn es um die Wurst geht. Das gilt natürlich auch für die FDP, aber immer noch oder weiter verstärkt für die Grünen als zweite "Partei der Besserverdiener". Dazu heißt es in der FAZ:

 

Die FDP will zwar den Anreiz, eine Arbeit aufzunehmen, über eine niedrigere Abgabenlast für Geringverdiener erhöhen, hält aber gar nichts von Mehrbelastungen an anderer Stelle. Die Grünen wollen ebenfalls die Sozialabgaben unten senken, mahnen jedoch auch Steuersenkungen an.

 

(Sh. "Steuerkonzept der SPD – 'Wir machen die Steuerhysterie nicht mit'", faz.net, 27.5.2008, nach einem Zitat des SPD-Vorsitzenden Kurt Beck  gegen die Steuersenkungs-Fanfaren der CSU zur Bayernwahl.)


 



Nachtrag vom 12. 9. 2008

zur Sendung "Hart aber fair" von Frank Plasberg

 


Der Moderator Frank Plasberg fragte am 9.11.05 jeden einzelnen seiner fünf Talkshow-Teilnehmer zum Abschluss der Sendung, wo er/sie denn angesichts der leeren Staatskassen freiwillig bei sich sparen würde. Als Antwort kam nur Larifari. Dazu passte dann Plasbergs eigene ironische Antwort, dass er (mit offenem Kragen) an der Krawatte sparen würde (sh. "Das Reizthema: Alle sollen bluten: Wie gerecht ist die Operation Sparen?", wdr.de, "Hart aber fair", 9.11.05). Auch wenn Plasberg nicht so rechtslastig ist wie Christiansen (sh. unten), so ist doch schon sein Thema weder hart noch fair, denn tatsächlich bluten die Einkommensschwachen für die Besser- und "Bestverdiener" seiner Talk-Runde). In seiner Sendung vom 14.5.2008 hat er gleich zu Beginn durch einen eingespielten Film auch Maybrit Illners "Freibier für alle" übernommen, als es um die Entlastung der geschröpft  Klein- und Normalverdiener ging. Er selbst ordnete sich auf Anfrage mit seiner Bezahlung offenbar weit über den Politikern ein, da ein TV-Macher nach seinem  Bekanntheitsgrad und seinem Unterhaltungswert eingestuft werde. Das galt anscheinend auch für Christiansen mit ihren Millionen-Einkünften und dem Unterhaltungswert durch die aufgebotenen neoliberalen Propagandisten und Taschenspieler zur Manipulation der Wähler.  
 

Seit Oktober 2007 ist Frank Plasberg mit seinem sogenannten "Hart aber fair" vom Moderator des Regionalsenders WDR zur Nummer 1 der Moderation im Ersten aufgestiegen (sh. "Frank Plasberg: Die neue Nr.1 im Ersten", focus.de, 25.10.2007).
In seinen späteren Sendungen zu Verteilungsfragen konnte man erkennen, dass Plasberg nun wohl endgültig im Establishment angekommen ist.
So hatte er z.B. in seiner Sendung vom 10.9.2008 zwar die neoliberalen Gäste von CDU und SPD mit Kritik weitgehend verschont und Ottmar Schreiner (SPD) einigermaßen zurückhaltend behandelt. Dagegen hat er Oskar Lafontaine mit aufwendig, aber einseitig recherchierten Demagogie-Vorwürfe überfallen – durch Rückgriff auf dessen Reden aus alten Zeiten in Kombination mit Quasi-Gleichsetzung der PDS von damals mit den Linken von heute.

 

Weitere Angriffe auf die Linke nach Art der Rote-Socken-Kampagnen hatte Lafontaine bei Anne Will einmal zurückgewiesen mit dem Hinweis auf einen "Studienaufenthalt" von Angela Merkel in Moskau, der für privilegierte SED-Mitglieder reserviert gewesen sei . In der Wikipedia (Stand 10.9.2008) heißt es dazu:

 

Während ihres Physikstudiums in Leipzig lernte Angela Kasner 1974 bei einem Studentenaustausch in Moskau ihren ersten Mann, den aus dem Vogtland stammenden Physikstudenten Ulrich Merkel, kennen.[2] Am 3. September 1977 wurden die beiden kirchlich in Templin getraut...

(mit der Quellenangabe Ralf Georg Reuth: Angela Merkels zweierlei Welten In: Welt Online, 19. Juni 2005. )

 

Diese Retourkutsche durch Lafontaine veranlasste Plasberg zur Präsentation einer früheren Stellungnahme von Merkel, wonach sie gar keinen Studienaufenthalt in Moskau gehabt habe!  Plasberg beharrte auch hier auf dem Demagogie-Vorwurf gegen Lafontaine in der Gewissheit, dass sowieso kaum jemand von den Zuschauern den Unterschied zwischen "Studentenaustausch" und "Austauschstudent" hinterfragt, und in der Annahme, dass Lafontaine auch kaum auf der Stelle eine Klarstellung mit Quellenangaben gelingen werde. Zur Bekräftigung verwies Plasberg auf seinen "Fakten-Check" am nächsten Tag, bei dem man im Internet seine Version nachlesen und bestätigt finden kann.

 

Zunächst zitierte Lafontaine als Quelle die leicht zugängliche Wikipedia, die aber Plasberg schnell als unzuverlässig abtat. Erst nachdem Lafontaine aus dem Stand noch weiteren Quellenhinweise anführte, wurde klar, dass sich die Überraschungs-Attacke eher auf ein Verwirrspiel mit Worten stützte, indem nämlich der privilegierte "Studienaufenthalt" angeblich gar kein "Studienaufenthalt", sondern ein "Studentenaustausch" war. Diese Information konnte hier sofort nach der Sendung recherchiert werden in der WELT ONLINE nach einem Quellenhinweis in der Wikipedia zum Stichwort "Angela Merkel"  (sh. "Angela Merkels zweierlei Welten", WELT ONLINE, 19.6.2005). Wenn irgendein Verlag nicht im Verdacht steht, gegen Merkel zu polemisieren, dann ist es mit Sicherheit der Axel-Springer-Verlag, der unter anderem DIE WELT und BILD herausbringt. In dem Artikel heißt es:


Bei einem Studentenaustausch in Moskau lernte die Pfarrerstochter ihren späteren Mann Ulrich Merkel kennen.
1977 wurden die beiden Physikstudenten von Horst Kasner daheim in Templin getraut.


Am nächsten Tag konnte man im Fakten-Check nachlesen, dass sich aus den Quellenangaben von Lafontaine kein "Studienaufenthalt" ergab. Er sollte nun wohl als Lügner dastehen. Es wurde aber wiederum nur versteckt eingeräumt, dass es sich um einen Studentenaustausch handelte. Die Passage über Angela Merkel aus dem Buch des zitierten Prof. Gerd Langguth lautete:

 

"Sie galt als gesellig' - und reiste auch gerne, so mit ihrem späteren Mann Ulrich Merkel, der in der parallelen Seminargruppe war und ebenfalls Physik studierte. Beide trafen sich im Rahmen eines Jugendaustausches mit Physikstudenten in Moskau und Leningrad."

 

Weiter heißt es im Fakten-Check: Nach Ansicht von Prof. Langguth sei "Merkel auch keine überzeugte Kommunistin" gewesen.  Das mag sein, aber es wäre sicher auch keine Schande, wenn sie es doch gewesen wäre.  Vor so vielen Jahrzehnten hatten die meisten Studenten in der DDR kaum negative Erfahrungen mit dem Kommunismus und wussten auch wohl nicht viel über die Schrecken des Stalinismus. Sie wussten aber schon einiges über den Medienkapitalismus.

 

Laut "Fakten-Check" hat auch der Journalist Alexander Osang bei seinen Recherchen nichts von einem "Studienaufenthalt" in Moskau erfahren. Am Ende wird im "Fakten-Check" auch noch Hugo Müller-Vogg aufgeboten, der sich für den Axel-Springer Verlag immer wieder in vorderster Front gegen die Linke profiliert.

 

Die interessante Frage ist hier wie bei Illner und Christiansen, ob solche Einblendungen direkt auf Initiative der Moderatoren erfolgen oder von den neoliberalen Statthaltern im Hintergrund eingefädelt werden. Es scheint aber nach dem ganzen Gehabe jedenfalls klar, dass diese bestbezahlten Moderatoren im Kampf für die steuerliche Umverteilung nach oben voll hinter ihren neoliberalen Gönnern stehen und das in dieser Hinsicht objektiv Interessengleichheit herrscht.




 


Nachtrag vom 12.3.2009:

"Steuerbalkon" mit Blickverwirrung

 

Die Reichensteuer gilt bisher erst für (zu versteuernde) Einkommensanteile über 250.000 von Alleinstehenden und ab 500.000 Euro von Verheirateten. Der Steuersatz springt dann um drei Prozentpunkte auf  gleichbleibende 45 Prozent (bzw. 47,5 Prozent einschließlich Solidaritätszuschlag) für alles, was darüber hinaus geht.

Zuvor haben die rosa-grünlichen Neoliberalen den Spitzensteuersatz für sich und ihre Umverteilungs-Profiteure von 53 auf 42 Prozent gesenkt (sh. rossaepfel-theorie.de). Um diese Selbstbedienung zu finanzieren, lässt man die 42 Prozent allerdings schon beginnen bei Einkommensanteilen knapp über 50.000/100.000 Euro (Verheiratete/Alleinstehende) mit gleichbleibenden 42 Prozent (bzw. 44,3 Prozent) bis 250.000/500.000 Euro! (Siehe dazu z.B. die hervorragende Webseite http://www.parmentier.de/steuer/diagramm.htm, wo man für Grund- und Splittingtarif auch eine Grafik über diese Einkommensgrenzen hinaus anzeigen lassen kann. Dabei fällt besonders auf, wie steil der Anstieg des Steuersatzes bei den Normalverdienern bis zum Spitzensteuersatz von 42 Prozent ist und wie lang die Strecke für die bestbezahlten neoliberalen Meinungsmacher ist ohne jeden weiteren Anstieg ihres Tarif-Steuersatzes bis zu der maßgeschneiderten Grenze.)

Schon bei der Reichensteuer haben die Verräter der Sozialdemokratie versucht, ihre Selbstbedienung zum Schein zu korrigieren, ohne damit auf ihre Steuergeschenke an sich selbst zu verzichten. Mit dem Vorschlag des (vorübergehenden) "Steuerbalkons" von 47,5 Prozent (bzw. 50,1 Prozent) für Einkommensanteile über 125.000/250.000 Euro perfektionieren sie nun die Wählertäuschung, indem sie das System noch undurchschaubarer machen, statt zu einem durchgehend linearen Tarif ohne Normalverdiener-Knick und Reichen-Sprung zurückzukehren:

 
Zu Jahresbeginn hat SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier einen "Solidarbeitrag Bildung" von den Reichen verlangt. Er wollte den Spitzensteuersatz für zwei Jahre von 45 auf 47,5 Prozent erhöhen und die Grenze, von der an dieser greift, auf 125.000 Euro für Ledige und 250.000 Euro für Verheiratete senken. Bundesfinanzminister Peer Steinbrück hat schon vor einem Monat angekündigt, die unteren Einkommen entlasten und dafür die Bezieher höherer Einkommen stärker belasten zu wollen.


(Sh. "SPD will die Reichen zur Kasse bitten", faz.net, 10.3.2009.)

Damit verschonen sie wiederum weitgehend sich selbst, soweit ihr zu versteuerndes Einkommen als Verheiratete unter 250.000 Euro liegt. Nur für die höheren Einkommensanteile sollen dann 47,5 (50,1) Prozent plus Soli gelten. Der Tarifknick (Steuerbauch) zugunsten der Besserverdiener und zu Lasten der Durchschnittsverdiener soll aber anscheinend bleiben. Da aber der Tarif oberhalb dieses Knicks bis zu den 47,5 (50,1) Prozent anscheinend mit nahezu gleicher Steigung wie bisher verlaufen soll, ergibt sich auch für viele der Umverteilungsprofiteure eine etwas höhere Belastung als zuletzt. Aber die soll schon nach zwei Jahren wieder abgeschafft werden (sh.  "SPD will die Reichen zur Kasse bitten", faz.net, 10.3.2009.)

Den Selbstbedienern von CDU und FDP gehen auch solche minimalen Anhebungen des Spitzensteuersatzes für sie selbst offenbar schon viel zu weit, denn sie wollen ja diesen Steuersatz auf 35 oder 36 Prozent senken (sh. rossaepfel-theorie.de). Daher wäre eine sinnvolle Korrektur des Tarifverlaufs in einer Koalition mit Schwarz oder Gelb ohnehin nicht möglich. Statt dessen lassen sich deren Anhänger von ihren neoliberalen Propagandisten gern vorhalten, dass mehr als 50 Prozent der Steuern von 10 Prozent der Steuerzahler aufgebracht würden. Tatsächlich handelt es sich hier aber nur um die Lohn- und Einkommensteuer, die selbst nur knapp 40 Prozent des gesamten Steueraufkommens ausmachen. Nimmt man die Gesamtbelastung mit Steuern und Sozialabgaben, dann zahlen die "10 Prozent der Steuerzahler" nicht einmal so viel wie 10 Prozent der Arbeitnehmer, besitzen aber fünfzig Prozent des gesamten privaten Volksvermögens in Deutschland (sh. hier rossaepfel-theorie.de). Hinzu kommt, dass die oberen 10 Prozent der Steuerzahler natürlich nicht effektiv 45 Prozent Steuern zahlen. Vielmehr zahlen sie durch gesetzlich erlaubte Manipulationen ihres tatsächlichen Einkommens davon nur  einen durchschnittlichen effektiven Steuersatz von etwa 24 Prozent, weil sie so nur einen Bruchteil zu versteuern haben.  Der Normalverdiener liegt mit seiner Steuer- und Abgabenbelastung wesentlich höher (sh. rossaepfel-theorie.de), auch wenn man seine Sozialabgaben nur mit einem hälftigen Arbeitnehmeranteil von 20 Prozent ab dem ersten Einkommens-Euro ansetzt!





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Was sagen amerikanische Ökonomen zu Steuersenkungen für Bestverdiener und Meinungsmacher? Was bringt dagegen die Rossäpfeltheorie?

 
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